Wahlsieger: Im Januar erhielten die Jusos 766 Stimmen und sind nun mit acht Mitgliedern die größte Gruppe im StuPa

Wahlsieger: Im Januar erhielten die Jusos 766 Stimmen und sind nun mit acht Mitgliedern die größte Gruppe im StuPa

Mit der Juso HG stellt erstmals eine politische Hochschulgruppe die größte Fraktion im höchsten Gremium der Greifswalder Studenten. StuPa- und AStA-Arbeit, Medien und Kultur, Hochschulsport und die Wohnraumsituation, der öffentliche Personennahverkehr und sogar der Universitätsname:  Alles soll besser werden. Die neue Grüne Hochschulgruppe und der SDS mischen künftig ebenfalls mit. Mit ihrer Arbeit wollen viele Stupisten nicht zuletzt die Wahlbeteiligung erhöhen. Ob das gelingt, darf bezweifelt werden.  moritz über die „Afghanistan-Koalition“ im StuPa-Präsidium und andere bemerkenswerte Ereignisse.

Sebastian Jabbusch

Sebastian Jabbusch (Foto: privat)

14. April 2009 „Es war schon so spät, ich wusste gar nicht mehr, um was es geht.“ Diesen Kommentar eines Mitglieds der Hochschulgruppe der Jusos (Juso HG) erhielt moritz auf eine Frage zum letzten Beschluss der ersten Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa) in dieser Legislatur. Auch andere Mitglieder des Parlaments äußerten sich später dementsprechend.

Die konstituierende Sitzung der neugewählten Stupisten dauerte ambitionierte fünfeinhalb Stunden. Schon zu Beginn einigte man sich mit knapper Mehrheit darauf, die wichtige Diskussion um die AStA-Struktur um eine Woche zu verschieben. Zentrale Punkte der langen Tagesordnung blieben die Änderungsanträge zur Geschäftsordnung und die Wahl eines Präsidiums.
Soviel vorweg: Auch ein Präsidium konnte nicht gewählt werden. Die im Vorfeld diskutierte Kandidatur der ehemaligen stellvertretenden StuPa-Präsidentin Jaana-Leena Rohde zerschlug sich. Vermutlich auch, weil ihr Ruf nach zwei engagierten Mitstreitern unbeantwortet geblieben war.

Nach einer über zwei Stunden dauernden Abarbeitung der Rechenschaftsberichte von AStA-, LKS- und Medienvertretern warteten immer noch die Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung des StuPa (StuPa-GO) auf eine weitere Bearbeitung. Die entscheidende Besonderheit der konstituierenden Sitzung war die Möglichkeit, diese Geschäftsordnung mit einfacher statt einer Zweidrittelmehrheit ändern zu können. Eine Gelegenheit, umstrittene Änderungen festschreiben zu können, die später schwer wieder geändert werden könnten.
Dementsprechend viele Änderungsanträge galt es abzustimmen. Von 18 Anträgen stammten allein acht von Sebastian Jabbusch. Der es nicht scheute, mit der Forderung nach einer in der StuPa-GO verankerten Vermeidung des vollständigen Namens der Universität, die sogenannte „Arndt-Debatte“, in dieses Stadium der Parlamentsarbeit zu bringen. Nach einer mehr als halbstündigen Diskussion stellte man fest, dass diese Frage zu wichtig wäre, um in der konstitutierenden Sitzung geführt zu werden. Und fasste den Beschluss, diesen Antrag abzuweisen und die weitere Diskussion um den Hochschulnamensgeber auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen.

Ein Antrag der Juso HG, dass die geheime Abstimmung zukünftig der namentlichen Abstimmung vorhergehen solle, wurde ebenfalls beschlossen. Noch vor wenigen Monaten hatte sich besonders die Juso HG für eine größere hochschulpolitische Transparenz stark machen wollen (siehe moritz 74: „Stupisten rufen Leben!“). Die hochschulpolitische Transparenz wurde mit diesem Beschluss nun erstmal verringert. Künftig reicht ein einzelner Antrag, um die Voten der Studentenvertreter in einem Beschluss nicht mehr erkennbar sein zu lassen.
Stephan Schumann (Juso HG) erklärte moritz, dass durch geheime Abstimmungen der Fraktionszwang reduziert und die Stimmrechte der einzelnen Fraktionsmitglieder gestärkt werden sollen. Ein nachvollziehbares Argument angesichts von Parlamentsbeschlüssen, in denen die Mitglieder derselben Hochschulgruppe nicht selten mit sehr gegensätzlichen Voten überraschen.
Kurz vor Mitternacht waren die GO-Änderungsanträge abgearbeitet und bis um 0 Uhr hatte man sich auf die Aufwandsentschädigungen für das Präsidium geeinigt.

