von Oliver Wunder | 29.04.2009
1. Mai – das bedeutet in Deutschland traditionell nicht nur eine durchtanzte Walpurgisnacht, sondern spätestens seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auch Arbeiterproteste und -gedenken. Auch wenn die Nationalsozialisten versucht haben, diesen Tag für sich zu instrumentalisieren, ist er noch immer vor allem durch Gewerkschaften und linke Gruppen geprägt.
Alljährlich gibt es am 1. Mai viele interessante Veranstaltungen. Mit dieser Übersicht möchten wir euch einen potentiellen Tagesablauf für den diesjährigen Maifeiertag vorschlagen. Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Termine, die wahrgenommen werden können, hier aber nicht genannt werden.
WARMUP AM 30.04. IN HAMBURG
Maifeuer
Am Donnerstag 30.04. geht das Warmup los. Kaum ist die letzte Vorlesung gegen 18 Uhr überstanden, fängt das verlängerte Wochenende an. Da es in Greifswald scheinbar kein Maifeuer oder Tanz in den Mai (außer in einigen Discotheken und unbestätigten Gerüchten nach auch auf der Werft) gibt, geht es mit dem Verkehrsmittel der Wahl rüber in den Westen nach Hamburg.
In einem der vielen kleinen Dörfer und Städte direkt an der Elbe wird angehalten und bei Maifeuer und Tanz in den Mai vorgeglüht. Per Mobiltelefon wird eine Leitung nach Greifswald aufgebaut, um von einem Freund zu hören, ob, wie sonst üblich, um Mitternacht die Mitglieder der Studentenclubs an der Rubenowbrücke singen. Er erzählt noch, dass er Burschis feuchtfröhlich, singend am Wall gesehen haben will. (mehr …)
von Gabriel Kords | 01.04.2009
Dass in öffentlichen Ämtern und Verwaltungen mitunter eine ruhige Kugel geschoben wird, ist gewiss nichts Neues. Wer wie die webMoritz-Redakteure allerdings regelmäßig Einblicke in die städtische Pressestelle des Oberbürgermeisters erhält, fragt sich in letzter Zeit manchmal, ob nicht mindestens in diesem Teil der städtischen Verwaltung irgendwie übersehen worden ist, dass Karneval inzwischen vorbei ist.
Der Bürgermeister manscht gerne mal im Beton herum, könnte aber seit der Tunnel-Eröffnung ein leichtes Tiefbau-Trauma haben.
Und dass, obwohl in einer der jüngsten Meldungen der rathäuslichen Textschmiede sogar von „Passion“ die Rede ist: In einer am Freitag, dem 20. März, versendeten Mitteilung heißt es: „Tief stapeln ist seine Passion – Greifswalder Lehrling ist bester Tiefbauer im Land“. Diese wahrhaft bahnbrechende Tatsache ist der Stadt immerhin so wichtig, dass die E-Mail-Mitteilung darüber mit erhöhter Priorität versendet wurde. Das trifft übrigens auf nahezu alle städtischen Pressemeldungen zu. Offenbar geht die Stadt davon aus, dass in den digitalen Postkästen der Redakteure ein permanentes Chaos herrscht, weshalb die städtischen Verlautbarungen besonders hervorgehoben werden müssen. Und das hat sicherlich seinen Grund, denn ansonsten könnte uns die Nachricht vom Tiefstapler womöglich durch die Lappen gehen! Was für ein Verlust für unsere Leser!
von Gabriel Kords | 01.04.2009
Eigentlich hätten wir uns ja selbst einen Aprilscherz ausdenken müssen. Manchmal ist es aber auch gut, erstmal abzuwarten…
Der heutige Aprilscherz der Greifswalder Ostsee-Zeitung wäre an sich nicht der Rede wert gewesen. Dort hatte es geheißen, heute um 13 Uhr solle ein Modell für ein Caspar-David-Friedrich-Denkmal auf dem Marktplatz vorgestellt werden. Was sich die OZ-Redaktuere für diesen Zeitpunkt ausgedacht hatten, ist uns nicht bekannt.
