Vor 31 Jahren ereignete sich in Tschernobyl die schlimmste Atomkatastrophe aller Zeiten. Doch auch in Greifswald hätte es zu einem ähnlichen GAU kommen können.

Radioaktive Belastung im Gebiet um Tschernobyl im Jahre 1996

Am 26. April 1986, vor genau 31 Jahren, ereignete sich nahe der ukrainischen Stadt Prypjat das größte Atomunglück in der Geschichte der Menschheit – Tschernobyl. Das ehemalige Atomkraftwerk ist heute nur noch eine stillgelegte Ruine, zugleich aber auch Mahnmal für die Unberechenbarkeit der Atomenergie. In Folge eines Sicherheitstestes kam es auf Grund gravierender Sicherheitsverstöße der Bedienmannschaft zu einer Explosion im Reaktorblock 4 des Atomkraftwerkes. Die Wucht war so gewaltig, dass die 3.000 Tonnen schwere Abdeckplatte in die Luft geschleudert und das Dach des Gebäude zerstört wurde. Kurz darauf kommt es zur Kernschmelze und für 10 Tage geriet ungehindert radioaktive Strahlung in die Atmosphäre. Der entstehende Fallout breitete sich nicht nur im Umland, sondern auch über große Teile Europas aus.

Zeitbombe Greifswald

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl entfachte erneut die in Deutschland zu der Zeit bereits bestehende Anti-Atomkraft-Bewegung. Doch während man in Westdeutschland über einen möglichen Ausstieg aus der Atomenergie diskutierte, versuchte man in der DDR die Bevölkerung durch zurückgehaltene oder falsche Meldungen zu beruhigen. Schließlich besaß man ebenfalls zwei Kernkraftwerke, die dem Modell in Tschernobyl nicht unähnlich waren. Das größere der beiden befand sich in Lubmin, knappe 22 km von Greifswald entfernt. Auch hier ereigneten sich mehrere größere Störfälle, wie der SPIEGEL in einem größeren Beitrag im Jahre 1990 enthüllte. So kam es etwa durch einen großen Brand im Maschinenraum Ende 1975 fast zu einem GAU. Am 24. November 1989 geriet ein simulierter Störfall außer Kontrolle, als die automatische Schnellabschaltung versagte. In Folge dessen kam es zu einer gefährlichen Überhitzung mehrere Brennelemente, was eine Kernschmelze zur Folge hätte haben können. Erst eine knappe Minute später erfolgte die Abschaltung manuell. Greifswald hätte so nur wenige Jahre nach Tschernobyl zu einem ähnlichen Geisterort wie das heutige Prypjat werden können. Doch zum Glück wurde das Kernkraftwerk wenig später abgeschaltet, da ein Nachrüsten auf westdeutsche Sicherheitsstandards für die DDR Regierung nicht rentabel genug war. Mitte 1995 wurde das Kernkraftwerk endgültig stillgelegt und soll bis 2028 nun endgültig abgerissen werden.

Grafik: Sting; Bearbeitungen: Luxo, Devil m25, Enricopedia / CC BY-SA 2.5 / Beitragsbild: Michael Fritsche