Der webMoritz veröffentlicht vorab diesen Artikel aus dem neuen moritz-Magazin (Nr. 82) – angereichert mit ein paar weiteren Fotos. Die neue Ausgabe des Magazins erscheint Anfang der kommenden Woche.

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von Christine Fratzke

Backsteinhäuser sind für Greifswald eigentlich nichts Besonderes. Eines dieser typischen Gebäude, ein altes Heizhaus, befindet sich in der Hunnenstraße, nicht weit von der Friedrich-Löffler-Straße entfernt. Es wirkt schon fast unscheinbar: Ein paar Autos stehen davor, daneben befindet sich noch ein Teil des Uni-Klinikums. Es ist die neue Adresse des Club 9.

club9bildÜber fünf Jahre ist der Club nun schon auf Exilpartys angewiesen. Die neuen Räume stehen ihm zwar schon länger zur Verfügung, doch es gab viel zu tun. Und so wird der Club nun voraussichtlich zum Beginn des Sommersemesters 2010 wiedereröffnen – wenn auch vorerst nur unter strengen Auflagen: Weil sich nebenan die Intensivstation des Uni-Klinikums befindet, muss um 22 Uhr Schluss mit Veranstaltungen sein. Vorerst ist daher nur “kultureller Kneipenbetrieb geplant” – der Clubbetrieb findet weiter im Exil statt. In den nächsten Jahren soll die Klinik komplett ins neue Uni-Klinikum verlegt werden, danach sollen die Gebäude für andere Uni-Institute genutzt werden. Inwieweit der Club 9 in diese Planungen mit einbezogen werden kann, steht noch nicht fest – bis 2012 darf er aber sicher bleiben.

Traditionsclub drohte zu verschwinden

Seit 1967 gibt es diesen Studentenclub. Dieser war seit jeher im Keller des Studentenwohnheims in der Hans-Beimler-Straße, dem Max-Kade-Haus, untergebracht. „Früher war der C9 wirklich legendär“, weiß Club-Mitglied Thomas Wehrle, „es war immer proppenvoll, jeder kannte jeden. Das waren echt gute Partys.“ Aus den Clubräumlichkeiten sollte aber bald ein Fahrradkeller werden, der C9 musste weichen. Und so begaben sich die „Clubbies“ intensiv auf Raumsuche. Die anfängliche Situation sei schwierig gewesen, so Wehrle. Die Dekoration wurde in eine Garage untergestellt und das Clubgefühl hätte anfangs gelitten.

In der Zwischenzeit hielt sich der C9 mit Exilpartys in anderen Clubs über Wasser und in Erinnerung der Studierenden. Das hätte ohne Hilfe der anderen nicht geklappt, weiß Thomas Wehrle: „Mein Dank gilt allen Studentenclubs für die gute Zusammenarbeit.“ Gut lief die Zusammenarbeit mit dem Geokeller, wo die meisten der insgesamt 26 Exilpartys stattfanden. „Es war auch oft ein Geben und Nehmen. Wir haben dann bei Geokeller-Partys beispielsweise die Garderobe übernommen“, erklärt Vorstandsmitglied Geertje Ahrns. Für die Exilpartys überlegten sich die „Clubbies“ jedes Mal ein anderes Motto.

“Das Objekt ist ein Goldgriff”

„Nach intensiver Suche sind wir auf das Heizhaus, das die Uniklinik versorgt,  gestoßen“, berichtet Politik- und Geschichtsstudent Wehrle. Aus Erzählungen weiß er, wie es hier zum Anfang aussah. „Man wurde erschlagen von einem Riesenberg mit Kartons und medizinischem Abfall. Es war ein Objekt, wo man sagt: ,Oh mein Gott’ und schnell wieder raus.“ Geertje, Studentin der Landschaftsökologie, ergänzt: „Man kann sagen, dass das Dach und die Außenwände da waren.“

Es wartete also eine Menge Arbeit auf die Clubmitglieder: Entrümpelung, Boden gießen, Wände verputzen, dämmen und streichen, Mauern einreißen, Mauern ziehen, Rohre verlegen, Sanitäranlagen einrichten, Bar bauen. Die Liste ist lang. „Vor allem hat das ja keiner von uns gelernt, wir mussten uns alles aneignen“, erläutert Geertje. Dabei wurden die C9’er ebenfalls von den anderen Studentenclubs unterstützt. Doch die fünfjährige Arbeit hat sich gelohnt. „Das Objekt ist im Endeffekt ein Goldgriff“, sagt Thomas.

Betritt man über die Hunnenstraße das Heizhaus, hier wird sich auch der spätere Club-Eingang befinden, fallen sofort zwei große Heizkessel auf. Groß und schwer wirken sie, mit vielen Hebeln und einer Plakette, auf der „Borsig Berlin 1903“ steht. Viele Rohre durchziehen die hohen Räume. Einige Rohre sind sogar noch aktiv. Hier und da befinden sich Heizkessel, die für ein besonderes Ambiente sorgen. Über eine kleine Treppe gelangt man zur Bar. In den anderen Räumen darf getanzt und gespielt (Kickfußball und ein Flipper-Automat stehen bereit) werden.

Vorerst keine Partys – um 22 Uhr ist Schluss

Die Club-Mitglieder haben viele Pläne mit dem ehemaligen Heizhaus. „Wir wollen uns kulturell etablieren“, erläutert Thomas Wehrle. In der Anfangszeit werde es keine Partys geben, sondern vielmehr „kulturellen Kneipenbetrieb“. Beispielsweise sollen Spielabende veranstaltet werden. „Es können aber auch Ausstellungen oder Präsentationen hier stattfinden“, stellt Geertje Ahrns dar. Dass der Clubbetrieb vorerst nicht möglich sein wird, bedauert Geertje, aber “bevor wir gar nichts machen können, ist das ja schon mal viel besser.”

Schriftführer Thomas Wehrle wünscht sich für die Zukunft des C9 eine feste Bleibe, „wo man ohne Probleme Dienstag Party für Studierende machen kann.“

Cover des neuen Hefts

Cover des neuen Hefts

Weitere Infos: Homepage des C9

Weitere Themen im neuen moritz-Magazin:

  • Analyse der Superwahl und Urabstimmung
  • Streit um Senatsöffentlichkeit
  • Virus namens Populismus
  • Leben im Doppelzimmer
  • Eine Nacht im „treff punkt“
  • OZ-Lokalchef muss gehen

Bilder: C9