Es war am Mittwoch um circa halb zwölf. Ich hatte mir gerade etwas Geld vom Bankautomaten geholt. Ich wollte nach meinem Geschichtsseminar in meinen Wochenend-Kurzurlaub starten. Da klingelte mein Handy…

Es meldete sich die Sekretärin des Rektorats und lud mich ein um 13 Uhr (also circa eine Stunde später) mit dem Rektor Prof. Rainer Westermann, dem Prorektor Prof. Wolfgang Joecks und Frau Dr. Susanne Stratmann aus der Rechtsabteilung zu treffen. Worum es ginge, wüsste sie selbst auch nicht. Obwohl ich dadurch mein Geschichtsseminar nur zur Hälfte würde besuchen können, sagte ich zu.

Die nächsten zwanzig Minuten war ich damit beschäftigt Freunde anzurufen, die mich als Zeugen begleiten könnten. Ich ahnte bereits, dass es wahrscheinlich nicht um ein gemütliches Kaffee-Trinken gehen würde…

Um 13 Uhr ging es dann zum Rektorat. Dort traf ich Herrn Joecks, Frau Stratmann (und ihre Assistentin Frau Anja Schäferjohann) sowie den Kanzler Dr. Thomas Behrens. Auch ohne den Rektor wurde eine Menge wichtiges Personal in dieser Runde versammelt. Es schien ihnen also wichtig zu sein…

Dann ging alles Recht schnell über die Bühne. Man schob mir im Büro des Kanzlers vier Schriftstücke über den Tisch und forderte mich auf bis Montag „den Stecker rauszuziehen“. Die Internetadresse „uni-greifswald-blog.de“ verletze die Namensrechte der Universität. Diese Verletzung werde man nicht hinnehmen. Eine Frist gibt es nicht.

Erwartungsvolle Blicke meinerseits. Offenbar war für die Anwesenden zu meiner Verwirrung damit alles besprochen. Ich stellte noch ein paar Nachfragen, doch die Haltung war recht eindeutig und in Bezug auf die Domain kompromisslos. „Es herrscht Verwirrungsgefahr“, so Kanzler Behrens, „die auch nicht durch nachträgliche Aufklärung auf der Website gelöst wird“. Man könne mir eventuell noch einen weiteren Tag einräumen, aber nur, wenn die Website so schnell wie möglich offline ginge.

„Über die Inhalte wollen wir nicht sprechen“, sagt Prof. Joecks, ohne dass ich ihn danach fragte. „Aber die URL, die sie benutzen, vermittelt den Eindruck als ob die Universität die Website betreibt. – Vielleicht wollen wir ja wirklich mal einen Blog machen… *lacht* „.

Während dessen schaue ich mir die vier Schreiben an. Zunächst eine schriftliche Abmahnung, unterschrieben vom Rektor. Dazu eine „strafbewehrte Unterlassenserkärung“, die ich unterschreiben soll. Inhalt im Groben: Ich stelle die URL ein und verpflichte mich unter einer Vertragsstrafe von 1000,- Euro keine weitere der Uni namensähnliche URL zu betreiben.

Im nächsten Dokument (Überschrift „Aktennotiz“) hat Prof. Joecks sieben Punkte aufgelistet, die den Unterlassungsanspruch rechtfertigen sollen. Viel Juristendeutsch. Schriftstück Nummer vier ist ein „Vermerk“ des Justitiariat – ebenfalls eine zweiseitige Einschätzung über die Verletzung des Namensrechtes.

Kurz nach dem Gespräch setze ich mich ins Auto meiner Mitfahrgelegenheit.

Einschätzung und Ergebnis dieses Vorganges ist bis jetzt offen.

Ich bitte alle Leser jedoch schon jetzt damit zu rechnen, dass in den nächsten Tagen, dieser Blog zwangsweise offline gehen könnte. Als alterntive URL wird auf jeden Fall diese Adresse meines Servers (http://webmoritz.de/) immer funktionieren.

In werde jetzt versuchen für die juristisch Interessierten unter Euch, die vier Schriftstücke einzuscannen – muss zunächst aber mal einen Nachbarn mit Scanner finden…

Die Abmahnung des Rektors*Update* 12.19 Uhr:

Offenbar ließt das Rektorat fleißig mit. Fast genau eine Stunde nachdem dieser Artikel online ging, rief Frau Stratmann an (11.17 Uhr). Ihr Wunsch: Ich solle doch bitte nicht – wie oben angekündigt – die mir überreichten Dokumente online stellen. Diese seien nur für mich und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Als ich darauf hinwies, dass ich keinen Rechtsschutz durch die Veröffentlichung verletzt sähe, wußte sie nicht recht weiter. Sie kündigt aber an, dass sie nun Herr Joecks informieren werde.

*Update 2* 12.22 Uhr:

Um 11.36 Uhr ruft Prof. Joecks an. Auch er verbittet sich jegliche Veröffentlichung. „Sollten sie die Abmahnung oder die Unterlassenserklärung veröffentlichen, brauchen Sie nicht mehr mit unserer Kulanz rechnen“, drohte er. Und weiter: „Sollten Sie außerdem unsere juristischen Einschätzungen (Aktennotziz & Vermerk; Anm. d. Verf.) veröffentlichen, versprechen ich ihnen eine Anzeige gegen Verstoßes des Urheberrechtes“.

