Durch zwei gestern erschienene Kommentare haben wir versucht, euch vorzugaukeln, dass es sinnlos ist, wählen zu gehen. Hoffentlich hat das nicht geklappt. Wir haben noch einmal zwei alte HoPo-Hasen gefragt, warum es vielleicht doch eine gar nicht so dumme Idee ist und auch Spaß machen kann, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen.
Steter Tropfen höhlt den Stein
Autor: Marco Wagner, ehem. Mitglied des StuPa und Senat, ehem. Chefredakteur webmoritz.
Junge Union und RCDS können aufatmen. In zweieinhalb Wochen werde ich Greifswald für immer verlassen. Und ich werde den studentischen Medien fortan nicht mehr mit meinen schrecklich linksradikalen Artikeln zur Last fallen. Ebenso wenig besteht die Gefahr, im Studierendenparlament rumzunörgeln, oder Klaus Fesser, Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, mit meiner Meinung in Verärgerung zu versetzen.
Am meisten hat Klaus Fesser geärgert, dass ich, als ich im Senat saß, das Lehramt in den Mittelpunkt meiner Tätigkeit rückte. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass besagter Dekan das Lehramt in Greifswald eher wie eine lästige Fliege ansieht, mit Ausnahme der Geografie, versteht sich. Angefangen hat mein hochschulpolitisches Engagement als studentisches Mitglied beim damaligen Vorstand des Instituts für Bildungswissenschaften, das seinerzeit noch von Prof. Franz Prüß geleitet worden war. Inzwischen ist diese Institution mehr oder weniger in der Zentralen Koordinierungsgruppe für Lehrerbildung aufgegangen, in der ich mich dann auch noch eine Weile engagierte.
Letztendlich fragen sich wahrscheinlich viele: „Warum machen die das eigentlich? Haben die keine Freunde?“ Sicherlich, bei dem einen oder anderen Engagierten habe ich mich das auch manchmal gefragt. Auf mich traf und trifft es jedenfalls nicht zu. Und wenn ich jetzt zurückblicke, was sich wie verändert hat und wo ich überall meinen Senf dazu gegeben habe, muss ich feststellen: Es hat sich gelohnt. Inzwischen hat das Lehramt, nicht zuletzt Dank derer, die nach mir kamen, einen Stand innerhalb der Universität, der vor fünf Jahren noch absolut unvorstellbar war. Es musste um das Lehramt gestritten und dafür protestiert werden. Es mussten neue Studienordnungen erstellt und um einzelne Lehrveranstaltungen gekämpft werden. Nicht immer ist man aus diesen hochschulpolitischen Kämpfen als Sieger hervorgegangen. Leider viel zu oft als Verlierer.
Jetzt könnte man einwenden, dass es doch dann sinnlos wäre, sich zu engagieren? Nein, ist es nicht. Ein Sprichwort sagt: Steter Tropfen höhlt den Stein. Und so ist es zum Beispiel beim Lehramt gewesen. Zunächst schien es fast aussichtslos, das Fächerspektrum im Lehramt zu erweitern. Inzwischen ist eine Wiedereröffnung der Lehramtsfächer für Mathe und Biologie im Gespräch.
Schon sehr lange gab es die Idee, für Lehramtsstudierende eine gemeinsame Plattform und eine starke Studierendenvertretung auf Fachschaftsebene zu etablieren. Richtig viel hat sich dann vor allem seit der Einrichtung des AStA-Lehramtsreferats bewegt. Das lag aber nicht nur am Referat, sondern an den Personen, die es ausgestalteten, an Personen, die dieses Referat auf den Weg brachten. Wer mit Herzblut und vollem Einsatz in der Hochschulpolitik dabei ist, meint zwar sicherlich allzu oft, kaum vorwärts zu kommen, weil man doch noch so viel erreichen will. Aber wenn er dann raus ist und zurückblickt, stellt er fest, dass sich doch eine ganze Menge verändert hat. Auch zum Positiven und vor allem wird man immer die eigene Handschrift wiederfinden. Schade ist nur, dass man trotz des großen Einsatzes für die Studierendenschaft so wenig Rückhalt erhält. Zehn Prozent Wahlbeteiligung? Hm. Das ist Scheiße. Einfach nur Scheiße. Und trotzdem stellt man sich wieder auf, um die Welt zu retten. Naja. Nicht ganz. Aber immerhin die Universität.