moritz berichtete (Heft 105) über barrierefreies Studieren. Seit dem neuen Semester ist ein Student an der Uni, der auf den Rollstuhl angewiesen ist. Er erzählt, wie rollstuhlgerecht er die Universität einschätzt und wo er noch Nachholbedarf sieht.

Rafal, studiert Kommunikationswissenschaft und Deutsch als Fremdsprache und ist auf eine rollstuhlgerechte Universität angewiesen.

Rafal, studiert Kommunikationswissenschaft und Deutsch als Fremdsprache und ist auf eine rollstuhlgerechte Universität angewiesen.

Rafal, erzähl doch eingangs, wie du die Situation an der Universität einschätzt. In welchen Teilen des Universitätsalltags bist du auf die Hilfe deiner Kommilitonen angewiesen und wie reagieren die Leute, wenn du sie um Hilfe bittest?

Die Leute sind für mich da. Sie zeigen viel Verständnis für mich. Mir ist klar, dass die Universität alt ist und aus architektonischer Sicht nicht alles erreichbar sein kann, aber es könnte meiner Meinung nach viel mehr gemacht werden. Ich bin jetzt der erste Rollstuhlfahrer und wenn wir mehr an der Universität werden wollen, dann muss auf jeden Fall noch eine Menge passieren. Im Moment muss ich noch sehr oft Leute in die Universitätsgebäude schicken um mir Unterlagen oder Kopien zu besorgen. In dieser Zeit muss ich dann draußen warten und kann diese Dinge nicht selbst erledigen, auch wenn ich das gern tun würde. Oft kommen die Leute auch auf mich zu und fragen, ob ich Hilfe brauche. Bisher bin ich an der Universität noch auf niemanden gestoßen, der mir seine Hilfe ausgeschlagen hat, wenn ich persönlich darum gebeten habe. Ich würde sagen, dass die Universität Greifswald zwar nicht rollstuhlgerecht, aber auf jeden Fall rollstuhlfreundlich ist.

Fällt dir eine besondere Situation ein, die dir vom Anfang deines Studiums in Erinnerung geblieben ist?

Da gibt es tatsächlich eine. Und zwar hatte ich in der ersten Woche ein Seminar im zweiten Stock der Alten Augenklinik. Dieser Raum wäre für mich eigentlich gar nicht erreichbar gewesen, doch viele hilfsbereite Leute haben mir geholfen dort hochzukommen. Nach diesem Tag mussten drei oder vier Seminargruppen getauscht werden, bis es endlich möglich war, dass ich meine Veranstaltung in einem anderen Raum besuchen kann.

Abgesehen von deinen Kommilitonen, hast du in irgendeiner Weise Unterstützung von der Universität erfahren?

Von Seiten der Universität habe ich vor allem Hilfe vom Studienberater, Herrn Hatz, erhalten. Ihm bin ich dankbar für seine Unterstützung. Vor allem gab es viele Probleme mit den Raumbelegungen meiner Kurse. Wie gesagt, musste ich anfangs in der Alten Augenklinik in die zweite Etage. Dieses Seminar wurde jetzt in die Rubenowstraße 3 gelegt, wo ich mit dem Fahrstuhl mehr oder weniger problemlos in meinen Seminarraum kommen kann. Aber auch das ist eine witzige Geschichte, denn mit den Schlüsseln, die ich von der Universität bekommen habe, kann ich mit dem Fahrstuhl selbst weder runter noch rauf fahren. Eine Person muss mich von außen mit meinem Schlüssel hochschicken und mir dann den Schlüssel nach oben bringen. Mir wurde allerdings versichert, dass das Problem bald behoben wird und ich ohne Hilfe von außen mit dem Fahrstuhl fahren kann. In Zukunft werden dann also auch andere Rollstuhlfahrer dieses Problem nicht mehr haben.

Also kann man dich als eine Art Pionier betrachten?

Ja, sozusagen (lacht).

Das Greifswalder Nachtleben bietet eine Menge Abwechslung zum Alltag an der Universität. Bist du denn schon auf nächtliche Entdeckungsreise gegangen und triffst du womöglich in den Clubs und Bars auf Barrieren, die nicht überwindbar sind?

Abends trifft man mich immer in unterschiedlichen Locations – egal ob mit oder ohne Treppen. Ich als eine junge dynamische Person möchte aktiv am Studentenleben teilnehmen. Ich würde mir nur wünschen, dass auch noch mehr Freizeitaktivitäten für mich erreichbar wären. Die letzten Monate habe ich viel in Krankenhäusern verbracht und genieße meine neu zurückgewonnene Freiheit als Student und es macht mich einfach glücklich, dass ich trotz meines Unfalls so am Studentenleben teilhaben kann. Mein Leben ist dadurch wieder bunter, ich kann viel unter Leuten sein und bin endlich wieder mittendrin statt nur dabei.

Hast du denn noch abschließende Worte und Tipps für Menschen, die eventuell auch mit der gleichen Situation zurechtkommen müssen?

Ich möchte allen sagen, dass sie ruhig Mut dazu haben sollen an der Universität zu studieren und auch aktiv um Hilfe bitten sollen, denn es ist wirklich jeder hilfsbereit und freundlich. Ich denke auch, dass die Universität auf einem guten Weg ist, vieles rollstuhlfreundlicher zu gestalten. Die Universität sind doch die Menschen! Darüber hinaus würde ich es auch toll finden, wenn Veranstaltungen, wie der polenmARkT und die Feiern der Institute, für Rollstuhlfahrer zugänglicher wären. Am Ende möchte ich noch eins sagen: Ich danke meiner Freundin, meinen FreundInnen und natürlich auch meinen Nachbarinnen für die Hilfe und die Unterstützung!

 

Das Interview führte Markus Teschner, das Foto stammt ebenfalls von ihm.