Mstislav Rostropowitsch – Bach Cello Suiten

Mstislav Rostropowitsch wurde im vergangenen Jahr zum Botschafter der Musik ernannt. Die Deutsche Phonoakademie ehrte damit das politische Engagement des begnadeten Cellisten.

Mit der politischen Wende in Deutschland reiste Rostropowitsch unverzüglich nach Berlin. An der ?Mauer? spielt er aus Johann Sebastian Bachs Cellosuiten. Ein bewegender Moment. Fernseh-kameras hielten sein Spiel im Großformat fest. Im Fernsehen gab es zur Nachrichtenzeit einen Beitrag von mehreren Sekunden.
Die sechs Suiten Johann Sebastian Bachs bilden für Mstislav Rostropowitsch einen Meilenstein. Die Bedeutung des Werkes kann sich nun auch der fernsehguckende Zuhörer durch eine zwei CDs umfassende Veröffentlichung erschließen. Ein Einblick in den Interpretationsansatz mittels Kamera und Mikrofon.  Bedäch-tiges Vorankommen in der Ein-spielung des Materials für die beiden Discs  plus didaktisch fabelhaft aufbereiteter Erklärungen des Musikers paart sich mit leidenschaftlichem Spieleifer, die dank der guten Akustik in der gotischen Kirche nachhallt. Rostropowitsch Aufnahmen geben den Anschein eines künstlerischen Vermächt-nisses. Ähnlich wie Glenn Goulds Goldbergvariationen von 1981. Mittelmaß erlaubt Bachs Musik nicht. Rostropowitschs Aussage im Bookelt: ?Wenn ich nicht zufrieden bin, kommt alles in den Müll!?   

Geschrieben von Uwe Roßner

We want the light!

Für ihre Dokumentationen ist die BBC bekannt. BBC Opus Arte ist ein DVD-Label speziell für den Bereich der klassischen Musik, des Balletts, der Oper, von Konzertmitschnitten und Bühnenaufführungen. Ein Beispiel aus der Produktpalette von BBC Opus ist die Veröffentlichung ?We want the light!?.

Der auf den ersten Blick recht fordernde Titel ist nicht unberechtigt. Das ansprechende  Cover ziert eine gelbe brennende Kerze. Doch die Idylle wird durch um die Kerze herumgelegten Stacheldraht zerstört. ?We want the light?/ ?Wir wollen das Licht? ist der Titel aus einem Gedicht von Eva Pickova. Die Zwölfjährige schrieb es im Konzentrationslager von Theresien-stadt während des Holocaust. Christopher Nupen gelingt  ein Spagat zwischen einer reinen Dokumentation und einen bloßen Musikfilm. Von Freiheit, Gefangen-schaft, Emanzipation und Assimila-tion handelt das Werk.
Die insgesamt auf zwei CDs aufgeteilten 330 Minuten bieten behutsame und scharfsinnige Einblicke in die Geschichte zwischen Deutschen und jüdischen Mitbürgern. Neben dem eigentlichen Bericht finden sich umfangreiche Interviews mit unter anderem den drei Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch, Jaques Stroumsa und Alice Sommer Herz.  Aufführungen diverserer Musik-beispiele, die im Film selbst vorkommen oder zusätzlich angeführt werden, lockern den Informations-fluss auf oder können dann kontextabhängig gehört werden. Zweifels-ohne ergibt sich dabei eine anrührende Begegnung mit bekannten Solisten wie beispielsweise Vladimir Ashkenazy, Daniel Barenboim oder Evgeny Kissin.  

Geschrieben von Uwe Roßner

The Rasmus – Live Letters

N-JOY Campus Tour. 27.Oktober. M.A.U-Club. Rostocker Stadthafen. Der Radiosender N-JOY lud zum Great Jumping ein. Und für 5 Euro für das Frank Pop Ensemble und The Rasmus stehen sich Fans gern stundenlang in der Kälte vor dem Beginn des Konzerts die Füße platt, nur um möglichst früh und dicht an der Eingangstür zu stehen.

Die vier Jungs aus dem Land der tausend Seen legten auf der Bühne wie auch auf ihrem Album „Dead Letters“ packende Spielfreude kombiniert mit solidem Handwerk an den Tag. Die ursprüngliche Schülerband mit ihrem ersten Gig im Jahre 1994 brachte in der Folge drei Alben heraus, die mit dem Erscheinen gleich Gold erhielten. Als einstige Vorband der Red Hot Chili Peppers, von HIM und Roxette in Skandinavien scheint die jetzige internationale Karriere im Nachhinein vielmehr zwingend.
Die passende DVD als erster Einblick auf den Weg ins internationale Geschäft ist draußen: Live Letters. Sänger Lauri erklärt unbefangen in den Special Features von den Videodrehs. Die Band gibt zudem ein Interview im  MTV-Format. Ein Livekonzert in der Schweiz gesellt sich dazu und die Videoclips, mit Ausnahme der US-Version von ?In the shadows”, liefen bereits über den Äther. Die Bildgalerie garantiert Bonus-material zum Mitsingen. Live Letters startet gut durch. Und wie begrüßte Lauri doch gleich die Fans in der Schweiz? „Okay, here we go!“   