Um Mitternacht wurde die Sitzung um eine Stunde verlängert und es folgten weitere Beschlüsse zur Wahl des Haushaltsausschusses und ihrer Prüfer, wie auch der LKS-Vertreter. Nach der Einrichtung diverser Arbeitsgemeinschaften und nicht öffentlicher Personaldebatten zu zwei AStA-Referenten kam man um 1.28 Uhr zum letzten Beschluss des Tages: Die Chefredakteurinnen von MoritzTV, Stefanie Binder und Sylvia Zbicinska, sollten für ihre Arbeit am Wahlwerbespot zur StuPa-Wahl im Januar jeweils 100 Euro zusätzlich zu ihrer Aufwandsentschädigung in Höhe von 180 Euro monatlich erhalten.  Ein Beschluss, der vermutlich keinen Bestand haben wird. Thomas Schattschneider enthielt sich zwar der Stimme, kritisierte aber später: „Der Beschluss ist rechtswidrig und muss geändert werden. Zusammen mit der monatlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von 180 Euro überschreitet er die nach unserer Satzung zulässige Höchstgrenze von 260 Euro pro Monat.“ In der konstituierenden Sitzung des höchsten Gremiums der Studierendenschaft war das niemandem aufgefallen.

Mein erstes Mal – Impressionen eines „StuPa-Erstis“
Ein Kommentar von Alexander Müller

Das erste Mal ist immer scheiße, da sind sich die meisten Menschen einig. Übersteigerte Erwartungen, fehlende Erfahrung und ungeschicktes Verhalten führen dazu, dass sich nach dem lange herbeigesehnten Ereignis schnell Ernüchterung breit macht. Doch lassen sich die ersten pubertären zwischenmenschlichen Kontakte so einfach auf die ersten jungfräulichen Kontakte mit der studentischen Hochschulpolitik übertragen? Anscheinend ja.
Für das neue Semester hatte ich mir vorgenommen, mich mehr an der Demokratie an unserer Uni zu beteiligen. Der Ruf nach mehr Engagement wird immer lauter und irgendwer muss den Anfang schließlich machen. Auf meinen ersten Besuch einer StuPa Sitzung habe ich mich gut vorbereitet: Geschäftsordnung, AStA-Struktur und Präsidentenwahl stehen auf der Tagesordnung. Noch nicht die Brüller, aber immerhin sitzen einige  frische, junge und engagierte Leute im neugewählten Parlament. So freute ich mich auf die ein oder andere lebhafte Diskussion, gerade weil noch nicht alle im politischen Alltagstrott angekommen sind.
Im Konferenzsaal angekommen beeindruckt zunächst der imposante Raum. Hier werden also die großen Entscheidungen unserer Studierendenschaft getroffen. Doch der erste Teil der Sitzung kann diese Eindrücke nicht bestätigen. Rechenschaftsberichte langweilen den Großteil der Anwesenden. Kann man da keine andere Lösung finden? Zeit ist in der Ära prall gefüllter Stundenpläne und oft problematischer Studienfinanzierung zu einer knappen Ressource geworden, die sparsam und vor allem sinnvoll genutzt werden muss. Nach anderthalb Stunden der erste Tiefschlag: ein Antrag, die AStA-Strukturdebatte auf die nächste Woche zu verschieben, wird angenommen.
Ich frage mich das erste Mal, warum ich eigentlich hier bin. Um mir künstlich in die Länge gezogene Rechenschaftsberichte anzuhören, in denen die Leute mühsam ihre Daseinberechtigung  verteidigen müssen, damit bloß nicht der Eindruck aufkommt, nichts zu tun zu haben?
Es folgen gähnend lange Stunden bis Mitternacht, in denen über die eigene Geschäftsordnung aufs ausführlichste debattiert wird und darüber abgestimmt wird, dass nicht abgestimmt wird. Über Fragen, die nur am Rande eine Rolle spielen sollten, wie die öffentliche Wiederverwertbarkeit von StuPa-Dokumenten, wird ewig debattiert. Leider diskutieren immer nur die gleichen Gesichter, von den neuen Mitgliedern ist nichts zu hören. Die soviel gelobte Wahlsiegerin Anne Klatt sagt nicht ein einziges Wort. Mein erster Gedanke zu dem ganzen Geschäftsordnungthemenblock: Warum muss denn das jedes Jahr aufs neue gemacht werden, das hält doch nur auf. Gibt es nichts Wichtigeres?
Ja, gibt es: Die Präsidentenwahl. Besucher und Medien scharren schon mit den Füßen, endlich wird’s spannend. Doch dann der gefühlte Schlag in die Magengrube: Die einzige bisherige Kandidatin zieht ihre Kandidatur zurück. Ein neuer Anwärter findet sich auf die Schnelle nicht, der Rest hat scheinbar keine Lust sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Antrag: Auf nächste Woche verschieben. Angenommen.
Ich packe meine Sachen zusammen und verlasse wütend und enttäuscht mit vielen anderen den Saal. Das ist also das vielbesprochene Studentenparlament unserer Universität, deren Mitglieder jedes Jahr im Wahlkampf ein riesiges Bamborium um ihre großen Ziele machen. Doch von einem neuerlichen Marsch durch die Institutionen, wie ihn die aktuellen Probleme erfordern würden, ist man weit entfernt. Wie sollen so Bachelorprobleme, Studiengebühren und der Mangel an studentischem Engagement angegangen werden, wenn selbst eine Geschäftsordnung fast den ganzen Abend in Anspruch nimmt und wichtige Themen immer weiter aufgeschoben werden? Es ist ein Teufelskreis. Wenn ich es nicht besser wüsste, ich würde nicht wiederkommen.