Die Ente der OZ ging allerdings kräftig nach hinten los: Um 13 Uhr stand an der beschriebenen Stelle zwar kein Deknmal aber ein Werk von Aktivisten, die einen Transparent mitsamt einer Figur aufgestellt hatten, wie der Fleischervorstadtblog berichtet. Text: „Das CDU-Blatt in die Tonne kloppen. Für Qualitätsjournalismus.“
Das Denkmal - wer hat es aufgestellt? Fest steht wohl: Die OZ war's nicht.
Einzelheiten zu der Aktion (etwa ihr Urheber) sind uns derzeit nicht bekannt. Wir werden sie gegebenenfalls an dieser Stelle nachreichen.
Foto: Mit freundlicher Genehmigung vom Fleischervorstadtblog.
von Eric Wallis | 22.03.2009
Ein Kommentar von Eric Wallis –
Letzte Woche führte die Polizei auf der italienischen Burg Klaus Zumwinkels eine Razzia durch. Dabei leisteten die Italiener Amtshilfe im Rechtsfall der Telekomspionage, die Zumwinkel als damaliger Aufsichtsratschef mit zu verantworten habe. Die Telekom soll Mitarbeiter und Journalisten bespitzelt haben.
Noch interessanter als die Razzia ist die Tatsache der Burg. Die Burg Zumwinkel thront sicher auf einem Berg über dem Gardasee. Zumwinkel ist neben seinen Rollen als Spitzel, Steuerhinterzieher und Millionengehaltsempfänger also auch Burgherr. Das ist nicht erstaunlich, sondern folgerichtig. Denn wer spionieren lässt, den Fiskus beraubt und sich auf Kosten der Gemeinschaft ein viel zu hohes Gehalt bewilligt, nun ja, der braucht auch eine Burg. (mehr …)
von Eric Wallis | 16.02.2009
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Ein Beitrag zur psychoanalytischen Kleidungssemiotik von Eric Wallis
Überall sieht man JackWolfskin. Das Phänomen ist so auffällig, dass ein mir bekannter Däne wähnte, JackWolfskin sei die neue Uniform der Deutschen! Die Deutschen sehnen sich also nicht nur nach einem neuen großen Führer (vergleiche letzte Kolumne), die Deutschen haben sich auch schon eine neue Uniform besorgt.
Während weltweit die Menschen und besonders die Amerikaner am liebsten die Uniformen aus der Nazizeit auftragen, sind wir Deutschen zur Abwechslung mal einen Schritt weiter. Wir tragen „Outdoor“.
Die ersten die überhaupt solche Kleidung trugen, das waren Kraxel-Heinis und Wald-und-Wiesen-Freaks. Einst waren diese Leute Mangelware. Sie schliefen im schwedischen Winterwald und bestiegen hohe Alpenberge. Extreme Kleidung für extreme Leute. Jeder kannte so jemanden, nur richtig geheuer waren einem diese Menschen nie. Die ersten Nachahmer kamen aus den ökologischen Nischen der Landschaftsökologiestudenten und Umweltschutzaktivisten. Jeder von ihnen besaß zwar nur ein Paar Schuhe, aber das hat 300 Euro gekostet und war von Meindl. (mehr …)
von Eric Wallis | 22.01.2009
Die Zeiten scheinen schlecht zu werden. Da hallt auch schon aus allen Winkeln der Republik ein altbekanntes Zauberwort: FÜHRUNG.
Propaganda-Fake
Führung liegt im Trend. Wer sie nicht hat, der ist von gestern. Die Franzosen haben sie, die Amerikaner bekommen sie in jedem Fall. Selbst in ihrer schlimmsten Krise sind uns die Amerikaner um Längen voraus, und sei es nur darin, angeführt zu werden. Aber wir Deutschen bekommen mal wieder nichts hin. Uns sind die Führungskräfte ausgegangen. Ja, wir haben ein Führerdefizit.
Vergangenes Jahr war es der ungenügende Führungsstil Kurts Becks. Ihm fehlte Führungswille. Am Ende fehlte ihm der Führungsanspruch. Nachfolger Steinmeier wusste sofort, dass die Partei nun Führung brauche.
„Von der Pflicht zu führen. Neun Gebote der Bildung“ heißt der Bestseller des selbst ernannten 71jährigen Bildungspapstes Bernhard Bueb, denn zu viele unserer Lehrer strauchelten führungslos umher. Und auch die Medien stimmen in diesen Chor ein, überall vernimmt man das fast selten gewordene Wort in jeglicher Variation und zu jeder Gelegenheit. Bisweilen wird sogar öffentlich gefragt, ob Diktaturen als die Königinnen unter den Führungen nicht die schnelleren und darum besseren Entscheidungen fällen können angesichts der ganzen Krisen.