Geschrieben von Uwe Roßner

Marie Fredrikson – The Change

Ihre Stimme ist bekannt. Falls nicht, dann bitte die gute alte Erinnerung befragen. In Deutschland wurde sie bisher ausschließlich mit Roxette in Verbindung gebracht. Ihre schwedischen Fans hatten es da viel einfacher.

Der gegen Ende der 80´iger gestartete Joyride mit Per Gessle bedeutete für Marie Fredriksson einen Schritt in eine ungewisse Zukunft. Denn der Anspruch, ABBA international zu überbieten, hieß für sie, eine in ihrem Heimatland sichere Solokarriere aufzugeben. Trotz ?The Look? und anderer Ohrwürmer schrieb und veröffentlichte Marie weiterhin Material für den schwedischen Markt. Allerdings findet sich ihre klangliche Handschrift, wenn auch an raren Beispiele, bei Roxette. Ein Tipp: ?Go to sleep? auf dem 1994 erschienenen Album ?Crash Boom Bang?. 2002 – der Schock: Hirntumor. Die Grüße und Gebete der Fans halfen. Die Operation glückte und Marie kehrte langsam in ihren Alltag wieder zurück. Gegen Ende des vergangenen Jahres ?The change?- ihr erstes englischsprachiges Album. Ein persönliches Dokument einer glücklich endenden Leidenszeit. Die Spuren der Zeit trägt ihre Musik deutlich in sich. Kratzige Gitarrenriffs voller Lebenslust, dazu ihre mal aufgepeitschte, mal so gelöste bis ironische Stimme. Jedoch immer so tiefglücklich. In Schweden gleich auf eins durchgestartet, hält sich ihre Plattenfirma in Deutschland allerdings mit dem Werbeetat für das Album leider etwas zurück. Zumindest steht ?The change? im Laden. Ein Diamant, der die griechischen Wurzeln des Wortes Pathos bis in die letzte Spitze musikalisch nachspürt.                       

Geschrieben von Uwe Roßner

Gewandhaus-Quartett – Ludwig van Beethoven

„Wir sind glücklich und stolz, Ihnen hiermit die erste Gesamteinspielung der Beethovenschen Streichquartette durch das Gewandhaus-Quartett präsentieren zu können.“ Primarius Frank-Michael Erben begrüßt damit die werten Hörer im Begleitbuch des zehnteiligen CD-Sets.

Der Anlass ist so wunderbar wie außergewöhnlich. Denn das aus vier Solisten bestehende Ensemble des Leipziger Gewandhausorche-sters hält einen ausgezeichneten Ohrenschmaus bereit. Keine geringe Ehrung fand der musikalische Marathon im vergangenen Jahr und gibt einen eindrucksvollen Beweis für die frohe Kunde Martin Elstes, dem Vorsitzenden des Preises der deutschen Schallplat-tenkritik: Kein Mangel an guten CDs!
Denn wenn Beethoven als Quartett-Komponist ein Mount Everest sei, wie es der ehemalige erste Violinist des Gewandhaus-Quartetts Karl Suske bezeichnete, dann ist der Gipfel nun wahrlich bravourös erklommen. Dem neuen musikalischen Abenteuer wurde schlicht und ergreifend der Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik zugedacht. Damit wird der langen Tradition der Quartettvereinigung Rechnung getragen, die seit ihrer Gründung im Jahre 1809 konsequent die Aufführung und Pflege des Beethovenschen Oeuvres betreibt. Über Jahre hinweg kultivierte das Ensemble sein anspruchsvoll packendes Zusammenspiel. Die Tradition lastete nicht, sondern belebte kontinuierlich. Die heutige Formation unter Frank-Michael Erben spielt seit 1993 zusammen.
Die edle Box umfasst 96 umfassend informative und anregendes Seiten Text neben 512, 28 Minuten Musik aus der Feder Beethovens für zwei Violinen, Viola und Violoncello auf neun CDs verteilt und einer abrundenden Aufnahme mit Gesprächen ehemaliger Mitglieder des Ensembles. Hierbei bringen verschiedenste Tonaufzeichnungen den Beethovenstil vergangener Besetzungen nahe. Und das Herz schlägt bei der von Beethoven selbst für Streichquartett bearbeitete Klaviersonate op. 14 Nr. 1 noch etwas schneller. Welch eine Hommage auf Ludwig van Beethoven!                                  

Geschrieben von Uwe Roßner