Ein bisschen alt geworden ist er, der Held vieler Kinderzimmer und Grund für so manche illegal kopierte Musikkassette: Gerhard Schöne aus Coswig im schönen Sachsen sang Ende Februar im Theater schöne Lieder über schöne Dinge.

„Ich habe meine Lesebrille mit und für alle Fälle auch die Noten, falls mir mal ein Lied nicht mehr einfällt“, erzählt der Liedermacher und erklärt kurz die Spielregeln für den Abend, „ihr kreuzt drei der 123 Lieder auf dem Papier an, bastelt einen Papierflieger daraus und schmeißt ihn dann nach Aufforderung auf die Bühne.“ Dann singt der Pfarrerssohn jeweils einen der drei Titel vor fast ausverkauftem Haus.

gerhard_schone-250x300_matthias_jugler

Gerhard Schöne im Theater Vorpommern

Schöne singt nicht nur. Er spielt kleine Stücke, verkleidet als Ostjunge mit roter, überlanger Hose und Bommelmütze aus Omas Schrank. „Nur Wunschlieder, das wäre ja auch langweilig. Ein paar feste Punkte wollte ich da schon mit einbauen.“ Dafür habe er sich extra einen Regisseur geholt und alles einstudiert, sagte er.

Lesung im Konzert: Die Geschichte vom ugullischen Seepferd, nach der Zeichnung seines Sohnes, wird vorgetragen. Mit Schirm samt Leuchtdioden sitzt er auf einer hölzernen Mischung aus Strandliege und Stuhl. Schöne liest aus seinem neuen Kinderbuch “Wenn Franticek niest”. Böse Zungen könnten behaupten, es ginge ihm dabei nur um Reklame vor kauffreudigem Publikum.

Zwischen den Liedern sollen die Papierflieger auch untereinander verteilt werden. „Ich wünsche mir, dass ihr sie euch zuwerft“, spricht der sächsische Seelenverkuppler in sein Mikrofon. Auf jedem Flieger, egal ob flugfähig oder nicht, steht ein Wunsch, ein Angebot und der Name des Absenders. Die Zuschauer bieten unter anderem an, eine Woche lang frische Brötchen nach Hause zu liefern, Kopfmassagen zu verteilen oder ein Graffiti für den Fänger des Fluggerätes zu malen. „Vielleicht entsteht ja was, so zwischenmenschlich“, grinst Schöne.

Mit einem Kescher klaubt er, der das Dresdner „nu“ nicht ganz wegbekommt oder wegbekommen will, die Flieger auf, schnappt sich einen und spielt einen gewünschten Titel – Lied Nummer 61:

Deine Augen sind wie helle Fenster bei Nacht, kleines Mädchen
Noch niemand hat sie dir trüb oder dunkel gemacht, kleines Mädchen
Du hast dem Falter geholfen, der sich verirrte im Haus
Aus den Netzen der dicken Spinnen holst du die Fliegen raus

gerhard_schone-260x173_matthias_jugler

Wunschkonzert mit Papierfliegern

Zum unkonventionellen und irgendwie interaktiven Programm meint der Liedermacher: „Ab und zu fragten die Leute, ob ich noch alte Songs singen kann. Die Wunschkonzerte früher waren aber immer so chaotisch, weil ich manche Lieder einfach nicht mehr drauf hatte. Heute konnte ich ja zwischen den drei Wünschen auf dem Flieger wählen.“ Alles easy also.

Aufgeteilt in vier Gruppen singen die Zuschauer dann zusammen mit Schöne im Kanon gegen Kanonen und Kriegsballerei:

Trommle mein Herz für das Leben
Singe mein Mund, den Frieden
Dass die Erde heller und wärmer werde.

Wie im Musikunterricht, nur ohne schlechte Noten fürs Schiefsingen. In Gedanken liegen sich wohl alle in den Armen, Rentner, Student oder Mama mit Kind, alles egal jetzt. Es schunkelt und klatscht im Saal. An diversen Stellen wird geflüstert: „Das Lied kenne ich! Wow, ich bekomm´ Gänsehaut.“

Die zu jung sind, schwelgen in „das-muss-verdammt-cool-gewesen-sein“-Manier und klatschen beglückt im Takt, während sich Oma und Opa auf den hinteren Rängen an besungene knatternde Eisenbahnwagen und lecker DDR-Brause auch tatsächlich erinnern können. Ist das schön! Ach ja, und Krieg gibt es auch in seinen Liedern, aber den singen wir uns einfach weg – na klar.

Ein Gastbeitrag von Matthias Jügler

Bilder: Matthias Jügler