Vollversammlung- so spannend, dass viele erst gar nicht kamen

Die Vollversammlung war nur mäßig besucht.

Am Mittwoch dem 23. Juni fand die Sommervollversammlung (VV) der Studierendenschaft der Universität Greifswald statt. Was für alle Anwesenden schon längst augenscheinlich war, bestätigten die Zahlen: Die Hallen am Bahnhof waren mit gerade mal 160 Teilnehmern nur eher mäßig gefüllt, die VV damit nicht beschlussfähig. Fünf Prozent der Studenten, also gut 600 Personen, wären dafür nötig gewesen.

Die Lehrerbildung war an diesem Nachmittag das am meisten diskutierte Thema. Der AStA beantragte, dass die Studierendenschaft zur Greifswalder Lehramtsausbildung bekennt. Dazu war am Montag bereits ein Positiosnpapier vorgestellt worden.

In der Diskussion um diesen Antrag wurde unter anderem gefragt, warum man bei diesem Papier auf die Zusammenarbeit mit Rostock verzichtet habe. Dem sei, so Daniela Gleich, kommissarische AStA- Vorsitzende nicht so gewesen. Man habe angefragt. Seitens der Universität Rostock sei jedoch kein Interesse vorhanden gewesen, die Greifswalder Studierenden in ihrem Kampf gegen die Schließung der Lehramtsausbildung zu unterstützen.

“Drescht auf Tesch ein”

„Drescht auf Tesch ein“ forderte Stephan Schumann von den Jusos, bezog dies allerdings auf einen verbalen Druck. In diesem Rahmen appellierte Paula Zill, AStA-Referentin für Studium und Lehre, an die Studierendenschaft, sich unbedingt an den Protesten um den Erhalt der Lehramtsausbildung zu beteiligen. Nach einer längeren Debatte folgte schließlich die Abstimmung. Die Mehrheit der Studierenden stimmte für den Antrag.

Professor Walter erhielt den Preis für hervorragende Lehre an der Universität Greifswald.

Des Weiteren wurde an diesem Abend der Preis für hervorragende Lehre des Allgemeinen Studierendenausschusses erstmalig vergeben. Preisträger ist der Slawistik-Professor Professor Harry Walter. Prorektor Professor Michael Herbst hielt zuvor eine Laudatio für den Preisträger.  Begründet wurde die Preisvergabe unter anderem damit, dass es bei den Lehrveranstaltungen von Walter zu einer besonders engen Verzahnung zwischen Studium, Forschung und Lehre käme. Das Preisgeld, welches der Professor neben einer Urkunde und einem Blumenstrauß erhielt, wolle er im Sinne der Studierenden und für eine zusätzliche Exkursion nutzen.

BWL-Diplom soll bleiben

Nach dieser Ehrungszeremonie wurde wieder relativ lange über den Erhalt des BWL-Diploms debattiert. Professor Roland Rollberg, vom Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre hielt eine Plädoyer für den Erhalt des Diplomstudienganges  in Greifswald. „Warum lautet der Antrag nicht: Ablehnung des Bologna-Prozess insgesamt?!“ wirft der Student Eric in die Diskussion mit ein. Nach einer guten halben Stunde wurde über den Antrag, den letzten noch vorhandenen Diplom-BWL-Studiengang zu erhalten, abgestimmt. Eine große Mehrheit sprach sich für deren Erhalt aus.

Die Novellierung des Landeshochschulgesetzes (LHG) stand ebenso auf der Agenda und sorgte für einigen Diskussionsstoff. Die Antragsteller kritisierten, dass im Gesetz kein Freiversuch bei den Prüfungen und keine Vollversammlungspflicht enthalten sind. Diese, so die deutliche Mehrheit der Vollversammlung, sollen noch eingefügt werden..

Professor Rollberg verteidigt das BWL-Diplom an der Universität Greifswald

Lange wurde auch über die Verbesserung der Radwegsituation diskutiert. Dies schloss eine Fürsprache der Studierendenschaft für die Diagonalquerung an der Europakreuzung mit ein. Die Studierendenschaft stimmte für den Ausbau der Radwege in Greifswald.

