Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
In Teil 1 fand sich die Schildkröte Gerhard, die als investigativer Entenfotograf bekannt ist, in der Raumstation Kosmische Ente wieder. Zwei Jahre lang waren sie auf Mission in Richtung des Planeten Meridia gewesen und Gerhard hatte es geschafft, all die Zeit unentdeckt zu bleiben. Kurz bevor er als blinder Passagier auffliegen konnte, waren er und ein Teil der aus Enten bestehenden Besatzung in Richtung Meridia abgestürzt. Etwas benommen ist er dort aufgewacht, weil ihm ein seltsames Geschöpf anstupste: Dieses Wesen war unverkennbar ein Tier und es besaß einen Schnabel, so viel war klar. Und so stand für ihn fest, dass er soeben Bekanntschaft mit einem Schnabeltier gemacht haben musste…

Teil 2 – Feels like home

Erfreut über seine Entdeckung dieses einzigartigen Geschöpfes und gespannt auf dessen Habitat, wagte er nun, seinen Kopf weiter aus dem Panzer zu stecken. Nachdem er zwei Jahre lang nur die eintönige Einrichtung des Raumschiffs gesehen und in Dauerschleife Teenage Mutant Ninja Turtles geguckt hatte, traute er seinen kleinen, schrumpeligen Augen kaum. Er befand sich direkt am Meer, umgeben von braunem Sand und grünem Wald. Der Ozean war klar und blau – nicht so wie auf der Erde, wo man kaum noch in Ruhe seine Runden schwimmen konnte, ohne dass ein ekelhafter Strohhalm die Nase verklebte oder Fischernetze sich in den Beinen verhedderten. Die Bäume, die er vom Boden aus nur erahnen konnte, wirkten gigantisch und raschelten wegen des leichten Windes, der durch die Landschaft strich. Überhaupt war die Luft so rein und frisch, wie Gerhard es auf der Erde nur ein einziges Mal bei einer Besteigung des Brocken im Harz erlebt hatte. Kein Smog färbte den Himmel grau, kein Mikroplastik wehte durch die Gegend und keine lästigen Gerüche nach Apfel-Himbeere oder Kaffee-Zitrone aus E-Zigaretten störten ihn. „Das muss das Paradies sein“, sagt Gerhard leise zu sich. Während sein Blick völlig beseelt auf dem Ozean verschwamm, merkte er nicht, dass das von ihm getaufte Schnabeltier, das erst erschrocken zurückgewichen war, wieder näher kam und sich an seinem Panzer zu schaffen machte. Erst, als es übermütig wurde und kraftvoll versuchte, seine kleinen Zähnchen in Gerhards Panzer zu versenken, fuhr Gerhard empört auf: „Was soll das denn? Ist das eure Art, Besucher zu empfangen?“ Das Schnabeltier schaute ihn mit großen Augen an und fing wie aus dem Nichts an zu plärren und zu zetern.

„Justus, was ist denn jetzt schon wieder?“, hörte Gerhard da aus der Ferne rufen. Ein weiteres Schnabeltier näherte sich den beiden. „Ach, entschuldigen Sie bitte die Umstände“, sagte das zweite Schnabeltier, das etwa drei Mal so groß wie der kleine Justus war, zu ihm, „Der kleine Justus hat noch kein Mittagessen gehabt und er hat einfach immerzu Appetit – typisch Wachstumsphase …“ Es musterte die ungewöhnlich aussehende Galapagos-Schildkröte: „Darf ich fragen, sind Sie auch gerade auf dem Weg zu Brigittes Kostümparty? Das ist ja wirklich ein urschräges Outfit!“, fügte es hinzu. Völlig verdattert und leicht empört fand Gerhard seine Sprache wieder: „Wie? Kostüm? Also ich bitte Sie, haben Sie denn alle gar keine Manieren auf diesem Planeten? Ich bin eine Galapagos-Schildkröte, wie es im Buche steht! Mein Name ist Gerhard Schmitt – ja genau, ich bin DER Gerhard Schmitt. Journalist und Entenfotograf.“ Das große Schnabeltier wurde blass – zumindest konnte man es unter seinem dunklen Fell vermuten. „Gehören Sie etwa zu den Außerirdischen, die unseren Planeten einnehmen wollen … dies-dieses Raumschiff Enteprise?“ – „Raumstation Große Ente“, korrigierte Gerhard ungeduldig. Das große Schnabeltier zog den kleinen Justus beschützend hinter seinen Rücken: „Wenn das so ist, dann muss ich unumgänglich das Meritär rufen“, sagte es bestimmt, „Das Raumschiff wird als größte Gefährdung des Planeten in der Geschichte eingestuft und Sie, Sie haben meinen Sohn belästigt!“ Gerhard erschrak und versuchte zu erklären: „Aber nein, haben Sie keine Angst vor mir! Ich bin doch nur ein kleiner Fotograf und ganz zufällig und aus Versehen in diesem Raumschiff gelandet. Ich bin ganz harmlos! Ich bin weltbekannt in der Medienbranche – ich könnte Sie und ihren Planeten übrigens ganz groß rausbringen …“ Das große Schnabeltier erwiderte: „Aber was habe ich davon, wenn ich Sie nicht verrate? Außer einem unbedeutenden Artikel bei Promiflash?“ Gerhard überlegte panisch und kramte in den Tiefen seines Panzers. Er fasste in eine weiche, kühle Masse – der Sauerteig! „Hier“, sagte er und überreichte dem Schnabeltier den Teig, „Dies ist eine Spezialität meines Heimatplaneten. Damit können Sie Brot backen und ihre Familie versorgen! Das tolle an einem Sauerteig ist nämlich, dass man aus ihm immer wieder neue Massen züchten kann.“ Sichtlich beeindruckt von dieser Erfindung eines anderen Planeten begutachtete das Schnabeltier den hellen, weichen Klumpen. „Nun gut, ich will dem eine Chance geben – aber wenn der saure Teig nicht hält, was Sie versprechen, rufe ich Nachbar Jürgen vom Meritär an und Sie sind schneller hinter Gittern, als sie ‚Sauerteig‘ sagen können!“ Das Schnabeltier schnappte Justus und watschelte mit ihm in Richtung Wasser davon.

