Wir, die Redakteur*innen der moritz.medien, machen uns natürlich auch weiterhin Gedanken über unsere Umwelt und berichten daher in einem zweiten Teil unserer Nachhaltigkeitskolumne über weitere Themen, Tipps und Gedanken, damit ihr euer Leben (noch) nachhaltiger gestalten könnt.

Spätestens seit den ersten Kontaktbeschränkungen im März ist die Frage um die Umweltverträglichkeit von Streamingdiensten auch in Deutschland angekommen. Keine Treffen im großen Freun­deskreis, keine Partys, zum Teil keine oder „nur“ digitale Lehre heißt vor allem eins: mehr Zeit zum Füllen. Natürlich gibt es dafür viele verschiedene Möglichkeiten – eine Radtour zum Strand oder ein Spaziergang in den Wald, wenn nicht sogar Pilze sammeln. Aber gerade jetzt, wenn die Tage immer kürzer, grauer und regnerischer werden, wird eine andere Alternative immer attraktiver. Pornos gucken. Oder Serien streamen.

Tatsächlich unterscheiden sich Pornhub und Netflix nicht sonderlich, jedenfalls was ihre Umweltverträglichkeit angeht. Damit wir die Filme auf unseren Endgeräten ansehen können, wird nicht nur unser privater Strom verbraucht, sondern auch jede Menge Rechnerleistung in dem Rechenzentrum, das wir dafür gerade anzapfen. Dieser Strom wird auch heute noch zu einem großen Teil aus fossilen Brennstoffen gewonnen, wobei CO freigesetzt wird. Eine Studie des französischen Unternehmens The Shift Project, die 2019 für großes Aufsehen sorgte, schätzte die dabei verursachte Emission auf 4 Prozent des globalen Wertes – im Vergleich zu 2,5 Prozent, die durch Flugzeuge verursacht werden. Mit 80 Prozent liegt die deutliche Mehrheit an über das Internet konsumierten Daten in Videoform vor: 34 Prozent als Videos on Demand (gestreamt über Plattformen wie Netflix oder Amazon Prime), 21 Prozent auf YouTube, Vimeo und ähnlichen Anbietern, 18 Prozent als Videos in sozialen Netzwerken, Video-Konferenzen und Co. und ganze 27 Prozent – und hier schließt sich der Kreis – durch Pornos. Insgesamt berechnete The Shift Project für die Emissionen durch Videos 300 Millionen Tonnen für das Jahr 2018, also etwa so viel wie ganz Spanien emittiert hat.

Die französische Studie ist aber nicht unumstritten. Anfang des Jahres wurde eine neue Studie veröffentlicht: „Recalibrating global data center energy-use estimates“ (oder auf Deutsch: Wir rechnen alles noch mal um), geführt von einem Forschungsteam der Northwestern University, des Lawrence Berkeley National Laboratory und von Koomey Analytics. Die Studie zweifelt die von The Shift Project aufgestellten Rechnungen an und nutzt dafür neuere Daten, unter anderem zu energieeffizienteren Möglichkeiten in den Rechenzentren. Beispielsweise führt eine Umstellung im Storage-Bereich von sich drehenden Platten zu All-Flash-Arrays zu einer Einsparung an Kilowattstunden. Das spart nicht nur an Strom für die Rechner selbst, sondern auch für deren Kühlungssysteme. Unter Einberechnung der neuen energieeffizienteren Methoden kommt die amerikanische Studie damit auf etwa 1 Prozent an weltweiten Emissionen, die durch Videos verursacht werden.

Erst vor einem Monat veranlasste das deutsche Umweltbundesamt eine erneute Untersuchung, dieses Mal auf „realen Messwerten“ statt auf „Annahmen“ beruhend, wie aus der Pressemitteilung hervorgeht. Berücksichtigt werden dabei die verschiedenen Servertypen und deren Auslastung sowie die tatsächlich genutzten Arten der Datenübertragung. Wer zum Streamen mobile Daten und eine UMTS bzw. 3G-Verbindung nutzt, produziert demnach 90 Gramm CO2 pro Stunde, wobei sowohl Datenübertragung als auch Rechenleistung, nicht aber der eigene Stromverbrauch am Endgerät einberechnet sind. Mit 5G sind es nur noch 5 Gramm, und mit Glasfaser oder einem WLAN Anschluss gerade noch 2 Gramm CO2 pro Stunde. Umweltministerin Svenja Schulze sagt deutlich, dass Streaming also nicht das neue Fliegen ist. Wichtig ist aber vor allem die Art, wie gestreamt wird.

Die Alternative: Fernsehen

Auf der Seite des Umweltbundesamts sind die verschiedenen Umweltbilanzen für Haushaltsgeräte aufgeschlüsselt, darunter auch die des Fernsehers. Grundsätzlich gilt: Umso größer der Bildschirm, desto mehr steigt auch der Stromverbrauch. Flachbildfernseher emittieren theoretisch deutlich weniger, als es ein alter Röhrenfernseher getan hat, es kommt aber auf die Größe an (wo sich der Kreis ein zweites Mal schließt). Ein Gerät mit über einem Meter Bildschirm-Diagonale verbraucht bei durchschnittlicher Nutzung etwas über 200 kWh im Jahr, also so viel wie zwei effiziente Kühlschränke.