21. April 2009

Diese außerordentliche Sitzung  hätte bereits das Ende der Legislatur bedeuten können.  Denn für das Präsidium gab es zu Sitzungsbeginn keine Bewerber. Der ehemalige Präsident und hochschulpolitische Profi Frederic Beeskow erklärte moritz, dass er aus diesem Grund bereits den Antrag auf Auflösung des Parlaments vorbereitet hatte. Nach einer halben Stunde ratloser Diskussionen, wie mit der Sitzungsleitung weiter zu verfahren sei, konnte Beeskows Antrag in der Tasche bleiben. Denn zur großen Überraschung aller Anwesenden erklärte sich Korbinian Geiger vom Ring Christlich-demokratischer Studenten (RCDS) zu einer Kandidatur bereit. Der zu diesem Zeitpunkt vor allem als amtierender AStA-Referent anwesend war und im Januar auch in den Senat der Universität gewählt wurde. Im vergangen Jahr hatte sich Korbinian Geiger mit vielfach gelobtem großen Engagement im Queer- und Gleichstellungsreferat des AStA einen Namen gemacht.  Und auch das Vertrauen vieler ehemals skeptischer Studenten und Parlamentarier gewonnen. Bei der StuPa-Wahl holte er sich sein Mandat mit 180-facher Zustimmung.
Nach einem Vorschlag vom AStA-Referenten Fabian Freiberger erklärte Geiger dann,  „dieses Rumgeiere“ um die Besetzung des Präsidiums sei nicht förderlich. Und fügte hinzu, er stehe für demokratisches Bewusstsein und Überparteilichkeit. Nicht zuletzt die Erklärung, dass er nicht mehr im Vorstand vom RCDS tätig sei, führte zu einer einstimmigen Wahl. Somit besetzt in der kommenden Legislatur ein christdemokratischer Jurastudent aus dem württembergischen Allgäu das Präsidium des oft als „links“ bezeichneten StuPa an der nordöstlichen Universität Deutschlands. Frederic Beeskow erklärte: „Korbinian ist eine gute Wahl, er hat sich im AStA durch sehr gute Arbeit ausgezeichnet. Ich wünsche mir, dass er diese Entschlossenheit weiterführt. Er ist eine qualifizierte Persönlichkeit für das Parlament.“

