Hopis_Kommunalwahlen_KatrinAm 25. Mai wird nicht nur über die Besetzung des Europaparlaments abgestimmt, auch auf kommunaler Ebene stehen Wahlen an. Der webMoritz hat gemeinsam mit moritzTV die studentischen Kandidaten der Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Piraten und Die Linke über Persönliches und ihre politischen Ziele befragt. Diesmal an der Reihe: Milos Rodatos und Jörg Neubert von der Piratenpartei.


webMoritz: Warum habt ihr euch aufstellen lassen?

Milos Rodatos: Als wir über die Kandidaten für die Bürgerschaft und den Kreistag gesprochen haben, habe ich den Entschluss gefasst, ein bisschen länger in Greifswald zu bleiben. Ich bin schon politisch aktiv und die Piraten sind mir sehr ans Herz gewachsen. Deshalb habe ich mich dafür entschlossen für die Piraten zu kandidieren.

Jörg Neubert: Wenn man sich nicht aufstellen lässt, kann man auch nicht in die Bürgerschaft kommen und wenn man nicht in die Bürgerschaft kommt, kann man nicht etwas direkt beeinflussen. Dann muss man das immer über Umwege machen; über Protestformen oder Initiativen. Das sind sicherlich keine schlechten Wege, aber wenn man in der Bürgerschaft ist, hat man es deutlich einfacher zu gestalten. Das ist der Grund, warum ich in die Bürgerschaft möchte.

Was möchtet ihr direkt bewirken?

Jörg: Es wäre gut, wenn die Bürgerschaft ein bisschen transparenter wäre. Wenn die Bürger in Greifswald verstehen könnten, was los ist und warum bestimmte Dinge passieren. Mich stört es ungemein, dass Dokumente, die für die Stadt relevant sind, nicht leicht auffindbar sind. Die Webseite, die wir betreiben ist nicht gut. Ich finde es falsch, dass wir geheime Verträge mit irgendwelchen Dritten machen. Es ist letzten Endes unsere Stadt und wenn hier irgendetwas vertickt wird, dann ist das auch ein Teil unseres Interesses. Was auf jeden Fall auch bewegt werden muss, ist der Mietpreis – und zwar nach unten. Er muss zumindest stabil gehalten werden.

Milos: Ich finde, dass Greifswald manchmal nicht die Interessen aller seiner Bürger versucht zu verfolgen, sondern von einigen bestimmten Gruppen gesteuert wird. Deshalb erhoffe ich mir, dass wir uns als Piraten stärker für alle Bürgerinnen und Bürger einsetzen können und auch für die Studierenden. Es ist dieses gegeneinander ausspielen lassen aufgekommen. Das ist in der Vergangenheit oft passiert, sei es bei Verkehrsprojekten, oder was Jörg auch angesprochen hat, bei bestimmten Gebäuden. Die Stralsunder Straße ist ein gutes Beispiel, was den Studierenden sehr am Herzen lag. Es ist für einen Ramschpreis an einen dubiosen Investor gegangen. Ich glaube solche Sachen müssen in der Bürgerschaft in Greifswald nicht passieren. Dafür wollen wir uns einsetzen und ich mich persönlich auch.

Welche Punkte liegen euch besonders am Herzen?

Kommunalwahlen_Radfahren_Katrin

Kamen mit dem Wahlkampfrad zum Interview: Jörg Neubert (am Lenker) und Milos Rodatos (im Korb)

Milos: Wir haben die Forderung nach dem Cannabis Social Club aufgenommen. Der soll mit der Drogenpolitik in Deutschland und Greifswald aufräumen und uns eine Vorreiterrolle geben. Es geht darum, dass man Marihuana und Haschisch legal in Greifswald beziehen kann. Wir glauben, dass die Drogenpolitik in Deutschland gescheitert ist. So ein Projekt gibt es schon in vielen europäischen Ländern, wie Spanien, oder die Niederlande, die ohnehin eine sehr liberale Drogenpolitik haben. Bei dem Punkt, könnte Greifswald eine fortschrittliche Rolle einnehmen. Der andere Punkt ist, dass wir stärker versuchen sollten, was Jörg mit der Transparenz angedeutet hat. Die Leute mitnehmen kannst du nur, wenn sie Informationen und Einflussmöglichkeiten haben. Dafür werden wir, wenn wir als Fraktion der Piraten gewählt werden, ein Tool benutzen, welches sich “OpenAntrag” nennt. Da kann jeder Bürger, oder jede Bürgerin Anträge an uns als Fraktion stellen. Wir prüfen dann, ob die ungefähr mit unseren Piratengrundsätzen vereinbar sind und dann tragen wir sie in die Bürgerschaft. Ich glaube, dass ist ein Punkt, der Greifswald sehr gut tun würde.