Erleichtert, dass er seinen ersten Konflikt mit einem Ureinwohner elegant gelöst hatte, begab sich Gerhard auf Erkundungstour: „Hoffentlich gibt es hier noch mehr Wesen wie diese Schnabeltiere.“ Er kroch in die Richtung, wo er die Seen vermutete, die er vom Himmel gesehen hatte, und hoffte auf eine kühle Erfrischung. Er humpelte durch die sandige Landschaft, die mit riesigen Bäumen und bunten, fremden Pflanzen geschmückt war. „Das muss ich später alles für den quarkmoritz. dokumentieren, die freuen sich sicherlich auch, weitere geschnabelte Tiere als nur die Enten zu Gesicht zu bekommen. Ei, was für ein Spaß!“, freute sich Gerhard. Er war eben einfach ein Journalist durch und durch.

Plötzlich stieß ihm ein seltsamer, süßlicher Geruch in die feinen Nasenlöcher. „Nicht, dass die auf diesem Planeten auch schon die E-Zigarette entdeckt haben“, stöhnte er. Schon einige Minuten später erkannte er, woher diese Dämpfe rührten. Gerhard näherte sich einer Lichtung, auf der er buntes Treiben und sonderbare Klänge ausmachen konnte. Langsam kroch er vorwärts und beobachtete die seltsamen Kreaturen, die sich mit komischen Bewegungen über die Wiese bewegten. Ihrer Silhouette nach handelte es sich dabei auch um Schnabeltiere, sie trugen aber Kleidung, die Gerhard an irgendetwas erinnerte. Das eine Tier trug Tennissocken, ein anderes war mit einem Tanktop bekleidet, auf dem „I love beer“ stand, noch eines hatte eine Kopfbedeckung auf, die an einen Cowboyhut erinnerte. Als er näher kam, konnte Gerhard sogar die Musik erkennen, bei der die Menge mitgrölte: „Einen Stern, der deinen Namen trägt …“. Der beißende Geruch, der ihn hierhergelockt hatte, stieg aus seltsamen Gebilden hervor, an denen einige Schnabeltiere mittels Schläuchen zogen und Rauch in Form von Ringen ausstoßen. Da sprang ihm auch schon ein mit Glitzersteinen verziertes Schild ins Auge, das in der Mitte der Wiese prangte: „Brigittes Mottoparty: Feiern wie die Erdlinge“. „Na super …“, dachte Gerhard, „jetzt geht’s hier genau so weiter, wie es vor zwei Jahren aufgehört hat.“

Da es langsam dunkel wurde, suchte er sich am Rande der Wiese ein kleines Plätzchen und zog sich in seinen Panzer zurück. Er öffnete seinen kleinen Guckschlitz aus Panzerglas und schaute dem bunten Treiben zu, bis ihm seine kleinen, schrumpeligen Augen zu fielen. „Irgendwie schön, ein bisschen Heimat in der Fremde“, dachte er, während er zu Helene Fischers Atemlos durch die Nacht langsam einschlief.

Er schreckte auf, als es schon komplett dunkel war. Er hörte aufgeregtes Quaken. „Die Enten kommen“, dachte er, kramte seine Kamera heraus und machte sich bereit, seiner Mission als Entenfotograf nachzugehen.

Na das klingt ja fast so, als wäre Meridia der neue Ballermann! Hättet ihr das von diesem Planeten erwartet? Ob sich Gerhard ins Getümmel schmeißen, eine Runde raven und an der Shisha ziehen oder doch lieber weiter auf Entdeckungstour gehen wird? Wie es weitergeht, erfahrt ihr nächste Woche von Annica im dritten Teil der unendlichen Geschichte.

Illustration: Elisa Schwertner