Wasserwerfer am Wegesrand – Antifa-Demo zieht durch Greifswald

Wasserwerfer am Wegesrand – Antifa-Demo zieht durch Greifswald

Ein Bericht von Simon Voigt und Felix Kremser

Unter dem Motto “Zieht euch warm an! Null Toleranz für Nazis – Fight back!” protestierten gestern, 10. Dezember, 860 Menschen gegen den zunehmenden Rechtsextremismus in Greifswald und Mecklenburg-Vorpommern. Zu der Demonstration hatten sowohl die antifaschistischen Bündnisse “Greifswald Nazifrei”, “Nazis wegbassen” und die Antifa-Gruppe “Defiant” als auch die Greifswalder Sektionen “H.I.G.H.” und “M.u.S.i.K.” der hedonistischen Internationalen aufgerufen. Unterstützung erhielt die Demonstration im Vorfeld ebenfalls vom Studierendenparlament und der Vollversammlung der Studierendenschaft der Universität Greifswald.  (mehr …)

Der Europäische Menschenrechtsschutz – Vortrag am Montag

Am Montag, dem 7. Juni hält der ehmalige Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), Professor Georg Ress einen Vortrag zum Thema “Der Europäische Menschenrechtsschutz zwischen Erfolg und Illusion”. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr im Hörsaal 3 des Audimax. Veranstalter ist die Katholische Studentenverbindung Alemannia.

Professor Georg Ress

“Der europäische Menschenrechtsschutz ist ein Opfer seines Erfolges geworden”, sagt  Ress, “denn der Europäische Gerichtshof in Straßburg ist nicht mehr in der Lage, die Zahl der eingehenden und anhängigen Beschwerden zeitgerecht zu erledigen.” Beim EGMR, dessen 47 Richter von den Mitgliedsstaaten des Europarates entsandt werden, sind derzeit mehr als 120.000 Verfahren anhängig.

Der Vortrag soll erörten, was die Europäische Menschenrechtskonvention umfasst und was sie für den einzelnen bedeutet. Darüber hinaus wird sich Ress auch mit der Frage beschäftigen, inwieweit das 14. Zusatzprotokoll Konvention, das vergangene Woche in Kraft trat, die Probleme des EGMR lösen kann. “Illusorisch wäre es, Einzelfallgerechtigkeit anzustreben. Der Gerichtshof setzt Standards für die Entwicklung und Angleichung der nationalen Rechtsordnung und zur Behebung gravierender Ungerechtigkeiten.”, erklärt der Referent angesichts der derzeitigen Situation in Straßburg..

Professor Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Georg Ress (Jahrgang 1935) studierte Rechts- und Staatswissenschaft sowie Volkswirtschaftslehre in Berlin, Grenoble und Wien. Nach seiner Habilitation 1976 wurde er ein Jahr später Direktor des Europainstituts der Universität Saarbrücken und etablierte dort den Aufbaustudiengang “Europäische Integration”. Ab 1980 war er parallel Mitglied des völkerrechtswissenchaftlichen Beirats des Auswärtigen Amtes, ab 1994 auch Mitglied der Europäischen Komission für Menschenrechte. 1998 wurde er vom Europarat als Richter am EGMR gewählt, wo er bis 2004 tätig war. Seit 2006 hat er die Stiftungsprofessur “International Law” an der Jacobs-Universität in Bremen inne. Für sein Engagement um die Menschenrechte in Europa wurde Ress unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Bilder:

  • Stacheldraht: Friedrich GErlinger via jugendfotos.de
  • Ress: idw (keine CC-Lizenz)

Folter als Mittel zur Weltmacht – Eine Betrachtung zur Lesung von Alexander Bahar

“Folter sollte verboten bleiben weil…!” Wer sich auf diese Frage eine Antwort erhoffte, wurde in der Veranstaltung mit Alexander Bahar zum Thema Folter am vergangenen Mittwoch enttäuscht.  Vielmehr erläuterte der 49 Jährige Publizist aus Schwäbisch Hall die Entwicklung von Folter in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis in unsere Tage.  Er leistete damit einen Beitrag im Rahmen der Greifswalder Entwicklungpolitischen Tage zum diesjährigen Thema „MenschenRecht haben“ geleistet.