Jörg: Der Mietpreis ist ein Punkt, der muss auf jeden Fall angegangen werden. Für mich ist ganz wichtig, dass Greifswald sich als Studentenstadt outet und auch die entsprechende Politik macht, die die Studenten betrifft und interessiert. Mir fehlt, dass wir uns dieser Identität bewusst sind und das fördern. Wenn die Mieten immer steigen, dann ist Greifswald als Wohnort nicht mehr attraktiv. Wir haben keinen Vorteil mehr durch die fehlenden Studiengebühren, da das jetzt fast überall so ist. Insofern glaube ich, dass wir uns stärker engagieren müssen um Studenten wieder anzulocken. Wir müssen um Studenten kämpfen. Sonst bleiben sie weg und wenn sie wegbleiben, dann ist Greifswald letzten Endes ein Anklam mit Boddenanschluss und das wollen wir nicht.

Wie umsetzbar seht ihr die Idee des Cannabis Social Clubs?

Milos: Es gibt diese Bestrebung auch in anderen deutschen Städten. Es gibt eine Ausnahmeregelung im Betäubungsmittelgesetz, dass, wenn das öffentliche Interesse besteht, man so eine Möglichkeit einrichten kann. Bis jetzt gibt es das auf deutschem Boden noch nicht. Ich glaube wenn man sehr gute Sachargumente liefert – und die sehen wir beim Social Club – man die Bürgerschaft überzeugen kann. Das wäre der erste Schritt auf einem langen Weg.

Jörg: Ich glaube, dass es auch ganz stark davon abhängt, wie die Bürgerschaft letzten Endes zusammengesetzt ist. Momentan haben wir ein eher konservatives Organ. Wenn sich die Greifswalder entscheiden sollten, ein bisschen liberalere Leute in die Bürgerschaft zu wählen, dann könnte das sicherlich klappen.

In eurem Wahlprogramm habt ihr euch auch die Jugend- und Sozialarbeit auf die Fahnen geschrieben. Wie wollt ihr diese fördern?

Milos: Viele Leute, werden die Diskussion um das Klex mitbekommen haben. Viele Sozialeinrichtungen stehen immer wieder vor der Frage, ob sie auch im nächsten Jahr noch das Geld für das Projekt bekommen. Die Leute haben keine Planungssicherheit und leiden darunter. Das sind Projekte, die wirklich wunderbar sind. Wenn man das Klex als Beispiel nimmt: das ist kulturell, aber auch bildungspolitisch ein Schmelztiegel, wo unglaublich viel läuft. Diesen Leuten wollen wir einfach Sicherheit geben. Wir wollen deren Förderung langfristig stabilisieren, damit diese Leute sorgenfreier arbeiten können.

Jörg: Letzten Endes ist es eine Frage des Geldes. Früher oder später muss die Frage gestellt werden, wie wir es finanzieren wollen. Eigentlich sehe ich da gar nicht so ein großes Problem, da Jugend- und Sozialarbeit etwas Präventives ist. Sollten wir da jetzt nicht investieren zahlen wir später doppelt und dreifach, wenn sich die Jugendlichen langweilen und Dummheiten machen. Davon abgesehen haben wir in den letzten Jahren eine Menge Geld in Projekte, wie das technische Rathaus, gesteckt, die gar nicht so teuer werden sollten. Irgendwo hat man zehn Millionen Euro gefunden um das fertigzustellen. Warum kann dieses Geld nicht aufgetrieben werden, sobald es um die Jugendlichen geht?

Gibt es schon Dinge, die ihr gleich in den ersten Wochen einbringen wollt?

Milos: Konkret haben wir uns noch nicht Gedanken darüber gemacht. Es gibt auf jeden Fall eine Priorität der Ziele, die wir haben. Fokussieren werden wir uns auf die Mietpolitik, welche zum Wintersemester hin drängt. Außerdem wird höchstwahrscheinlich im September in der Bürgerschaft die Entscheidung zu den Bahnhofshallen anstehen. Da werden wir uns auch einschalten, sofern wir gewählt werden.

Jörg: Ich glaub wir müssen da auch gar nicht so stark auf uns selbst hören. Was wir machen müssen, ist, dass wir die von Milos angesprochene Plattform “OpenAntrag” für die Greifswalder Fraktion der Piraten etablieren und Bürger fragen, was ihnen jetzt unter den Nägeln brennt. Das können wir dann auch die ganze Legislatur aufrechterhalten, so, dass Bürger dann auch Einfluss nehmen können, was als Erstes getan werden sollte.

 

[youtube 8BAbnI7C5qY&feature=youtu.be]

Das nächste Interview erscheint am 14. Mai. Gesprächspartner ist der Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen. Die Reihenfolge für das Erscheinen wurde durch moritzTV ausgelost. Die studentischen Vertreter der CDU und der FDP waren für ein Interview nicht bereit.

Fotos: Katrin Haubold