An diesem Wochenende wurde bekannt, dass Ulrich Adam (CDU), Bundestags-Abgeordneter des Wahlkreises Greifswald-Demmin-Ostvorpommern, bei den diesjährigen Wahlen nicht erneut für ein Direktmandat kandidieren wird. Adam war seit 1990 ununterbrochen Mitglied des Deutschen Bundestags und war stets als direkt gewählter Kandidat des hiesigen Wahlkreises eingezogen.
Adam zieht damit Konsequenzen aus der Verwicklung in eine Spendenaffäre, die im vergangen Jahr bekannt geworden war. Adam musste zugeben, im größeren Stil Spendengelder von Wilhelm Schelsky, des inzwischen verurteilten Chefs der Gewerkschaft AUB, entgegengenommen zu haben. Die genannten Summen bewegten sich zwischen 110.000 und 200.000 Euro. Adam hatte die Wahlkampfspenden nicht offiziell ausgewiesen. Er betonte jedoch, die Spenden seien an ihn persönlich und nicht an die CDU geflossen, weshalb er sie auch nicht als Parteispenden habe deklarieren müssen.
Adam ließ der in der Tageszeitung „Nordkurier“ verlauten, die Spendenaffäre im letzten Jahr habe ihn „kalt erwischt“. Obwohl die Ermittlungen gegen ihn eingestellt worden waren und er eine Liste aller empfangenen Zahlungen von Schelsky an Bundestagspräsident Norbert Lammert gesendet hatte, hatte der innerparteiliche Druck auf ihn kaum abgenommen. In den letzten Wochen waren nach der Verurteilung Schelskys erneut Forderungen laut geworden, Adam solle sich über seine politische Zukunft äußern.
Erwartungsgemäß wurde der Rückzug Adams denn auch von CDU-Vertretern begrüßt. CDU-Landeschef Jürgen Seidel schreibt auf der Homepage des CDU-Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern:
„Angesichts der eingetretenen Entwicklung finde ich die Entscheidung Ulrich Adams richtig, nicht wieder anzutreten. Es ist realistisch. Jetzt gilt es, in die Zukunft zu blicken und am 10.Januar einen neuen guten und kompetenten CDU Kandidaten für den Bundestagswahkreis 16 zu nominieren.“
Ulrich Adam ist studierter Mathematiker und wird beim Auslaufen der Legislaturperiode 59 Jahre alt sein. Der Kandidat, der bei den diesjährigen Bundestagswahlen für die CDU im Wahlkreis antreten soll, wird voraussichtlich bereits am 10. Januar von den zuständigen CDU-Kreisverbänden bei einer Vollversammlung festgelegt. Auch auf dieser Ebene scheint die CDU nicht unglücklich über Adams Ausscheiden. Der Kreisvorsitzende der CDU Ostvorpommern, Jörg Hasselmann, sagte dem Nordkurier: „Bei aller Anerkennung für seine Arbeit in all den Jahren – es ist eine vernünftige Entscheidung.“
Weitere Informationen:
- Webmoritz-Archiv zum Stichwort „Ulrich Adam“
- Interview des moritz-Magazins mit Ulrich Adam (April 2008)
Bildquellen:
- Webmoritz-Archiv
Typisches Amigo-System der CDU. Und wenn das ganze zufällig (hier über die Schmiergeldaffaire bei Siemens) auffliegt, wird es erst einmal ausgesessen. Wenn das auch nichts mehr nutzt, werden einzelne Protagonisten fallengelassen – übrigens in ein sehr weiches Ruhekissen (in diesem Fall Altersbezüge des Bundestages für 18 Jahre Verweildauer im Bundestag). Wahrscheinlich wird sich aber auch anderweitig noch ein berufliches Unterkommen für Adam ergeben, schließlich wäscht ja eine Hand die andere.
