Wir – zumindest 20,61% – haben das Studierendenparlament gewählt! Und unsere Fachschaftsräte, ah und in der Urabstimmung zur Arndtdebatte! …Und für die Fakultätsräte? Und den Akademischen Senat!? Warum wird eigentlich alles auf einmal gewählt und wozu wählt man überhaupt nicht-studentische Gremien?

Dieser Artikel stammt aus dem moritz.magazin mm133 vom Februar 2018. Er bezieht sich auf die vorherige Legislatur, -aber noch aktuelle Strukturen und Abläufe.

Alle Gremienwahlen müssen nach der geltenden Wahlordnung gleichzeitig stattfinden. Und das, so Lukas Thiel – Wahlleiter der studentischen Gremien – ist auch sinnvoll, denn die einzelnen Wahlen profitieren von mehr Wahlbeteiligung. Während es aber insgesamt 8 Anlaufstellen für die Wahlen der studentischen Gremien gab, konnte für die Urabstimmung und die akademischen Gremien nur in den zwei zentralen Wahllokalen gewählt werden, im Konferenzraum der Universität und im Vortragsraum der ZUB. Man konnte also nicht alles in jedem Wahllokal wählen. Da die Ausweitung der Anlaufstellen der akademischen Gremienwahl für Studierende auf alle 8 Wahllokale logistisch extrem aufwändig wäre, habe sich die Wahlleitung entschlossen – immerhin für die Wahl der studentischen Gremien – mehr Anlaufstellen anzubieten. Allein die Umsetzung des StuPa-Beschlusses, neben den Gremienwahlen noch zwei Wahlurnen für die Urabstimmung in Betrieb zu halten, erforderte sehr viel Einsatzbereitschaft der nur 24 freiwilligen Helfer_innen.

ZEIT, WILLE, MUT UND LEIDENSCHAFT

Was war nochmal der Unterschied zwischen studentischen und akademischen Gremien? Einerseits gibt es die studentische Selbstverwaltung – mit Gremien, wie den Fachschaftsräten und dem Studierendenparlament. Andererseits gibt es die akademischen Gremien, die für die Organisation von Forschung und Lehre verantwortlich sind. Darunter fallen die Fakultätsräte mit ihren Dekanaten und der Senat mit dem Rektorat. Der Fakultätsrat ist also doch nicht dasselbe wie der Fachschaftsrat! Er setzt sich nicht allein aus Studierendenvertreter_innen zusammen, sondern, je nach Größe der Fakultät, aus 6–12 Professor_innen, 2–4 Studierenden, 2–4 wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen und 1–2 sonstigen Universitätsmitarbeiter_innen. Die Studierendenvertreter_innen werden jedes Jahr neu gewählt, alle anderen Mitglieder des Fakultätsrates alle 2 Jahre. Warum mehr Professor_innen als studentische Vertreter im Fakultätsrat sitzen sollten, scheint dabei nicht wirklich offensichtlich. Milos Rodatos erklärt das mit einem Bundesverfassungsgerichtsurteil aus den 70er Jahren – für Entscheidungen zu Studium, Forschung und Lehre müsse es immer eine professorale Mehrheit geben.

Zumindest Milos Rodatos und Jonathan Dehn, die unter anderem im Fakultätsrat aktiv sind, bezweifeln aber, dass sich Professor_innen prinzipiell besser als Studierende für die Auseinandersetzung mit anderen Instituten, Fakultäten und fremdem Fachwissen eignen. Entscheidende Qualitäten seien Zeit, Wille, Mut und Leidenschaft. In den akademischen Gremien gebe es tatsächlich eine etwas andere Arbeitsatmosphäre als in den studentischen Gremien, diese sei aber nicht unbedingt professionellerer Natur.

MANAGER UND INTERESSENVERTRETER DER FAKULTÄT

Als „Legislative der Fakultät“ trifft der Fakultätsrat grundlegende Entscheidungen für die Lehre und Forschung. Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät organisiert zusätzlich noch das Fremdsprachen- und Medienzentrum und den Hochschulsport. Der Rat beschließt unter anderem die Fakultätsordnung, kontrolliert den Fakultätshaushalt und wählt die Fakultätsleitung – das Dekanat. Außerdem kann die Fakultät vom Senat über Angelegenheiten der Fakultät Auskunft verlangen. Der Fakultätsrat beschäftigt sich darüber hinaus mit der Organisation der Dozent_innen der Fakultät. Er stellt an den Senat Anträge zur Berufung von ausgewählten Dozent_innen und gibt dem Senat Stellungnahmen zu Forschungssemestern von Dozent_innen. Der Fakultätsrat wirkt also als Manager und Interessenvertreter der Fakultät. Die meiste Arbeit geschieht aber, so wie in den meisten anderen Gremien, nicht in den Ratssitzungen selber, sondern in Ausschüssen und Kommissionen. Diese setzen sich mit einzelnen Themen intensiv auseinander und geben dem entsprechenden Fakultätsrat dann eine Abstimmungsempfehlung. Besonders umkämpft in der letzten Legislatur waren die Verteilung der Fakultätsmittel vor dem Hintergrund der Haushaltskrise der Universität und die Debatte um Anwesenheitspflicht für Lehramtsstudierende, berichten Milos und Jonathan. Die Sitzungen der Fakultätsräte finden – so wie die des Senats – einmal im Monat hochschulöffentlich statt, es steht also allen Studierenden frei, an ihnen teilzunehmen.

