moritz 94 – November 2011 – Lass es dir schmecken

moritz 94 – November 2011 – Lass es dir schmecken

Neu und altbekannt

Liebe moritz-Leserinnen und Leser,

herbstliche Stimmung macht sich in Greifswald breit. Nicht nur das Stadtbild verändert sich dadurch, auch der Alltag an der Universität und die abermals hohen Erwartungen an das neue Semester festigen sich oder eben nicht. Man hofft auf einen Neuanfang, der am besten mit interessanten Themen und Inspirationen verbunden sein sollte. Dieses Semester soll, wie jedes Semester, besonders werden. Gleichzeitig gelangen Nachrichten von außerhalb nach Deutschland und lassen uns in Gedanken abschweifen, inwieweit diese große Aufruhr und der Umbruchgedanke uns betreffen. Studentenaufstände und Demonstrationen gegen Banken beherrschen die Nachrichten und Köpfe der Menschen. Was bedeuten diese Nachrichten für uns und die gemütliche, abgeschiedene Hansestadt?

Veränderungen sind auch in Greifswald zu spüren. moritz berichtet über die Unsicherheiten, die durch die im September in Kraft getretene Kreisgebietsreform entstanden sind und schildert, wie sich diese auf die Zukunft der zum Stadtbild gehörenden Vereine auswirken könnte. Feste Größen der kulturellen Welt Greifswalds finden Platz im Heft, wie der polenmARkT, dessen Entstehungshintergründe näher beleuchtet werden. Die Entwicklung Proras, ein in den 1930er Jahren errichteter Gebäudekomplex auf Rügen, ist in dieser Ausgabe ebenso enthalten. Ein durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs verkommener, dann unter Denkmalschutz gestellter und nun als Jugendherberge fungierende Einrichtung wird weiter ausgebaut und ist ein treffendes Beispiel, wie aus Altem Neues wird.

Eine feste Institution im Alltag von fast jedem Studenten ist die Mensa, die eine große Veränderung und Erweiterung durch den Neubau am Berthold-Beitz-Platz erfährt. Eine Redakteurin begab sich hinter die Ausgabetheke und berichtet nicht nur über kulinarische Fertigkeiten, sondern auch über sonstiges Erfahrenswertes aus der Küche. Um das Ankommen von Neuen soll es in unserer Fotostrecke aus der Erstsemesterwoche gehen. Zudem kommen unsere neuen Redakteure selbst zu Wort und berichten über ihre Eindrücke.

Stabilität, aber auch Veränderungen kennzeichnen unseren Alltag. Trotz Spannungen am Anfang jedes Semesters sollte man Ruhe finden und zum Wesentlichen zurückkehren. Umwälzungen können abschreckend wirken, doch hinter jedem Wandel sollte auch eine Chance auf die Entstehung von Neuem stecken. Auch die moritz-Medien begaben sich auf ein gemeinsames Workshop-Wochenende in Glashagen bei Grimmen, auf dem an bereits Erlerntem gefeilt und Neues entdeckt wurde.

Irene Dimitropoulos

Das komplette Heft könnt ihr hier als pdf herunterladen, ausgewählte Artikel auch direkt online lesen und kommentieren.

TITEL „Ein Löffelchen voll Zucker“

Um fünf Uhr aufstehen, die Kochjacke überwerfen und einen Tag lang das Selbstexperiment wagen. Als moritz-Redakteurin mache ich mich auf, um herauszufinden, was im Hintergrund unserer Mensa passiert, wenn keiner hinschaut.

Mẹn|sa, die;-, Plur.-s u. …sen ‹lat.› (restaurantähnliche Einrichtung an Universitäten [für die Studierenden]“, so schreibt es der Duden.

Unsere Redakteurin bei der Arbeit

Soweit kann jeder Studierende die Institution Mensa definieren. Man schwingt sich ja schließlich häufig genug nach Vorlesungen aufs Fahrrad um in Richtung Mensa am Schießwall oder Berthold-Beitz-Platz zu radeln, manchmal öfter in der Woche als man vielleicht möchte. Die Treppen hoch, noch einmal auf den Plan geschaut, vielleicht einen unschönen Blick auf das Essen in der Vitrine geworfen und dann ist die Entscheidung meistens auch schon gefallen. Also stellt man sich an, hofft auf eine möglichst kurze Wartezeit und bezahlt anschließend. Manchmal hört man noch die Worte: „ich hätte gern“, oder „schönen Tag noch“. Diese Szene bedeutet Routine für viele Studierende unserer Universität und auch für mich ist sie Alltag. Doch als ich vor einiger Zeit vor meinem vegetarischen Essen saß, fiel mir auf, dass die Wenigsten wissen, was hinter den Theken geschieht und welchen Weg die Lebensmittel täglich gehen, bevor sie auf den Tellern landen.

