Professor Manfred Matschke über die Rolle des Greifswalder Senats im LHG-Novellierungsprozess

moritz: Herr Senatsvorsitzender, ahnen Sie, warum moritz Sie zur LHG-Novellierung interviewt?
Prof. Manfred Jürgen Matschke: Wer ahnt schon immer, was ein anderer möchte! Sie wünschen sich sicherlich Aussagen von mir, die möglichst viele anregen, Ihre Zeitschrift zu lesen. Schließlich ist sie auch ein Werbeträger.

moritz: Sicherlich aber auch, weil Sie für ein Kräftegleichgewicht zwischen Gremien und Hochschulleitung eintreten. Wie denken Sie über ein Rektoramt, dem es gesetzlich möglich wäre, in beliebigen Einzelfragen allein zu entscheiden?
Matschke: Ja, ich wünsche mir eine Ausgewogenheit der Befugnisse der Hochschulorgane und daher keinen solchen Rektor. Und ich würde einem Rektor stets abraten, davon Gebrauch zu machen, selbst wenn er diese Befugnisse bekommen sollte, wie es inoffizielle Papiere aus dem Ministerium vorsehen. Die Vorstellung, mich mental mit „Jawoll, mein Rektor!“ verabschieden zu müssen, ist mir ein Graus. Die Einheit der Selbstverwaltung wäre dahin.
Ein solches Rektoramt wäre der Bruch mit besten Hochschultraditionen und Ausdruck eines Rollback, dem ich nichts abgewinnen könnte.

moritz: Apropos Einheit der Selbstverwaltung und Mitspracherecht aller Gruppen. Vor sechs Jahren waren Sie noch der lauteste Gegner eines studentischen Konzilvorsitzes. Hat sich Ihre Einstellung gegenüber den Studierenden in den Gremien verändert?
Matschke: Ich war damals kritisch zu einer bestimmten Person (Simon Siewike, Anmerkung der Redaktion). Ich war nie gegen das Mitspracherecht der Studenten in Gremien, insofern hat sich meine Einstellung auch nicht gegenüber den Studierenden geändert. Die Studenten können in vielerlei Hinsicht freier agieren als andere Hochschulmitglieder, was gerade bei hochschulpolitischen Auseinandersetzungen mit dem Land für die Hochschulen insgesamt vorteilhaft ist. Ich denke da sehr positiv an den studentischen Protest im Jahr 2005. Sie haben zudem die jugendliche Unbekümmertheit für sich, die manchmal auch nerven kann. Im Senat arbeiten sie außerordentlich konstruktiv mit, sie beleben die Senatsarbeit. Die Zusammenarbeit mit Herrn Schattschneider und Herrn Gerberding, die meine studentischen stellvertretenden Senatsvorsitzenden gewesen sind, war außerordentlich vertrauensvoll, ohne dass wir stets einer Meinung waren. Wichtig ist mir, dass man sich aufeinander verlassen kann.

moritz: Inwiefern kann der Senat Einfluss auf die Neugestaltung des Hochschulgesetzes nehmen? Ist die Verordnung des „Führerprinzip“, wie Sie es nennen, vom Senat überhaupt verhinderbar?
Matschke: Die Hochschulen werden ganz normal in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden und können zu den Gesetzesvorschlägen ihre Bedenken und Anregungen einbringen, insofern besteht auch die Möglichkeit zur Einflussnahme des Senats auf die Gesetzesnovelle.
Natürlich weiß ich, daß ein einzelner Senat und letztlich auch eine geschlossene Haltung aller Hochschulen, wenn es denn dazu käme, nichts verhindern kann, wenn die Landesregierung und die sie tragende Koalition im Landtag etwas durchsetzen wollen. Wir haben ja aus dem Jahr 2005 unsere Erfahrungen noch frisch in Erinnerung. Totalitäre Tendenzen gibt es momentan zuhauf in der Gesellschaft. Daher ist es nicht verwunderlich, dass diese auch auf dem Gebiet der Hochschulpolitik nachweisbar sind. Die Macherideologen sind momentan bundesweit auf dem Vormarsch. Im Gepäck tragen sie einfach messbare, die wissenschaftliche Leistung aber nicht erfassbare Kriterien mit sich, die verhaltenssteuernd wirken werden, wodurch aber letztlich knappe geistige Ressourcen verschwendet werden. Als Ökonom habe ich etwas gegen Ressourcenverschwendung.

moritz: Ihre Legislatur als Senatsvorsitzender endet jedoch im April. Bei einer erneuten Kandidatur, für die Sie sich noch nicht entschieden haben, könnte es mit Prof. Hildebrandt, dem ehemaligen Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, einen Gegenkandidaten geben. So jedenfalls funkt es im Busch. Sehen Sie zwischen Ihnen beiden Unterschiede im LHG-Novellierungsprozess in Bezug auf die Leitung und Arbeit des Senates?
Matschke: Ich kenne Herrn Professor Hildebrandt gut aus gemeinsamen Gremien- und Dekanszeiten und schätze ihn. Wie er den Novellierungsprozess sieht, weiß ich nicht, weil wir darüber noch nicht gesprochen haben. Im Busch funken auch Störsender, so dass ich zu Buschfunknachrichten grundsätzlich keine Stellung nehme.Geschrieben von Robert Tremmel