10 Professoren, 3 Doktoren und ein Pfarrer beziehen in einer Zeitung Position zu Ernst Moritz Arndt.

Die Zeitung hat eine Vorgeschichte.” titelt das Vorwort des 47-seitigen Blattes zum Namenspatron der Universität Greifswald. In der Tat: historisch betrachtet bereits seit der Namensgebung 1933, der ersten öffentlichen Namensdebatte 2001 und bis zur baldigen, erneuten Abstimmung im akademischen Senat. Neben einer Stellungnahme von einem Teil der studentischen Senatsmitglieder (der webmoritz berichtete), bringen nun Professoren und Doktoren der Universität, die zuvor fast 500 Jahre keinen Namenspatron hatte, sowie ein Pfarrer einen wissenschaftlichen Einblick in der Causa Arndt. 

Es geht ihnen darum, darzulegen, wie Arndt als Namenspatron einer modernen Universität zu beurteilen ist, einer Universität, zu deren ausdrücklichem Leitbild die Weltoffenheit und die Distanzierung von Fremdenfeindlichkeit gehört.

(Auszug aus dem Vorwort)

“Informationslücken füllen und Falschinformationen zurückweisen”

Die letzte Namensdebatte im vergangenen Winter spaltete die Hansestadt Greifswald und ihre Region. Arndt-Befürworter und Gegner stritten in der Vergangenheit häufig – vermehrt inhaltlich – vor allem innerhalb der Studierendenschaft im Jahr 2010, als sogar eine eigens organisierte “Uni ohne Arndt” Initiative gegründet wurde und zuletzt im vergangenen Winter, als zum Teil der inhaltliche Tenor einer demokratischen Debattenkultur zweitrangig wurde. Der friedliche Protest gegen eine Unbenennung der Universität, beispielsweise mit einer Menschenkette von 500 Personen durch die Innenstadt, wurde überschattet von persönlichen Anfeindungen, Beleidigungen und Drohungen seitens fundamental überzeugter Arndt-Befürworter, die vom bürgerlichen bishin zum rechtsradikalen Milieu reichten. Dazu kam auch eine öffentliche Namensnennung seitens Axel Hochschilds (CDU) von Bürgerschaftsmitgliedern, die sich gegen einen Antrag, zur Aufforderung an den akademischen Senat mit einer erneuten Antragsbehandlung in der Causa Arndt, aussprachen. Der Fleischervorstadt-Blog nannte den Auftritt damals als einen “bei dem er gegen alle Regeln des demokratischen Anstands verstieß“. 

Über Wochen hat Greifswald, das sich stolz „Universitätsstadt“ nennt, ein peinliches Bild geboten: Demonstranten ernten auf dem Marktplatz Applaus und finden in den Leserbriefspalten der Lokalzeitung Zustimmung, wenn sie in den Universitätsangehörigen eine „politisierte selbsternannte Elite“ sehen und verhöhnen.

(Auszug Vorwort)

Die Autoren möchten mit dieser Zeitung vor allem eines: Informationslücken füllen und Falschinformationen zurückweisen. “Dies scheint uns vor dem Hintergrund der Art und Weise, wie die Namensdiskussion in der Öffentlichkeit geführt wurde, umso wichtiger.” heisst es weiter. Denn die Stimmungsmache war spürbar – im Alltag, in der Universität und auf der Straße. Für die Mitglieder des Senats, für die Mitglieder der Universität und für die Bevölkerung Vorpommern-Greifswalds hieß das: gegenseitige Konfrontationen und Diskussionen über Inhalte – zur Person Arndts, zu den Werken Arndts, zur historischen Epoche in der Zeit Arndts, zur aktuellen rechtlichen Grundlage einer Um- oder Benennung der Universität und der Stellung dieser in einer modernen, weltoffenen Gesellschaft. Jenseits von dem aber – so die Autoren – wurde mit populistischen Strategien und Argumenten Shit Storms, Fake News, gefälschte Umfragen und Demonstrationen – mobil gemacht gegen diejenigen, die diese Stadt mit bereichern: Studierende und Professoren. 

Der Umgang mit den Befürwortern der Namensänderung in den vergangenen Monaten markiert einen Tiefpunkt der lokalen politischen Kultur.

(Auszug Vorwort)

Ein Überblick

In den 14 Kapiteln verschaffen die Autoren einen Überblick aus verschiedenen fachspezischen Forschungsbereichen, vom historischen, literarischen, politikwissenschaftlichen, geographischen, bishin zum theologischen Bereich. Warum die Universität keinen Namenspatron braucht, wie Arndt in der deutschen Literaturgeschichtsschreibung aber auch der politikwissenschaftlichen Ideen-Geschichtsschreibung eingeordnet wird, aber auch die Perspektive eines Amerikanisten und eines Pfarrers geben neue Einblicke in die Thematik Arndt, die so in den vergangenen Diskussionen – auch aufgrund der emotionsgeladenen Situationen – kein Gehör gefunden haben. Einige von den Autoren haben bereits in der Vergangenheit öffentlich Position bezogen und fachwissenschaftliche Begründungen für eine Ablegung Arndts als Namenspatron geliefert, darunter beispielsweise Professor Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann als Dekan der Philosophischen Fakultät und Professor Dr. Hubertus Buchstein als Mitglied des akademischen Senats. 

Es geht um Zusammenhänge, die nicht auf das Format eines Leserbriefs, einer Twitter-Meldung oder einer Demo-Parole zusammengestutzt werden können. Liebe Leserinnen und Leser – bitte nehmen Sie sich für die Lektüre der EMAZ die nötige Zeit.

(Auszug Vowort)

Die vollständige Zeitung haben wir der Facebookgruppe “Greifswald für alle” entnommen und stellen sie hier – FürUniv.Greifswald – zur Verfügung.)

[Anmerkung der Redaktion, 11. Oktober 13:28 Uhr: Versehentlich war von 10 Professoren die Rede. Es sind lediglich 8.]

(Beitragsbild: Simon Voigt)