Der zweite Teil der Sitzung am 21. April sorgte für einige Kontroversen, bei vielen vor allem  aber für Enttäuschungen. Besonders der Finanzantrag von „DeIn! Theaterfestival“ in Höhe von 3300 Euro fand nicht die Zustimmung aller Parlamentarier. Bemängelt wurde, dass hunderte Euro für die Verpflichtung externer Schauspieler eingeplant wären. Alexander Schulz-Klingauf (GHG) und Sebastian Jabbusch kritisierten, dass dabei nicht der Nutzen für alle, sondern nur für wenige Studenten gegeben wäre. Die geplanten Summen seien gegenüber der Mehrheit der Studenten und auch in Hinblick auf einen knappen Haushalt unvertretbar, zudem nach der Finanzordnung teilweise nicht förderungsfähig. Jakob Weinert vom Studententheater StuThe hielt dagegen, dass das umstrittene Profi-Coaching für das Festival nötig und somit letztlich für alle Studenten nützlich ist. Und unterstrich die Tatsache, dass man das ursprüngliche Konzept bereits von 27.000 Euro auf 11.000 Euro zusammengestrichen hätte. Nachdem sein Finanzantrag mit nur 2.100 Euro bewilligt wurde, zeigte er sich äußerst enttäuscht und sehr frustriert. Weinert deutete anschließend seine großen Zweifel an, ob sich das Festival nun überhaupt noch durchführen ließe.

Knapp vorbei am Hammelsprung: Nun standen noch zwei Anträge zur neuen AStA-Struktur zur Debatte. Einen Antrag von der Juso HG und einen unter der Federführung von Frederic Beeskow galt es zu verhandeln. Letzterer mit Beteiligung vieler RCDSler und freier Stupisten, sowie einiger „Grüner“. Als der Antrag zur Debatte kam, sprang Christian Bäz (Juso HG) auf und erklärte laut: „Diese AStA-Struktur ist mit uns nicht zu machen!“ Darauf folgten ein wahrer Tumult in der Auseinandersetzung und zahlreiche Änderungsanträge. Frederic Beeskow versuchte, die Abstimmung über den eingebrachten Antrag mit allen Kräften voranzutreiben. Der Rest des Parlamentes verlor sich dabei in Streitigkeiten darüber, wie mit der Vielzahl unterschiedlichster Änderungsanträge umzugehen sei. Aber auch zahlreiche AStA-Referenten äußerten an der eingebrachten Struktur herbe Kritik. Die Referentin Diana Berndt kommentierte die Debatte mit den Worten: „Die haben alle Ahnung, schließlich sie sind ja alle schon mindestens einmal am AStA-Büro vorbeigelaufen.“

Auf die Frage von moritz, ob die AStA-Struktur dieses Mal über ein Jahr hinaus bestehen könne, erklärte Frederic Beeskow: „Die Satzung sieht vor, dass das Parlament die AStA-Struktur jährlich neu beschließt.“ Zuvor wurde die Zukunftsfähigkeit der vorgeschlagenen AStA-Struktur sowohl von Alexander Schulz-Klingauf als auch Frederic Beeskow vielfach hervorgehoben. Bei Abstimmungen über das Verfahren zu den Änderungsanträgen verlor Beeskow aber zunehmends die Unterstützung der Mitantragssteller, die sich bei Abstimmungen teilweise enthielten. Und er verließ die Sitzung um Mitternacht mit der Erklärung, dass er das ein Ende der Sitzung zu dieser Zeit geplant hatte und seinen politischen Einfluss größtmöglich ausgeschöpft sah.
Nach einer, nach Thomas Schattschneiders Einschätzung zufolge „25prozentigen Änderung“ wurde der Antrag schließlich anderthalb Stunden später beschlossen. Martin Hackober, ehemaliger Stupist und RCDS-Vorsitzender, sagte zum endgültigen Beschluss: „Diese AStA-Struktur liegt näher an der ursprünglich vom RCDS geplanten Struktur als der später von Frederic Beeskow, uns und einigen Grünen eingebrachte Kompromissantrag.“