Neben diesen Anträgen fordert die Studierendenschaft eine Verbesserung der Wohnraumsituation in der Stadt und des Essensangebots in der Mensa, welches unter anderem auch die Speiseinteressen der Veganer berücksichtigen soll.

Nicht angenommen wurde ein Antrag, zur Ausstattung der Innenstadt mit Uni-WLAN. “Die Vollversammlung bittet die Universität Greifswald, an den am meisten frequentierten Plätzen in der Innenstadt Uni-WLAN bereitzustellen” – so der Wortlaut des Antrages. Der Antrag stieß bei vielen Studierenden auf Unverständnis. Dies sei nicht Aufgabe der Universität und in Zeiten knapper Kassen eine unnötige Ausgabe, erklärten mehrere Anwesende. Am Ende stimmten 36 dagegen und 21 dafür – zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Teilnehmerzahl offenbar bereits mehr als halbiert.

Senkung des Semesterbeitrages auf sieben Euro: “Absoluter Schwachsinn!”

Der frühere AStA-Finanzreferent Eric Kibler wünschte sich in einem Antrag, dass sich die Studierendenschaft dafür ausspreche, den Semesterbeitrag auf sieben Euro zu senken. Erik von Malottki (Jusos) hielt diesen Antrag für “absoluten Schwachsinn”. Ein Votum für diesen Antrag würde in letzter Konsequenz zu einer Schwächung der Studierendenschaft und der studentischen Kultur führen. Die studentische Kultur wird zum größten Teil aus den Einnahmen durch die Semesterbeiträge finanziert.

Begründet wurde der Antrag damit, dass die vorhandenen finanziellen Überschüsse der Studierendenschaft abgebaut werden sollten. Neben Erik von Malottki hielten noch viele andere Studierende, darunter Corinna Kreutzmann, derzeit Finanzreferentin im AStA, Reden gegen diesen Antrag, der schlussendlich abgelehnt wurde.

Studierendenschaft soll Mittel der Studierenden abrufen

Public Viewing gab es in den Hallen am Bahnhof nicht. Immerhin war für das leibliche Wohl gesorgt

Thomas Schattschneider stellte schlussendlich einen Alternativantrag vor. “Die Vollversammlung fordert alle Studierenden der Universität Greifswald auf, die bereitgestellten finanziellen Mittel für kulturelle, soziale oder politische Projekte aktiv abzurufen.” Dieser Antrag wurde dann auch von den noch übrig gebliebenen Anwesenden angenommen.

Ein Antrag von Benjamin Dahlke, die Studierendenschaft möge fordern, dass alle bereits umgestellten BA/ MA-Studiengänge wieder in Diplom/ Magisterstudiengänge umgewandelt werden, fand ebenso keine Mehrheit unter den Anwesenden.

Der Antrag zur Abänderung der Fristenregelung für die Abmeldung von schriftlichen Prüfungen wurde von der Studierendenschaft unterstützt. Studenten sollen sich, so der Wille der VV, künftig bis zu sieben Werktage vor dem Prüfungstermin von der Prüfung wieder abmelden können.

Zudem gab es noch einen Informations-TOP, in dem sich der AStA und die Moritz-Medien vorstellten. Zuletzt waren unter den etwa 50 verbliebenen Anwesenden hauptsächlich die “üblichen Verdächtigen” in den Hallen am Bahnhof. Nach vier Stunden war schließlich Schicht im Schacht. Die – wieder einmal nicht beschlussfähige Vollversammlung – war beendet. Das im Anschluss geplante Public Viewing musste aufgrund technischer Probleme ausfallen.

Korrekturhinweis: Die im Text angegebene Zahl von 160 Teilnehmern bezieht sich auf den Beginn der Vollversammlung. Diese erhöhte sich noch leicht auf 200.

Fotos:

Carsten Schönebeck

Positionspapier kritisiert Bildungsministerium

Kundgebung für das Lehramts-Studium in Greifswald Anfang Juni 2010

Mehrere Vertreter der Studierendenschaft haben ein Positionspapier zur Lehramtsausbildung ausgearbeitet, das heute Mittag der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Das Studierendenparlament hat das Papier in seiner Sitzung am 16. Juni verabschiedet.

