Ein großer Kritikpunkt am Bologna-Prozess ist die Komprimierung der Lehrpläne. Dadurch nimmt auch die Zeit für außer-universitäre Aktivitäten ab. moritz hat nachgefragt, wie sich das auf einige der studentischen Clubs und Vereine auswirkt.

GrIStuF sorgte immer für viel Spaß unter den Studenten – wie hier bei einer „Tofu-Schnitzeljagd“ im Vorfeld ihres letzten Festivals

Der Beginn eines neuen Semesters erinnert oft an den Jahresbeginn, wenn gute Vorsätze für die kommende Zeit abgelegt werden. Zwischen „Dieses Semester fange ich eher an, um für die Prüfungen zu lernen“ oder „Dieses Semester besuche ich die Vorlesungen regelmäßig“ liegt vielleicht auch ein „Dieses Semester engagiere ich mich in einem Club oder Verein“. Ob die Vorsätze eingehalten werden, ist ungewiss. Die studentischen Clubs und Vereine würde es freuen, denn sind sie immer auf Nachwuchssuche.

 

Angelina Kristin König studiert im zweiten Semester Skandinavistik und Kunstgeschichte und ist im letzten Semester dem Geologenkeller beigetreten. Anfang des Wintersemesters besuchte sie mit einem Freund die Halloweenparty. „Auf der Party habe ich mich in den Keller verknallt“, erzählt Angelina. Also entschloss sie sich, Mitglied zu werden und stellte sich bei der Kellergemeinschaft vor. Der 1962 gegründete und somit älteste Studentenclub Greifswalds hat zurzeit 34 aktive Mitglieder. Eine Besonderheit des Geologenkellers ist die ‚Geologentaufe‘. Jeder Geologe kann sie ablegen, bei den Mitgliedern „allerdings wird dieses Ereignis eher als eine positive Auszeichnung gesehen. Speziell Probemitglieder werden mit der Taufe fast immer auch gleichzeitig Vollmitglieder“, erzählt Kellermitglied Andreas Milde.

Obwohl der Geologenkeller sehr institutsbezogen ist, stammen die Mitgliedsanwärter nicht mehr nur aus dem Geologieinstitut, sondern kommen aus allen Studienrichtungen. „Bunt gemischt“ wird die Zusammensetzung aller fünf Greifswalder Studentenclubs – Geologenkeller, Geographenkeller, Mensaclub, Club 9 (C9) und Studentenclub Kiste – beschrieben. „Bei uns sind in letzter Zeit viele Juristen und Mediziner dazugestoßen“, berichtet Claudia Bude, Vorstandsmitglied des Mensaclubs. Davor habe es Zeiten gegeben, in denen viele BWL-Studenten dem Club beigetreten sind. „Es gibt also keine Tendenzen“, so Claudia weiter, „das macht die Sache umso vielfältiger.“ Im letzten Wintersemester kam es zu einer „kleinen Welle“ an neuen Probemitgliedern. Allerdings sei auch festzustellen, dass durch die Master- und Bachelorstudiengänge die Mitgliederzahlen rückgängig sind. Der Club hat zurzeit ungefähr 40 aktive Mitglieder. Während die Mitglieder früher bis zu zehn Jahre am Clubgeschehen teilgenommen haben, gibt es heute alle zwei Jahre neue Strukturen. Der Großteil der neuen Mitglieder stammt aus höheren Semestern, die bemerkt haben, dass sie oft in den Club kommen und daraufhin mitwirken wollen.

Um einem Club beitreten zu können, stellt man sich zunächst den Mitgliedern vor und durchläuft dann eine, von Club zu Club unterschiedlich lange, Phase als Probemitglied. In dieser wird man mit dem Ablauf im jeweiligen Club bekannt gemacht, schnuppert in die verschiedenen Dienste wie Einlass, Garderobe oder Bar rein und lernt die anderen Mitglieder besser kennen. Beim C9 dauert die Phase bis zu einem halben Jahr, bei den anderen vier Clubs liegt sie zwischen zwei und drei Monaten. „Die lange Probezeit haben wir noch aus dem alten Club übernommen“, erklärt Arne Schumacher, Vorstandsmitglied des C9. Damals sei der Andrang so groß gewesen und man wollte abschätzen, ob der Anwärter auch wirklich in den Club passt.

