„Uni hilft“ heißt das große Projekt zur Typisierung von potentiellen Knochenmarkspendern, das diese Woche in mehreren deutschen Städten durchgeführt wird. Auch Greifswald ist dabei: auf dem Fischmarkt können sich alle Interessierten zu dem Thema Knochenmarkspende beraten und typisieren lassen – und einem Leukämiepatienten vielleicht das Leben retten.

In der Bundesrepublik Deutschland erkranken zurzeit jährlich 4.000 Menschen an Leukämie (Blutkrebs). Leukämie führt in vielen Fällen zum Tod des Patienten. Wenn alle anderen Therapien versagen, gibt es nur noch eine letzte Hoffnung: eine Transfusion von Knochenmark-Stammzellen eines gesunden Spenders.

Solch eine Transfusion bedeutet für etwa zwei Drittel dieser Leukämie-Patienten die Möglichkeit zur Heilung. Die Chancen, einen geeigneten Spender zu finden, sind jedoch sehr gering, da unter mehreren tausend Personen immer nur sehr wenige das erforderliche Gewebemuster des Patienten besitzen (etwa 1:20.000).

Studierendenparlament der Universität Greifswald spendet für die gute Sache

Uni hilft Infogespräch

Für eine erfolgreiche Suche ist daher ein umfangreiches Knochenmark-Spender-Register erforderlich. Das Projekt „Uni hilft“, organisiert von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd), ruft nun die Bevölkerung zur Mithilfe auf. Um das Knochenmark-Spender-Register zu erweitern, informieren Greifswalder Studenten der Humanmedizin diese Woche auf dem Fischmarkt über das Verfahren der Knochenmarkspende und geben den Greifswaldern die Möglichkeit, sich gleich vor Ort Blut abnehmen und es typisieren zu lassen. Die Greifswalder Medizinstudenten werden in ihrem Vorhaben vom Institut für Immunologie unterstützt, welches sich bereit erklärt hat, die Analyse und Aufbereitung der Blutproben zu übernehmen. Und auch das Studierendenparlament (StuPa) der Universität Greifswald macht sich für das Projekt stark und unterstützt das Vorhaben mit einem Zuschuss in Höhe von 1.000€.

Fischmarkt wird zum Ort der Information und Hilfsbereitschaft

Medizinstudentin Ulrike

Auf dem Fischmarkt sind zurzeit zwei große Zelte aufgebaut. In dem ersten kann sich jeder über den Vorgang der Typisierung informieren und bekommt auch ausführlich erklärt, was bei einer eventuellen Knochenmarkspende auf den Spender zukommt. Im zweiten Zelt erfolgt dann die Blutabnahme von erfahrenen Medizinstudenten. Zur Sicherheit wird die Blutabnahme unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt. „Bei uns ist aber noch niemand umgekippt“ zwinkert Franziska, Medizinstudentin im 6. Semester. Franziska gehört zu den vielen Freiwilligen, die die Beratung vor der Blutabnahme durchführen. Denn jeder Interessierte wird zunächst umfassend informiert und muss anschließend eine Einverständniserklärung unterschreiben. „Damit erklärt man sich bereit, sich Blut abnehmen und es typisieren zu lassen. Das Blut wird nach der Abnahme auf seine spezifischen Gewebemerkmale hin untersucht, also typisiert. Die Gewebemerkmale werden dann an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland weitergeleitet“ erklärt Franziska.

Die Anonymität bleibt dabei vollständig gewahrt, da nur die Gewebemerkmale zentral erfasst werden. Falls der seltene Fall eintreten sollte, dass man als Spender in Frage kommt, wendet sich das Zentrale Knochenmarkspender-Register an die zuständigen Stellen in Greifswald, denn nur dort sind Name und Anschrift des potentiellen Spenders erfasst. Franziska: „Viele wissen nicht, dass solch eine Typisierung, wie wir sie diese Woche durchführen, keineswegs die Verpflichtung beinhaltet, später auch wirklich Knochenmark zu spenden. Es ist vielmehr eine allgemeine Bereiterklärung. Wenn später wirklich der Fall eintreten sollte, dass man als Spender in Frage kommt und man kontaktiert wird, kann man jederzeit sagen, dass man doch kein Knochenmark spenden möchte. Das ist gar kein Problem!“.

Greifswalder Medizinstudenten warben schon über 700 neue potentielle Spender!