Der Nepotismus der hiesigen CDU wird auch ohne Adam wie gewohnt weitergehen. Die anderen Parteien sollten vielleicht jetzt die Gelegenheit nutzen, bei der kommenden Kommunalwahl diesen CDU-Sumpf auch im Wahlkampf konkret zu benennen, und das auch mal mit den wirklichen Problemen der Greifswalder Bevölkerung koppeln. Denn in Greifswald sind mittlerweile knapp 15,3% aller Menschen offiziell arbeitslos gemeldet (1-Euro-JobberInnen und Menschen in sog. „Bildungsmaßnahmen“ sind darin noch nicht mal enthalten). [Stand April 2008] Etwa 48% der Erwerbslosen gelten als Langzeitarbeitslose, die auch keinerlei Aussicht haben, jemals wieder in Lohnarbeit zu kommen. Allein 40,4% aller Kinder Greifswald (das sind knapp 2.100) gelten als arm und wachsen mit ALG II auf.
Danke für den Hinweis auf die im Landesvergleich gute Arbeitslosenquote Greifswalds, insbesondere wenn man die vergleichbaren Städte Stralsund, Neubrandenburg und Wismar bedenkt. In Umlandvergleich (OVP, NVP, DM, RÜG, UER) steht Greifswald sogar noch besser da. Alles nichts, worauf es sich ausruhen ließe. Aber trotzdem bedenkenswert, bevor weiter unsachliches CDU-Bashing betrieben wird. 😉
http://www.insm-regionalranking.de/bw_Arbeitslosenquote.html
Das Bashing betreibt die CDU wohl eher selbst, schließlich wurde gerade Adam demontiert.
Interessant, daß Du gerade auf eine Analyse der INSM (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft), eine neoliberale Lobbyorganisation, die jahrelang vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanziert wurde. Ich verweise mal auf einen guten Beitrag aus dem „Freitag“ vom August 2005 zur INSM: http://www.freitag.de/2005/34/05340401.php
[sarkasmus an] Die 15% Arbeitslosen in der Hansestadt werden sich wahrscheinlich wie Bolle freuen, daß es andernorts noch viel düsterer ausschaut und sie nicht allein dieses Schicksal trifft. Macht dann die Schikanen von der ARGE auch gleich viel angenehmer. [sarkasmus aus]
Witzig is ja das im Umland wie ovp, dm, nvp, rüg, uer wo die Arbeitslosenquote ja wie du sagst noch höher ist als in Greifswald auch überall die CDU die Mehrheit in den Kreistagen hat.
Und auch ansonsten ist meiner Meinung nach eine Kritik an der Greifswalder CDU durchaus angebracht, und ich finde ret marut Kritik durchaus sachlich und würde es nicht als bashing betrachten.
„Adam zieht damit Konsequenzen aus der Verwicklung in eine Spendenaffäre, die im vergangen Jahr bekannt geworden war.“
<< Adam zieht _keine_ Konsequenz aus der Verwicklung in die Spendenaffäre. Diese Konsequenz hätte man vielleicht ein oder zwei Tage nach Bekanntwerden der Spendenaffäre im Spät-Sommer letzten Jahres ziehen können. << Adam zieht einzig die Konsequenz, dass auch seine Parteifreunde ihn fallen gelassen haben und ihn eiskalt abwählen würden. << Und die machen das auch nur, weil eine solche Affäre im Wahlkampf für die anderen Direktkandidaten gefundenes Fressen gewesen wäre... Vorsichtig mit solchen Formulierung. Denn die Motive von Adam kennen wir nicht.
Und woher kennt Herr Jabbusch die Motive der Parteifreunde von Herrn Adam? Vorsicht, Herr Jabbusch…
es heisst "besser spät als nie"… ob das wohl auch für das Ziehen einer Konsequenz gilt..? Oder ist die Konsequenz eine Inkonsequente wenn die zeitliche Abfolge nicht dem Sinn des S.J. entpricht..?