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Bei der Lesung mit Alexander Bahar blieben einige Aspekte offen.

Bei der Lesung aus seinem Buch „Folter im 21. Jahrhundert – Auf dem Weg in ein neues Mittelalter“ legte der Autor daher seine Gedanken zur Rolle der Folter in heutiger Zeit dar. Anhand vieler Beispiele in Folge der Geschehnisse am 11. September 2001 unterstrich er, dass auch in unseren Tagen der Schutz der Menschenwürde und das Recht auf körperliche Unversehrtheit zur „Verteidigung“ unserer technischen Zivilisation immer wieder verletzt werden. Die Folterungen in Guantanamo Bay und Abu Grahib sind sicherlich auch eindrucksvolle Belege für diese Aussage.

Wer nun aber erwartete, im Anschluss daran erläutert zu erhalten, weshalb dies ein Frevel gegen die Menschlichkeit sei, wurde enttäuscht. Alexander Bahar unterstrich in seinem Vortrag stattdessen die These, dass von den Folterungen nur deshalb so viel in der Öffentlichkeit bekannt sei, um die Völker der ersten Welt immer in einer latenten Angst zu halten: vor der terroristischen Bedrohung einerseits und der Staatlichen Willkür im Falle eines Angriffes gegen die Staatsmacht andererseits. Allein durch diese Angst sei es den Nationen möglich die Machtinstrumente zu entwickeln und zu schärfen, die benötigt werden, um bei weiterem Öffnen der Schere zwischen Arm und Reich, weiterhin die Kontrolle innerhalb der Länder zu behalten: Eine neue Version von Orwells “1984”. Dazu würden unter den verschiedensten Gründen -als Stichwort sollten hier Begriffe wie Antiterrordatei, der große Lauschangriff, oder Internetzensur aufgrund pädophiler Videos genügen- die Rechte der Menschen beschnitten, verängstigende Nachrichten lanciert und die Duldung der vorgenommenen Maßnahmen erkämpft.

Der Gewissenskonflikt beim Foltern

Die Frage nach dem Warum eines  Folterverbotes im Sinne der Menschenrechte, unter deren Motto die entwicklungspolitischen Tage stehen, blieb leider unbeantwortet. Im Zusammenhang, wie ihn Alexander Bahar in seinen Ausführungen erläuterte, ist Folter eigentlich nur als Mittel zur Stabilisierung und Erweiterung der Macht der Industrienationen zu verurteilen. Die konsequente Ablehnung von Folter schien sich für ihn demnach im besten Fall von selbst zu verstehen.

Nun mag zwar die Brisanz für die Menschenrechte auch ohne den expliziten Hinweis seitens des Autors auf die Unmenschlichkeit von Folter durchaus evident zu sein. Fraglich ist aber ob ein Blick, der sich im Wesentlichen auf die Folgen der Duldung von Folter reduziert nicht unangemessen kurz ist. Schließlich existieren Fälle in denen Folter zumindest nicht völlig unangemessen erscheinen könnte.

Immerhin sind vielen noch die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Bankierssohn Jacob von Metzler durchaus präsent. Damals hatte der damalige stellvertretende Polizeipräsident von Frankfurt, Wolfgang Daschner, dem mutmaßlichen Täter Magnus Gäfgen durch Androhung von Folter das Versteck des Jungen abgenötigt. Zwar war der Junge zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, doch immerhin bestand aus Sicht der Polizisten zu dieser Zeit noch die realistische Chance den Jungen lebend aus seinem Gefängnis befreien zu können. Kaum einer wird sich eines gewissen Verständnisses für die Entscheidungen Daschners entziehen können. Somit bleibt auch nach dem Vortrag die Frage bestehen: Sollte bzw. muss Folter auch weiterhin verboten bleiben. Und wenn ja aus welchem Grund.