In dem 35-seitigen Dokument setzen sich die Autoren mit der Zukunft der Lehramtsausbildung in M-V auseinander. Die Studierenden haben dabei die bestehenden Verhältnisse in Greifswald und Rostock verglichen und werfen einen äußerst kritischen Blick auf die Planungen des Ministeriums und die ihnen zu Grunde liegenden Studien und Berechnungen. Dabei machen sie eine Reihe von Fehlschlüssen und methodischen Problemen aus.

Vor Veröffentlichung: Maulkorb für studentische Medien

Das Studierendenparlament hatte in seiner Sitzung am vergangenen Mittwoch versucht, die Verabschiedung des Positionspapiers hinter verschlossenen Türen stattfinden zu lassen. Die Öffentlichkeit war dazu mit großer Mehrheit ausgeschlossen worden. Als Begründung dieses Schrittes wurde angeführt, man wolle eine Berichterstattung der Medien über das Papier bis zu dessen offizieller Vorstellung verhindern. Trotz mehrfachen Protests seitens des webMoritz waren keine triftigen Gründe für dieses Ansinnen genannt worden.

Zudem war das Positionspapier unter den Gästen im Saal herumgereicht worden – auch noch nach dem nicht-öffentlichen Sitzungsteil. So dürfte auch zu erklären sein, warum es dem ein oder anderen inzwischen doch vorliegt. Wie Carsten Schönebeck heute in der Ostsee-Zeitung berichtet, stellt sich die Greifswalder Studierendenschaft mit dem Positionspapier erstmals gegen die Kommilitonen in Rostock. In dem Papier heißt es etwa:

“In den Eckwerten des MBWK (Anm: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur) wird in einer knappen Passage auf die Lehrerbildung des Landes eingegangen, wobei die Leistungen der Rostocker Universität zu Unrecht positiv hervorgehoben werden. Die Leistungen der Universität Greifswald werden hingegen negativer dargestellt als sie sind.”

Prognose: Alle Lehrer arbeiten Vollzeit, keiner geht in Frührente

Insgesamt sei die vergleichende Darstellung der beiden Landesuniversitäten, die Rostock bessere Leistungen bescheinigt, “mangelhaft” und “interessengeleitet”. Mithilfe zahlreicher Statistiken und Untersuchungen wollen die Autoren diese Thesen nachweisen. So führen sie etwa auf, dass die Staatsexamens-Noten in Greifswald seit Jahren gleich gut ode besser sind wie die in Rostock. Zudem halten die Autoren den vom Land prognostizierten Lehrermangel in den kommenden zehn Jahren für stark untertrieben, denn die Berechnungen seien durch die Wahl der Parameter geschönt. So gehe das Bildungsministerium in seiner Bedarfsstudie unter anderem davon aus, dass alle Lehrer im Land Vollzeit arbeiten und kein einziger von ihnen in Frührente geht.

Insgesamt bemühen sich die Studierenden in dem Dokument um einen wissenschaftlichen und sachlichen Ton. So will man offenbar erreichen, dass das Papier im Ministerium und in der Landespolitik intensiver wahrgenommen wird als gewisse andere Protestformen. Das Papier enthält über 70 Fußnoten, zahlreiche Tabellen und Diagramme und ein einseitiges Abkürzungsverzeichnis. Zu den Mitarbeitern gehören unter anderem Daniela Gleich (komm. AStA-Vorsitzende), Franz Küntzel und Björn Reichel (HoPo-Referenten), Erik von Malottki (StuPist, Jusos) sowie die StuPa-Urgesteine Thomas Schattschneider (ohne Hochschulgruppe) und Alexander Schulz-Klingauf (GHG).

Eine ausführliche Vorstellung des Positionspapiers ist für heute Mittag, 14 Uhr angesetzt – der webMoritz wird darüber selbstverständlich berichten. Reaktionen aus der Politik oder vonseiten des Bildungsministeriums gibt es noch nicht.

Foto: webMoritz-Archiv/Carsten Schönebeck

Kontroverse um Latinum am Historischen Institut

An Latein verzweifeln viele Studenten

An Latein verzweifeln viele Studenten

In Mecklenburg-Vorpommern besteht auf Grund des Landeshochschulgesetzes eine La­ti­nums­pflicht für Geschichtslehrer, ganz gleich, ob sie an Gymnasien oder Haupt- und Realschulen un­terrichten.

