In Greifswald gibt es den einen oder anderen Verein. Während man bei Sportvereinen leicht erkennt, was sich dahinter verbirgt, ist es bei Vereinen wie der Capufaktur eher schwierig auf Anhieb zu erkennen, um was es sich hier eigentlich handelt. Um Euch eine bessere Vorstellung verschaffen zu können, haben wir Louis und Edgar zu uns in die Redaktion zu einem Interview eingeladen. 

Was ist denn die Capufaktur eigentlich? Was kann man sich darunter vorstellen?
Capufaktur ist eine studentische Unternehmensberatung. Wir sind ein Verein von derzeit circa 45-50 aktiven Mitgliedern, die alle den Anspruch haben, neben dem Studium, das sehr theoretisch ist, praktische Erfahrungen zu sammeln. Das geht in die verschiedensten Bereiche von interner Ressortarbeit bis externer Projektarbeit. Dabei ist von Marketingstrategien zu Prozessoptimierung alles dabei. Wir sind außerdem ein Verein von Leuten, die andere motivierte Student*innen kennenlernen wollen. Bei uns geht es nicht nur um gemeinsame Projektarbeit. Wir unternehmen auch gerne mal privat was zusammen – von einem Abend in der Bar bis zu einem Tag am Strand.

Was heißt das Wort Capufaktur eigentlich?
Das kommt aus dem Lateinischen und es heißt “caput” und “facere”, also „Kopf“ und „machen“. Das soll bedeuten, wir arbeiten mit unserem Kopf, ein bisschen wie eine Manufaktur, nur dass unser Werkzeug unser Gehirn ist. Der Name existiert seit 2004, ebenso der Verein und seitdem machen wir das, was wir machen.

Habt Ihr spezielle Ziele, die Ihr verfolgt, oder ein großes Ziel, das immer im Vordergrund steht?
Wir haben uns vorletztes Jahr im Dezember eine Mission gegeben. Diese haben wir gemeinsam auf einem Strategiewochenende in Polen formuliert und da kam heraus: Zusammen eigene Professionalität und Potentiale in sich entdecken, entfalten, entwickeln. Das ist dann auch unser Motto geworden. Natürlich sind wir eine studentische Unternehmensberatung und wir sammeln Praxiserfahrung. Diese Praxiserfahrung ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, uns selber weiterzuentwickeln und weiterzubilden. Im Studium hat man sehr viel theoretisches Wissen, das man vermittelt bekommt, und meistens wendet man dieses dann nicht wirklich an. Ich finde die moritz.medien machen das im Medienbereich und so in etwa wollen wir das für alle anderen in den verschiedensten Bereichen anbieten, da wir sehr vielfältige Projekte machen. [Anmerkung der Redaktion: Zu der Projektarbeit gibt es morgen mehr!]

Wie seid Ihr intern aufgebaut? Habt Ihr eine Art Hierarchie? Ich weiß von ProjektleiterInnen, aber könnt Ihr das mal aufklären?
Ja gerne. Also ich [Edgar] bin ja Vorstand für Internes bei uns und Louis ist der Vorstand für Externes. Dann haben wir noch einen Vorstand für Finanzen und Recht und darunter haben wir dann verschiedene Abteilungen, bei uns heißen die Ressorts. Die externen Abteilungen beschäftigen sich mit dem Außenauftritt und der Projektakquise. Da haben wir einmal PR und Marketing, Netzwerke und Unternehmenskontakte, also Akquise. Und jede dieser Abteilungen hat dann natürlich noch eine*n Ressortleiter*in, der*die das Ganze dann auch plant und organisiert. Darunter sind dann nochmal die Mitglieder der einzelnen Ressorts.

Im internen Bereich haben wir die Bereiche Qualitätsmanagement, Informationstechnologie (also IT) und Personal.

Der Bereich Finanzen und Recht ist so ein bisschen ausgelagert, weil der Vorstand für Finanzen und Recht auch gleichzeitig Abteilungsleiter*in ist. Er*sie hat dann sein*ihr Ressort auch unter sich, das Ressort für Finanzen und Recht.

