moritz Warum hast du dich für das Referat für Queer und Gleichstellung beim AStA beworben?
Korbinian Geiger Ich bin ja schon in einem höheren Semester und hatte vorher noch nie etwas mit dem AStA zu tun.
Das Referat für Queer und Gleichstellung schien mir besonders interessant, weil ich nicht nur einen, sondern gleich vier Aufgabenbereiche habe. Außerdem wollte ich ein Referat mit Reibungspunkten, eben kein Kuschelreferat.

moritz Und haben sich deine Erwartungen erfüllt?
Korbinian Gerade am Anfang gab es schon einige Diskussionen um meine Person, die dann auch schnell ausuferten.So wurde die Kommentarfunktion auf Ryck-Blick.de für Schmähbeiträge genutzt. Inzwischen ist es recht ruhig, ich werde derzeit nur auf Pamphleten von Kommunisten beziehungsweise vom Stupa-Mitglied Phil Ramcke angegriffen. Bei ihm frage ich mich ernsthaft, ob er gefährlich oder nur ein Narr ist.

moritz Der Schwerpunkt deiner Bewerbung vor dem StuPa lag in der Gleichstellung der Frauen an der Universität. Was konntest du bis jetzt diesbezüglich erreichen?
Korbinian Die Gleichstellung der Geschlechter war bei meiner Bewerbung tatsächlich das wichtigste Element, aber in Kombination mit den Familien. Wenn man alleinerziehend ist und studiert, kann man schnell große Probleme bekommen.
Wir haben deshalb ein Eltern-Kind-Café eingerichtet. Die erste Veranstaltung fand im Juli statt. Zusammen mit der Sozialberaterin des Studentenwerkes Dr. Jana Kolbe wollen wir uns regelmäßig in den Räumlichkeiten der Evangelischen Studentengemeinde treffen und dort Eltern die Möglichkeit bieten, sich bei Kaffee und Kuchen auszutauschen. Jedes Elternteil hat ein Problem, bei dem es Hilfe benötigt. Andere Eltern haben dafür vielleicht schon eine Lösung gefunden und können von ihren Erfahrungen berichten. Oft geben wir auch Informationen über Fördermöglichkeiten, denn viele wissen gar nicht, was ihnen alles zusteht.

moritz Eines deiner Ziele vor ein paar Wochen war, die unterschwellige Diskriminierung gegenüber Homosexuellen zu reduzieren. Das hört sich recht schwierig und wenig konkret an. Was für Ideen hast du, um dieses Problem an unserer Universität zu lösen?
Korbinian Das ist nur durch Öffentlichkeitsarbeit machbar. Wer nie in der Szene war und wenig Berührungspunkte mit ihr hatte, hat gleich den Christopher Street Day und jede Menge schrille Bilder im Kopf, wenn er an Homosexuelle denkt.
Ich möchte den Leuten durch Veranstaltungen zeigen, dass Homosexuelle wie alle anderen leben, ihren ganz normalen Alltag haben. Nur die wenigsten machen viel Aufheben um ihre Sexualität und tragen sie deutlich nach außen. Am 20. November veranstalten wir zusammen mit PolenmARkT eine Lesung zu dem Buch „Lubiewo“ von Michal Witkowski. Witkowski ist schon eine kleine Berühmtheit und bereitet diese Thematik sehr humorvoll auf, nimmt Vorurteile einfach mal auf die Schippe.

Korbinian Viele haben schon einmal von der Gender Trouble AG oder dem Queer-Stammtisch gehört, ohne genau zu wissen, was das eigentlich ist. Was steckt dahinter?
Korbinian Die Gender Trouble AG wurde vom StuPa eingerichtet und organisiert die monatlichen Gender Trouble Partys im „Kontorkeller“ am Marktplatz. Die nächste Party findet in der Ersti-Woche am 10. Oktober statt.
Der Queer-Stammtisch trifft sich alle zwei Wochen im „Latino House“ oder im „Koeppen“. Meistens haben wir keine feste Tagesordnung, wir setzen uns einfach zusammen und tauschen uns bei einem Bierchen über unsere spezifischen Probleme aus. Es ist alles sehr offen konzipiert. Nicht alle, die zum Stammtisch kommen, sind homosexuell. Es kommen auch nicht nur Studenten oder Studentinnen. Beim letzten Mal waren wir circa 20 Leute. Man kann also einfach mal vorbeischauen und sich mit uns unterhalten, ohne dass man sich gleich outet, wenn man mit uns gesehen wird. Bei uns wird niemand nach seiner sexuellen Orientierung gefragt. Und wenn jemand homosexuell ist, ist es bei uns absolut tabu, dass er gegen seinen Willen geoutet wird.

moritz Zum Schluss noch ein paar persönliche Fragen:
Woher kommst du ursprünglich?
Korbinian Aus dem Allgäu, aus einem kleinen Dorf, das Eglofs heißt und in dem es mehr Kühe als Einwohner gibt. (grinst)

moritz Welches Buch hast du zuletzt gelesen?
Korbinian Ich lese sehr gerne Belletristik von schon verstorbenen Schriftstellern. Ausnahmen mache ich nur bei Büchern von Siegfried Lenz und Patrick Süskind. Das letzte Buch, das ich gelesen habe, hieß „Schweigeminute“ von Siegfried Lenz. Es geht in dem Buch über die Liebe eines Gymnasiasten zu seiner Englischlehrerin. Interessant fand ich, dass in dem Buch Sex nur angedeutet wurde. Die Sexszene in der Mulde bei den Kiefern fand ich dann auch besonders gelungen.

moritz Korbinian, vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Kerstin Zuber.