Wer also Geschichte auf Lehramt studiert, benötigt das Latinum für sein erstes Staatsexamen und muss das, solange es nicht bereits zu Schulzeiten abgelegt wurde, an der ­U­ni nachholen. In Greifs­wald werden dazu zwei verschiedene Kurse angeboten. Beim ersten wer­den die Lateinkenntnisse über vier Semester mit je vier SWS vermittelt. Der Intensivkurs hin­gegen dauert nur zwei Semester. Seine Arbeitsbelastung ist aber auch mit acht SWS ent­sprechend hoch.

Viele Studenten zögern die Lateinkurse bis zum letzten- scheinfreien- Se­mes­ter hinaus. Nur wenige schaffen ihr Studium dann in der Regelstudienzeit. Dazu hängt über vie­len noch wie ein Damoklesschwert die gravierende Regelung, dass, wer dreimal durch die La­ti­numsprüfung rattert, für immer für das Lehramt Geschichte in Deutschland gesperrt ist.

FSR fordert Abschaffung der Latinumspflicht

Dem Fachschaftsrat Geschichte ist diese Problematik wohl bekannt. Immer wieder wenden sich verzweifelte Studenten an den ihn, um Hilfe in dieser Situation zu finden. Immer wieder wird über den enorm hohen Arbeitsaufwand geklagt. Viele Betroffene fordern die Ab­schaf­fung der Latinumspflicht, da sie sie für unsinnig halten.

Besonders wird jedoch der fehlende Praxisbezug kritisiert: Im Schulunterricht werden kaum Quellen analysiert. Schon gar nicht sei damit zu rechnen, dass jeder Schüler Latein könne. An vielen Schulen besteht noch nicht einmal die Möglichkeit, Latein als zweite Fremdsprache zu wählen.

Wolfram Löbsack, FSR-Vorsitzender

Wolfram Löbsack, Vorsitzender des FSR Geschichte, merkt an, dass das Latinum auch in keiner Weise für das Studium erforderlich ist. „In den Seminaren wird lediglich mit über­setz­ten Quellen gearbeitet, jedoch nie mit Originaltexten. Es ist durchaus möglich, das Studium ohne Lateinkenntnisse quasi zum Abschluss zu bringen.“

Zudem steht der Arbeitsaufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. „Es entfallen nicht nur mehr SWS auf Latein als auf Lehrveranstaltungen für Didaktik und Pädagogik.“ so Löbsack. „Was die Studenten für die La­tein­kurse zu Hause vorbereiten müssen, ist enorm: Formen lernen, Grammatik pauken, ganze Tex­te übersetzen.“

Insgesamt sei der Schwierigkeitsgrad der Kurse, aber auch der Prüfung zu hoch. Dies äußere sich in einer hohen Durchfallquote. Deren genauer Wert wird zwar nicht veröffentlicht, beim FSR sieht man in dieser Praxis aber den Beweis für eine hohe Quote.

Dr. Lars Deile vom Arbeitsbereich Fachdidaktik der Geschichte bringt die Meinung vieler Studenten auf den Punkt: „Das Latinum ist sinnvoll, aber in den Anforderungen nicht zu recht­fertigen. Wenn das Kultusministerium die Studienzeiten schon verkürzen will, dann sollte man beim Latinum anfangen.“

Beim Fachschaftsrat sieht man das ähnlich. Wolfram Löbsack und seine Mitstreiter setzen sich für die Abschaffung der Latinumspflicht in Meck­lenburg- Vorpommern ein. „Im Interesse der Studenten und Schüler sollten die Lehr­amts­stu­den­ten lieber auf ihre künftige Rolle als Lehrer umfassender vorbereitet werden, statt so viel Energie in Latinum zu investieren, das lediglich als Prestigequalifikation gilt.“, so Wolfram Löbsack.

Als Alternativen schlägt er mehr Didaktikstunden oder schulpraktische Übungen vor, hält aber auch das Ausweichen auf Sitzscheine oder Übungen in Alter Geschichte für sinnvoll. „Man könnte auch statt Latein eine moderne Fremdsprache erlernen, was angesichts des Migrations- und Integrationsaspekts von Schule sicher vernünftig erscheint.“, so Löbsack weiter. Um für Beistand zu werben, schrieb der Fachschaftsrat Briefe an die Bil­dungs­be­auf­trag­ten der demokratischen Parteien im Landtag. Bisher erfuhr man jedoch nur wenig Unter­stüt­zung.

