Wer erinnert sich nicht an die berühmte Szene aus Indiana Jones 3 – Der letzte Kreuzzug, in der Indie Adolf Hitler gegenüber steht, dieser ihm unvermittelt ein Autogramm gibt, während im Hintergrund die Flaggen mit dem Hakenkreuz historisch korrekt stehen und davor Bücher verbrannt werden?

Die gleiche Szene im damaligen PC-Spiel von 1989 sieht dann (zumindest für Deutsche Gamer) doch etwas anders aus. So sind aus den Hakenkreuzen auf einmal schwarze Vierecke geworden; so gar nicht historisch korrekt.
Diese Art der Zensur nimmt bei anderen Spielen noch weitaus absurdere Züge an. So wird Hitler in dem Spiel „Heart of Iron“ einfach nicht gezeigt, beziehungsweise in Schatten gehüllt. Wer das Strategiespiel „Heart of Iron“ nicht kennt: Die Macher des Games geben sich sehr viel Mühe, den 2. Weltkrieg so akkurat und korrekt wie möglich darzustellen. Da fällt es eben schon auf, wenn der Staatschef der Deutschen auf einmal nur ein Schatten ist.
Im berüchtigten Spiel „Wolfenstein“ geht es dann schon etwas extremer zu Sache. Dort wird dann Hitler schon mal der Bart entfernt und Hetler genannt, Hakenkreuze werden zu ausgedachten Symbolen, jegliche Bezüge zum Holocaust werden entfernt und es sind auch nicht mehr die Nazis, die die Welt im 2. Weltkrieg bedrohen, sondern das „Regime“.
Diese Zensur kommt allerdings nicht von ungefähr, denn Spiele haben einen anderen Status als zum Beispiel Filme.
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts von 1998 zum Spiel „Wolfenstein 3D“ durften verfassungsfeindliche Symbole im Spiel überhaupt nicht mehr verwendet werden. Nun ist die Verbreitung jener Symbole so oder so verboten; das ist in § 86 Abs. 1 StGB geregelt. Allerdings enthält der Paragraph eine Ausnahme, die sich in Abs. 3 nachlesen lässt. Dort steht:

„Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“

Filme und Bücher können sich eben auf diese sogenannte Sozialadäquanzklausel beziehen und sind somit berechtigt auch verfassungsfeindliche Symbole zu zeigen. Dabei geht es nicht um gute oder schlechte Filme. Bei Filmen wie „Inglourious Basterds“ könnte man sich vermutlich streiten inwiefern er der Lehre oder der Berichterstattung der Vorgänge des Zeitgeschehens dient. Aber dieser Film fällt eben ganz klar unter den Schutz dieser Klausel, da es sich um ein Kunst- und Kulturgut handelt. Filme sind Kunst. Niemand würde das in Abrede stellen. Und Kunst darf verstören, darf satirisch überhöhen und darf sich auch lustig machen. Spiele konnten sich bisher nicht auf diesen Schutz beziehen. Somit waren Spiele wie „Indiana Jones, der letzte Kreuzzug“ oder „Wolfenstein“ gezwungen, die deutschen Versionen ihrer Spiele stark zu zensieren, um in Deutschland erscheinen zu dürfen, denn Spiele müssen sich hierzulande einer Prüfung unterziehen. Hierfür sind die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) verantwortlich.

Nun hat sich die USK am 9.08. entschlossen, Spiele zukünftig auf diese Sozialadäquanzklausel hin zu überprüfen. Was zur Folge hat, dass Spiele nun wie Filme als Kunst bzw. Kulturgut betrachtet werden. Eine Einordnung, die sicher lange überfällig war und nur sehr wenig damit zu tun hat, dass der weltweite Spielemarkt immer größer und wichtiger wird. In seinen Umsätzen von fast 80 Milliarden Doller im Jahr 2017 lasst der Spielemarkt  den Filmmarkt, der sogar rückläufig ist, hinter sich.

Die Frage, ob es nun unbedingt Hakenkreuze sein müssen, mit denen die Spiele ihren neuen Status aufzeigen müssen, ist sicher nicht ganz unumstritten. So sehr ich es auch begrüße, als B.J. Blazkowicz in zukünftigen Wolfensteinspielen Hitler und seinen Schergen in den Hintern zu treten (und eben nicht Hetler und dem Regime), so sehr erwarte ich einen verantwortungsvollen und behutsamen Umgang mit jenen neuen „Möglichkeiten“.

Wenn man den Menschen mit heutigen Medien die Grausamkeiten der NS-Diktatur begreifbar machen möchte, sei es nun mit Filmen, Büchern oder eben Spielen, dann darf man den Kontext nicht entfremden. Andernfalls würde sich mir die Frage stellen, wen man denn am Ende eigentlich mit dieser hanebüchenen Zensur schützen möchte: Wirklich die Opfer oder vielleicht doch eher die Täter?

 

Bild: Aus dem PC Spiel „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ gespielt von Mels Melser. Erschienen 1989, von Lucasfilm Games