Bildungsstreik im Audimax

Auch MoritzTV war in den letzten Tagen mit Kamera und Mikro im Audimax und hat mit den Besetzern gesprochen.

Kamera, Redaktion, Schnitt Franziska Vopel

Der Hauch eines konservativen Revolutiönchens – Eine (Gast-)Polemik – *Update*

Erst Österreich, dann Westdeutschland und jetzt Greifswald: Die sogenannten Bildungsstreiks haben nun auch unser beschauliches Hansestädtchen erfasst. Am Abend des ehrwürdigen 9. Novembers wurde dem eh schon vielbelegten Datum ein weiteres Ereignis angereiht. Das Audimax der Universität Greifswald wurde erst etwas verhalten zur Zone „der offenen Diskussion und des Dialogs“ und, je später die magische hausmeisterliche Schließzeit um 22 Uhr rückte, schließlich doch für „besetzt“ erklärt.

Der neue Kanzler der Universität, Wolfgang Flieger, ließ die Protestler zunächst gewähren, wohl auch in dem Wissen, dass die spärlich gesähte Schar der Aktionisten damit besser in den Griff zu bekommen wäre als mit drakonischen Maßnahmen, die in der medialen Berichterstattung am Ende eher für die „Besetzer“ sprechen würden.

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Das Foyer des Audimax ist mittlerweile gesäumt mit Plakaten, Flyern und Stellwänden

Doch was hat es nun mit den Ereignissen eigentlich auf sich? Ist das nun der Beginn einer Debatte um eine Hochschule der Zukunft – basisdemokratisch und nach allen Regeln des freien Diskurses gestaltet? Wohl kaum. Die Zahl derjeniger, die den Audimax spontan zur Zitadelle einer gerechteren Bildungspolitik verwandeln wollen, ist klein. Und sie besteht aus den üblichen Verdächtigen.

Vorneweg agierten zunächst altbekannte Hochschulpolemiker wie Sebastian Jabbusch, der dafür bekannt ist ein Thema nach dem anderen aufzugreifen und entsprechend in Szene zu setzen – sei es die Debatte um den Namenspatronen der Universität, die Umtriebe von Burschenschaften oder jüngst die Gründung der Hochschulpiraten. Natürlich ist nicht abzustreiten, dass es sich bei all diesen Dingen um gut gemeinte und wichtige Beiträge zu einer viel zu unterbelichteten Debatte handelt. Jedoch stößt die aktionistische Agitation der Protagonisten auf wenig Wiederhall unter den ca. 12.000 Greifswalder Studierenden, denn im Audimax harrt nur ein kleines Grüppchen von Alternativlinken aus, um es den Landes- und Hochschulpolitikern mit ihren mühsam erarbeiteten und später nochmals überarbeiteten Forderungen zu zeigen. Darin heißt es unter anderem (mehr …)

Uni-Verwaltung toleriert Hörsaal-Besetzung *update*

webMoritz-Autor Oliver Wunder schrieb direkt aus dem Audimax für den webMoritz.

19:40

Nach Hörsälen und Instituten in den deutschen Städten Münster, Heidelberg, München und Potsdam, sowie Wien und vielen anderen Städten in Österreich gibt es nun auch in Greisfwald eine Gruppierung, die einen Hörsaal des Audimax in der Rubenow-Straße besetzt hat. So hiess es zumindest bei Twitter in der digitalen Welt. Von Besetzung wollte im Audimax aber noch niemand offiziell sprechen. Richtig sicher waren sich die Organisatoren nicht.

Für 16 Uhr hatte es einen über Mundpropaganda verteilten Aufruf für eine Besetzung gegeben – die offensichtlich ihren Weg an die Öffentlichkeit gefunden hatte. Und das, obwohl auf die Mobilisierung über das Internet also die einschlägigen Greifswalder Blogs oder Twitter explizit verzichtet bzw. die Verbreitung sogar verboten wurde. Dabei zeigte sich vor wenigen Wochen die Mobilisierungskraft über Twitter an Hand des NPD-Infostandes am Fischmarkt. Es waren dann aber nicht nur Vertreter der studentischen Presse anwesend, sondern auch Redakteur und Fotograf von der Ostsee-Zeitung, ein Redakteur von Greifswald TV, Uni-Pressesprecher Meßerschmidt und Kanzler Flieger.

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Tag des offenen Denkmals am 13. September

Am morgigen Sonntag, dem 13. September findet zum siebzehnten Mal der bundesweite „Tag des offenen Denkmals“ statt und auch Greifswald beteiligt sich an dem Aktionstag. In diesem Jahr stehen die Veranstaltungen unter dem Motto „Historische Orte des Genusses“.

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Die Universität bietet unter anderem Führungen durch das Auditorium Maximum

Eng daran orientiert, wird es unter anderem um 11:30 einen Stadtrundgang mit den Bauhistorikern Felix Schönrock und André Lutze geben die ihrem Publikum die Geschichte der alten Gasthäuser näher bringen wollen. Treffpunkt ist an der Baderstraße 3.

Die städtische Pressestelle betonte jedoch, dass auch Orte des geistigen Genusses unter das Motto fallen und so bietet die Kustodie der Universität verschiedene Führungen durch die Aula und das Auditorium Maximum an. Neben den jeweiligen Gottesdiensten bzw. Messen organisieren die Gemeinden in der Innenstadt Orgelkonzerte und Führungen durch die Gotteshäuser und auch das Landesmuseum bietet besondere Führungen durch die Gärten des ehemaligen Franziskanerklosters und durch die Gemäldegalerie an.

Weitere Institute der Universität, örtliche Vereine und private Initiativen beteiligen sich am diesjährigen Tag des offenen Denkmals. Das offizielle Programm könnt ihr hier als PDF-Datei herunterladen.

