geschrieben von Michael Fritsche

Zum ersten Spieltagswochenende, zum  Auftakt der neuen Saison hier auf dem webmoritz. eine Übersicht und Rückblick, was in Greifswald und Umgebung rund um den Fußball los ist.

Wir machen eine Zeitreise ins Jahr 2003. Am 5. Juni ziehen schwarze Rauchwolken über die Stadt. Sie standen wohl schon damals als Symbol für die schwarze Zukunft des Greifswalder Fußballs. An jenem Tag spielte der glorreiche Greifswalder SC sein letztes Spiel der Vereinsgeschichte. Der Gegner hieß Blau Weiß Polz, doch das ist nur für die Statistik. Die Flammen lodern auf den Fahnen. Der Feuertod erinnert an die Taktik der verbrannten Erde. Es soll nichts mehr übrig bleiben. Der Flitzer vermittelt dem ganzen Schauspiel noch etwas Galgenhumor. Dem überschaubaren Haufen treuer GSC-Fans hat es aber mit Sicherheit ein riesiges Loch ins Herz gerissen, was ein normaler Mensch wahrscheinlich nie verstehen wird. Eine Vereinslöschung wünscht man nicht einmal seinem ärgsten Feind. Fassungslos steht man dem gegenüber. Von einem zum anderen Tag wird ein Teil deutscher Fußballgeschichte so mir nichts dir nichts in die ewigen Jagdgründe geschickt und den Verrückten mit den rot-weißen Schals ein Teil des Lebens genommen. Rast ein Klub heute in die Pleite, dann meldet er Insolvenz an. Jedenfalls war das Ende des Greifswalder SC der Startschuss für eine Sitcom des ostdeutschen Provinzfußballs. Der ESV/Empor hält nicht lange durch und wird von einem Greifswalder SV 04 abgelöst. Bis in die Relegation zur Regionalliga führt der Weg. Leipzig-Grün war der Gegner und lockte viele Schlachtenbummler aus der sächsischen Landeshauptstadt an. Nach der Niederlage gegen den FC Sachsen Leipzig ging es mit dem Greifswalder SV 04 bergab. Mittlerweile fand sich irgendwie ein Konstrukt namens FC Pommern Greifswald über einen Weg von der VSG Weitenhagen aus über eine neue HSG Uni. Erstaunlicherweise wählte man den Namenszusatz „FC Pommern“, wo doch die Region bereits ziemlich gut durch einen FC Pommern Stralsund aufgestellt ist. Die Namensfindung spricht natürlich von „großem“ Fachwissen. Aber das ist immer dasselbe Phänomen, wenn sich Fachfremde in den Sport einmischen.

Während es bei „Fan-Vereinen“ scheinbar harmonisch, herzlich, gar fast romantisch zugeht (z.B. Chemie Leipzig, HFC Falke, Austria Salzburg), was die Außendarstellung betrifft, wirken diese Konstrukte bzw. Produkte der Wirtschaft oder Politik für Außenstehende eher blass und blutarm. Die Konzepte dieser Konstrukte funktionieren immer sehr ähnlich. Da baut man irgendetwas, wo sich der Pöbel an frischer Luft, Bier und Bratwurst erfreuen kann und was relativ schnell über finanzielle Spritzen erfolgreich ist. Mehr will ja das Volk schon gar nicht mehr, oder?

2015 wird nun also ein Greifswalder FC ins Rennen geschickt werden. Beim Verschmelzen der Klubs Pommern und GSV regte sich Widerstand. Blicke hinter die Kulissen für Fans und Außenstehende natürlich schwer möglich. Der GSV-Anhang war bedient. Als „einfacher Fan“ wünscht man sich Verhältnisse wie einst in Italien oder Polen, wo der Einfluss der Fans bis hinzu Spielertransfers und andere Entscheidungen reichte. Bei den Testspielen des GFC gab es dennoch erstaunlicherweise einige Schaulustige (mehr als bei den Liga-Spielen des GSV!) und die Schals konnten auch schon an den Mann gebracht werden. Der Kader wurde bunt gemischt aus Pommern und GSV. Auch ein paar Polen stehen im aktuellen Kader. Einen Erfolg konnte der GFC schon erzielen. Man überarbeitete noch einmal das Wappen und orientierte sich etwas am toten GSC. Lernfähig scheint man zu sein. Zum Saisonauftakt (16. August) kommt mit dem TSV Friedland der älteste Sportverein Deutschlands in die Hansestadt. Zwei Wochen später richtet der GFC ein Stadionfest aus, bei welchem auch das Derby gegen Grimmen ausgetragen wird. Fußball-Greifswald blickt interessiert auf das Grün der Pappelallee.

