Die Vollversammlung: Zwischen Menschenfischern und Populisten

Ein Kommentar von Carsten Schönebeck

Heureka! Es hat geklappt: Die Vollversammlung (VV) war – zumindest zeitweilig – beschlussfähig. Unabhängig davon, was man von einzelnen Beschlüssen oder Beiträgen hält, ist dies sicher ein Erfolg, für den die Organisatoren rund um den Allgemeinen Studierendenauschuss die ein oder andere Lorbeere verdient haben.

Dass dies der Aufbruch in ein neues demokratisches Selbstbewusstsein der Greifswalder Studenten ist, darf allerdings bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist doch, dass intensive Bewerbung der Veranstaltung durch den AStA, das Reizthema Arndt und sicher auch die Verlosung viele Studenten bewegt haben, in diesem Jahr ihrer Stimme Gehör zu verschaffen – oder zumindest physisch präsent zu sein. Ob Sie es auch im nächsten Semester wieder tun werden, ist derweil fraglich.

Im Rückblick auf den vergangenen Mittwoch jedoch, wird wieder einmal deutlich, woran die Vollversammlung wirklich krankt.

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Ironie oder Satire: StuPist Sebastian Jabbusch als Ernst Moritz Arndt

Dass ein (sicherlich wichtiger) Antrag zum Namensgeber der Universität die auffälligste Vorbereitung, die längste Debatte und das größte Echo nach sich zieht, zeigt, wie sehr die VV populistisch beeinflussbar ist. Gleichzeitig werden Themen wie die grotesk-katastrophale Wohnraumsituation in Greifswald oder die Einführung von Verwaltungsgebühren durchgewunken, als habe man in diesen Fragen längst resigniert und wolle lediglich in regelmäßigen Abständen guten Willen beweisen.

Der Arndt-Antrag selbst war mit einer politischen Naivität formuliert, bei der man nicht genauer darüber nachdenken möchte, dass er nicht nur vom Otto-Normal-Studenten sondern auch von einigen Mitgliedern des Studierendenparlaments gestellt wurde. „Die Studierendenschaft möchte sich distanzieren (…) Deshalb werden alle Organe der Studierendenschaft (AStA, StuPa, FSRe) aufgefordert, diesen Namen auf offiziellen Dokumenten nicht zu verwenden.“

Glücklicherweise wurde diese gedankliche Kurzarbeit noch auf der Vollversammlung korrigiert.

Löblich immerhin, dass dabei die gewählten Vertreter der Studenten sich eines Themas angenommen haben und viel Zeit in eine Kampagne gesteckt haben, um ihre Sache zu bewerben. (Auch wenn bei einigen der fade Nachgeschmack bleibt, dass es hier eben genau um ihre Sache ging.) Diesen Aufwand kann man offenbar nicht von allen Parlamentariern erwarten, die diese Verantwortung zu einem guten Teil auch noch von sich weisen. Die Vollversammlung sei eben das Plenum der Studierenden, die gewählten Vertreter seien nicht als primus inter pares dort, hört man von einem Großteil der StuPisten zu diesem Thema.

Doch erst, wenn man im StuPa erkennt, dass die VV nur dann leben wird, wenn eben Themen vorbereitet, durchdacht, formuliert und beworben werden, können wir auch in den kommenden Semestern auf beschlussfähige Versammlungen hoffen. Denn Fakt ist: Wer hochschulpolitisch interessiert ist, engagiert sich in StuPa, AStA, Fachschaftsräten oder ähnlichem – und schon dort hat man es schwer genug, alle Stellen zu besetzen. Wer nicht interessiert ist, den muss man dort abholen, wo er steht – und wenn das auch im Durcheinandertal zwischen Desinteresse und Resignation ist. Der ewige Fingerzeig einiger Gremienmitglieder auf die VV als Plattform für jeden Kommilitonen hilft da auch nicht weiter. Wer nie gelernt hat, eine Angel zu bauen, dem bringt es nichts, wenn er ständig auf das Meer verwiesen wird.

Als rein populistisch muss wohl der Antrag des RCDS gesehen werden, der die geplante Verlosung der 564 Euro verhindern wollte. Symbolisch mag man sich dafür aussprechen – und dass viele es nicht taten, zeigt nur, wohin die Verlosung uns geführt hat – inhaltlich aber verbarg sich dahinter bestenfalls Mumpitz. Wie will die Versammlung verbieten, dass drei Studenten eine Verlosung organisieren? Wie, dass der Rektor dafür 500 Euro gibt? Wie will sie erzwingen, dass dieses Geld, das für einen bestimmten Zweck gegeben wurde, nun für einen anderen verwendet wird? Allenfalls über die 64 Euro aus der AStA-Kasse kann man sich streiten. Und selbst dort: Ein Beschluss der VV kommt, so die Parlamentarier es wollen auf die Tagesordnung des StuPa und kann dort abgesegnet werden. Dann, wenn der glückliche Gewinner schon längst die ein oder andere Runde spendiert hat.