Bis es zu einer Verbesserung der Situation kommt, rät der Fachschaftsrat, wenn möglich, die benötigten Lateinkenntnisse nicht an der Universität Greifswald zu erwerben. Stattdessen empfiehlt der FSR auf Lateincrashkurse auszuweichen, wie sie etwa die Hamburger Aka­de­mie Bonae Artes anbietet. So könne man viel Zeit sparen, die sonst für die Lateinkurse an der Uni geopfert werden müsste.

Billig sind solche Intensivkurse jedoch nicht. Bonae Artes etwa verlangt für einen fünf- bis sechswöchigen Kurs 525 Euro. Eine Unterkunft ist nicht inbegrif­fen, auch muss die eigentliche Latinumsprüfung noch an einer Schulbehörde oder be­rech­tig­ten Universität abgelegt werden.

Latinumsbefürworter stellen ihre Sicht dar

Der Lateindozent Jens Metz äußert Verständnis für die Studierenden. Er sei sich bewusst, dass die Latinumskurse eine große Belastung darstellen. Dennoch teile er nicht die Argumentation der Studierenden. „Die meisten dieser Argumente sind einer inneren Abneigung der Studenten gegen die lateinische Sprache entsprungen. Diese erkläre ich mir durch den Lernaufwand und die Prüfungsangst.“, so Metz.

„Die Durchfallquote veröffentliche ich aus zwei Gründen nicht. Erstens, um die Diskussion nicht weiter anzuheizen. Zweitens bin ich mir bewusst, dass in­folge der Tatsache, dass viele Studenten das Latinum bis kurz vor dem Staatsexamen auf­schie­­ben, die Latinumsprüfung zu einer Art ‚Zulassungsklausur‘ für das Staatsexamen hoch­sti­­lisiert wird, und drittens werden bzw. wurden in Greifswald von Prüfungen dieser Relevanz nie Durchfallquoten he­raus­ge­ge­ben.“

Die meisten Dozenten am Historischen Institut stehen hinter dem Latinum

Für das Nichtbestehen einiger Studenten macht er ein fehlendes Grundverständnis von gram­matischen Strukturen und die Abwesenheit der Studenten von den Kursen verantwortlich. Wer alleine versuche, die komplexen Strukturen der lateinischen Sprache zu begreifen, mache es sich noch einmal enorm schwer.

Den Latinumstourismus, die Latinumsprüfung etwa an einer Schule oder in einem anderen Bundesland abzulegen, hält er für problematisch. An der Uni­ver­sität Greifswald kenne man die Prüfer und wisse auch als Student, welche Lektüre einen er­wartet. Lege man das Latinum etwa an einer Schule ab, könne man mit Dichtung oder an­de­ren, schwierigeren Texten konfrontiert werden, die an der Uni nicht behandelt und deshalb auch nicht abgeprüft werden würden, so Metz.

Von Seiten der Studierenden wird aber vor allem damit argumentiert, die Lateinkenntnisse hät­ten weder im Studium selbst, noch im späteren Beruf einen Praxisbezug und kämen kaum zur Anwendung. Bestreiten will dies von Seiten der Latinumsbefürworter niemand.

Dr. Ber­nard van Wickevoort Crommelin vom Lehrbereich Alte Geschichte weist jedoch darauf hin, dass gerade ein Praxisbezug im Studium zwar wünschenswert, aber nicht machbar sei: „Da Bachelor-Studenten keine Lateinkenntnisse benötigen, kann in Seminaren nicht mit la­tei­ni­schen Originalquellen gearbeitet werden. Ansonsten müssten für Bachelor- und Lehr­amts­stu­denten zwei unterschiedliche Seminare angeboten werden. Das ist natürlich nicht möglich“, so van Wickevoort Crommelin.

