Cesy Leonard vom Zentrum für politische Schönheit (ZfPS) referierte gestern Vormittag über „The Art of Aggressive Humanism“. Seit mittlerweile fast zehn Jahren sorgt die Berliner Gruppe, zusammengesetzt aus verschiedensten Aktionskünstlern, immer wieder für Schlagzeilen – nicht nur in Deutschland.

Grenzüberschreitend. Einerseits lässt sich so das diesjährige GrIStuF-Thema, #beyondborders, beschreiben, wenn auch vielleicht nur im übertragenen Sinne. Andererseits ordnet der Begriff sehr gut das ZfPS und seine Aktionen ein. Gräber ausheben vor dem Bundestag, ein Holocaustmahnmal in direkter Nähe zum Wohnhaus des AfD-Politikers Björn Höcke bauen und „der erste europäische Mauerfall“ sind nur einige Beispiele des Aktionsspielraums. Cesy Leonard beschreibt die Gruppe explizit nicht als „Aktivisten“ oder „Satiriker“. Man definiert sich lieber über den „aggressiven Humanismus“, per Selbstdefinition das Ausreizen der rechtlichen Rahmen durch öffentlichkeitswirksame Aktionen. Aufmerksam machen auf erstarkende Rechtspopulisten und immer wieder die vielen Menschen, die an Europas Grenzen sterben.
Der „erste europäische Mauerfall“, in Anlehnung an den Mauerfall und die Wiedervereinigung Deutschlands, beschäftigte nicht nur die deutschen Beamten. Potentielle Länder in Süd- und Osteuropa wurden gewarnt und die Reisegruppe aus der Hauptstadt wurde bereits von gut ausgerüsteten Einsatzkräften empfangen und gar nicht erst an die europäische Außengrenze gelassen.

Derartige Aktionen stoßen, bei allem medialen Fokus und der angestoßenen Debatten, nicht immer auf Gegenliebe – im Gegenteil. Störaktionen durch Rechtsextreme wie bei einer Veranstaltung des ZfPS an der Uni Rostock und persönliche Morddrohungen bilden dabei nur die Spitze des Eisberges. In der Gesellschaft brodelt es schon lange und das ZfPS legt den Finger direkt in die Wunde, polarisiert und ermahnt. Doch am gestrigen Vormittag blieb das Feedback durchgehend positiv. Die internationalen Studierenden lauschten interessiert dem 45-minütigen Vortrag und ließen in der abschließenden Diskussionsrunde ihrer Begeisterung freien Lauf. Große Anerkennung, für das Risiko, dass man für diese Aktionen auf sich nimmt. Cesy relativiert dies jedoch sofort und verweist auf den, vergleichsweise moderaten Umgang der deutschen Justiz mit politischem Protest, selbst in dieser ausreizenden Art und Weise. Viel wichtiger sei es deswegen, Aktionsgruppen in den Ländern zu unterstützen, in denen Protest und Widerstand weitaus fatalere Konsequenzen nach sich ziehen können. Deswegen freue er sie auch, andere Menschen mit ihren Aktionen und Veranstaltungen inspirieren und motivieren zu können. Eine rundum gelungene Veranstaltung die noch mehr Lust auf die kommenden Input Lectures macht.
Morgen hält Sebastian Haupt vom Katapult-Magazn einen Vortrag über Karten für das 21. Jahrhundert „Dissolving Borders?“.

 

Fotos: Ole Kracht