Von den Jusos dagegen kam erschreckenderweise nur ein einziger Änderungsantrag. Der forderte, dass man sich nicht nur gegen Studiengebühren sondern auch gegen Studienkonten ausspricht. Wo blieben die Anträge zur politischen Stärkung der Vollversammlung? Ein Thema, mit dem viele der Jungsozialisten intensiv für sich und ihre Arbeit in den Gremien geworben hatten.

Dass man den 10. Geburtstag des Bologna-Prozesses zwar thematisierte, aber nicht etwa inhaltlich – sondern mit Spaghetti für alle, soll an dieser Stelle unkommentiert für die Nachwelt erhalten bleiben.

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Souverän oder Stimmvieh: Studenten auf der Vollversammlung am 17. Juni

Ein fatales Signal für die verfasste Studierendenschaft muss aber auch der beschlossene Antrag von Arik Platzek sein: Künftig sollen StuPisten und AStA-Mitglieder verpflichtet sein, zur Vollversammlung zu kommen. Im Umkehrschluss bedeutet dies nämlich, dass gerade die AStA-Referenten künftig ihre Aufwandsentschädigung für die Anwesenheit auf der VV bekommen. Dagegen gehalten scheint die Verlosung unter allen Anwesenden eher unspektakulär.

So kam es wie es kommen musste: Am Ende kritisierten Anwesende, die Veranstaltung sei zu formal und langwierig gewesen. Man muss mit großer Demut und Menschenfreundlichkeit gesegnet sein um diese Kritiker noch demokratisch ernst zu nehmen. Die Formalia wurden so kurz wie möglich gehalten (sodass auf der anderen Seite schon Kritik aufkam, die Beschlussfähigkeit sei nicht genügend kontrolliert worden), die Versammlung fand unter freiem Himmel statt, Geldverlosung, Essen für alle und Bierverkauf. Soll es beim nächsten Mal noch ein Riesenrad und einen Auto-Scooter geben? Die Vollversammlung ist kein Jahrmarkt für Intellektuelle und solche, die es werden wollen. Das demokratische Tagesgeschäft ist langwierig und deshalb oft auch -weilig. Denn es geht gerade darum, alle Meinungen zu hören und tragfähige Kompromisse zu finden. Auch wenn „nur“ 10% der Studenten anwesend sind, dauert das eben eine Weile.

Fazit: Die VV war beschlussfähig, die angesetzten Hebel haben offenbar gewirkt und damit ist ein erster Schritt gegangen. Bis man es aber schafft, die Kommilitonen auch thematisch mit ins Boot zu nehmen und sie sie damit aus den Händen der Populisten befreit, die sie als Stimmvieh vor den eigenen Karren spannen wollen, muss noch einiges geschehen.

Bilder:

Luisa Wetzel

Jusos fordern: Künftig kostenlos studieren!

Mit zwei neuen Forderungen haben die Greifswalder Jusos vor einigen Wochen ihre Vorstellungen zur Kommunalwahl erweitert. Vor allem eine davon hat es in sich: In Zukunft soll die Stadt allen hier Studierenden, die ihren Erstwohnsitz in Greifswald anmelden, das Studium bezahlen. Außerdem wollen die Jusos, dass die Petershagenallee umgebaut wird.

Gebührenerstattung statt Begrüßungsgeld

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Die Stadt soll das Studium absolut gebührenfrei machen.

Dass die Jusos Studiengebühren ablehnen, ist nichts Neues. Nun aber ziehen sie auch gegen den Semesterbetrag zu Felde. Zur Erinnerung: Diese beträgt 40,50 Euro pro Semester (für Studentenwerk und Studierendenschaft), im ersten Semester kommen noch 10 Euro Einschreibegebühr hinzu. Die Idee der Jusos klingt simpel: Wer sich in Greifswald mit Erstwohnsitz meldet, was derzeit auf weniger als die Hälfte aller Studenten zutrifft, soll von der Stadt diese Gebühren erstattet bekommen. Konsequenz: Ein vollständig gebührenfreies Studium.

Die Jusos wollen mit diesem Konzept zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen wollen sie es für die Studenten attraktiver machen, ihren Erstwohnsitz nach Greifswald zu verlegen, was die meisten laut Gesetz sowieso müssten. Zum anderen wollen sie die Attraktivität von Stadt und Uni steigern, weil diese in Zukunft mit dem „gebührenfreien Studium“ werben können. (mehr …)

Umstrittener Bildungsstreik – auch Aktionen in Greifswald

Als Protest gegen die Bedingungen an Universitäten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen findet vom 15. bis 19. Juni 2009 ein bundesweiter Bildungsstreik statt. Die Greifswalder Studierendenschaft, bzw. ihre verfassten Gremien haben in der vergangenen Woche die aktive Beteiligung abgelehnt. Ein durchaus bemerkenswerter Schritt, schließlich beteiligen sich quer durch die Republik ASten, Schülervertretungen, Gewerkschaften und andere freie Zusammenschlüsse. Doch gerade Letztere scheinen das Problem für die Greifswalder Studierendenvertreter darzustellen.