„Von Greifswald bis nach St. Tropez – immer wieder HSG“

Wer auf Streitigkeiten, mangelnde Transparenz in Klubentscheidungen und ständiges Hin und Her keine Lust hat, kommt mit den kleineren Klubs vermutlich wesentlich besser zurecht.

Während beim FC Pommern und GSV die Stimmung eher mau war, fand sich unter dem Namen „Oberschlaue“ bei den Kreisoberliga-Spielen der HSG Uni Greifswald ein lustiges Völkchen junger Studenten ein, die ihre Truppe bis in die letzten Ecken Vorpommerns begleitete. „Von Greifswald bis nach St. Tropez, immer wieder HSG“ hörte man auf so manchem Dorf-Sportplatz. Nicht nur viele Fahnen, sondern auch ein auf Cosimo getaufter Marder fanden den Weg an den Zaun. Ein bearbeiteter Marder ist noch ein Relikt früherer Kleidungsstile. Dadurch, dass die Region die Leute nicht halten kann, zerstreute sich die Fangruppe in alle Himmelsrichtungen. Anfangs fand man noch gemeinsame Termine, aber heutzutage hängt nicht einmal mehr eine der vielen Fahnen. Lustig war die Zeit.

Der Abstiegs-Kelch ging in der abgelaufenen Saison mit sehr viel Glück noch einmal an der HSG Uni vorbei, die praktisch bereits schon abgestiegen war und sich noch über eine Besten-Regelung in der Landesklasse Staffel II halten sollte. Die Heimspiele der HSG sind kostenlos, locken aber kaum noch Zuschauer hinter dem Ofen hervor. Vielleicht finden sich ja wieder ein paar Studenten, die den HSG-Spielen wieder etwas Spektakel am Spielfeldrand bescheren.

Vom Hautklinik SV über das Dienstleistungskombinat zum Herzschlag

Wie der Hengste FC Greifswald war auch der Greifswalder SV Puls am Anfang eine Kumpel-Truppe vom Bolzplatz. Der heutige GSV Puls ging 1968 als Hautklinik SV an den Start und wurden zwei Jahre später zu Dienstleistungskombinat Greifswald. Seit 1990 spielen sie unter dem heutigen Namen. In der Landesklasse wird es in dieser Saison fast an jedem Spieltag ein Derby geben, da sich dort neben Puls noch die Reserve des GFC, die Hengste und die HSG Uni tummeln. Ob sich nach der kommenden Saison eine dieser Mannschaften zum Landesligisten Blau-Weiß Greifswald gesellen wird? Jene Blau-Weißen empfangen am ersten Spieltag (15.8.) mit dem SV Viktoria Salow einen echten Kracher. Salow ist ein durch Fans geführter Verein mit reisefreudigem Anhang.

Nun fehlen nur noch die Kreisklasse-Vertreter – der 1990 gegründete SV Fichte und der Riemser FV. Letzterer befindet sich auf der Halbinsel vor Greifswald, die zum Teil als Tierseuchensperrbezirk des Loeffler-Instituts ausgewiesen ist. Kurios ist die Lage des Platzes. Drischt man den Ball in die eine Richtung, dann landet er im Bodden. Auf der anderen Seite ist dazu noch schier undurchdringbares Gestrüpp, welches gelegentlich wie ein Monster den Ball verschlingt und nicht mehr herausrückt. Zauberfußball wird auf dieser Ebene zwar nicht mehr geboten, doch uninteressant ist es hier auch nicht.

Und noch einmal die Ansetzungen des ersten Spieltags und der ersten Pokalrunde in der Übersicht:

 

08.08.2015 Pokal

 

Züssow – Greifswalder FC

Blau Weiß Greifswald – Bergen

Riemser FV – Ahlbeck

Murchin – Hengste FC

 

15.08.2015 Liga

 

Blau Weiß Greifswald – Viktoria Salow

HSG Uni Greifswald – Prohner Wiek

Sturmvogel Lubmin – GSV Puls

Hengste FC Greifswald – Baabe

Empor Sassnitz – Greifswalder FC II

Dambeck – Fichte Greifswald

Riemser FV – Krien

16.08.2015

Greifswalder FC –TSV 1814 Friedland

 

Grafik: Philipp Schulz
Fotos: Michael Fritsche