WENIG VERTRAUEN UND TROTZDEM WICHTIG

Der Senat ist für fakultätsübergreifende Entscheidungen zuständig. Eine Senatssitzung besteht dabei aus zwei Sitzungen, die direkt hintereinander stattfinden und an denen jeweils alle Senatsmitglieder teilnehmen. Stimmrecht für jeden der 36 Senator_innen gibt es nur in der zweiten Sitzung, im erweiterten Senat. Der erweiterte Senat ist für die Änderung der Grundordnung und die Wahl der Universitätsleitung (Rektorat, Kanzler_in) verantwortlich. In der ersten Sitzung, im engeren Senat, haben nur die 22 Senator_innen Stimmrecht, die entweder Professor_innen sind, denn alle 12 professoralen Senator_innen sind automatisch auch in den engeren Senat gewählt, oder die Repräsentant_innen, die in der Gremienwahl genug Stimmen auf sich ziehen konnten. Nur 4 der 6 wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen, 2 der 6 sonstigen Mitarbeiter_innen und 4 der 12 Studierendenvertreter_innen haben ein Stimmrecht im engeren Senat. Sie beschließen unter anderem den Wirtschafts- und Haushaltsplan der Universität und haben einen Einfluss darauf, welche Themen im erweiterten Senat besprochen und abgestimmt werden können. Möglicherweise sieht das Rektorat ein Ungleichgewicht in der Stimmenverteilung im engeren Senat. Es wies die anwesenden Medien in einer Senatsdiskussion über juristische Fragen zur Namensablegung ausdrücklich darauf hin, dass „wieder nur die Professor_innen“ diskutieren (wobei die meisten zudem männlich sind). Auch im Senat waren die gewichtigsten Probleme der Legislatur, so Jonathan, die Bewältigung des Uni-Haushalts, einhergehend mit Entscheidungen, in welcher Fakultätsstellen gekürzt werden müssen, Verhandlungen mit dem Land, damit die Summe der verordneten Rücklagen möglichst nicht auf einen Schlag eingesteckt werden muss und der unsterbliche Konflikt um den Uni-Namen. All diese Themen sind miteinander verwoben. Einige Schnüre enden in der Landespolitik. Um den Haushalt funktionstüchtig zu halten, muss die Universität mit dem Land um die Höhe und den Zeitraum der Zwangsrücklagen verhandeln.

Um möglichst erfolgreich verhandeln zu können, möchte die Universitätsleitung das Thema Namensablegung möglichst umgehen, da alle Schritte zur Ablegung die Verhandlungen belasten könnten – das Rektorat hat „kalte Füße“, während viele der Senator_innen das Thema Uni-Name am liebsten ein für alle Mal noch in ihrer Legislatur bezwingen würden. In einem Weihnachtsgruß unserer Rektorin und der letzten Senatssitzung der Legislatur macht die Universitätsleitung deutlich, dass das Vertrauen des Senats in die Landespolitik, insbesondere das Bildungsministerium, geschwunden ist. Der Tropfen, der neben den finanziellen Auflagen und fragwürdiger Einmischung der Landespolitik in die Namensdebatte das Fass zum Überlaufen brachte, war, dass das Ministerium den im Senat abgestimmten Vorschlag für den neuen Kanzler der Universität nicht bestätigte.

ÄRGER INS BEWUSSTSEIN RÜCKEN

Interessanterweise lassen sich, während die Wahlbeteiligung bei den akademischen Gremienwahlen geringer ist, mehr Studierende für die akademischen Gremien aufstellen. Lukas vermutet, das läge daran, dass die studentischen Gremien den Studierenden näher sind, während sie in ihren Aufgaben im Vergleich zu den akademischen Gremien was Möglichkeiten und Erfahrungen angeht relativ beschränkt seien. Fest steht, dass gerade in diesen unruhigen Zeiten engagierte Studierende auch in den akademischen Gremien nicht zu ersetzen sind. Aufgrund eines Missverständnisses im AStA gab es dieses Jahr kein Gremienwahlheft, dies habe aber der Wahl nicht geschadet, meint der studentische Wahlleiter. „Wir haben zwar in diesem Jahr keine Bilder der Kandidat_innen veröffentlicht, alle sonstigen Texte des Gremienwahlheftes sind aber auch so im Netz zu finden.“ Stattdessen gäbe es eine positive Entwicklung: Die im StuPa hochgekochten Themen, wie die Personaldebatte, die Haushaltsdebatte und das Campus Open Air, rücken die Hochschulpolitik für manch eine_n mehr ins Bewusstsein.

 

Beitragsbild: Jonathan Dehns Designs bearbeitet von Anne Müller