Was sind eure besonderen Orte des Genusses in Greifswald und Umgebung? Und welche Orte bereiten euch besonderen Verdruss? Diskutiert darüber im Forum!

Prüfungstrouble: “Gehen Sie etwa spazieren?”

Freitagmorgen 8:55 Uhr. Prüfungszeit.

Der Hörsaal 5 in der Rubenowstraße ist gut besetzt. Nicht voll, aber man muss schon kurz gucken, wenn man noch einen Platz hinter den ersten beiden Reihen ergattern will. Tatsächlich ist der Raum schon seit 20 Minuten aufgeschlossen und alle Studenten, die sich am heutigen Tage prüfen lassen wollen sind anwesend.

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Blick in den Hörsaal 5 im Audimax

8:56 Uhr: Als letztes betreten eine jüngere Dame und ein Herr mittleren Alters mit Vollbart den Raum. “Guten Morgen!” Offensichtlich handelt es sich bei den beiden um die Prüfungsaufsicht. Unter dem Arm trägt der Herr, der sich nicht näher vorstellen will, eine dicke Tasche vollgestopft mit Klausuren, oder wie er es ausdrückt, mit “Fragen”.

Jetzt folgen einige übliche Verhaltensmuster die sich in solchen Situationen für Prüfer oder solche die sich dafür halten, bewährt haben. Stutzig werde ich erst als ich das dritte mal meinen Arm hebe, um dem Herrn zu signalisieren, dass ich heute die Prüfung “Deutsche Geschichte 1945-1990″ im Zuge der General Studies bei Prof. Stamm-Kuhlmann schreiben möchte.

Es hat sich in den letzten Minuten herausgestellt, dass im HS 5 noch fünf oder sechs weitere Prüfungen geschrieben werden sollten. So genau wusste das der Herr mit dem Vollbart leider auch nicht. Zunächst werden allerdings erst einmal Briefumschläge mit „Fragen” verteilt. Dazu werden die entsprechenden Studenten namentlich aufgerufen und nach vorne gebeten. Hoch offiziell und äußerst seriös. Also zumindest muss so der Plan gewesen sein, denn in Wirklichkeit hatte der immer noch nette Mann Schwierigkeiten die Namen flüssig vorzulesen.

Ich hebe nochmal die Hand. Diesmal länger, vielleicht hilft’s ja. Dabei stelle ich fest, dass, wenn auch wild verteilt, noch ein guter Haufen Studenten den Arm in der Luft haben. Allerdings liegen da vorne gar nicht mehr so viele Zettel oder Umschläge um die prüfungshungrigen Menschen alle zu füttern. Das stellen auch die beiden Beauftragten fest und fangen an sich langsam aber sicher im Kreis zu drehen. Ein Kommilitone schräg vor mir hat den Ernst der Lage erkannt und fängt schon mal an zu schreiben. Irgendetwas über Normannen in Europa…

Nun endlich ist es gewiss: Keine General Studies Klausuren. Großartig denk ich mir, hab` sowieso besseres zu tun. Irgendjemand mit Verantwortung und viel Menschenverstand muss erkannt haben, dass uns die Pflichtmodule der Studium Generale sowieso nur vom Wesentlichen abhalten und sie endlich abgeschafft. Zugegeben, eine kurze Info vielleicht zwei Wochen vorher hätte nicht geschadet, dann wäre mir die lästige Vorbereitung auf ein völlig fachfremdes Fach erspart geblieben. Aber immerhin hat irgendjemand da draußen erkannt, wie Sinnbefreit die Studium Generale Prüfungen sind.

Zu früh gefreut. Die junge Dame hechtet los. Das ging schnell. Dafür dauert es jetzt umso länger. Unbeirrt dessen, gibt der Vollbart den Startschuss für die übrigen Prüfungsteilnehmer. Stark irritiert suche ich die Blicke anderer Wartender. Soll ich den Mülleimer jetzt einfach mal anzünden? Ende der 60er Jahre hätten die Studenten damit gar nicht lange gezögert, soviel hatte ich bei Stamm-Kuhlmann gelernt. Ein Kommilitone ohne Klausur nutzte die Zeit, um noch eben Eine rauchen zu gehen. Als er wiederkommt, wird er urplötzlich von dem bis hierher so netten Herrn mit dem Vollbart angefahren, “gehen Sie hier spazieren?!” Der junge Mann wird trotz Hinweis auf seine Beweggründe belehrt, wie man sich in einer Prüfung zu verhalten habe. Dass er aber strenggenommen noch gar nicht geprüft wird, erkennt der Aufseher erst nach einigen Nachfragen.

Dann ist es doch noch soweit. Die Klausuren kommen mit der Dame in den Hörsaal gestürzt und es kann losgehen. Vorher muss ich allerdings noch die halbe Reihe neben mir hochjagen, da wir uns die Klausuren selber abholen müssen.

Eine halbe Stunde später als angesetzt, kann losgeschrieben werden. 30 Minuten können schnell umgehen, manchmal aber auch extrem nervig sein. Diese 30 Minuten bekommen noch einen übleren Nachgeschmack, wenn man beachtet, dass die letzte halbe Stunde der Prüfungszeit im allgemeiner Unruhe und Aufbruchsstimmung unterging. Egal, für diejenigen, die keine Schwierigkeiten mit den Fragen hatten. Blöd für die, die sich auch in der letzten halben Stunde einer Klausur noch konzentrieren möchten.

Die Studium Generale Klausuren von Prof. Stamm-Kuhlmann hatte der Herr mit dem Bart im Übrigen auf seinem Schreibtisch vergessen. Sie seien ihm erst am Tag zuvor überreicht worden.

Bericht: Jan Faulbrück
Foto: rishon-lezion via flickr

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