eptage2014_banner_titelEin Beitrag von Claudia Sicher

Im Rahmen der Entwicklungspolitischen Tage fand am Donnerstag, den 06.11.2014, der Internationale Musikabend in der Bahnhofstraße 50 statt. Das übergeordnete Thema der Veranstaltung lautete „Besitz“. Den Anfang machten die Wolgaster Vokalisten, ein vielköpfiger Chor, bestehend aus Männern und Frauen, mit drei Stücken aus dem Bereich Gospel/Spiritual.

Die Texte der vorgestellten Stücke beschäftigten sich vor allem mit Themen aus dem altem Testament und dem unterdrückten Volk Israels. Die Künstler erklärten, dass sich beispielsweise in dem Lied „Wade in the water“ ein versteckter Hinweis für die Flüchtlinge befände, der ihnen ans Herz legt bei ihrer Flucht möglichst oft durch Gewässer zu laufen, da dadurch die Bluthunde ihre Spur verlieren. Sozusagen ein Geheimcode zur Unterstützung derjenigen, die dem Besitz durch andere Menschen entfliehen wollen. Eine romantische Idee, die von großer Menschlichkeit und Empathie zeugt und wohl des Öfteren in Liedern dieses Genres zu finden sind, was sie gleichzeitig zu wundervoll melodischen, ergreifenden und kritischen Werken macht. Das letzte Stück der Wolgaster Vokalisten setzte sich mit der Liebe und der damit zusammenhängenden hingebungsvollen Bereitschaft sich selbst freiwillig zum Besitz eines anderen Menschen zu machen auseinander und erinnerte damit an die wunderbare Bedeutungsnuance des Begriffes „Besitz“.

Was man liebt, besitzt man nicht

Im Laufe des Abends traten noch mehrere Chöre auf, die Lieder aus aller Welt über Zweisamkeit und Einsamkeit sangen und mit Zitaten verschiedener Altmeister wie Shakespeare und Tolstoi dem Thema „Besitz“ Variabilität verliehen. Neben den Chören traten außerdem verschiedene Einzelinterpreten, Duos, Trios und mehrköpfige Gruppen auf.

Lars, einer der Solokünstler, ließ seine Finger über die Tasten des Klaviers gleiten und kredenzte dem Publikum eine Eigenkomposition. Die Melodie malte dem aufmerksamen Zuhörer fühlbare Bilder ins Herz und erzählte auf seine Art und Weise, dass man nichts, was man liebt, besitzen kann.

Ein ganz anderes Bild vermittelte Robert am Klavier. Er spielte zwei Stücke aus „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski. Dieser hat die Betrachtung von Gemälden seines verstorbenen Freundes Viktor Hartmann vertont und dadurch die abbildende und unsichtbare Kunst zusammengeführt, was den Gemälden eine dritte Dimension gibt. Zum Thema „Besitz“ wählte Robert zwei treffende Zitate von Tolstoi, in denen Wahrheit und Reichtum, deren Verteilung und Erarbeitung thematisiert werden. Damit wurde neben Liebe und Empathie dem Besitz eine weitere Kategorie hinzugefügt, der Materialismus.

Räucherstäbchen, ein Teppich und eine Maultrommel

Zwischen den Eigenkompositionen wurden zudem einige Cover, u.a. von David Gray, Damien Rice, den Cranberries und Michael Andrew, von verschiedenen Künstlern präsentiert. Ein besonderes Highlight war die Band „Bleib auf dem Teppich“, die neben Räucherstäbchen und einem kleinen Teppich, der elementar zur Bandgeschichte dazu gehört, ein eher außergewöhnliches Instrument im Gepäck hatte: die Maultrommel. Diese wurde nicht nur in Zusammenspiel mit der Band gespielt, sondern ebenfalls noch einmal einzeln vorgeführt. Zudem konnten die Zuhörer einiges zum kulturellen Hintergrund und zu verschiedenen Spieltechniken der Maultrommel erfahren. Seit gestern Abend ist wohl jedem Zuhörer bewusst, welch vielfältige Klangkompositionen dieser Exot ermöglicht. Die Maultrommel sorgte damit für den „Aha und Wow“ Effekt des Abends.

Dass es sich von draußen für etwa 15 Minuten anhörte wie in einem irischen Pub, war Jochen an der Geige zu verdanken. Mit lässigem Charme und viel Liebe zur irischen Kultur instruierte er das Publikum zur regen Unterstützung seiner Lieder ganz nach irischer Tradition. Hätte es Bierkrüge gegeben wären sie durch den Raum geflogen und hätte es Tische gegeben wäre darauf getanzt worden. Ganz sicher.

Egal ob Sänger, Gitarrist, Schlagzeuger, Klavierspieler, Cajonspieler, Bongotrommler, Bassist oder Maultrommelexperte, in dem Gesicht eines jeden war diese unendlich große Liebe, die Konzentration und der innere kritische Blick auf jeden kleinen Fehler, die Behutsamkeit und der Respekt vor seinem Instrument zu sehen. Das ist es wohl, was Musik zum Ausdruck des Unsagbaren und damit zum Bindeglied aller Menschen dieses Planeten macht.

 

Foto: Kultur- und Initiativhausverein (Beitragsbild, kein cc)