Uni_Hauptgebäude_Detail-svIn einem offenen Brief fordert heute der akademische Senat der Universität Greifswald den Ministerpräsidenten Mecklenburg-Vorpommerns Erwin Sellering dazu auf, sich für die Ausfinanzierung der Hochschulen des Landes einzusetzen. Hintergrund ist die aktuelle Debatte um das drohende Haushaltsdefizit, welches bei allen Hochschulen im Land nach bisheriger Planung in den nächsten Jahren eine Finanzlücke von bis zu 32 Millionen Euro verursachen wird. 

Für die Uni Greifswald sind es 18,1 Millionen Euro, die in den nächsten zwei Jahren fehlen werden und das hat Konsequenzen. „In Greifswald − das heißt an der Universität UND in der Stadt und ihrer Umgebung − ist die Bestürzung groß, dass 44 wissenschaftliche Mitarbeiter im Universitätsbereich, nimmt man die Universitätsmedizin hinzu, 77, in den nächsten zwei Jahren nicht beschäftigt werden können“, schreibt die Senatsvorsitzende Professor Maria-Theresia Schafmeister in dem offenen Brief, der heute verschickt wurde.

Die Entscheidung des Landes würde die „Schwächsten im Wissenschaftssystem“ treffen, die aber gleichzeitig die „Leistungsträger nicht nur im Hochschulwesen“ seien, da sie das „Bild eines fröhlichen, bunten, gesunden und jungen Bundeslandes prägen, mit dem seitens der Landesregierung gerne geworben wird.“ Gleichzeitig müsse man die Verantwortung für einen Rückgang der Qualität der Lehre und einen Verlust von Studienplätzen tragen. Die Hochschulen seien ein Aushängeschild für MV und die Universität Greifswald locke „junge Menschen aus der ganzen Republik sowie von allen Kontinenten zum Studieren und Forschen“ an.

Brodkorb weiß, wie Symbolpolitik funktioniert. Ist er doch nur ein "Taschenspieler"?

Brodkorb weiß, wie Symbolpolitik funktioniert. Ist er doch nur ein „Taschenspieler“?

Landesregierung füge dem Ansehen von MV Schaden zu

Der Senat sieht weiterhin eine Verletzung von Zusagen, die das Bildungsministeriums und das Land gegenüber dem Bund im Rahmen des Hochschulpaktes gegeben haben. Dies würde dem Ansehen des Bundeslandes als verlässlicher Hochschulstandort schaden und dazu führen, dass das Land von einer möglichen Aufhebung des Kooperationsverbotes kaum profitieren werde. In der Senatssitzung vom 20. November warf Professor Klaus Fesser, Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, dem Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) „Taschenspielertricks“ vor, da dieser nicht koscher mit den Hochschulpaktmitteln des Bundes umgehe.

Uni-Kanzler Dr. Wolfgang Flieger prognostizierte, dass bei derzeitigem Stand bald nur noch ein Ausfinanzierungsgrad von 91,6 Prozent gewährleistet sei, was die Nichtbesetzung der Stellen verursacht. Auch eine Abschaffung des Kooperationsverbotes könne keine kurzfristige Abhilfe schaffen, denn „das ferne Wasser löscht das nahe Feuer nicht.“ Doch auch vom Land erwartete er kein Einlenken mehr. Ähnlich sieht es Professor Jürgen Kohler. „Der Führer weiß es und der Führer will es so“ äußerte er sich scherzhaft über den Ministerpräsidenten, der sich seiner Ansicht nach bereits festgelegt habe. Es gebe ein Problem bei der Prioritätensetzung des Landes, denn es leiste sich zwei Universitäten, welche „strukturell eigentlich nicht bezahlbar“ seien.

Am 5. November saßen bereits Vertreter aller Hochschulen im Landtag und forderten mehr Geld.

Am 5. November saßen bereits Vertreter aller Hochschulen im Landtag stellten ihre Finanzprobleme vor.

Weber: „Bis zum 11. Dezember darf gekämpft werden.“

Als „skandalös“ bezeichnete Professor Jan-Peter Hildebrandt das Verhalten des Bildungsministers. „Als SPD-Mitglied sollte er sich schämen“, meinte Professor Joachim Schiedermair. Auch die Rektorin Professor Hannelore Weber zeigte sich „erschüttert“ über die Haltung der SPD. „Nur weil in Berlin Kooalitionsverhandlungen geführt werden müssen, kann nicht überall Stillstand herrschen“ äußerte StuPa-Präsident Milos Rodatos, der sich klar für mehr politischen Druck aussprach.

Der Landtag wird seine endgültige Entscheidung zum Haushaltsdefizit am 11. Dezember treffen, wenn der kommende Haushalt verabschieden werden soll. „Bis dahin darf gekämpft werden. Auf allen Ebene“, appellierte Rektorin Hannelore Weber im Senat.

AStA verschickte bereits vor Monaten Briefe

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) begann bereits im Sommer mit dem Verschicken von offenen Briefen zum selben Thema. Sie gingen an den Bundespräsidenten Joachim Gauck, die Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Ministerpräsidenten Erwin Sellering, den Bildungsminister Mathias Brodkorb und die Finanzministerin Heike Polzin. Einzig von Sellering habe es laut der AStA-Vorsitzenden Johanna Ehlers eine Antwort gegeben. Diese sei aber eher ernüchtern gewesen und enthielte keine konkreten Zusagen.

Beim AStA ist man inzwischen voll im Protestmodus. Anfang des Monats fand die große Demo in Schwerin statt, es folgten symbolische Gesten sowie eine Mahnwache und für Donnerstag und Montag sind bereits weitere Aktionen geplant.

Fotos: Simon Voigt, Corinna Schlun (Archiv)