Eine Abschaffung des Latinums halten sowohl Metz als auch van Wickevoort Crommelin für problematisch: „Die meisten Bundesländer verlangen das Latinum von ihren Lehrern. Ich kann es nicht verantworten, wenn ein Student aus Greifswald seinen Studienort nicht wech­seln könnte oder später keine Arbeit in einem anderen Bundesland aufnehmen darf, nur weil M-V das Latinum nicht von seinen Lehramtsstudenten verlangen sollte“, so van Wickevoort Crommelin. Metz gibt weiterhin zu bedenken, dass nicht jeder, der auf Lehramt studiert, auch Lehrer wird. „Ich selbst bin das beste Beispiel.“, so Metz. „Ohne Latinum wäre den Studenten dann aber auch der Weg in die Forschung versperrt.“

Dem Argument, Latein sei spätestens seit dem Mittelalter ein tote Sprache, widerspricht Metz. Latein sei mehr als 2000 Jahre die Weltsprache gewesen und bis ins 19. Jahrhundert die Wis­sen­schaftssprache – wie heute Englisch. „Wer also den Wert der historischen Weltsprache Latein untergräbt, untergräbt per se auch den Wert der aktuellen Weltsprache Englisch“, fügt Metz an.

Van Wickevoort Crommelin wirft einen weiteren Aspekt auf: Die Sicht des Wissenschaftlers. „Ich denke, die ganze Problematik wird viel zu formal gesehen. Die Diskussion darf in keinem Fall nur unter Gesichtspunkten der Verwertbarkeit des Latinums geführt werden, etwa im Unterricht. Es geht primär um die inhaltliche Dimension.“, gibt van Wickevoort Crommelin zu bedenken.

Insofern soll mit dem Lateinischen vor allem die Fähigkeit zur Interpretation und Deutung von Sprache vermittelt werden. „Es geht also um die dahinter stehende Deutung von Welt, im Sinne von Weltsicht, und um das Verstehen von Denkweisen.“

Kommission berät Lösungsvorschläge

Aber auch auf Seiten der Latinumsbefürworter will man die Probleme der Studenten nicht klein­reden. Es gibt verschiedene Vorschläge, die zurzeit unbefriedigende Praxis zu ändern. Jens Metz etwa schlägt die Einführung eines Propä­deu­tikums, also Vorstudiums vor, in dem die terminologisch-metasprachlichen Grundlagen für das Studium geschaffen werden sollen – auch das Latinum.

Weiterhin berät man, eine be­stimmte Semestergrenze einzuführen, bis zu der das Latinum spätestens abgelegt werden muss. Damit soll verhindert werden, dass Studenten ihr Staatsexamen praktisch in der Tasche haben, jedoch am Latinum auf den letzten Metern scheitern.

Im Laufe dieses Semesters noch will eine Kommission von Lehrenden über das weitere Vor­ge­hen beraten. Ihr werden neben Jens Metz auch Prof. Dr. Stamm- Kuhlmann, derzeit Direktor des In­sti­tuts, und Professor Dr. Spieß, Lehr­stuhlinhaber für Allgemeine Geschichte des Mittelalters, angehören.

Bildquellen:

Startseite: flickr (veröffentlicht unter der Creative Commons Lizenz, aufgenommen von -Marlith-)
Wolfram Löbsack: Homepage des FSR Geschichte, keine CC-Lizenz
Historisches Institut: Homepage des Historischen Instituts, keine CC-Lizenz

Demo zum Erhalt der Lehramtsausbildung

Am 02. Juni zogen ca. 500 Demonstranten durch Greifswald, um ihren Protest gegen den geplanten Abbau der Lehramtsausbildung kund zu tun. Sie machten mit großen Bannern und lauten Parolen auf sich aufmerksam. Bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung in Schwerin den Aufschrei wahrnimmt.

Hunderte protestieren gegen Lehramt-Schließung *Update*

Am Protestmarsch gegen die von der Landesregierung geplante Schließung der Lehramtsausbildung in Greifswald nehmen zur Stunde rund 400 Demonstranten teil. Paula Zill, AStA-Referentin für Studium und Lehre, eröffnete die Veranstaltung gegen 13:30 Uhr vor der Mensa am Schießwall. Sie forderte alle Greifswalder auf, sich gegen die Pläne der Landesregierung zu stellen. Die Schließung der Lehramtsausbildung würde auch den Tod der Philosophischen Fakultät mit ihren rund 4.000 Studenten bedeuten. Das sei für Universität und Stadt nicht hinnehmbar.