Das Mobilisierungsvideo zum bundesweiten Bildungsstreik

Zur Sitzung des Studierendenparlaments (StuPa) am 26. Mai stellten David Noack, Diana Treiber (beide SDS), Anne Klatt (GHG), Sebastian Jabbusch und Erik von Malottki (Jusos) einen Antrag, der unter anderem die Organisation einer Demonstration durch den AStA und eine intensive Bewerbung der Veranstaltungen anlässlich der Streikwoche vorsah. (mehr …)

Sonntagmorgen: Wahlkampf-Brunch der Jusos

Wer am kommenden Sonntag, dem 21. 24. Mai, einigermaßen zeitig aus dem Bett kommt, kann im „Comix“ (Steinbeckerstr. 30) bei einem Brunch die Juso-Kandidaten für die Bürgerschaftswahlen am 7. Juni kennenlernen. Die Veranstaltung soll den Besuchern zwischen 10:30 Uhr und 13:30 Uhr die Möglichkeit geben, in ungezwungener Atmosphäre mit den Kandidaten zu plaudern.

jusosDie Jusos verkünden in ihrer Pressemeldung zur Veranstaltgung, man wolle sich gern „mit Fragen löchern“ lassen. Themenvorgaben oder ähnliches gibt es nicht. Für das leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt. Auf Nachfragen konkretisierten die Jusos gegenüber dem webMoritz, für die Gäste werde es „ein kleines Brunch-Buffet und Kaffee“ geben.

Die Jusos betreiben schon seit einiger Zeit intensive Wahlwerbung unter den Studenten, besonders mit Infoständen an stark frequentierten Stellen wie der Mensa oder dem Beitzplatz. Von den übrigen Parteien war bisher noch nicht ganz so viel zu bemerken, das dürfte sich aber in den kommenden Wochen erfahrungsgemäß noch ändern.

Heute: Zweite reguläre StuPa-Sitzung

Am heutigen Abend kommt das StuPa zum dritten Mal in der Legislaturperiode zusammen. Nach der außerordentlichen Sitzung in der Löfflerstraße in der vergangenen Woche findet die heutige Sitzung wieder am gewohnten Ort im Konferenzsaal des Hauptgebäudes statt.

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erste Stupa-Sitzung 2009

Die vorläufige Tagesordnung sieht neben den üblichen Gliederungspunkten wie „Berichte“ (von AStA-Referenten und der moritz-Redaktion), „Formalia“ und Wahlen zum Vorsitz des Haushaltsausschusses, des Rechnungsprüfers für die moritz-medien, sowie der Vorsitze der AG Gender-Trouble, der AG Satzung, der Ersti-AG und der AG Wahlkampf auch einige Anträge vor:

  • Im Top 6 soll es um zwei Änderungsantrage der Finanzordnung (Drs. 19/14 und 19/20) gehen. Sie behandeln die Aufwandsentschädigungen für AStA-Referenten, moritz-Chefredakteure und -Geschäftsführung und das StuPa-Präsidium, die erhöht werden sollen. Antrag 14 von Christian Bäz und Jaana-Leena Rode (beide Jusos) sieht vor, dass AStA-Referenten, moritz-Chefredakteuren und -Geschäftsführung zukünftig bis zu 320 Euro monatliche Aufwandsentschädigung (vorher: bis zu 260 Euro) ausbezahlt werden können, und dem Präsidium bis zu 500 Euro im Monat (vorher 400 Euro). (Das Präsidium besteht im Regelfall aus drei Personen, die sich die Aufwandsentschädigung teilen). Der Antrag 20 stammt von allen Jusos im Parlament und ist ein Arbeitsauftrag an die AG Satzung, die im Antrag 14 ebenfalls thematisierten Punkte der Finanzordnung zu überarbeiten. Dabei soll ein „Inflationsausgleich seit dem letzten Semester“ eingearbeitet werden. Außerdem heißt es orthopgrapisch und syntaktisch etwas holprig: „Zu dem prüft die AG Satzung die Einführung einer, angelegt an die tarifliche Steigerung der universitären Verträge für Mitarbeiter, automatischen Erhöhung der unter § 5 (1; 3; 4) genannten Aufwandsentschädigungen.“
    Interessant ist, dass beide Anträge von Jusos stammen, da sie nicht ganz aufeinander abgestimmt wirken. (mehr …)