Geld-SwissCheese_jugendfotos.deDie Studierendenschaft hat schon wieder ein Steuerproblem. Nach der Lohnsteuer geht es nun um die Umsatzsteuer. In der Folge kann es nicht nur weniger Partys geben, sondern die Fachschaftsräte (FSR) könnten auch finanziell stärker vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) abhängig werden. Was jedoch viel schlimmer wiegt, ist eine drohende Steuernachzahlung und eine daraus resultierende Handlungsunfähigkeit der Studierendenschaft.  Doch was ist genau das Problem? 

Seit im Juli 2008 der Bundesfinanzhof die Tätigkeiten der AStA-Referenten als steuerlich relevant ansah, wurde der Blick auf die Steuersituation der Studierendenschaft insgesamt gelenkt. Während das frühere Problem der abzuführenden Lohnsteuer gelöst ist und seit 2014 die AStA-Referenten und die Chefredakteure sowie die Geschäftsführung der moritz-Medien bei der Bundesknappschaft und der Berufsgenossenschaft angemeldet sind, betrifft es nun die Umsatzsteuer.

Die Umsatzsteuer wirft die größten Fragen auf, die in ganz Deutschland auch unterschiedlich gelöst werden. Die Umsatzsteuer (umgangssprachlich auch Mehrwertsteuer genannt) fällt grundsätzlich an, wenn sich ein Unternehmen wirtschaftlich betätigt, zum Beispiel durch den Kauf oder Verkauf von Gütern und Dienstleistungen. Die Studierendenschaft Greifswald wird vom Finanzamt als ein großes Unternehmen angesehen, dass sich wirtschaftlich betätigt: Werbeeinnahmen werden generiert, Kopierservice angeboten oder auch Getränke auf Partys verkauft.

Alle FSR wären finanziell sehr vom AStA abhängig

Ein Unternehmen kann sich in einzelne Betriebe gewerblicher Art (kurz BgA) spalten, die unterschiedlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausführen. Jeder BgA hat dabei einen Freibetrag von etwa 30.600 Euro, den er an Umsatz generieren darf, ohne Umsatzsteuer abführen zu müssen. In je mehr BgA die Studierendenschaft gegliedert ist, desto weniger Steuern müssen also bezahlt werden. Da sich jeder Fachschaftsrat unterschiedlichen Interessen widmet und sie alle unabhängig voneinander arbeiten, hofft der AStA nun, dass jeder Fachschaftsrat als einzelner BgA angesehen wird. Das Finanzamt Greifswald schließt sich dieser Ansicht jedoch nicht an, sondern sieht die Studierendenschaft als zu einem großen BgA.

Bleibt es dabei, hat dies große Auswirkungen: Der AStA müsste von allen FSR den monatlichen Umsatz beim Finanzamt anmelden und die anfallenden Steuern bezahlen. Das wäre ein finanzieller und organisatorischer Aufwand, der kaum zu stemmen wäre. Viele Studierendenschaften in Deutschland haben andere Lösungen gewählt. Dort wurde den FSR das gesamte Geld entzogen und sie können nur noch über Finanzanträge beim jeweiligen AStA-Finanzer Geld bekommen. Dadurch würde es zwar eine größere steuerrechtliche Sicherheit geben, doch die Autonomie der FSR wäre praktisch nicht mehr gegeben.

Kostenlose, aber weniger Partys

Till Lüers

AStA-Finanzier Till Lüers will die Unabhängigkeit des FSR vom AStA beibehalten.

Ein anderer Lösungsweg wäre, dass zukünftig die Studierendenschaft keine großen Einnahmen mehr generiert. Eintrittsgelder würden wegfallen, Getränke und Essen auf Veranstaltungen wären umsonst und Werbepartner gäbe es in der jetzigen Form nicht mehr. Das hört sich anfangs verlockend an. Es wird aber natürlich weniger Geld zur Verfügung stehen und somit wird es auch weniger Veranstaltungen geben. Wenn man alles umsonst macht, würden andere Clubs und Bars bei Feiern der Studierendenschaft nicht mehr mithalten können und hohe Verluste einfahren. Man kann auch durch Preise Angebote gezielt einschränken. Würde Alkohol umsonst angeboten werden, würden viele Partys ausarten.

AStA-Finanzreferent Till Lüers, selbst Mitglied im FSR Jura, möchte die Autonomie der FSR und die derzeitige Kultursituation in Greifswald beibehalten. Er hat deshalb zusammen mit der AStA-Vorsitzenden Johanna Ehlers einen Brief an Landesfinanzministerin Heike Polzin (SPD) aufgesetzt und um Unterstützung bei der steuerrechtlichen Bewertung von Fachschaftsräten gebeten. Momentan werden auch Änderungswünsche für das Landeshochschulgesetz (LHG) Mecklenburg-Vorpommern gesammelt. Auf Vorschlag von Johanna und Till haben der Senat der Universität Greifswald und die Landeskonferenz der Studierendenschaften sich dafür stark gemacht, dass im LHG die Autonomie der FSR gestärkt wird. Sollte es nicht möglich sein, die FSR als einzelne BgA hoheitlich ansehen zu lassen, müsste man die Studierendenschaft hinsichtlich ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten teilen. So wären die BgA Party, inhaltliche Veranstaltungen, Werbung, Kopierservice möglich. Eine Ausdifferenzierung wäre jedoch schwierig.

Problem Steuernachzahlung

Das größte Problem bildet jedoch nicht die Zukunft, sondern die vergangenen zehn Jahre. Wie hoch die Steuerlast der Studierendenschaft Greifswald tatsächlich ist, konnte Till nicht sagen. „Unsere Handlungsfähigkeit als Studierendenschaft ist aber bedroht, wenn uns das Finanzministerium und das Finanzamt nicht entgegenkommen“, wird Till trotzdem sehr deutlich – denn Rücklagen hat die Studierendenschaft kaum noch.

Fotos: Geld-SwissCheese via jugendfotos.de (Artikelbild), privat (Till Lüers)