Daneben sind sie voller wertvoller Metalle, seltener Erden und Schadstoffen wie Quecksilber. Ein weiterer wichtiger Punkt ist deshalb die richtige Entsorgung. Seit dem Elektrogesetz von 2015 bzw. 2018 ist eine Entsorgung über dafür vorgesehene Sammelstellen Pflicht. Welche kommunalen Wertstoffhöfe es dafür gibt, findet ihr im Abfallkalender oder direkt auf der Seite der VEVG (der Ver- und Entsorgungsgesellschaft des Landkreises Vorpommern-Greifswald). In Greifswald liegen die beiden Wertstoffhöfe übrigens im Eckhardsberg und in der Ladebower Chausee. So banal es klingt, aber die richtige Entsorgung ist immer noch ein Problem, wenn auch weniger auf privater als auf gewerblicher und staatlicher Ebene. So musste vor drei Tagen, am internationalen E-Waste-Day, die Bilanz gezogen werden, dass immer noch nur knapp 17 Prozent des Elektromülls richtig erfasst und recycelt werden. Über 44 Millionen Tonnen hingegen wurden 2019 deponiert, verbrannt oder illegal ins Ausland exportiert.

Achtet also beim Kauf eines Fernsehers auf die Größe und die Energieeffizienz. Bei der Größe gilt grundsätzlich, dass die Diagonale nur etwa halb so groß sein sollte wie eure Entfernung zum Fern­seher, das schont nicht nur die Umwelt, sondern auch die Augen. Zusätzlich könnt ihr nach dem Kauf Bildschirmhelligkeit und Kontrast anpassen. Bei der Energieeffizienz hilft euch beim Kauf auch das EU-Energieetikett, bei dem die besten Stufen derzeit A++ und A+++ sind. Der „Blaue Engel“ kennzeichnet zusätzlich nicht nur Geräte, die einen geringen Energieverbrauch versprechen, sondern auch quecksilberfrei sind. Gleiches trifft übrigens auch auf Computer zu. Laptops verbrauchen im Allgemeinen bei gleicher Nutzung nur etwa 30 Prozent des Stroms eines PCs und enthalten zudem weniger Kunststoff, Glas und Edelmetalle. Und natürlich ist sowohl bei Fernsehgeräten als auch Computern wichtig, sie nach der Nutzung richtig auszuschal­ten, denn auch im Stand-by-Modus wird Energie verbraucht.

Wirklich eine Alternative?

Leider nein. Das Broadcasten von Filmen und Serien über den Fernseher oder von Musik übers Radio mag zwar besser sein, als die entsprechenden Filme und Lieder zu streamen, aber wie viele der Sendun­gen und Filme, auf die wir über die Streamingdienste zugreifen, laufen schon im Fernsehen? Und sie auf DVD zu kaufen, ist ebenfalls keine klimafreundliche Option, denn hier spielen wiederum hohe Produktions- und Transportemissionen mit rein. Davon abgesehen, ist – wie die neueren Studien zeigen – das Streamen an sich nicht das größte Problem, wenn die Technik mit­spielt, und die liegt nun einmal nicht in den Händen der Konsument*innen. Umweltmi­nisterin Schulze fordert deshalb den Ausbau des WLAN- und des Glasfasernetzes sowie eine größere Transparenz auf Verbraucher*innenseite beim Einsehen der Stromgewinnung der genutzten Rechenwerke.

Denn es geht auch „sauberer“: Die Studie „Clicking Clean“ von Greenpeace verlieh zum Beispiel YouTube die Note A in Sachen Umweltfreundlichkeit, da die Plattform bereits 56 Prozent ihres Stroms aus „clean energy“ bezieht. Oder wie wäre es mit einer nachhaltigen Nutzung der Rechnerleistung übers Internet hinaus? Ein Rechenzentrum in Stockholm bezieht beispielsweise seine Energie aus erneuerbaren Quellen und speist die Abwärme sofort ins Fernwärmenetz ein, das freut die Umwelt also gleich doppelt.

Und bis solche Methoden auch bei uns in Deutschland angekommen sind, gilt für uns als Streaming-Nutzende erst einmal ein Bewusstsein für das Thema Streaming und Umwelt zu entwickeln, und sich die kleinen alternativen Möglichkeiten vor Augen zu führen, die auch wir haben. Die Qualität zu reduzieren und auf kleineren Bildschirmen zu schauen. Nicht unterwegs, sondern nur Zuhause im WLAN zu streamen, oder alternativ die Videos schon einmal herunterzuladen, wo es denn legal ist. Weniger und achtsamer zu streamen und Stranger Things und Game of Thrones nicht nur als Hintergrund­geräusche zu missbrauchen. Oder einfach mal statt eines Filmabends einen Spieleabend einzulegen oder sich ein Buch zu schnappen – ob dort die digitale oder die analoge Alternative die bessere ist, könnt ihr übrigens in unserem letzten Nachhaltigkeitsartikel nachlesen.

Noch mehr Infos für euch:
Die Energieberatung steht euch mittlerweile mit mehr als 500 Beratungsstellen und kommunalen Stützpunkten zur Verfügung und berät über alles, was Stromsparen im eigenen Haushalt angeht. Seit den 70er Jahren wird das Unternehmen durch die Bundesregierung gefördert.

Beitragsbild: CardMapr auf Unsplash
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