Die Initiative “Uni ohne Arndt” hat schwere Vorwürfe gegen den Informationstext über Ernst Moritz Arndt auf der Homepage der Greifswalder Universität erhoben. Die Aktivisten, die sich seit der Vollversammlung im Juni gegen den Namenspatron der Universität stark machen, werfen der Universität vor, mit dem Text die Darstellung der Person Arndts zu verfälschen.

emarndt-uni-homepage-275Die Mitteilung der Gruppe enthält unter anderem den Satz: “Die Universität versucht mit dem Text, Arndts Rassenwahn zu verstecken.” So spreche der Text statt von “rassischer Reinheit” lediglich vom “Erhalt kultureller und sprachlicher Besonderheiten.” Es handle sich im Gegensatz zu dem bei der Vollversammlung geforderten “kritischen Text” um eine “Schönfärbung für die PR.”

Zum Vorwurf macht die Initiative der Universität insbesondere, dass der Informationstext keine Angabe über seine Verfasser enthält. Der Text war bereits im Vorfeld seiner Veröffentlichung diskutiert worden. Seine Veröffentlichung hatte sich immer wieder verzögert und war erst einige Wochen nach der Vollversammlung, auf der knapp 1000 Studenten gegen Arndt als Namenspatron votierten, veröffentlicht worden.

Vorangegangen waren anderthalb Jahre Arbeit einer Arbeitsgruppe, die mit verschiedenen Wissenschaftlern besetzt war. Dem webMoritz ist mindestens ein Mitglied der Arbeitsgruppe bekannt, das sich mit dem Ergebnis nicht identifizieren konnte und seiner Namensnennung im Zuge der Veröffentlichung des Textes widersprochen hatte. Auf dieses Mitglied beruft sich vermutlich auch die Initiative “Uni ohne Arndt” in der Pressemeldung.

Initiative: “Manipulative Darstellung sofort löschen!”

Die Initiative folgert in ihrer Pressemeldung: “Niemand möchte für den Text verantwortlich sein.” Da er Arndts Rassismus und Antisemitismus verschleiere, fordert die Initiative in ihrer Meldung, dass die Verfasser offengelegt werden: “Wir fordern die Universität auf, unverzüglich die Namen der Autoren zu nennen oder die manipulative Arndt-Darstellung sofort zu löschen.”

Die vollständige, sehr ausführliche Argumentation der Aktivisten kann man auf ihrer Homepage nachlesen. Die Seiten enthalten neben der Pressemeldung auch eine ausführliche “Widerlegung der Uni-Arndt-Darstellung“, die von Professor Werner Buchholz erarbeitet und von Mitgliedern der Initiative ergänzt wurde (Punkt 1 des verlinkten Dokuments). Buchholz ist Lehrstuhlinhaber für “Pommersche Geschichte und Landeskunde” am Historischen Institut.

In dem 11-seitigen Dokument wird der Informationstext auf der Homepage fast Satz für Satz kommentiert. Unter anderem halten die Verfasser dem Halbsatz „ …zu deren Konsolidierung und Erhaltung Arndt die Betonung kultureller und sprachlicher Besonderheiten forderte“, folgendes entgegen:

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Prof. Werner Buchholz

“In dieser Pauschalität und Undifferenziertheit ist dies falsch und irreführend.

Es ist uns völlig unverständlich warum der/die Autoren Arndts in klaren Worten (dafür war er beliebt!) formulierten Volkshass, seinen Rassenwahn und seinen Antisemitismus in Wortshülsen wie „Erhaltung von Besonderheiten“ verstecken. Dies erinnert an die Umschreibung „besondere Situation“ für Krieg, wie sie der ehemalige Verteidigungsminster Franz‐Josef Jung bis vor kurzem nutze […].

Die „Besonderheit“, die Arndt forderte, war die rassische Reinheit (Der Gesetzgeber sollte „mehr auf gleiches Blut achten“). […]

Insgesamt erinnert die Uni‐Darstellung an die neurechten Ideologie des „Ethnopluralismus“, die für die kulturelle Homogenisierung von (Staats‐)Gemeinschaften eintritt. Auch davon distanziert sich die Universität nicht.”

(vollständig nachzulesen auf Seite 4 des verlinkten Dokuments)

War das Nazi-Regime die “preußische Staatsregierung”?

Ein weiteres Beispiel der Initiative ist die Darstellung der Namensverleihung: “Der Text suggeriert das der Uniname von der „preußischen Staatsregierung“ verliehen worden [sei]. Tatsächlich hatte die NSDAP 1933 schon ihre totalitätre Strukturen durchgesetzt. Der Text verheimlicht auch, dass es Hermann Göring war, der in Greifswald den Namen verlieh und bis heute auf der Namensurkunde der Universität prangert.”

Pressestelle: “Universität verwahrt sich gegen polemische Vorwürfe”

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Die Uni verwahrt sich gegen Polemik.

Jan Meßerschmidt, Pressesprecher der Universität, gab gegenüber dem webMoritz und anderen Medien eine Stellungnahme der Universität ab:

“Die Universität Greifswald setzt sich in demokratischer und sachlicher Weise mit dem Namen Ernst Moritz Arndt auseinander. Die Diskussion wird im Senat geführt. Es wurde eine entsprechende Kommission gegründet, die sicher in absehbarer Zeit einen Vorschlag zur Entscheidung unterbreiten wird. Eine Namensänderung kann nur durch eine Änderung der Grundordnung erfolgen.

Die Kommission plant derzeit zwei öffentliche Anhörungen. Das Thema der ersten Veranstaltung wird sich der Frage zuwenden, welche wissenschaftlichen Entscheidungsgesichtspunkte (historische, literaturgeschichtliche, politikgeschichtlich) sprechen dafür, den Namen Ernst Moritz Arndt beizubehalten und welche sprechen dagegen? Die zweite Anhörung soll sich der Fragestellung zuwenden: Welche außerwissenschaftlichen Gesichtspunkte (zum Beispiel städtische, regionale, nationale, internationale) sprechen für oder gegen die Beibehaltung des Namens Ernst Moritz Arndt? Die erste Anhörung wird am 11.12.2009 in der Aula der Universität stattfinden.

Das Rektorat ist sich bewusst, dass Ernst Moritz Arndt in der Öffentlichkeit nach wie vor heftig umstritten ist. Es verwahrt sich in diesem Zusammenhang jedoch gegen jegliche polemische Vorwürfe, unkritisch mit dem Namensgeber der Universität umzugehen.”

Zu weiteren Stellungnahmen war Meßerschmidt indes nicht bereit. Offensichtlich besteht seitens des Rektorats Interesse daran, die Debatte ausschließlich im Senat zu führen, der auch eventuelle Entscheidungen zu treffen hat.

Bilder: Archiv, Uni-Homepage: Screenshot, Prof Buchholz: ohne Urheber via uni-ohne-arndt.de, Startseite: Ulrich Kötter