Es ist fast schon ein wenig ironisch: Noch ein letztes Mal sollen deutsche Haushalte nicht-adressierte Werbung zugeschickt bekommen – gemeinsam mit einem „Keine Werbung“-Aufkleber für den Briefkasten. Die Non-Profit Organisation „Letzte Werbung“ lässt sich nämlich genau durch diese letzte Werbung ihr Projekt finanzieren, mit dem sie ganz Deutschland von unnötiger Papierwerbung befreien möchte.

Ein Beitrag von Julia Schlichtkrull und Annica Brommann

Ja, wer sich auf der Website der „Letzte Werbung“-Initiative umsieht, merkt schnell, dass sich das Team von mehr als 20 freiwilligen Mitarbeitern aus ganz Deutschland große Ziele gesteckt hat. Ab dem 28. November (also genau ab heute) möchte das Unternehmen mit Sitz in Berlin nach und nach 33,7 Millionen Aufkleber an Haushalte in ganz Deutschland verschicken, angefangen mit Hamburg und Olpe – einer kleinen Stadt in Nordrhein-Westfalen, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass es dort bislang die geringste Menge an „Keine Werbung“-Aufklebern an Briefkästen gibt. Damit sind zwar mindestens 2,9% der Haushalte pro Stadt bereits werbefrei, bedenkt man jedoch die Ausmaße der Umweltbelastung allein durch Papierproduktion erscheinen einem diese Zahlen wohl immer noch als viel zu gering.

Vom gesamten Papierverbrauch deutscher Haushalte werden 7% durch Briefkasten-Werbung ausgemacht. Das entspricht insgesamt 33 Kilo im Jahr, die auf jeden Haushalt kommen, und somit 1,11 Millionen Tonnen an Papier auf ganz Deutschland gerechnet. Um an das Holz fürs Papier zu gelangen, werden jährlich 2,8 Millionen Bäume gefällt. Bäume, die CO2 aus der Luft filtern und damit maßgeblich der stetigen Klimaerwärmung entgegenwirken könnten. Aber damit nicht genug, denn die Umweltbelastung durch Papierherstellung endet bei Weitem nicht an der Abholzung von Bäumen.

17% des benutzten Holzes wird aus Urwäldern gewonnen. Der Rest stammt aus eigens dafür angelegten Wirtschaftswäldern, die als produktivere Alternative die Naturwälder ersetzen sollen. Doch die monokulturellen Flächen stören das Ökosystem: Sie bieten den heimischen Tierarten keinen Lebensraum mehr und entziehen zudem dem Boden viele wichtige Nährstoffe, sodass auch den Menschen aus den Regionen Anbauflächen für Nahrungsmittel fehlen. Hinzu kommen die Bedingungen der Papierverarbeitung. Für die 1,11 Millionen Tonnen Werbungspapier in Deutschland werden 1 Million Tonnen CO2 ausgestoßen und 14 Milliarden Liter Wasser verbraucht. Und das alles für Werbung, die sowieso niemand will.

Teamfoto der Organisatoren von “Letzte Werbung”

„Letzte Werbung“ wollen das endlich ändern. Gerade jetzt, in der werbeintensiven Vorweihnachtszeit, beginnt das Team um den Initiator Sebastian Sielmann seine Aktion, Aufkleber zu verteilen und damit ein höheres Umweltbewusstsein zu schaffen oder einfach nur zu informieren. 33,7 Millionen Aufkleber sollen insgesamt über die kommende Zeit verschickt werden – das bedeutet, jeder Briefkasten in Deutschland, der bislang noch ohne „Keine Werbung“-Aufkleber ist, soll in Zukunft einen erhalten. Zusätzlich zu den Aufklebern bietet „Letzte Werbung“ außerdem eine kostenlose App an, mit der Verstöße gemeldet werden können, falls doch einmal ein Unternehmen ungewollte Werbung einwerfen lässt, trotz des Aufklebers. Das Melden ist auch über die Website bereits möglich: Im Austausch gegen ein Beweisfoto von der entsprechenden Werbung und ein paar Angaben über Name, Adresse und den Werbetreibenden wird die Beschwerde direkt an das entsprechende Unternehmen weitergeleitet, damit in Zukunft unerwünschte Werbung ausbleibt.

Aber die Aktion hat gerade erst begonnen, und so ist jede freiwillige Unterstützung immer gern willkommen. Wer Expertise und Skills zur Verfügung stellen will, kann das ebenfalls direkt über die Website tun. Hilfe wird vor allem in den Bereichen Campaigning, Recht und Steuern, Website- und Appentwicklung, Design, Logistik und Versand und Druck- und Materialkunde benötigt. Und auch Briefträger sind als Unterstützer und Informanten gern gesehen, denn auch denen soll durch die Initiative geholfen werden – damit in Zukunft mehr Zeit zum Austragen tatsächlich erwünschter Pakete bleibt, die sonst nur für das Verteilen von Werbung verschwendet würde, die bei den meisten doch ohnehin sofort im Papierkorb landet.

Bilder: Letzte Werbung