Autorin: Annika Behrens

Mit dem Fahrrad um die Welt – 365 Tage – 17.930km – ein Fahrrad – ein Film – dieses Vorhaben hat Felix Starck in die Tat umgesetzt, lest selbst.

Im Juni 2013 begibt sich der damals 23jährige Felix Starck aus Herxheim (bei Landau) auf eine ungewöhnliche Reise. Mit dem Fahrrad macht er sich auf, die Welt zu erkunden. Von Herxheim geht es zunächst nach Osteuropa, dann über Griechenland nach Istanbul. Von dort aus weiter mit dem Flugzeug nach Ostasien, über Thailand geht es nach Singapur. Hier steigt er wieder in den Flieger, diesmal nach Neuseeland. Anschließend noch einmal, nach Amerika, und schließlich, zum letzten Mal, nach Oslo. Von dort aus geht es über Amsterdam zurück nach Herxheim. 365 Tage war er unterwegs, 17930 Kilometer hat er mit dem Fahrrad zurückgelegt. Immer mit dabei: Seine Videokamera. Aus den entstanden Aufnahmen hat er die Dokumentation „Pedal the World“ gemacht, die am 23.10.15 hier im Kino Greifswald gezeigt wurde.

Der Zuschauer ist nicht stupider Betrachter sondern eher Reisebegleiter

Der Film beginnt ohne große Einleitung, man sieht Felix und seinen Freund Fynn beim Packen ihrer Fahrradtaschen. Für jemanden, der sich im Vorfeld ein wenig informiert hat, ist das kein Problem, man weiß worum es geht, und was die zwei jungen Männer dort tuen – und warum. Jemandem, der völlig unbedarft an die Sache herangeht, dürfte der Einstieg schwer fallen. In den nächsten Minuten reiht sich eine kurze Videosequenz an die nächste, teilweise von Felix Stimme aus dem Off, teilweise lediglich von Musik begleitet. Immer wieder spricht Felix direkt zur Kamera und damit zum Zuschauer. Wirken diese Monologe zu Anfang noch ein wenig gestellt, so als hätte er sich im Vorfeld genau überlegt, was er jetzt sagen wird, so werden diese während des Filmes immer natürlicher.

Trotz Rückschlägen immer weiter

Felix berichtet nicht nur über die schönen Zeiten seiner Reise, gerade in der ersten halben Stunde dominieren die Schwierigkeiten. Die Kondition ist nicht so wie erwartet, die Gesundheit macht nicht mit, die Einreise nach Russland wird verweigert und mit seinem Partner klappt es auch nicht so richtig. Als schließlich daheim in der Pfalz sein Opa stirbt, steht die Reise vor dem Aus. Er entschließt sich zur Weiterfahrt, nun alleine und aufgrund des verweigerten Russlandvisums mit geänderter Reiseroute. Seine Ausrüstung ist nun seine Begleitung, auch wenn ihm für einige Etappen Freunde und Verwandte zur Seite stehen. Doch die getroffenen Entscheidungen scheinen die richtigen gewesen zu sein. Es dominieren nun scheinbar die glücklichen Momente, in denen er von der Landschaft und der Gastfreundschaft der Menschen schwärmt und im Großen und Ganzen zufrieden wirkt.

Die Ehrlichkeit, mit der er dem Zuschauer über seine Reise berichtet, macht ihn sympathisch. Er wirkt nicht wie der Übermensch, der mal eben über hundert Kilometer am Tag mit dem Fahrrad fährt und dem immer alles zu gelingen scheint. Er wirkt wie ein ganz normaler Mensch, der sich auf eine unkonventionelle Reise begibt und dabei mit allen möglichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, aber auch immer wieder Momente des absoluten Glücks erlebt. Der gesamte Film besticht durch seine Einfachheit, wer eine professionelle Dokumentation mit stets perfekten Bildern ohne Hintergrundgeräusche und mit umfassenden Erläuterungen erwartet ist hier fehl am Platz. Die Dokumentation entstand auf Grundlage von Amateuraufnahmen und das merkt man. Mal ist Felix wegen des Windes kaum zu verstehen, mal ist das Bild verwackelt und manchmal ist es auch einfach nur der nicht zuzuordnende Schatten im Zelt. All diese Dinge haben eins gemeinsam: Sie zeigen deutlich, dass da einfach jemand eine Idee hatte und diese umgesetzt hat, auch wenn die Bedingungen vielleicht nicht optimal waren. Felix hat mit seiner Reise etwas gewagt, und genau dazu ruft er die Zuschauer in seinem Schlussapell auf: Sie sollen ebenfalls eine solche Reise wagen, denn man würde an ihr wachsen. Es sei ihm nicht um das Radfahren, sondern um die Reise gegangen.

Vielleicht muss es nicht unbedingt eine Radtour um die Welt sein, aber mal ganz ehrlich, wer von uns hat nicht schon einmal davon geträumt einfach mal die Uni Uni sein zu lassen und etwas zu wagen, was auf den ersten Blick als komplett unvernünftig erscheint. Es kann auch einfach nur der schöne Sommertag sein, denn man vielleicht doch lieber am Strand verbringen möchte, und das obwohl am nächsten Tag eine wichtige Prüfung ist. Meistens siegt hierbei die Vernunft und alles bleibt beim Alten. Aber nicht immer. Felix’ Reise ist ein Beispiel dafür, dass etwas, dass unvernünftig erscheint, sich letztendlich als gut erweist. Sein komplettes Leben inklusive sicherer Arbeit aufzugeben, sein Hab und Gut zu verkaufen und mehr oder weniger untrainiert aufzubrechen, um mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren, scheint auf den ersten Blick nicht sonderlich vernünftig. Und dennoch scheint es für ihn die richtige Entscheidung zu sein, trotz und vielleicht auch wegen aller Hürden die er unterwegs überwinden musste, ist er an sich gewachsen und glücklich mit dem was er tat. Seine Dokumentation zeigt dies auf eine einfache, eindrückliche Weise und kann als kleine Erinnerung an sich selbst dienen, einfach mal die Vernunft beiseite zu legen und etwas zu wagen. Wer meint, eine solche Erinnerung kann ihm (oder ihr) nur gut tun, kann sich den Film auf DVD ansehen, im Kino ist er hier bei uns in nächster Zeit nicht zu sehen.

Fotos: Felix Starck