Update 3: 12.27 Uhr

Die UnterlassenserklärungDank der freundlichen Hilfe einer Medizinstudentin, konnte ich hier nun die Dateien einscannen.

  • Die Abmahnung
  • Die Unterlassungserklärung
  • Die zwei anderen Dokumente werde ich aufgrund der angedrohten Anzeige des Rektorats vorläufig nicht veröffentlichen.

Update 4: 12.50 Uhr – Meine Meinung:

Juristisch kann ich die Sachlage derzeit noch nicht einschätzen. Die Sache scheint jedoch für Uni zu sprechen. Ein Wechsel der Domain ist auch vergleichsweise unproblematisch…

Jedoch: Ich empfinde die Art, wie die Universität hier vorgeht auch objektiv unangemessen. Warum gab es nicht einfach mal ein kurzes Gespräch? Da hätte man die Sachlage doch schnell klären können. Stattdessen zieht man – wie so oft – den juristischen Holzhammer gegen die Studenten. Sechs Seiten juristische Ausführungen. Bin ich der Staatsfeind No. 1? Zuerst Abmahnungen, dann die Androhung von Strafgeld und nun noch Anzeigen. Auch die fünf-Tages-Frist übers Wochenende ist nicht gerade kulant – zumal überhaupt keine Dringlichkeit herscht.

Oder doch? Geht es vielleicht in Wirklichkeit doch um die Inhalte, was man so vehement abstreitet? Möchte man die Kritik der Studenten gar nicht hören? 600 Unterschriften der Studenten und eine ganze Fakultät gegen den Rektor. Immerhin kam die Einladung ein Tag nach der Veröffentlichung dieses Artikels. Wer ließt das schon gerne? Also: Weg damit!

An allen Orten werden Studenten zu Selbstständigkeit bei Existenzgründerwettbewerbern aufgerufen. Mit diesem Blog wurde nicht nur eine Idee formuliert, sondern auch gleich (offenbar) erfolgreich umgesetzt. Bei „diesem“ Verfahrensweg will man nicht eine kleine Rechtsstreitigkeit klären, sondern dem Blog einen möglichst großen Knüppel zwischen die Beine werfen.

Auch wird allenorten politisches Engagement gefordert. Studenten sollen sich an Wahlen beteiligen, sollen sich über Hochschulpolitik informieren und am besten noch daran teilnehmen. Doch wehe jemand nimmt diese Aufforderung ernst! Oh nein! Und äußert sich dazu noch kritisch! Und dann auch noch öffentlich! Hier muss man Schluss machen.

Die Mechanismen mit denen hier mit großen Kanonen auf kleine Spatzen geschossen wird, sind einem Rektorat eigentlich nicht würdig.

– Sebastian Jabbusch –

Update 5: 15:35 Uhr

Ich habe mal eine Umfrage (rechts) erstellt. Registrierte Leser können auch Antwortmöglichkeiten ergänzen.

Update 6: Samstag 21:46 Uhr

Ein Leser schickt mir diesen interessanten Link. Dies ist ein Artikel über die Entlassung des alten Pressesprechers Edmund von Pechmanns. Es lassen sich einige spannende Paralitäten feststellen. Auch Pechmann war ein kritischer Autor und bekam – kaum war Westermann im Amt – Probleme mit dem Rektor. Sie mündeten in seiner Entlassung. Ein Gericht stellte später fest, dass diese rechtswidrig erfolgte. Lest den ganzen Artikel hier.

Update 7: Montag 0.05 Uhr

Die Entscheidung ist gefallen. Ab voraussichtlich Mittwoch wird dieser Blog unter dem Namen www.ryck-blick.de zu finden sein.

Update 8: Montag 7.36 Uhr

Ein Telefonanruf zur eher unchristlichen Zeit wies mich auf einen Artikel in der OZ hin. Diesen will ich Euch OZ-Abo verweigernden Studenten natürlich nicht verwehren.

Vielleicht noch als Info: Im Schnitt haben wir 500 bis 600 Besucher, die zwischen 2000 und 3000 Artikel anklicken.

Update 9: Montag 10.20 Uhr

Die URL Ryck-Blick.de ist schneller als erwartet freigeschaltet. Die Website ist ab sofort darüber erreichbar. Den Schriftzug werden wir demnächst anpassen. Wer sich mal ein richtig schönes Logo (mit Fluss??) oder Symbol ausdenken will, melde sich bitte! Kunst- und KoWi-Studenten vor!

Update 10: Montag 15.00 Uhr

Der urspünglich für 12 Uhr angedachte Termin mit der Uni platzt. Meine Rechtsbeistand rät mir die Unterlassungserklärung nicht zu unterschreiben, da ihr Ziel bereits erfüllt ist.

Update 11: Montag 16 Uhr

Habe ein kurzes Interview mit dem Rostocker Radio „Lohro“ geführt. Das Ergebnis könnt ihr Euch hier anhören: