Bereits vor einigen Tagen erreichte uns der folgende Gastkommentar der Greifswalder Studentin Margaretha Seifferth zur Namendebatte und der dazugehörigen Urabstimmung, den wir nun endlich veröffentlichen wollen:
Gleich zu Anfang: Ich bin kein Vertreter der Initiative „Uni ohne Arndt“ und auch nicht der „Pro-Arndt AG“. Dennoch würde ich gern einige Worte zu der Urabstimmung loswerden. Hintergrund ist der Streit um die Interpretation der Urabstimmung, die gerade allerorten ausgebrochen ist. Ich habe mit einigen Freunden gesprochen und etliche von denen denken so wie ich. Ich finde dass auch diese Position – eine Position zwischen den zwei Lagern – hier einmal zu Wort kommen sollte:
Margaretha Seifferth studiert Deutsch als Fremdsprache und Baltistik an der Uni Greifswald
Ich habe mit „Nein“ abgestimmt. Und trotzdem gehöre ich zu denen, die aus verschiedenen Gründen gegen den Namen Ernst Moritz Arndt sind. Ich lehne Arndts Rassismus und Antisemitismus ab. Zum anderen glaube ich auch einfach, dass das Thema Arndt zu einem Ende kommen muss. Wir können nicht jedes Jahr von neuem in dieser Breite über den Namenspatron debattieren.
Warum haben wir dann nicht direkt für die Ablegung des Namen gestimmt?
Ganz einfach. Weil wir dem Wortlaut der Urabstimmung nicht zustimmen: „Der Senat wird dazu aufgefordert, § 1 I der Grundordnung des Universität so zu ändern, dass unsere Hochschule fortan nur noch den Namen „Universität Greifswald“ trägt.“
Keine Uni ohne Namenspatron
Hier stand kein anderer Name zur Wahl! Und ich gehöre zu denen, die sich die Uni Greifswald nicht ohne Namenspatron vorstellen können oder wollen. Immerhin ist so ein Uniname ein Identifikationsmerkmal. Auch wenn wir der Meinung sind, dass dies bei Arndt schwierig ist. Aber immerhin haben wir einen Namen und die wenigsten außerhalb wissen, wer Arndt ist. Von daher lieber Arndt, als gar kein Name! Und zum anderen stellt ein Name auch ein Prestigemerkmal und eine Marke dar.
Aber wenn ein anderer Name zur Alternative gestanden hätte (z.B. Caspar David Friedrich, der mehr Bekanntheitsgrad besitzt und auch vielmehr für diese Gegend steht als Arndt), dann lieber der, anstelle Arndts!
Bei der Abstimmung hatte sich eine relative Mehrheit der Studenten für die Beibehaltung des Uninamens ausgesprochen.
Nur weil ich mit „nein“ gestimmt habe, habe ich nicht „für“ Arndt gestimmt. Ich möchte auch nicht, dass die Arndt-Anhänger, uns das unterstellen. Ich finde eben nur einen Uninamen sehr wichtig.
Schwierigkeiten bei der Wahl
Unabhängig davon möchte ich noch einen zweiten Punkt ansprechen. Eine gute Freundin von mir wollte am 13. Januar wählen gehen. Da sagte man ihr, für die StuPa-Wahl seien zur Zeit nicht genug Wahlzettel vorhanden. Daher bekam sie auch nicht die Möglichkeit an der Urabstimmung teilzunehmen. Da man meinte, sie käme dann nicht nochmal zur StuPa- Wahl vorbei, weil davon ausgegangen wurde, die meisten seien nur an der Urabstimmung interessiert.
Am nächsten und übernächsten Tag hatte meine Freundin aber leider keine Zeit und war wohl auch etwas frustriert, was dazuführte, dass sie nicht an der Wahl teilnahm bzw. teilnehmen konnte. Ich denke nicht, dass sie die einzige war, der es so erging. Daher stell sich mir die Frage: Ist das nicht Wahlbehinderung? Wurde das Wahlergebnis dadurch nicht sogar verfälscht? Über beide Aspekte sollten bei der Interpretation des Ergebnisses nachgedacht werden.
