Darmstadt, 2059. Zwölf Jahre ist es her, seit die erste Crew den 9. Planeten erreicht hat – ein Abenteuer, das es in einem kooperativen Kartenspiel zu bestehen hieß. Jetzt gilt es in einer neuen Mission, dorthin zurückzukehren und ihn weiter zu erforschen – wieder gemeinsam, doch diesmal ganz ohne Spielkarten. Stattdessen begibt man sich in Buchform auf die Reise ins All.

Genau gesagt, in Form zweier Bücher. Eines erzählt aus der Perspektive von Cim, der ersten Kommandantin des Raumschiffs GALATHEA, das andere aus der Sicht von Prosper, ihrem Co-Kommandanten. Zu zweit kann man in deren Rollen schlüpfen, indem man sich abwechselnd vorliest – und Entscheidungen für die eigene Figur trifft, von denen Gelingen und Scheitern der Mission abhängt.

Die Geschichte

Seit die erste Crew aus dem Spiel “Die Crew – reist gemeinsam zum 9. Planeten” von ihrer Mission zurückgekehrt ist, ist klar, dass es am Rande unseres Sonnensystems noch einen bis dahin unentdeckten Planeten gibt. Dieser birgt aber noch einige Rätsel, denen die Mannschaft der GALATHEA jetzt auf den Grund gehen will – was hat es zum Beispiel mit dem Wurmloch auf sich, durch das das letzte Forschungsteam in die Nähe der Venus transportiert wurde? Nach jahrelanger Vorbereitung will die Crew unter Cim Immortels Kommando dieser und weiteren Fragen endlich auf den Grund gehen. Mehr als sieben Jahre werden sie dorthin unterwegs sein – kein Wunder, dass auf dieser langen Reise nicht alles so läuft wie geplant…

Das Spielsystem

Jedes Buch besteht aus vielen kleinen Abschnitten, die wild durcheinander über die Seiten verteilt sind und zwischen denen man hin und herspringt – wie bei “1000 Gefahren” und ähnlichen Büchern. Um festzulegen, wer vorliest, sind alle Einträge mit Datum und Uhrzeit versehen und werden chronologisch gelesen. Dabei sind die Zeitsprünge sehr unterschiedlich: Mal erzählt die Person im anderen Buch zehn Minuten später das Gleiche aus ihrer Perspektive, mal erfährt man, wie sich die Situation auf der GALATHEA Jahre später entwickelt hat. Meist wird man eine ganze Weile von Abschnitt zu Abschnitt geschickt, bis jemand vor eine Entscheidung gestellt wird, die sich auf den weiteren Verlauf auswirkt. Es gibt auch die Möglichkeit, das Abenteuer alleine mit nur einem Buch zu bestreiten. Dann muss man natürlich die Entscheidungen für die andere Seite mittreffen. Vor allem hat das aber zur Folge, dass es immer wieder grau gedruckte Abschnitte gibt, die in beiden Büchern mehr oder weniger identisch sind. Abschnitte, die auf jeden Fall auftauchen sollen, auch wenn man nur mit einem Buch spielt, die aber nicht doppelt gelesen werden brauchen.

Kritik

Die Idee hinter dem dritten Teil von Die Crew ist wirklich gut. Ich fand es schön, dadurch einen Grund zu haben, gemütlich zusammenzusitzen und sich vorzulesen. Lässt einen wirklich hinterfragen, warum man in einem gewissen Alter mit dem Vorlesen aufgehört hat. Gemeinsam der Geschichte zu folgen macht auch Spaß, obwohl ich persönlich mit Raumfahrt normalerweise nichts anfangen kann. Aber die Story ist einfach gut erzählt und beschäftigt sich auch viel mit dem Leben im Weltall im Allgemeinen. Dafür kann man insgesamt eher wenig Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen. Der Fokus liegt darauf, die Geschichte zu erzählen, besonders viele Entscheidungen müssen gar nicht getroffen werden. Laut Buchrücken ergeben sich trotzdem 150 Möglichkeiten. Diejenigen, die zum erfolgreichen Abschluss der Mission führen, dürften dennoch nur geringfügig voneinander abweichen. Die meisten Entscheidungen bestimmen nämlich entweder darüber, ob die Mission vorzeitig beendet wird, oder haben kaum Auswirkungen. Es gibt mehrfach Stellen, an denen man, falls man sich für eine bestimmte Route oder Mission entscheidet, letzlich doch überredet oder von äußeren Umständen dazu gezwungen wird, die andere Option zu wählen.

Teilweise ist es auch schwer, sich in den Büchern zurecht zu finden. Kommt die Mission vorzeitig zum Ende, kann es schwierig sein, wieder den Einstieg in die Geschichte zu finden, da man nicht immer auf die richtigen Seiten verwiesen wird. Wie man mit den grauen Abschnitten umgehen soll, ist auch nicht immer ganz klar. Manchmal wechseln sich in einem Text schwarze und graue Absätze ab, was es erschwert, eine sinnvolle Reihenfolge zum Vorlesen zu finden. Ich hätte es besser gefunden, auf diese Doppelungen zu verzichten. Bücher, in denen man allein über den Verlauf der Geschichte entscheidet, gibt es bereits mehr als genug. Die gesamte Idee hinter dieser Story ist es, dieses Prinzip auf zwei Leute zu übertragen. Dann sollte der Fokus auch darauf liegen, es für das Spiel zu zweit möglichst intuitiv zu gestalten, nicht darauf, noch irgendwie eine Version für eine Person zu ermöglichen.

Insgesamt also eine schöne Geschichte, der zu folgen ich nur empfehlen kann. Das Spielsystem ist noch nicht ganz ausgereift, aber vielleicht sollte man diesen Teil von “Die Crew” einfach als Buch mit etwas Spiel sehen und nicht als Spiel in Buchform, dann kann man viel Spaß damit haben.

Beitragsbild: Nora Stoll