Die AStA-Vorsitzende Scarlett Faisst meint: „Es hätte uns schlimmer treffen können.“ Die vom AStA eine Woche vor der ersten Sitzung vorgelegte Selbstevaluation bewertete sie in Hinblick auf die neue Struktur mit den Worten: „Ich wage zu bezweifeln, dass diese überhaupt gründlich gelesen wurde. Falls doch, kann man aber davon ausgehen, dass sie nicht wirklich ernst genommen wurde. Natürlich entscheiden die Stupisten letztendlich über die Struktur und der AStA selber hat offiziell kein Mitspracherecht. Man sollte aber nicht vergessen, dass wir ein Jahr in der ehemaligen Struktur gearbeitet haben und somit über das nötige Praxiswissen verfügen. Das hätte das StuPa sich zu Nutzen machen können.“ Frederic Beeskow argumentierte hier, dass sich der AStA mit der Selbstevaluation wesentlich früher hätte einbringen müssen, wenn er Einfluss auf die Strukturbildung nehmen wollte. Bekannt wurde später, dass die vorgelegte Evaluation zu spät an die Stupisten weitergeleitet worden sei.

Nach Ansicht der Vorsitzenden sind nun die größten Kritikpunkte „zwei Referentinnen auf ein Referat zu setzen, ohne klare Aufgabentrennung und das Referat Hochschulpolitik auf 15 Stunden zu reduzieren, dabei den Aufgabenbereich aber zu erweitern.“ Sie schloss mit den Worten:  „Ich denke, die Struktur wie sie jetzt ist, kann, mit einiger Anstrengung der neuen Referentinnen, funktionieren.“

Dies war eine deutliche Stellungnahme der AStA-Vorsitzenden zu dieser vielfach als zukunftsfähig beschworenen AStA-Struktur. Die viele Mitglieder des Parlaments allerdings als die schlechteste der möglichen Lösungen beurteilten und welche auf der zweiten Sitzung dieser Legislatur etwa anderthalb Stunden nach Mitternacht beschlossen wurde.

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Korbinian Geiger (Foto: Christine Fratzke)

Interview mit Korbinian Geiger

moritz Viele nennen dich Korbi, was uns an  „Gorbi“ erinnert. Dehalb die Frage: Wo kannst du dich für „Perestroika“ und „Glasnost“ einsetzen?
Korbinian Geiger Diese klangliche Assoziation mit Gorbatschow ist ja phantasievoll. Ich finde, die Perestroika in der Studierendenschaft ist schon sehr weit fortgeschritten. In Bezug auf Glasnost werde ich prüfen, wo Parlamentsarbeit noch offener gestaltet werden kann. Es gibt einige Stellen der Mitwirkung, die „traditionell“ unter den Protagonisten in der Hochschulpolitik vergeben werden. Ich werde versuchen, offener für die Besetzung von Stellen in der gesamten Studierendenschaft zu werben, um breit gefächert das Potential studentischen Engagements möglichst weit auszuschöpfen.

moritz Wie kam es zu deinem Entschluss?
Geiger Ursprünglich hatte ich angedacht, vom AStA ins StuPa zu wechseln, um es etwas entspannter zu haben und eine andere Perspektive zu bekommen. Vor der konstituierenden Sitzung war unklar, ob ein Kandidat für das Amt bereitstünde. Ich ging trotzdem ganz ohne Sorgen in diese Sitzung, da ich mir sagte, die unsichtbare Hand der Demokratie wird es schon richten. Auch weil ich es immer wieder sehr spannend finde, wenn man in einen Prozess eintritt, für den nicht mit Auffangregeln vorgesorgt wurde. In der zweiten Sitzung kündigte der Wahlleiter an, nach dem aktuellen Tagesordnungspunkt nicht weiter zur Verfügung zu stehen. So kam es, dass ich mich als StuPa-Mitglied auch dafür verantwortlich fühlte, und diesen schwachen Moment von mir hat das StuPa für sich genutzt.

moritz Was willst du anders als das bisherige Präsidium machen?
Geiger Ich sehe mich weniger als Protagonisten der Hochschulpolitik, sondern mehr als deren Walter für Funktionsfähigkeit. Ich habe vor allem vor, Meinungsbildungen zu ermöglichen und zu fördern; hierzu bildet das Parlament das geeignete Forum. Wie mein Vorgänger will ich mich natürlich auch als Sprachrohr für die Interessen der Studierendenschaft einsetzen.

