Gestern um 19 Uhr hielt der Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine Rede zur deutschen Außenpolitik in stürmischen Zeiten. 

Autoren: Ben Lefebvre und Magnus Schult

Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm, um 17 Uhr war bereits Einlassstopp für die akredditieren Presseleute. Zeit genug, um vorher noch 5-6 Pokemon fangen zu können. Gegen 18:15 Uhr war es dann soweit. Frank-Walter Steinmeier erreichte die Universität und wurde von der Rektorin begrüßt. Nach ein paar Minuten für die Presse ging es dann für ihn schon weiter. Sein eigentliches Ziel, die Ukrainistik, wartete bereits. Dort nahm er die Gelegenheit wahr, sich mit den Mitarbeiten des erst kürzlich geretteten Instituts in privater Atmosphäre zu unterhalten. Die Aula des Hauptgebäudes war indes schon gut gefüllt: Der Andrang war so groß, dass einige Gäste stehen mussten. Um 19 Uhr kam dann Frank-Walter Steinmeier in die Aula und begann nach einer kurzen Einleitung durch die Rektorin. Zuvor nahm er die Gelegenheit wahr, sich noch in das Gästebuch der Universität einzutragen. Zu Beginn seines Vortrages brachte er seine Bewunderung über die schöne Aula zum Ausdruck. Ob er vom Zustand der Ukrainistik ebenso begeistert war, ist nicht bekannt.

Doch nach anfänglich lockerer Begrüßung macht er schnell klar, dass es aus seiner Sicht seit dem Ende des zweiten Weltkriegs nie eine vergleichbare Anzahl an gleichzeitigen Konflikten gegeben habe. Zudem gebe es in der heutigen Zeit wirklich keine entfernten Konflikte mehr. Als für Greifswald mit einem Ukrainistik-Institut passendes Beispiel führt er die Ukraine Krise an, in dieser hätte sich zum ersten mal eine “Macht” nicht an das Völkerrecht gehalten. Vor 25 Jahren sei es noch kaum vorstellbar gewesen, dass es innerhalb Europas wieder Konflikte mit derartigen Ausmaßen geben könnte. Damals schien das weltweite Zusammenwachsen der Staaten ein Selbstläufer zu sein, selbst Russland schien ein Mitglied der NATO werden zu können – in der heutigen Zeit unvorstellbar. Umso wichtiger sei es, heute an der Vision eines vereinten Europas festzuhalten. Dabei müssen natürlich auch die Interessen der unterschiedlichen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden, Abschottungsbemühungen seien schließlich auch innerhalb der EU vorhanden.

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Gerne erinnert er sich an seine erste Amstreise im Jahre 2005: Dort führte ihn sein Weg nach Wien, um Verhandlungen mit dem Iran zu führen. Knapp zehn Jahre später war es dann so weit, die Verhandlungen führten zu einem Abkommen. Für Steinmeier ein positives Beispiel dafür, dass Dialoge auch zum Erfolg führen können. Den von ihm sogenannten doppelten Dialog müsse man auch heute wieder führen, auch mit Russland. Dabei sollen nicht nur die Gemeinsamkeiten genannt werden, sondern auch/ gerade die Unterschiede offen ins Feld geführt werden. Die Entspannungspolitik der 50er-60er habe man schließlich auch nicht in einer entspannten, sondern gerade einer äußerat angespannten, politischen Lage erreicht. Somit habe man heute keine Entschuldigung, nicht weiterhin in Konflikten den Dialog zu suchen. So auch in Syrien, wo er als Lösung eine ähnliche Herangehensweise wie im Irankonflikt befürwortet.

Für Deutschland ist Amerika unverzichtbar, aber Russland ist unverrückbar.

Egon Bahr

Der Dialog mit Russland bleibt daher weiterhin unverzichtbar, immerhin war und ist Russland unser größter Nachbar..  Ein Mehr an Sicherheit erreiche man dabei vor allem durch Rückversicherung und durch den Dialog. In der Universität Osnabrück, in der er vor einigen Tagen bereits zu Besuch war, hatte er auch den Westfälischen Frieden als positives Beispiel gesucht. Damals habe man aktiv nach vorne geblickt, anstatt weiter einen Schuldigen zu suchen. In der Außenpolitik gebe es zudem auch keine Eindeutigkeiten, ein Blick nach vorne sei daher immer gut. Der drohenden Entfremdung der Völker wirke man am besten mit einer aktiven Zivilgesellschaft entgegen, jeder könnte daran mitwirken, dass es nicht dazu kommt. Die  Europäische Union werde sich zwar durch den Austritt Großbritanniens verändern, die Verbitterung darüber dürfe uns aber nicht lähmen. Mit Bedauern fügte er hinzu, dass der größte Schaden durch den Austritt sowieso Großbritannien treffen würde. Umso trauriger sei es seiner Meinung nach, wenn sich die Menschen jetzt aus dieser Verantwortung stehlen, um Cricket zu spielen.

 

Fotos: Ben Lefebvre und Magnus Schult