 

Ich mache mich auf, es herauszufinden und wage das Selbstexperiment: ein Tag als Mensamitarbeiterin. Es wird ein spannender, anstrengender und aufschlussreicher Tag, der den Sonnenaufgang nicht abwarten kann. Während so ziemlich jeder Student noch in den Betten liegt, beginnt für die Mitarbeiterinnen der Mensa um 6.30 Uhr schon der Arbeitstag. So früh bin ich noch nie aufgestanden, um zu arbeiten. Bevor es in die Küche geht, muss aber zunächst die Umkleide aufgesucht werden. Straßenkleidung ist an den Herden nicht erwünscht, wird mir vom Chefkoch, Herrn Woryna, erklärt. Also pelle ich mich aus der Kleidung, die mich am Morgen beim müden Anziehen so viel Mühe gekostet hat und nehme vorlieb mit karierten Hosen, einem weißen Poloshirt und einer kompliziert geknöpften Kochjacke. Ich sehe wahrscheinlich ziemlich albern aus, aber plötzlich bin ich ein Teil des Kollegiums und werde mit freundlichen Augen gemustert. (mehr …)

144 Stufen zu den Sternen

Stufe für Stufe: 35 Meter steigt man zur Greifswalder Sternwarte hinauf. Deren Trägerverein blickt zuversichtlich in die Zukunft. Nach zweijähriger Sperrung gibt es dort nun wieder Führungen. Künftig will man mehr Besucher anlocken.

Dr. Tobias Röwf, Vorstandsmitglied des Vereins „Greifswalder Sternwarte e.V.“

Bis zum Jahr 2010 waren Führungen aufgrund verschiedener Reparatur- und Sanierungsarbeiten nicht möglich. Neben brandschutztechnischen Baumaßnahmen musste ebenso giftiges Quecksilber entfernt werden. Diplomphysiker Dr. Tobias Röwf, ehemaliger Student der Universität Greifswald und derzeitig als Vorstandsmitglied des Vereins „Greifswalder Sternwarte e.V.“ tätig, ist dankbar für die Unterstützung der Universität. Nach langwidrigen, jedoch erfolgreichen Verhandlungen, könne sich der Verein neben dem Erhalt der Sternwarte, nun auch wieder der „astronomischen Bildung der breiten Öffentlichkeit“ widmen, so Röwf.

Anlässlich der Ersti-Woche gab es zwei zusätzliche Führungen. Unter den Teilnehmern befand sich Mara Nothers. Für die Studentin war es nicht der erste Besuch in einer Sternwarte. Neu war für sie die antike Atmosphäre von Räumlichkeiten und Instrumenten.
Historisch gesehen hatte die Greifswalder Sternwarte ob einiger Höhepunkte zahlreiche Rückschläge zu bewältigen. Der Ursprung der Sternwarte beziehungsweise der wissenschaftlichen Astronomie an der Greifswalder Universität lässt sich bereits vor über 230 Jahren datieren. Durch die Errichtung des Universitätshauptgebäudes bekannt, zeichnete sich der Baumeister Andreas Mayer zudem durch seine Tätigkeit als Lehrkraft für Kosmologie, Mathematik und Physik aus.

Begeistert von der Sternkunde, veranlasste er 1775 den Umbau des ehemaligen, am Ryck gelegenen Festungsturms, auch „Pulverturm“ genannt. Somit entstand die erste Sternwarte der Hansestadt Greifswald. Verstärkt durch die Vergabe der ersten Astronomieprofessur der Universität an Lambert Heinrich Röhl, wuchs eine „Ausbildungsstätte“ sowie ein „Ort der wissenschaftlichen Forschung“ heran. In den folgenden Jahrzehnten hatte die Greifswalder Himmelskunde mehrere Schwierigkeiten zu überwinden: Neben der französischen Besetzung im Jahre 1807 und der einhergehenden Nutzung des „Pulverturms“ für militärische Zwecke kam es zum Verlust diverser Instrumente. Bereits drei Jahre später begann ein jahrelanger Streit zwischen der Stadt und der Universität, der 1826 mit der Übergabe des Turms an die hansestadt endete. (mehr …)

Zu viel zu tun für die AStAnauten

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) arbeitet seit sechs Monaten in seiner jetzigen Konstellation. Die einzelnen Referenten beziehungsweise „AStAnauten“ gehen dabei unterschiedlich an ihre Aufgaben heran.

