Ich bin auf dem Weg zur 26. StuPa-Sitzung der 27. Legislatur. Richtig – was will ich da verdammt nochmal? Und was war das eigentlich genau? Mein letzter Versuch an das StuPa zu kommen, scheiterte vor dem falschen Gebäude. Dieses Mal deckt mir ein Team der moritz.medien mit Insider-Informationen den Rücken – im Austausch für einen Artikel.


(moritz.magazin-Artikel aus mm132 Dezember 2017 von Jonas Meyerhof – damals mit dem Vorgänger-StuPa und -AStA, aber bisher überdauernden Eigenschaften)

Und schon stehe ich im großen Hörsaal der Wirtschaftswissenschaften. Er ist größtenteils leer. Jonathan Dehn, der mich hier hereingelockt hat, sitzt für den webmoritz. am Liveticker. Bis es losgeht, gehe ich im Kopf schnell durch, was er mir über diesen Ort erzählt hat. Das Studierendenparlament findet sich offiziell, wenn auch wenigen bekannt, alle zwei Wochen mit 18 in diesem Jahr verbliebenen in Gremienwahlen gewählten Studierendenvertretern zusammen. Neun Posten sind zurzeit unbesetzt. 13 der reell 18, der satzungsmäßig 27 StuPisten werde ich diese Nacht zu Gesicht bekommen. Erleichtert stelle ich fest: Das StuPa ähnelt also zumindest äußerlich dem Bundestag. Offensichtliche Unterschiede sind: Die StuPa-Sitzung fängt in der Regel dienstags zur Primetime an und endet, wenn sie endet. Zweitens gibt es zwar auch Ausschüsse, zum Beispiel den ständigen Haushaltsausschuss, die entscheidendsten Debatten für die von Studierenden fällbaren Entscheidungen findet man aber im StuPa. Drittens: Hochschulgruppen – das sagen Jonathan, Adrian Schulz (der StuPa-Präsident) und Veronika Wehner (Ressortleiterin des moritz.magazin), die sich übrigens zum Glück gerade mit Süßigkeiten neben mich setzt, spielen kaum eine Rolle. Eine Sache, die Veronika etwas stört. Das StuPa sei zu bürokratisch, also sowohl in Diskussion als auch Entschlüssen zu unpolitisch. Es verfehle so manche Interessen der Studierendenschaft. Adrian hält dagegen. Die formelle Korrektheit sei bessere Arbeit, politisch aufgeladene Debatten würden stattdessen Meinungen unterdrücken. Das StuPa handle aber trotzdem nicht unpolitisch. Ein großer Uhrzeiger wandert auf 20:15 Uhr und der Abend beginnt.

20:15 Uhr

Der StuPa-Präsi(dent) begrüßt alle Anwesenden und stellt die Tagesordnungspunkte (TOPs) vor. Zusammen mit den beiden Personen rechts und links von ihm, die normalerweise am Anfang der StuPa-Legislatur auf seinen Vorschlag mit ihm in das dreiköpfige Präsidium gewählt werden, leitet er alle Sitzungen, kontrolliert also auch Rederecht und Diskussionen, führt Protokoll, lädt zu den Sitzungen ein, stellt alle Beschlüsse auf die StuPa-Webseite und muss möglichst über alles, was das StuPa angeht, informiert sein. Das ist viel Arbeit, viel Einflussmöglichkeit und viel Verantwortung – Adrian selbst, Jonathan und Veronika glauben, dass ein StuPa-Präsident für das StuPa richtungsweisend sein kann. Die Tagesordnung wird im TOP 2 Formalia erstmal ordentlich durch Anträge strukturiert und dann beschlossen. Nun zum InfoTOP 3: Brauchen wir Student*innen ein Semesterticket? InfoTOP 4: die Urabstimmung um den Hochschulnamen mit Wortgefechten zwischen StuPisten und studentischen Senatoren. Kurz vor TOP 6 – das aus Vorlesungen angenehm gewohnte Handyklingeln. Dann die Berichte der AStA-Referent*innen.

21:00 Uhr

Der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) ist die Exekutive der Studierendenschaft, die durch das StuPa gewählt, kontrolliert und im Ernstfall umbesetzt wird. Das ist ein bisschen so wie die Bundesregierung, nur eben auch wieder gar nicht. Der AStA ist dem StuPa rechenschaftspflichtig, hat aber keine eigene Parteilobby im StuPa. Er ist also auch faktisch den Weisungen des StuPas unterworfen. Dass das schwierig sein kann, vor allem für die AStA-Referent*innen, hat man am Anfang dieser StuPa-Legislatur gesehen, als der gesamte alte AStA vom StuPa aufgelöst wurde bzw. als Protestreaktion zurückgetreten ist. Über die genauen Gründe für die unter Ausschluss der Hochschulöffentlichkeit getroffene Personalentscheidung kann nur spekuliert werden. Laut Jonathan wurden im Berichtsteil vergangener Sitzungen persönliche Differenzen zwischen AStA-Referent*innen und StuPist*innen, sowie Unzufriedenheit mit der Arbeit des AStA bemerkbar. Die Aufgaben des AStA umfassen die direkte Beratung von Studierenden, die aktive Arbeit der Referate (bestimmte Themen, wie Anti-Rassismus, für die sich die Vertretung der Studierenden im AStA einsetzen soll) sowie das Weiterleiten von Finanzanträgen zum StuPa und die Zahlung, Planung und Überprüfung von bewilligten Auszahlungen.