Es wäre schön gewesen hätte Alexander Bahar an dieser Stelle seine Gedanken noch weiter ausgeführt. Somit bleibt das Gefühl zurück eine der entscheidenden Fragen im Zusammenhang mit der Recht- oder Unrechtmäßigkeit der Folter nicht gebührend diskutiert zu haben.

Bilder:

Bild Startseite – takomabibelot via flickr

Foto Alexander Bahar – privat

Menschenrechte – Artikel 19: Twittern für die Freiheit

Artikel 19: Recht auf Meinungsfreiheit

“Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.”

Heute erscheint der siebter Artikel in unserer Serie über Menschenrechte aus Anlass der Entwicklungspolitischen Tage. In dieser Woche stellen wir täglich ein anderes Menschenrecht vor. Die Texte wurden uns von den Organisatoren zur Verfügung gestellt. Auch in der nächsten Woche wird die Serie fortgesetzt, dann allerdings nicht mehr täglich.

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In Teheran gingen dieses Jahr tausende Menschen auf die Straße

Eines der elementarsten Menschenrechte ist die in Artikel 19 der Menschenrechtserklärung festgeschriebene Meinungsfreiheit. Sie gilt auch gerade für politische Äußerungen. Wie es in einigen Teilen der Welt um das Menschenrecht der Meinungsfreiheit steht, haben uns die Ereignisse im Juni dieses Jahres im Iran eindrucksvoll vor Augen geführt.

Die uns erreichenden Berichte und Videos über die anfangs friedlichen Demonstrationen nach der Präsidentschaftswahl, die in der Folge brutal niedergeschlagen wurden, zeigten uns, dass die Meinungsfreiheit und insbesondere die politische Meinungsäußerungsfreiheit nicht selbstverständlich ist. Obwohl das Rechtssystem des Irans auf der Scharia basiert, ist eben auch die Meinungsfreiheit in Artikel 23 der iranischen Verfassung verankert. Demnach ist es verboten, Überzeugungen anzugreifen oder gar zu bestrafen. Selbst die Demonstrationsfreiheit, sofern friedlich und ohne Waffen, ist hier in Artikel 27 garantiert – theoretische Grundlage, die nicht für die Demonstranten gilt. (mehr …)

Menschenrechte – Artikel 1: Der 2. Weltkrieg, und dann…

10. Dezember 1948: die Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“.

Artikel 1: Freiheit und Gleichheit

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

Heute erscheint der sechste Artikel in unserer Serie über Menschenrechte aus Anlass der Entwicklungspolitischen Tage. In dieser Woche stellen wir täglich ein anderes Menschenrecht vor. Die Texte wurden uns von den Organisatoren zur Verfügung gestellt.

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Kartenmotiv von Amnesty International

22. Juni 2002: das Dorf Meerwala in Pakistan. Die 30-jährige Mukhtaran Mai wird von einem islamischen Stammesgericht zu 4-facher Vergewaltigung „verurteilt“; Grund der Anklage: ihr jüngerer Bruder soll angeblich eine Frau des mächtigen Mastoj-Stammes beleidigt haben. Das Stammesgericht besteht traditionell nur aus Männern, Frauen haben keinerlei Zutritt, bestenfalls jedoch um zum Tode durch Steinigung verurteilt zu werden, zur Amputation von Gliedmaßen oder wie im Falle von Mukhtaran zur Vergewaltigung. Die Vergewaltigung findet öffentlich im Gemeindesaal von Meerwala statt. Die Polizei schaut weg anstatt einzuschreiten, wie es eigentlich ihre Pflicht wäre, auch in einem von der Schariah (der islamischen Rechtsprechung) geprägten Land wie Pakistan. Jetzt müsste sich Muktharan selber umbringen, so verlangt es der Ehrenkodex der dörflichen Gemeinschaft, denn schließlich hat sie Schande über die Gemeinschaft gebracht. Und sollte einer der Vergewaltiger verheiratet sein, so gilt sie schließlich sogar als Ehebrecherin, ein Verbrechen, auf das automatisch die Todesstrafe steht. (mehr …)