Wir reißen uns hier den Arsch auf!“ Sichtlich aufgebracht fährt die Referentin für Gleichstellung Lisa Brokmüller Erik von Malottki an. Grund hierfür war Eriks Vorschlag auf der AStA-Sitzung am 24. Oktober, die Vollversammlung (VV) auf den 17. November zu legen. Dem Großteil der AStA-Referenten ist das jedoch zu kurzfristig, andere Projekte würden darunter leiden.

Der AStA berät in erster Linie die Studenten, hilft beim Zusammenstellen des Stundenplans oder der Wohnungssuche. Jeder Referent ist verpflichtet, eine Bürozeit zu abzuleisten und an der wöchentlichen Sitzung teilzunehmen. Der Ausschuss vertritt die Interessen der Studierendenschaft sowohl der Universität als auch den Bildungsministerien von Bund und Mecklenburg-Vorpommern gegenüber. So erarbeitete der AStA während der vorlesungsfreien Zeit einen Forderungskatalog an den neuen Bildungsminister, um dessen Arbeit von Anfang an mitzugestalten.

Reaktionen riefen die Veranstaltungen unter dem Namen „Grillen an Ruinen“ hervor (moritz Magazin 92). Bei diesem Protest standen Studenten mit Bier und Würstchen an mehreren Universitätsgebäuden, um auf deren maroden Zustand aufmerksam und öffentlich Druck zu machen. Sowohl das Geschichts- als auch das Anglistikinstitut werden zwar Sanierungsmaßnahmen erfahren, doch die politisch motivierte Veranstaltung hat dadurch einen Volksfestcharakter erhalten. (mehr …)

TITEL » Es ist eine regelrecht verzwickte Situation « – Dr. Cornelia Wolf-Körnert im Interview

Viele Probleme begleiten den Bau und die Einrichtung der neuen Mensa. Für Studenten besonders schwerwiegend ist die zum Teil unklare Finanzierung. moritz sprach mit der Geschäftsführerin des Studentenwerks, Dr. Cornelia Wolf-Körnert.

Dr. Cornelia Wolf-Körnert

Bis wann kann mit der Fertigstellung der neuen Mensa gerechnet werden?

Da bin ich wahrscheinlich die Ansprechpartnerin, die Ihnen relativ wenig darüber sagen kann. Wir sind nicht Bauherren, wir sind der spätere Betreiber. Der Bauherr ist das Klinikum, daher liegt dort die Antworthoheit auf diese Frage. Für das Studentenwerk ist Frühjahr 2012 der Fertigstellungstermin der Mensa.

Welche Innovationen sind für die neue Mensa geplant?

Wir planen die Ausweitung des Angebots, je nachdem was nachgefragt wird. Das ist aber relativ unabhängig von dem Neubau. Bio, vegetarisch, vegan sind Trends, die in unserem Angebot immer größere Berücksichtigung finden.

Welche Kosten fallen für den Bau an und wer sind die Investoren?

Es ist ein bundesweites Novum, auf welche Weise der Neubau der Mensa realisiert wird. Bis ungefähr 2007 haben sich Bund und Länder die Kosten geteilt. Nach dem Wegfall dieser Regelung mussten die Länder zum größten Teil selbst diese Investitionen tätigen. Die Baumaßnahmen des Landes müssen durch das Studentenwerk bei den Hochschulen angemeldet und in Zielvereinbarungen übernommen werden. Die Übernahme ist aber nicht erfolgt. Deswegen haben wir gemeinsam mit der Universität und dem Universitätsklinikum eine andere Lösung gesucht, bei der wir trotzdem Betreiber bleiben können. Nicht zuletzt wird dadurch die Mitsprache von Studierenden und Universität in den Gremien des Studentenwerkes gesichert. Schließlich haben wir uns mit dem Klinikum zusammen getan, welches nach einer Verbesserung der Patienten- und Mitarbeiterversorgung suchte. Es ist nun so, dass das Klinikum zunächst die Investitionskosten vollständig trägt. Das sind 17,3 Millionen Euro. Aus steuerrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen darf das Studentenwerk nicht selbst die Patientenversorgung übernehmen, daher gründen Studentenwerk und Klinikum eine gemeinsame GmbH. Diese ‚Küchen-GmbH’ kocht und das Studentenwerk betreibt weiterhin die Essensausgabe, den Speisesaal und die Kassen. Somit wird zum einen die Miete zur Refinanzierung der Investition von der ‚Küchen-GmbH’ geleistet und zum anderen durch das Studentenwerk. (mehr …)