„Herzlich Willkommen zum Jazz“ begrüßt Saxophonist Benjamin Weidekamp das Publikum mit ironischem Unterton, der nicht von ungefähr kommt. Mit der landläufig verbreiteten Vorstellung, was Jazz ist, räumen die Musiker der Band „Bund MBPK“ vom ersten bis zum letzen Titel ordentlich auf.
Im vergangen Sommer hatten sich die vier Musiker in Basel zusammengetan: die Schweizer Marco von Orelli und Kaspar von Grüning an Trompete und Kontrabass; Philipp Gropper am Tenorsaxophon, der schon im November mit FUSK hier spielte, sowie Benjamin Weidekamp an Bassklarinette, Klarinette und Altsaxophon, beide sind aus Berlin. Die Formation hat sich dem „Creative Jazz“ verschrieben. Für den Auftritt in Greifswald sitzt außerdem Julian Satorius am Schlagzeug. Ihre Musik ist nicht zum zurücklehnen, sondern vielmehr zum Erleben – abenteuerlich und keiner Stilistik zuzuordnen, aber sie ist keineswegs willkürlich.
Der zweite Titel lautet: „I I don´t don´t like like that that“ und scheint mit seinem Namen selbst ein rhythmisches Pattern vorzugeben, das sich weiterentwickelt, verfremdet wird. Zu einer Handlung spinnt es sich weiter. Als hätte man einen Thriller vertont, folgen auf rasende Szenen spannungsgeladene ruhige.
Alles, was die Instrumente hergeben
Besonders beeindrucken die Soli Benjamin Weidekamps. Alles, was sein Saxophon zwischen Blatt und Trichter hergibt, spielt er, schnelle Läufe genau wie schräges Vibrato. Die Intensität sieht man ihm an. Und am Schlagzeug entlockt Julian Satorius seinem fast schon minimalistischen Set unkonventionelle Töne: mit einer Metallscheibe kratzt er auf dem Becken, klopft auf Kessel und dämpft Trommeln und Becken mit einer Decke – und führt immer wieder mit treibenden, oft an Drum& Bass angelehnte Rhythmen die Band zusammen.
Der letzte Titel soll in einem Schlecker in Dresden entstanden sein. „Ja, ich möchte einen ferngesteuerten Rennwagen gewinnen!“, heißt er, der Name ist Programm: angefeuert vom Groove des Schlagzeugs jagen die Bläser durch Höhen und Tiefen, die Trompete überholt mit funkigen Kicks. Später dann klingt nur noch das Rauschen der Geschwindigkeit nach, während Benjamin Weidekamp, Marco von Orelli und Kaspar von Grüningen mit fast schon geistlich anmutendem Gesang den Titel als Trio vertonen.
Chaos mit Ordnung
Begeistert bedankt sich dann auch das Publikum im gut gefüllten Koeppenhaus mit langem und kräftigem Applaus, eine kurze Zugabe spielt die Band noch. Schon im Gehen spricht eine Zuhörerin von „Chaos Jazz“. Das trifft es wohl erstaunlich gut – liegt doch jedem Chaos eine Ordnung zugrunde.
Das nächste Konzert der Reihe „Jazz in Greifswald“ ist übrigens am 6. Februar. Mit dem 2003 gegründeten Trio „Hyperactive Kid“ steht dann zum dritten Mal in Folge Philipp Gropper auf der Bühne im Koeppenhaus. Mit Christian Lillinger am Schlagzeug und Ronny Graupe gibt es einmal mehr zeitgenössischen Jazz zu erleben.
Fotos: Natalie Rath
Endlich wieder ein lesbarer Text im Kulturressort, bei dem man merkt, dass der Autor eine Ahnung von dem hat, worüber er schreibt. Danke!