Um noch einmal sicherzugehen, schaut Marie auf die Tafel und sieht, dass ihr Bus in genau 5 Minuten ankommt. Genau richtig für Marie, denn sie ist nicht gerade die geduldigste Person. Während sie also am Bahnhof wartet, holt sie ihre kleine Thermosflasche heraus, um ein bisschen Tee zu schlürfen. „Gut, dass ich daran gedacht hab!“, denkt sich Marie erleichtert. Die letzten Tage war es in Greifswald ziemlich kalt. Ohne Thermoleggings geht nichts mehr. Am besten noch zwei Paar Socken und dicke Handschuhe, dann ist man sicher bei diesem eisigen Wetter. Marie erinnert sich nicht mehr genau, welchen Tee sie sich gemacht hat, aber schon beim ersten Schluck schmeckt sie es heraus und spuckt ihn sofort aus ihrem Mund. „Baaah, nicht Pfefferminztee!“ denkt sich Marie und verzieht angeekelt das Gesicht. Na toll. Sie schaut kurz zu den anderen Menschen, die genau wie sie auf den Bus warten. Diese blicken Marie nur schräg an. Verlegen blickt sie schnell wieder weg. Ob sie es wohl schaffen würde, sich wenigstens einen Coffee to go bei der kleinen Dönerbude zu holen?

Genau eine Millisekunde später kommt bereits der Bus. Marie vergaß schnell den Gedanken und läuft schnell los. Noch schnell die FFP2-Maske aufsetzen uuund… zack! Fertig! Startklar! Der Busfahrer steigt aus und begrüßt alle, die mitfahren wollen. „Jetzt aber schnell, bevor ihr mir noch einfriert“ meint er mit einem Lächeln und hilft dabei, das Gepäck einzuladen. Als er Maries Trekkingrucksack hochheben will, muss er sich ziemlich anstrengen. „Ugggh Kleine, was hastn da eingepackt? Steine?“ fragt er schmunzelnd. Als von allen Reisenden das Gepäck verstaut ist, kann es auch schon losgehen. Marie und die anderen steigen nacheinander in den Bus. Die relativ unauffälligen Leute setzen sich entweder ganz nach vorn oder in die Mitte. Die “ganz Coolen” gehen jedoch nach hinten, also natürlich auch Marie. Bis auf ein weiteres Mädchen, schätzungsweise 16 Jahre alt und die Kopfhörer hinter ihren langen dunkelblonden Haaren versteckt, ist niemand in der letzten Sitzreihe. Haaach, wie entspannt. Genau so, wie es sich Marie gewünscht hat.

Sie macht es sich schnell gemütlich. Bevor sie ihre Kopfhörer anschließt und ein Lied aussucht, macht der Busfahrer eine kurze Ansage. „Liebe Fahrgäste, mein Name ist Stefan und ich begleite Sie heute auf Ihrer Reise von Greifswald nach Berlin. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Reise. Bitte beachten Sie die aktuellen Schutzma-“. Ab da hört Marie schon nicht mehr zu, denn ihr aktuelles Lieblingslied von System Of A Down – ‚Lonely Day‘ startet. Marie ist jetzt in ihrer eigenen, kleinen Welt. Und schon setzt sich der Bus in Bewegung. Während das Lied auf voller Lautstärke durch ihre Kopfhörer dröhnt, denkt sie an die kommenden Weihnachtstage. Sie freut sich auf ihre Familie. Auf Oma und Opa. Mamas leckeres Essen. Ihre Geschwister Sabrina, Jeremy und Jan. Auf ihre zwei Katzen Garry und Mathilda. Die weihnachtliche Atmosphäre. Und einfach endlich mal ein bisschen abschalten können. Langsam schließt sie ihre Augen…

Irgendwann, nach ungefähr einer halben Stunde, wacht sie auf. Die Musik läuft noch immer. Verschlafen zieht Marie die Kopfhörer aus ihren Ohren, reibt sich die Müdigkeit aus ihren Augen und streckt sich. Als sie um sich herum schaut und ihre Augen bei dem jungen Mädchen 3 Sitze weiter stehenbleiben, zuckt Marie innerlich zusammen. Das Mädchen starrt sie mit finsteren Augen an. Verstört schaut Marie weg. Was wohl ihr Problem ist? Unauffällig riecht sie an ihrer Jacke – „Hm.. Also stinken tu’ ich nicht.“ Genau in dem Moment macht der Bus einen plötzlichen Ruck und bleibt stehen. Was ist denn jetzt passiert? Marie blickt nach draußen und bemerkt erst in diesem Moment, wie stockdunkel es schon draußen ist. Typisch Winter. Die Passagiere vorne tuscheln miteinander, aber Marie kann aus der Distanz nicht viel mitbekommen. Ein kurzer Blick auf das Handy verrät: 17:42 Uhr. Kein Signal. Na toll. Der Busfahrer Stefan teilt über eine Ansage mit, dass es eine Panne gibt. Wir sollen uns jedoch beruhigen, denn er wird schnell eine Lösung finden…

Beitragsbild: Laura Schirrmeister