Also habt Ihr pro Vorstand ungefähr drei Ressorts?
Genau. Finanzen und Recht ist ein eigenes Ressort mit einem*einer Ressortleiter*in, der*die gleichzeitig Vorstandsmitglied ist. Es gibt dann auch noch die Unterteilung zwischen Anwärter*in und studentische*r Berater*in. Der Weg wäre: Anwärter*in → studentische*r Berater*in → Ressortleiter*in →  Vorstand. Wobei sich das krasser anhört, als es ist, weil jeder überall mitreden kann. Wenn du Vorstand bist, dann bist du nicht der typische Klischee-Vorstand oder so, der nur Befehle rausgibt. Das wird nicht gewollt. Wir diskutieren alles offen und transparent im Verein und die Hierarchien sind eigentlich eher flach.

Man kann sich das also so vorstellen, dass Ihr auch zusammenarbeitet und wenn dann etwas unklar ist, wisst Ihr mehr als ein*e Anwärter*in zum Beispiel?

Ja genau. Also es geht darum, je höher du quasi in der “Hierarchie” nach oben kommst, desto mehr Überblick hast du über alles. Du bist mehr für die Strategie und die Organisation verantwortlich.

Wenn sich jetzt beispielsweise jemand interessiert und bei Euch mitmachen möchte, muss man irgendwelche Vorkenntnisse mitbringen oder eine gewisse Affinität in gewissen Bereichen besitzen?
Überhaupt nicht. Der klassische Weg ist, du lernst uns kennen oder du hörst von uns über einen von unseren Kanälen, also Instagram, Facebook, Info-Veranstaltungen, Vorlesungsbesuche, Poster, Flyer, Sticker, alles was man so sieht. Dann schickst du ein Motivationsschreiben und einen Lebenslauf an uns und da geht es dann darum zu sehen, ob man sich Mühe gibt. Und nicht darum, dass man schon zehn Praktika gemacht hat und sämtliche Zertifikate hat. Keiner bei uns fängt als Profi an. Darum geht es ja: dieses Wissen bei uns zu bekommen. Nach dem Studium und während des Studiums, wenn man sich für Praktika bewirbt, braucht man auch schon Praxiserfahrung. Also irgendwo muss man auch mal anfangen und dafür sind wir da.

Und wenn man sich nicht so sicher ist, kann man auch mal bei euch irgendwo hineinschnuppern, bevor man überhaupt dieses Motivationsschreiben formuliert?
Also generell kann man uns entweder eine Email schreiben oder wenn man jemanden kennt, der bei der Capufaktur ist, dann kann man den ansprechen und fragen, ob man mal eine Vereinsrunde besuchen kann. Dann kann man sich da mit reinsetzen und sieht so ein bisschen, wie wir miteinander reden und kommunizieren. Und allgemein gibt es immer zum Semesterstart unsere Mitgliedergewinnung. Da veranstalten wir eine offene Vereinsrunde, zu der allgemein alle Interessierten eingeladen sind. Aber man kann immer auf uns zukommen, wir finden da auf jeden Fall eine Lösung.

Komische Frage, aber wie erkennt Ihr denn an einem Lebenslauf, ob der*diejenige motiviert ist?
Nein, also es gibt ein Motivationsschreiben und einen Lebenslauf. Zum Beispiel, warum willst du bei der Capufaktur mitmachen? Warum denkst du, dass du dazu passt?

Der Hintergrundgedanke – wir haben natürlich ein Personalressort und das sind viele Leute, die später vielleicht im HR-Bereich arbeiten wollen. Für die ist das eine super Erfahrung, so eine Bewerbungsphase mal durchgemacht zu haben. So können die das jetzt schon, also nicht spielerisch, aber auf jeden Fall in einem ungezwungeren Umfeld ausprobieren. Es gibt keine harten Konsequenzen, wenn mal Fehler passieren, etc. So können die Ressortmitglieder Erfahrungen sammeln und sich einen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben angucken. Dann werden die Leute eingeladen. Es wird ein Assessment Center veranstaltet oder alternativ Vorstellungsgespräche geführt. Das Assessment Center ist eine große Sache. Da haben die Leute sich wirklich über Wochen Gedanken gemacht und dann Übungen und Beobachtungsbögen aufgestellt. Also wir versuchen das alles so professionell wie möglich zu machen, aber gleichzeitig immer noch studentisch zu bleiben und zu sagen: “Hey, es ist alles cool, wenn irgendwas mal schief läuft!”