Am Freitagvormittag hat die Namenskommission des Akademischen Senats der Universität Greifswald ihren lang ersehnten Bericht vorgelegt. In den vergangenen Monaten haben die insgesamt zehn Mitglieder sich mit den Argumenten für und gegen den universitären Namenspatron Ernst Moritz Arndt auseinandergesetzt. In zwei öffentlichen Anhörungen wurde weiteren Wissenschaftlern und den Greifswalder Bürgern die Möglichkeit gegeben Stellung zu nehmen.
Die Komissionsmitglieder Schattschneider und Weber bei der Anhörung vor zwei Wochen
Das Ergebnis der Arbeitsgruppe endet dabei gespalten. Die Mitglieder konnten sich nicht einigen, ob sie am Ende des Prozesses eine Empfehlung geben wollen und haben es aus diesem Grund letztendlich nicht getan. Im dem kurzen Abschlussbericht heißt es:
In ihrer abschließenden Sitzung am 27. Januar 2010 debattierte die Kommission über die Frage, ob die Kommission eine konkrete Empfehlung an den Senat abgeben sollte und welche Wirkung damit verbunden wäre. Eine Abstimmung darüber, ob die Kommission durch ein Votum eine Empfehlung an den Senat abgeben sollte, ergab 4 JA- und 4 NEIN-Stimmen. Die übrigen zwei Kommissionsmitglieder konnten an der Sitzung nicht teilnehmen. Die Kommission gibt somit insgesamt – entgegen ihrem Arbeitsauftrag – keine abschließende Empfehlung an den Senat.
Die nicht vorhandene Empfehlung könnte ein erneuter Rückschlag für die Initaitive Uni ohne Arndt sein. Der Kommissionsvorsitzende (und Senator) Thomas Schattschneider hatte Anfang Januar noch angekündigt er wolle sich im Senat gegen Arndt aussprechen. Dies hatte bei Arndt-Gegnern Hoffnungen geweckt, die Kommission und schließlich auch der Senat könnten sich trotz des Ergebnisses der studentischen Urabstimmung gegen Arndt entscheiden.
Mehr Informationen zum Bericht der Arbeitsgruppe findet ihr in den kommenden Tagen auf dem webMoritz.
Die Studierendenschaft hat für eine Beibehaltung des umstrittenen Namenspatrons Ernst Moritz Arndt gestimmt. Die Kampagne „Uni-ohne-Arndt“ muss eine schwere Niederlage hinnehmen. Wie konnte das passieren?
Das neue Jahr ist noch jung, doch bereits nach 15 Tagen hatte Greifswald seine erste Sensation. Eine Mehrheit der Studierenden sprach sich bei der ersten Urabstimmung der Geschichte der Universität Greifswald für eine Beibehaltung des Namenspatrons Ernst Moritz Arndt aus. Das ist ein echter Knaller, mit dem die wenigsten gerechnet haben dürften. Doch das Ergebnis an sich ist noch gar nicht das eigentlich Überraschende. Die echte Überraschung ist das grandiose Scheitern einer bis ins Detail durchgeplanten, Greifswald völlig umspannenden und alle anderen Themen überdeckenden Medienkampagne. (mehr …)
In den vergangenen Wochen und Monaten erreichten die Redaktion zahlreiche Eilmeldungen, die vor extrovertierten, brüllenden Individuen innerhalb der universitären Mauern warnten. Es bestünde akute Ansteckungsgefahr, hieß es zudem. Die Universitätsleitung reagierte spontan mit der Aufstellung von Desinfektionsspendern.
Wirklich neu ist der Virus nicht, die Wissenschaft ist sich einig und fasst es unter dem Begriff „Populismus“ zusammen. Bekannt ist auch, dass der Virus besonders im Vorfeld von Wahlen auftritt. Ihre Träger wollen vor allem die Ängste und Vorurteile der Masse schüren. Sie geben vor, simple Antworten auf relevante Probleme liefern zu können. Ihr Ziel ist es, Zustimmung für ihre politische Ideologie zu erhalten. (mehr …)
Am 15. Januar wurden die Stimmen der Urabstimmung gezählt. Was sagen die Arndt-Gegner bzw. Befürworter zu dem Ergebnis? Und wie geht es nun in der Debatte um den Namenspatron weiter? Wir haben mit Mitgliedern des Senats, sowie Vertretern der beiden Initiativen einmal gesprochen…