28. April 2009

28. April 2009, das StuPa aus Sicht des Präsidiums (Foto: Arik Platzek)

28. April 2009, das StuPa aus Sicht des Präsidiums (Foto: Arik Platzek)

Obwohl die Stellenausschreibungen für zukünftig 19 zu besetzende AStA-Referate gerade veröffentlicht waren, dauerte die Fragerunde zu den Rechenschaftsberichten fast zwei Stunden. Zu diesem Zeitpunkt waren elf Referate des „alten“ AStA besetzt. Bereits auf ersten Sitzung nach Beschluss der neuen AStA-Struktur zeigten sich deren Probleme, denn erst um 22.35 Uhr war das Parlament über die Sitzungsformalia hinaus.

Die ehemalige stellvetretende StuPa-Präsidentin Jaana-Leena Rohde (Juso HG) und die „Neu-Stupistin“ Karla Thurm (GHG) traten danach zur Wahl des stellvertretenden Präsidiums an. Es folgte eine kurze Fragerunde, in welcher sich Karla Thurm die folgende und bisher seltene Frage von Paul Dederer gefallen lassen musste: „Kannst du mit Word und Excel umgehen?“ Sie bejahte.
Obwohl das Parlament in den Vorwochen große Schwierigkeiten hatte, überhaupt einen Präsidenten zu finden, erhielten beiden Kandidatinnen schließlich fünf Gegenstimmen, aber jeweils über 20 Stimmen von 27 möglichen. Eine Stunde vor dem regulären Ende der dritten Sitzung dieser Legislatur war das Parlament damit vollständig.

Ein Beschluss über die zukünftige Rechtsberatung für Studenten sollte der monatelangen Debatte um dieses Thema ein Ende setzen sollte, nachdem zuvor einige Mitglieder in diverse AGs und Gremien gewählt wurden.
Obwohl der Vertrag mit der Rechtsanwaltsgesellschaft Eisenbeis mbH geschäftliche Details enthielt, fand der Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit keine Mehrheit im Parlament. Nach einiger Kritik seitens Frederic Beeskows an Grammatik und Rechtschreibung des Vertragstextes wurde der Beschluss gefasst, ihn anzunehmen.

Im Mittelpunkt der letzten Debatten stand schließlich die kommende Vollversammlung.  Der hochschulpolitische Referent Freiberger stellte zuerst den Antrag,  dass ihm zur Durchführung dieser vom StuPa ein Arbeitsauftrag erteilt wird. Worauf das studentische Plenum beschloss, dass er diese durchführen und zur kommenden Sitzung Themengebiete für die Vollversammlung unterbreiten soll.

„Stupisten werben für die Vollversammlung“ lautete der Tenor des letzten Antrages auf dieser Sitzung, eingereicht von der Grünen Hochschulgruppe. Dieser sah einen Mensa-Infostand in den zwei Wochen vor der Vollversammlung vor. Das Parlament sollte sich per Beschluss verpflichten, dort täglich mit mindestens fünf Vertretern präsent zu sein und für diese Veranstaltung zu werben.
Paul Greve (Juso HG) plädierte erneut eindringlich dafür, künftig vielmehr die Rechte der Vollversammlung selber zu stärken. Beschlüsse dieser Veranstaltung müssen für das Parlament bindend sein, hatten Mitglieder der Juso HG noch nach der letzten, von nur rund 170 Studenten besuchten, Vollversammlung gefordert.  Die Juso HG hält grundsätzlich an diesem Plan fest und erhofft sich damit mehr Beteiligungen an zukünftigen Vollversammlungen.