Seit letztem Jahr hat der AStA außerdem den formalen Zugriff auf die Finanzen der Fachschaften. Das ist eins der wichtigsten Themen der Legislatur, die fast alle heute auf der Tagesordnung stehen. Wie sich die Personaldebatte auf die folgende Zusammenarbeit zwischen dem neuen AStA und dem StuPa ausgewirkt hat, darüber gibt es sehr verschiedene Ansichten. Eine offizielle Aussprache gab es trotz Vollversammlungsbeschluss nicht, dafür Projekte wie die AG Gremien und Kommunikation, den Tag der Gremien und die AG Studierendenportal – auch hier mit unterschiedlichem Erfolg. Ich bekomme dann aus nächster Nähe mit, wie der Herausforderer für das Co-Referat für Fachschaftsfinanzen, Marcel Gaudig, die darüber nicht ganz unglückliche ehemalige Co-Fachschaftsfinanzerin Soraia Querido Ferreira in den lange unbesetzten Posten der AStA-Vorsitzenden verdrängt. Die Stimmung wirkt ausgelassen. Soraia ist nun als AStA-Vorsitzende das personifizierte Sprachrohr der Studierendenschaft, etwa in der Dienstberatung mit der Rektorin; sie hat somit das womöglich einflussreichste Hochschulamt inne.

22:00 Uhr

Nach der Pause sitzen 2 StuPisten mehr am Tisch – das StuPa könnte nun bei voller Zustimmung Satzungsänderungen durchführen. TOP 13: Der Finanzhaushalt der studentischen Selbstverwaltung ist dieses Jahr in eine „katastrophale Krise“ gerutscht. Das StuPa muss einen Haushalt beschließen, der den Bankrott umgeht und dabei möglichst wenig der studentischen Kultur, wie AGs, Veranstaltungen oder die mortiz.medien, in Gefahr bringt. Verständlicherweise eine sehr unangenehme Aufgabe, da, wie es scheint, theoretisch bei den meisten Haushaltsposten ein Drittel, zwei Drittel oder sogar im Einzelfall bis zu 9/10 der Gelder gestrichen werden müssten. Wie es dazu kam? Adrian verweist in der Sitzung auf schlechtes Management vorheriger Legislaturen, die rücksichtslos finanzielle Rücklagen ausgegeben hätten. Jonathan verteidigt vergangene Entscheidungen, die immer ein angemessenes Maß an Rücklagen einkalkuliert hätten; hereinbrechende Belastungen wie die plötzlich fällige Umsatzsteuer (ca. 20.000 Euro), die nun fälligen Rentenversicherungsbeiträge und die großen finanziellen Ausfälle beim Campus Open Air, seien nicht absehbar gewesen. In TOP 24 entscheidet sich das StuPa nach mehreren Runden Diskussion mit schon manchmal vage bekannten Argumenten, dem AStA anzuordnen, bei zukünftigen Veranstaltungen nicht die NPD, aber die AfD einzuladen.

1:00 Uhr

Punkt 18 – statt bis zu zwei Stimmübertragungen pro Person, sollen vier Stimmübertragungen in der Satzung möglich gemacht werden, um die Handlungsfähigkeit des StuPas bei wenigen Teilnehmern zu sichern. Der Antrag wird abgelehnt, weil alle Anwesenden aufgrund der geringen Anzahl an StuPisten dafür mit Ja hätten stimmen müssen. Um 2:45 Uhr endet die StuPa-Sitzung. Ein wichtiges Thema spielte zumindest diesmal keine große Rolle – die Mobilisierung für mehr aktive hochschulpolitische Partizipation in der Studierendenschaft. Wahlhelfer werden händeringend gesucht und die AG Wahlen einberufen, man bräuchte aber wie es scheint mindestens genau so dringend Kandidat*innen. Was sollte man sein, bevor man sich aufstellen lässt? Adrian Schulz meint: vor allem interessiert und bereit, sich aus eigenem Antrieb reinzuhängen. Ob das StuPa beschlussfähig sei, hänge dabei weniger von der Anzahl an gewählten Mitgliedern als von der Anzahl der im StuPa anwesenden StuPist*innen ab. Falls ihr euch mal persönlich in dieses Abenteuer stürzen wollt, geht einfach hin! Oder falls ihr den Weg nicht findet, kommt erstmal zu den moritz.medien! Falls euch das alles nicht interessiert, hört es euch vielleicht trotzdem mal an, denn, so Veronika: „Es gibt durchaus auch Unterhaltungsmomente beim StuPa“.

 

Beitragsbild: Jonathan Dehn, bearbeitet: Anne Müller