Anschließend zogen die Demonstranten Richtung Europakreuzung und von dort die Wolgaster Straße entlang, begleitet von mehreren Polizeiwagen. Die Straße wurde für den normalen Verkehr auf einer Seite gesperrt. Über den neuen Campus am Beitz-Platz soll es über die Anklamer Straße zum Markt gehen. Dort wird gegen 16 Uhr die Abschlusskundgebung stattfinden. Dort sollen Thomas Schattschneider, Sprecher der Landeskonferenz der Studierendenschaft und Professor Michael Herbst, Porrektor für Studium und Lehre sprechen.

Das trotz der organisatorischen Schwierigkeiten im Vorfeld immerhin knapp 400 Teilnehmer mobilisert werden konnten, darf man beim Allgemeinen Studierendenauschuss (AStA) durchaus als Erfolg werten. Schließlich hatte die intensive Werbephase erst am Montag begonnen. Bis zur Stunde hält sich die Anzahl nicht-studentischer Teilnehmer jedoch in Grenzen. Hauptorganisator und AStA-Referent Sandro Mundt hatte gehofft, über die politischen Hochschulgruppen auch städtische Vertreter und Bürgerschaftsmitglieder mobilisieren zu können.

Mehr Informationen im Laufe des Abends auf dem webMoritz.

Update 2. Juni – 17:58

Auf dem Greifswalder Marktplatz hatten sich gegen 16 Uhr knapp 500 Demonstranten zur Abschlusskundgebung zusammengefunden. Thomas Schattschneider erläuterte noch einmal aus seiner Sicht die aktuelle Misere der Bildungspolitik. Er rief die Teilnehmer auf, auch an der Demonstration am 7. Juli in Schwerin und der Vollversammlung am 23. Juni im Uni-Innenhof teilzunehmen. Deutliche Worte fand auch der ehemalige stellvertretende AStA-Vorsitzende Pedro Sithoe: “Schwerin will uns für dumm verkaufen, aber das lassen wir nicht mit uns machen.”

Herbst: “Bin froh dass meine Kinder aus der Schule sind”

Ein Medizinstudent, der zwischenzeitlich das Wort ergriff, bedankte sich bei den Studenten der Philosophischen Fakultät. Sie würden das kulturelle Leben der Stadt bereichern, wie keine andere Studentengruppe.

Auch Prorektor Herbst erntete für seinen abschließenden Redebeitrag viel Beifall. Neben der möglichen Schließung der Lehramtsausbildung sei, so Herbst, auch die Ausbildung junger Pädagogen in Gefahr. “Wenn  ich höre, dass Gymnasiallehrer künftig in Grundschulen ausgebildet werden, dann bin ich froh, dass meine eigenen Kinder schon aus der Schule sind.” Er rief die Teilnehmer auf, nach Rostock zu fahren und zu zeigen, dass dort gar nicht die Kapazitäten vorhanden sein um die komplette Lehramtsausbildung zu übernehmen.

AStA hatte auf mehr Teilnehmer gehofft

Franz Küntzel (RCDS), AStA-Referent für Hochschulpolitik, zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Veranstaltung. Auch wenn er einräumte, dass sich am Ende nicht so viele Studenten beteiligt hatten, wie man beim Organisationsteam gehofft hatte. “Zehn Prozent, also 1200 Teilnehmer wären schon schön gewesen.” Er hoffe, dass man für die Zukunft auch die Kommunal- und Landespolitiker aus Greifswald für das Thema gewinnen könne. Trotz der Unterstützung von Professor Herbst, äußerte er Kritik am Rektorat: “Ich wünsche mir von Rektor Westermann ein klares Bekentnis zum Lehramt. Das hat er bisher vermissen lassen.”

Auch der Juso-Vorsitzende Stephan Schumann sieht noch Möglichkeiten für einen enegeren Schulterschluss mit der Uni-Leitung. “Das gemeinsame Feindbild muss ausreichen, damit wir zusammenrücken.”

Update 3. Juni 11:10

Hier ist der Bericht von moritzTV zum Thema:

Kommentieren könnt ihr das Video hier.

Fotos: Carsten Schönebeck