Merkel_Kundgebung_Stralsund-svMit einer Mega-Merkel-Show in Stralsund veranstaltete die CDU heute Nachmittag ihre letzte Wahlkampfveranstaltung in diesem Kreis. Studierende aus Greifswald versuchten erneut Aufmerksamkeit für die Kampagne “Bildung brauchtPriorität” zu erregen, scheiterten aber am Desinteresse der Direktkandidatin Angela Merkel.

Etwa 1.000 Menschen waren vor Ort, darunter viele CDU-Anhänger und Mitglieder der Jungen Union. Auch einige Vertreter der Greifswalder Studierendenschaft ließen es sich nicht nehmen, ein letztes Mal von der Kanzlerin und Direktkandidatin Angela Merkel mehr Unterstützung für die Bildung durch eine Abschaffung des Kooperationsverbotes zu fordern. Auf diese Weise könnte auch der Bund die Länder im Bildungsbereich unterstützen. Für die Petition des Bündnisses “Bildung braucht Priorität” konnten in den vergangenen Monaten über 7.000 Unterschriften gesammelt werden, allein 4.000 davon in Mecklenburg-Vorpommern und mehr als 1.000 in Greifswald. Bemerkenswert hinsichtlich einer langen Liste an Unterstützern, die auch in dichter besiedelten Gegenden studieren.

Kanzlerin nahm Unterschriftenlisten nicht an

Dieser symbolische Scheck mit den 4.000 Unterschriften konnte seine Empfängerin nicht erreichen.

Dieser symbolische Scheck mit den 4.000 Unterschriften konnte seine Adressatin nicht erreichen.

Mehrere Aktenordner hatten die Aktivisten bei sich, um sie der Kanzlerin zu überreichen. “Ich nehme keine Unterschriften an”, sagte diese nur im Vorbeistolzieren und ging weiter zur Bühne gegenüber des Ozeaneums am Stralsunder Hafen. Von im Spalier aufgereihten Wahlkämpfern wurde sie dort empfangen, dabei dröhnte Musik wie vor einem Boxkampf aus den Lautsprechern. Sie sei die “Kanzlerin der erfolgreichsten Regierung Europas” ging als Ansage ihrer etwa einstündigen Rede voraus, in der sie die gute Entwicklung der Region in den letzten Jahren lobte, die sie als potentielle Regierungschefin gerne um vier weitere Jahre verlängern wollen würde. Durch die aktuelle Regierung stehe die Wirtschaft gut da, die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in Vorpommern und des Mangels an Ausbildungsstellen seien Ziele für die kommende Legislatur. Die Ausgaben im Bildungswesen seien um 70 Prozent gestiegen, auch die Uni Greifswald und die FH Stralsund hätten profitiert. Zum Schluss sangen alle die Nationalhymne.

Ein weiterer Versuch, die Unterschriften am Ende der Veranstaltung zu überreichen, scheiterte, da die Kanzlerin hinter der Absperrung in ihren Wagen stieg und die Protestler erneut ignorierte. Der studentische Senator Erik von Malottki und StuPa-Präsident Milos Rodatos waren entsprechend verärgert. “Ich finde es persönlich sehr schade, dass Angela Merkel kein Interesse an der Kampagne zeigt und ich werte das so, dass die Kanzlerin anscheinend kein besonderes Interesse an sehr guter Bildung in Schulen, Hochschulen und gut ausgebauten Kindergärten hat.” Ferner kritisierte von Malottki, der auch LKS-Sprecher ist, dass die Aussagen Merkels nicht mit den Tatsachen in ihrem Wahlkreis übereinstimmen würden.

Während der Kundgebung gingen nur kleine Plakate in die Luft, ein großes Banner wurde hingegen nicht zugelassen.

Während der Kundgebung gingen nur kleine Plakate in die Luft, ein großes Banner wurde hingegen nicht zugelassen.

Ambivalente Reaktionen

Insgesamt wurde der Protest der Studierenden sehr unterschiedlich aufgenommen. Angela Merkel nahm in ihrer Rede Bezug auf den Bündnisprotest und hob die exzellente Forschung in Greifswald hervor. “Es geht nicht nur um Forschung, sondern auch um Lehre”, rief einer der Demonstrierenden dazwischen. “Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in weiteren Bereichen unsere Spitzenposition in Europa und der Welt einbüßen”, schärfte die Kanzlerin ihren Wählerinnen und Wähler ein. “Ja, in der Bildung haben wir schon lange unseren Spitzenplatz verloren”, wurde kommentiert. “Das kann eigentlich jeder unterschreiben”, rief ein CDU-Anhänger, während ein Rentner meinte, dass der Protest überflüssig sei, schließlich stünde das Bildungswesen in Deutschland hervorragend da. Auf Einwürfe, warum es dann Lehrermangel im Land gebe und an den Hochschulen des Landes Personal abgebaut werde, konnte er hingegen nicht eingehen.

Egbert Liskow, CDU-Landtagsabgeordneter und Hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion wies gegenüber dem webMoritz darauf hin, dass die Protestler zuerst die Landesregierung ansprechen sollten und danach den Bund, dies sei bisher allerdings nicht geschehen. Außerdem erinnerte er daran, dass es bereits vor einem Jahr die Initiative der Bundesregierung gab, das Kooperationsverbot zu lockern; allerdings nur im Bereich der Forschung, weswegen die Gesetzesvorlage im Bundesrat scheiterte. Die anderen Parteien befürworten genau so wie das Bündnis einen umfassenderen Vorstoß, der es dem Bund ermöglichen soll, auch in die Grundfinanzierung der Unis einzusteigen, um auf diese Weise auch für die Lehre mehr Gelder zu ermöglichen.

Protest und Anhörung im Landtag am 5. November

Ein Banner

Das Banner

Am 5. November findet im Schweriner Landtag eine Anhörung statt, bei der auf Einladung Liskows die finanzielle Situation aller Hochschulen Thema sein wird. Schon mehrfach wiesen diese auf ein drohendes Defizit hin, dort könnte eine Entscheidung getroffen werden, ob im nächsten Haushalt mehr Geld eingeplant werden kann. Die Studierendenschaften des Landes, auch der AStA-Greifswald, kündigten bereits eine Demonstration vor Ort an.

Ungeachtet der gescheiterten Übergabe der Unterschriften gelang es den Studierenden, noch weitere Unterschriften zu sammeln. Der Erfolg war hier jedoch recht bescheiden, da die meisten Teilnehmer CDU-Anhänger waren und die Wenigsten von ihnen sich bereit erklären wollten, diese Petition zu unterstützen.

Unter Mitarbeit von Marco Wagner.

Fotos: Simon Voigt