In den vergangenen Tagen eröffneten die Entwicklungspolitischen Tage in Greifswald mit vielen informativen und praktischen Veranstaltungen interessante Perspektiven auf die Themen Geld, Marktwirtschaft und Kapitalismus. Da sich diese nun ihrem Ende (13. November) nähern, blicken wir noch einmal auf zwei der bisherigen Veranstaltungen zurück, die sich der Problematik kaum unterschiedlicher nähern könnten.
Vortrag „Welt Macht Geld“ von Georg Zoche im Koeppenhaus
In seinem Vortrag zu „Welt Macht Geld“ präsentierte Georg Zoche im prall gefüllten Vortragssaal des Koeppenhauses die Ergebnisse seiner Recherche zur Finanzkrise und der modernen Anatomie des Geldes. Nach einer kurzen Einführung zu grundsätzlichen Aspekten von Geld, beispielsweise seiner allgemein-notwendigen, gesetzlichen Anerkennung und seiner Arbitrarität, kehrte er zum eigentlichen Gegenstand seiner Untersuchungen zurück: dem Dollar.
Dieser prägte in wesentlichem Maße den Verlauf der Weltgeschichte seit Ende des Zweiten Weltkrieges. So wurden viele bedeutende, historische Ereignisse wie der Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg, das Amerikanische Mondfahrtprogramm oder der Kalte Krieg durch die USA und somit den Dollar finanziert, jedoch nicht ohne weitreichende Konsequenzen für die Weltwirtschaft. Ausgehend von einer umfangreichen und anschaulichen Darstellung der zur jüngsten Finanzkrise führenden Kausalitätskette, beginnend beim Platzen der „Dot-Com-Blase“ im Jahr 2000, diagnostizierte Zoche die Morbidität des Dollars, d. h. seinen historischen Verfall und seine Krisenanfälligkeit, und die mangelnde Zukunftsfähigkeit des Dollars als Weltleitwährung.
Doch wie kam es überhaupt zur Vormachtstellung des Dollars? Indem die USA die Dokumente der internationalen Währungskonferenz von Bretton Woods im Juli 1944 zu Gunsten ihrer eigenen Währung fälschten, führten sie den Dollar als Weltleitwährung ein und wurden so zur Supermacht des 20. Jahrhunderts. Mittlerweile hat sich auch am Dollar das Triffin-Dilemma bewährt, das unmittelbar daraus resultiert, dass Nationalwährungen zu Weltleitwährungen werden, und die Frage stellt sich, wie eine zukünftige Finanzordnung ohne eine nationale Weltleitwährung aussehen kann. Dieses Szenario könne durch das Finanzmodell des britischen Wirtschaftswissenschaftlers John Maynard Keynes erfolgreich gestaltet werden. Dieses, von einer übergeordneten Währung und einer Art Gütertauschwirtschaft geleitete Modell, stellte Zoche ebenfalls sehr anschaulich und nachvollziehbar dar. In der abschließenden Diskussion wurden unter reger Beteiligung der Zuhörer mögliche Zukunftsszenarien und die Durchführbarkeit, beziehungsweise Einführbarkeit des BANCOR-Modells besprochen.
Wer genaueres über die Argumentationen und Rechercheergebnisse Georg Zoches erfahren möchte, kann sich das Buch „Welt Macht Geld“ entweder kaufen, auf der website weltmachtgeld.de lesen, oder sich den kompletten Vortrag auf youtube anschauen.
Lange Nacht der Geldgeschichten im St. Spiritus
Weniger theoretisch ging es bei der Langen Nacht der Geldgeschichten zu. Anstatt die theoretischen Grundlagen und Problemstellungen des Geldes zu erörtern, stellten die Veranstalter die zwischenmenschlichen Aspekte und die moderne, alltägliche Bedeutung des Geldes in den Mittelpunkt ihres Programmes.
Clevere Kurzfilme, Lesungen und musikalische Einlagen regten hier die Besucher teils amüsant, teils melancholisch dazu an, ihr persönliches Verhältnis zu Geld und dessen Wertschätzung als Wert an sich zu reflektieren. Lesungen aus Björn Bickers Buch „Illegal. Wir sind viele. Wir sind da.“ oder Heinrich Bölls „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ verbanden das Hauptthema mühelos mit seinen eng verwandten Begriffen Arbeit und Leben. Ein informativer Beitrag zum Nachlasswerk „Wege aus dem Kapitalismus“ des französisch-österreichischen Sozialphilosophen Andre Gorz eröffnete schließlich doch noch einen theoretischen Ausblick auf das Hamsterrad des Kapitalismus.
Zwischen den einzelnen knapp 30-minütigen Programmblöcken bot sich Zeit und Möglichkeit, die verschiedenen aufgebauten Stände im St. Spiritus abzuwandern. Neben einem Kaffeestand, an dem man sich sein Getränk lediglich mit Wasserkocher und Herdplatte zubereitet, genehmigen konnte, stellten unter anderem internationale Hilforganisationen Informationsmaterial zu den angesprochenen Themen aus und bot der Weltladen des St. Spiritus seine Fair-Trade-Waren an. Darüber hinaus konnten Interessierte an der „Druckbar“ Geld drucken, das sie mit individuellen Dingen, zum Beispiel Zeit oder auch Brokkoli, als Alternative zur lange gängigen Praxis, Geld mit Gold zu „versichern“, decken konnten.
Fazit
Sowohl der Vortrag von Georg Zoche, als auch die Lange Nacht der Geldgeschichten erfreuten sich hoher Beliebtheit, die sich nicht nur in vollen Veranstaltungsorten, sondern auch in lebhaften und angeregten Diskussionen rund um Geld, Wirtschaft und Leben äußerten. Es bleibt zu hoffen, dass die Veranstaltungen bei vielen Besuchern Interesse und vielleicht auch Empörung geweckt haben, die in weitere Beschäftigung mit solch globalen Themen resultieren und die Diskussionen am Leben halten. All jenen, die sich bisher zu keiner Veranstaltung durchringen konnten, sei ein Besuch der restlichen Veranstaltungen nahe gelegt, da auch die Themen der Entwicklungspolitischen Tage einen selbst direkter betreffen als man meint und teilweise wahrhaben möchte.
Fotos: Felix Kremser
Bei so viel Aktionswochen wird ja selbst die grösste Fast Food Kette neidisch 😉
Die Antihomophobie- und Antisexismuswoche klang am vergangenen Freitag aus während die Entwicklungspolitischen Tage in Greifswald sich nun ihrem Ende nähern.
Wie kann dieses Ende der 13.11 sein und am 15.11 verkündet werden?
Zurück in die Zukunft..?