Wie viel Stunden in der Woche sollte man haben, wenn man sich bei Euch engagieren will?
Also wir gucken schon, dass die Leute motiviert bei der Sache sind. Wo ist der Sinn, wenn man einem Verein beitritt und dann gar nicht kommt? Dann muss man schon mal auf die Person zugehen und fragen, woran es gelegen hat und dann mal schauen, ob es einen Weg gibt, der besser ist. Vielleicht hat man gerade privat irgendwelche Sachen. Aber so generell haben wir einmal in der Woche ein Meeting für unsere Mitglieder, das ist am Mittwoch von 20 Uhr bis ungefähr kurz vor zehn. Das ist einmal eine Vereinsrunde und dann in der Woche darauf immer ein Ressorttreffen. Das wechselt dann wöchentlich ab. Die Vereinsrunde ist mehr eine interaktive Präsentation. Da ich für das Interne zuständig bin, präsentiere ich da, spreche dann Sachen an und stoße Diskussionen an. Das geht dann etwa zwei Stunden. Bei den Ressorttreffen wird in den Ressorts gearbeitet. Da setzen sich die Leute in Grüppchen in einem Uniraum zusammen und stellen Projekte vor und wer Lust hat, kann mitmachen. Dann werden Aufgaben verteilt und geguckt, was bis jetzt geschafft wurde und dass alles voran geht. Da liegt es am Mitglied selbst, wie viel es machen möchte. Wir engagieren uns alle ehrenamtlich, deswegen kann man da niemanden zwingen etwas zu tun. Das wollen wir auch gar nicht. Aber wenn jetzt jemand gesagt hat, dass er*sie das bis in zwei Wochen machen will, dann haken wir auf jeden Fall nach und fragen, was denn da jetzt bei rumgekommen ist.

Du bekommst im Endeffekt so viel heraus, wie du reinsteckst. Also du hast keine 40-Stunden Woche, du kannst dir das relativ frei gestalten. Wenn jemand schon im Assessment Center und Motivationsschreiben sagt, dass er wenig Zeit hat, dann haken wir nochmal nach. Der Aufwand soll auch nicht zum Stress werden. Wir sind ja so eine Art Ausbildungsstätte. Und wenn wir Leute haben, die sich gut engagieren und viel machen, ist es natürlich auch immer eine Erfahrung für sie selbst. Wir schaffen coole Möglichkeiten, an denen man wachsen kann und wo man sich ein bisschen herausfordern kann. Zum Beispiel, wenn man noch nie eine Präsentation vor 200 Leuten gehalten hat, kann man das bei uns ausprobieren. Jede Aufgabe ist auch eine Chance, zu wachsen und sich ein bisschen auszuprobieren. Wir versuchen den Mitgliedern zu vermitteln, dass es keine Pflichtaufgabe ist. Wir versuchen  jede Aufgabe so interessant und gehaltvoll wie möglich zu gestalten. Am Ende geht es ja darum, dass jede*r was davon hat.

Habt Ihr noch etwas, das euch auf dem Herzen liegt?
Vielleicht, dass wir nicht das typische Klischee des Unternehmensberaters bedienen. Dass wir nicht in der Vereinsrunde mit Schlips und Kragen sitzen und die Weltherrschaft an uns reißen wollen. Wir gehen auch gerne mal zusammen in eine Bar und unterhalten uns über andere Themen als über die letzten Wirtschaftsnews.

Man findet bei Euch auch Freunde fürs Leben?
Auf jeden Fall. Das ist uns ein genauso hoher Anspruch. Hier geht es auch um den persönlichen Mehrwert. Du wirst sofort in so ein großes Netzwerk aufgenommen und bist auch nie alleine in der Projektarbeit. Viele haben vielleicht erstmal Berührungsängste. Manche denken vielleicht, sie kommen in eine studentische Unternehmensberatung, haben dann den großen Kundendruck und haben noch nie einen Analyseprozess oder Verbesserung vorgenommen. Du stehst nie alleine da. Wir haben ein großes Wissensmanagement. Du kannst die Projekte der letzten Jahre angucken und sehen, wie es andere gemacht haben. Wie haben andere Mitglieder Lösungen gefunden für das Problem, das ich gerade habe. Wir sind die CaFamilia. Wir versuchen uns wie eine Familie zu unterstützen und unser Ziel ist, wie gesagt, uns als Team weiterzuentwickeln.

Morgen folgt Teil 2 des Interviews zu der Projektarbeit der Capufaktur. 

Beitragsbild: Capufaktur; Chris Berger
Beitrag von Anne Müller und Annabell Hagen