Frederic Beeskow widersprach dem Antrag der GHG. Er erklärte, dass das Parlament seine Mitglieder nicht per Beschluss verpflichten könne, denn die rechtliche Grundlage dafür sei nicht gegeben. Und Thomas Schattschneider betonte, dass der AStA und nicht das Parlament für die Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltung zuständig sei.
Beschlossen wurde der Antrag letztendlich trotzdem. Dass er sich praktisch durchsetzen lässt, ist eher unwahrscheinlich. Das Parlament kann seine Mitglieder nicht zwingen, für die Vollversammlung zu werben. Wer von den studentischen Interessenvertretern also bald am Mensa-Infostand für die Vollversammlung steht, wirbt nicht aufgrund dieses eigentlich wirkungslosen StuPa-Beschlusses.

Das ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen scheint der gute Wille einiger Parlamentarier sich tatkräftig ausdrücken zu wollen. Zum anderen ist doch der Beschluss die einzige echte Handlungsform, die dieses StuPa als Gremium hat. Natürlich nur, wenn er wirksam und handwerklich gut ist. Was bei den bisher wenigen Beschlüssen dieser Legislatur nicht immer der Fall war. Ob der persönliche Einsatz in der Mensa die Defizite in der parlamentarischen Arbeit dieses Gremiums ausgleichen kann, wird letzten Endes der Leser, der auch Wähler ist, entscheiden.

Autor: Arik Platzek

Zukunftsfähig, wie die Hindenburg
Ein Kommentar von Florian Bonn

Zukunftsfähig sollte unser neuer AStA werden, mit schlanken Referaten, die auch von Bachelorstudenten ausgefüllt werden können. Dieses Ziel setzte sich eine große Gruppe von StuPisten und bastelte eine entsprechende Struktur zusammen. Ihr Rezept: Man teilt willkürlich einige Referate auf und streicht im Gegenzug das hochschulpolitische Referat zusammen. Und gibt den Bereichen, die bisher am meisten zu tun hatten, zusätzliche Aufgaben. So sollte der Buchungsreferent die komplette IT übernehmen und der stellvertretende Vorsitz nebenbei die Erstiwoche machen, und das Ganze in fünf Stunden pro Woche weniger.Man wollte ja schlanke Referate. Als große Innovation wurde noch das Referat für Geschichte und regionale Vernetzung aus dem Hut gezaubert, konkrete Aufgaben: Tolle Veranstaltungen mit Stettin machen.
Nach massiver Kritik aus dem Publikum und dem AStA verzichteten die Antragsteller immerhin darauf, ihren Antrag ohne Diskussion direkt zu beschließen. So wurde nach hitziger Diskussion immerhin der Aufgabenbereich des stellvertretenden Vorsitzenden und des Referenten für Buchung auf Vorjahresniveau zurückgefahren und das Geschichtsreferat gestrichen.
Beim hochschulpolitischen Referenten blieb das StuPa stur, hier sollen fortan 15 statt 20 Stunden die Woche reichen. Dies klingt nach einer kleinen Kürzung, wenn man aber bedenkt, dass hiervon fünf bis zehn Stunden allgemeine Tätigkeiten (Sprechzeiten, Sitzungen, etc.) umfassen, ergibt für die thematische Arbeit eine Kürzung von fast 50 Prozent. Eine Begründung für diesen radikalen Schritt gab es nicht, man verließ sich auf per Wahl zugeteilte eigene Kompetenz – ist auch einfacher als auf die Realität zu achten. Durch die Gleichschaltung fast aller Referate ist die geplante Attraktivitätssteigerung in einigen Bereichen sicherlich gelungen, die ehemaligen Co-Referate bekommen jetzt 50 Euro mehr im Monat. Und die geteilten Referate haben eine der Aufwandsentschädigung angemessenere Arbeitsbelastung. Deutlich schlechter stehen hingegen stellvertretender Vorsitz und die Referate  Hochschulpolitik sowie Kultur, Sport und Erstsemesterwoche da, sie bekommen für die gleiche Arbeit fünf Stunden die Woche weniger Zeit und 50 Euro weniger im Monat. Bei diesen Kernpositionen bleibt nur zu hoffen, dass sich Leute finden, die noch altruistischer eingestellt sind als die bisherigen Referenten.