Die Blutabnahme für die Typisierung in dem zweiten Zelt dauert dann auch nur höchstens fünf Minuten. „Es werden ja nur 8ml Blut benötigt, das geht ganz schnell“ erklärt Ulrich, Medizinstudent im 10. Semester. Allein seit Mittwoch wurde schon über 700 Menschen Blut abgenommen. In erster Linie nahmen bis jetzt Studenten das Angebot war. „Die Hilfsbereitschaft ist aber auch gerade bei den Touristen sehr groß“ führt Ulrich aus. „Wir sprechen die Leute in der Fußgängerzone an. Viele sagen, dass sie schon lange mit dem Gedanken gespielt haben, sich in das Knochenmark-Spender-Register eintragen zu lassen, bis jetzt aber nie dazu gekommen sind. Sie kommen dann einfach spontan mit, das ist toll!“ freut sich der Medizinstudent.

Blutabnahme auf dem Fischmarkt

Und wie fühlt man sich nach der Blutabnahme? Silke (Studentin der Politikwissenschaft): „Ich habe eigentlich einen etwas schwachen Kreislauf und hatte zunächst Bedenken, ob mir nicht schwindelig wird. Aber es sind ja nur 8ml und tut gar nicht weh, das schafft wirklich jeder!“

Auch morgen, am 28.06.2008, sind die Greifswalder Medizinstudenten auf dem Fischmarkt vor Ort. Von 10.00 bis 16.00 Uhr kann sich wieder jeder Interessierte zwischen 18 und 55 Jahren über das Thema Knochenmarkspende informieren und sich Blut kostenlos abnehmen lassen.

Wer morgen keine Zeit hat, sich aber gerne in dem Knochenmark-Spender-Register registrieren lassen möchte, kann dies auch jederzeit bei einer Blutspende in der Uni-Klinik angeben.

Hier findet Ihr weitere Informationen zur Knochenmarkspende…
Die folgenden Informationen sind entnommen aus dem offiziellen Uni-Hilft-Infoblatt des bvmd (Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V.)

Wie läuft die Knochenmark-Spende ab?

Falls die Bestätigungstypisierung zeigt, dass man tatsächlich für den Patienten ein geeigneter Spender ist, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie sich endgültig entscheiden müssen, ob Sie für den Patienten zur Verfügung stehen. Nach einer gründlichen gesundheitlichen Untersuchung und Aufklärung durch einen Arzt muss zunächst eine schriftliche Einverständniserklärung erfolgen. Etwa eine Woche vor dem für die Transplantation angesetzten Termin, beginnt für den Patienten die Vorbereitungsphase, bei der sein krankes Knochenmark durch Chemo- und unter Umständen auch durch Strahlentherapie zerstört wird. Ab diesem Zeitpunkt kann der Patient ohne eine nachfolgende Übertragung gesunder Stammzellen nicht überleben.

Zwei Verfahren zur Spende

Die für die Spende wichtigen Stammzellen befinden sich u.a. in hoher Zahl im Beckenkamm. Es gibt zwei Entnahmewege:

1. Die periphere Stammzellentnahme

2. Die Knochenmarkentnahme

Periphere Stammzellentnahme

Bei der peripheren Stammzellentnahme wird dem Spender fünf Tage lang ein körpereigener hormonähnlicher Stoff (Wachstumsfaktor G-CSF) verabreicht. Dieses Medikament stimuliert die Produktion der Stammzellen und bewirkt, dass vermehrt Stammzellen im Blut zirkulieren. Diese können dann über ein spezielles Verfahren aus dem Blut entnommen werden. Eine Narkose ist für diese Entnahmeform nicht notwendig. Außerdem besteht ein weiterer Vorteil darin, dass die Spende ambulant durchgeführt werden kann. Dieses Verfahren wird in der Medizin seit 1988 angewandt. Nach dem heutigen Stand der Forschung gilt das Risiko von Langzeitnebenwirkungen als gering.

Knochenmarkentnahme

Bei der Knochenmarkentnahme (nicht zu verwechseln mit Rückenmark!) wird dem freiwilligen Spender unter Vollnarkose ca. ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch (entspricht ca. 5% des Gesamtvolumens) aus dem Beckenknochen entnommen. Das entnommene Knochenmark bildet sich innerhalb von zwei Wochen vollständig nach. Was bleibt, sind kleine Narben über dem Gesäß und das gute Gefühl, einem Menschen die Chance auf ein neues Leben gegeben zu haben. Insgesamt verbleibt der Spender zwei bis drei Tage im Krankenhaus. Das Risiko für den Knochenmarkspender ist sehr gering. Es ist im Wesentlichen auf das übliche Narkoserisiko beschränkt. Um mögliche Komplikationen auszuschließen, wird der Stammzellspender – wie oben geschildert – vorher immer eingehend untersucht. Welches Verfahren bei der Stammzellspende angewandt wird, richtet sich nach den Belangen des Patienten.