Das C9 ist seit September letzten Jahres in einem alten Heizhaus in der Innenstadt untergebracht, welches zuvor fünf Jahre umgebaut wurde. Es hat zurzeit nur zwölf aktive Mitglieder und drei Anwärter, es werden also verstärkt Mitglieder gesucht. Arne bemerkt, dass sich das Leben für Bachelor- und Masterstudierende insgesamt geändert hat. „Da liegt ein ganz anderer Druck auf den Studenten, das merkt man“, meint er. Anderer Meinung ist da Daniel Ehrke, Öffentlichkeitsreferent beim Studentenclub Kiste. Er habe noch keine Erfahrung mit Zeitproblemen gemacht. „Die Events stehen immer zeitig genug fest, sodass man gut im Voraus planen kann“, erzählt er. Zudem seien viele Mitglieder wegen bestimmten Events wie den Metalabend dabei, und für diese würden sie sich auch die Zeit nehmen. Die Kiste nimmt auch Nicht-Studenten auf und arbeitet mit anderen Einrichtungen in Schönwalde zusammen. Es gibt 30 bis 40 aktive Mitglieder, viele von ihnen sind zudem noch berufstätig. Daniel findet, dass die Extraveranstaltungen wie die Lesung von Alf Ator im Oktober 2010 die Kiste zu etwas besonderem machen. So organisierten sie im letzten Jahr ebenfalls die „Fête de la Musique“ mit. Bei diesem Gemeinschaftsprojekt beteiligt sich auch GrIStuF e.V.

Darüber hinaus organisiert der Verein das „Running Dinner“ oder das „Greifswald International Students Festival“, aus dessen Anfangsbuchstaben sich der Vereinsname zusammen setzt. „Wir decken ein breites Spektrum ab“, sagt Lene, Medizinstudentin und GrIStuF- Mitglied. Auch der Verein sucht nach neuen Mitgliedern, derzeit sind zwischen 15 und 20 Mitglieder aktiv. Auf die Frage, ob man im Verein spürt, dass die Studenten durch die Bachelor- und Masterstudiengänge weniger Zeit haben, antwortet Lene: „Ich finde die Erklärung zu einfach. Wenn man etwas machen will, dann nimmt man sich die Zeit.“ Sie ist der Ansicht, dass die Studenten karriereorientierter seien und sich Vereine suchen würden, die sich ihrer Meinung nach gut auf dem Lebenslauf machen würden. Und da scheint GrIStuF nicht dazu zugehören.

Dabei kann die Arbeit schön und bereichernd sein, so Lene. „Man lernt viel fürs Leben“, meint auch Richard Johne. Er ist Schriftführer im Geographenkeller. Aktiv sind hier zurzeit ungefähr 25 Studenten, im Durchschnitt sind in den letzten zehn Jahren sechs neue Mitglieder pro Jahr zum Keller gestoßen, darunter nicht nur Geographen.

„Es sind nicht die Räumlichkeiten, die die Neuen hier halten, sondern die Leute, gepaart mit den Räumlichkeiten“, erklärt Vorstandsvorsitzender Robert Strassburg die Anziehungskraft des Kellers.

Neben den Diensten während eines Events kann man sein Geschick bei der Organisation desselben unter Beweis stellen. Es gibt unendlich viele Kleinigkeiten, die bedacht werden müssen, damit die Veranstaltung rund läuft.

Das reicht vom Erstellen der Dienstpläne bis zur Anmeldung der Veranstaltung über die Beschaffung von Technik und dem Einkauf. „Leute die hinter den Kulissen des Vereins arbeiten wollen, sich mit der Außenwirkung des Vereins beschäftigen oder mit der Akquise für Produktionen usw. werden immer gesucht“, äußert Ulrike Kurdewan, stellvertretende Vorsitzende des Studententheaters StuThe.

Aktuell habe man zwar keinen akuten Personenmangel, Ulrike erwähnt aber auch: „Schauspieler findet man ziemlich leicht. Viele haben Lust sich mal auf der Bühne auszuprobieren. Techniker dagegen sind rar.“

Hier sei verstärkt Bedarf. Alle Vereine heben jedoch hervor, dass jeder selbst entscheidet, inwieweit er sich engagiert. „Die Uni hat aber immer Priorität“, verdeutlichen sowohl Richard vom Geographenkeller als auch Claudia vom Mensaclub noch einmal.

Es bieten sich also einige Möglichkeiten, sich außerhalb der Universität zu engagieren. Letztendlich liegt es nur an den Studenten, ob sie ihre gefassten Vorsätze für das kommende Semester auch einhalten werden.

Ein Bericht von Katrin Haubold mit einem Foto von Patrice Wangen.