Im Führungsmagazin DER SPIEGEL fragt sich kurz vor Weihnachten der interviewete Joschka Fischer, warum Deutschland angesichts der Krise immer nein sage, statt selbst die Führung zu übernehmen, denn jetzt sei strategische Großplanung angesagt – im europäischen Geist. „Deutschland versagt als Führungsmacht in Europa.“ DER SPIEGEL fragt Fischer später, ob deutsche Politiker sich Frankreich ein Stück unterwerfen müssen, um Europa führen zu können? Also Führung durch Unterwerfung? Unterführung sozusagen.
Propaganda-Fake
Man fragt weiter, ob denn Herr Fischer auch bei Frau Merkel ein Defizit an Führung bemerke. Ob es sich so anfühlt, wenn man wie eine Kuh an der Nase herumgeführt wird, fragt man sich als Leser. Zum Glück stellt sich wenig später endlich heraus, dass Europa wegen mangelnder deutscher Führung schwächelt. Am Ende soll man, so Fischer, in Deutschland endlich einmal wirklich Führungsverantwortung übernehmen. Dafür hält er es für absolut notwendig, dass Deutschland wieder in die Führungsrolle komme. Heil mein Fischer!
Nach diesem Führungsgespräch weiß man vor lauter Führungsdefizit gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht. Glücklicherweise schafft es DER SPIEGEL den Leser geschickt in den unmittelbar angrenzenden Beitrag zu überführen. In diesem gratuliert Altkanzler Gerhard Schröder Uraltkanzler Helmut Schmidt zum Geburtstag. Er schreibt „Sucht man nach einem Begriff für das Besondere, das Einzigartige der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt, dann ist es „Führung“.
Schröder entdeckt sie also in der Vergangenheit, die deutsche Führung. Sie liegt verborgen im alten Schmidt. Vorsichtshalber zaubert er ein Schmidt-Zitat von 1986 aus dem Zylinder „Ein Staat braucht Führung, die das Management einer Krise beherrscht und beherrschen will.“ Am Ende verbindet er seine Glückwünsche „mit einer tiefen Verneigung – vor einem großen deutschen“ Führer, Pardon „Kanzler, einem wirklichen Europäer und einem großartigen Menschen.“ Was Schröder sagt, ist uns allen längst bitter klar. Wir haben keinen starken Führer mehr in Deutschland. Merkel zaudert und Glos, Steinbrück und all die anderen sind nicht einmal der Rede wert.
Wir müssen uns einen neuen Führer suchen. Am Ende wird es wieder das Fernsehen sein, dass den Karren aus dem Dreck zieht. Schließlich kümmert es sich ja auch um Dicke, Verschuldete und Hässliche. Wie wäre es mit einer neuen Sendung: Deutschland sucht den Superführer!
Als Obama in Berlin redete, kamen 200.000, um zu hören, was er im Schilde führt. Wo sind diese 200.000, wenn es gegen Bildungskürzungen, Arztpauschalen, Radikalismus und Managergehälter geht? 200.000 Deutsche werden wohl nur durch wahre Führer mobilisiert.
In Anbetracht der Tatsache, dass man niemandem zutraut dieses Land zu bessern, am wenigsten scheinbar sich selber, will man mal wieder alles auf eine Karte setzen.
Es ist als hätten wir Deutschen die Demokratie satt. Wir gehen nicht mehr auf die Straße, um miteinander Politik zu machen. Wir wollen den Nachbarn nicht sehen auf irgendeiner Demonstration, vor allem wollen wir selber nicht gesehen werden. Nur wem es elend geht, der protestiert. Wir haben uns gegenseitig satt.
Wir Deutschen gehen nur noch auf die Plätze, nicht mehr auf die Straßen. Auf eingezäunten Plätzen, die gut bewacht sind, stehen wir und glotzen den fremden Messias an, lauschen seinen lauen Worten und träumen unseren Traum von neuer Führung. Ja – oder besser Ja-wohl – Wir wollen wieder Führung wagen.
Vielleicht sollten wir aufpassen, dass wir nicht allzu laut nach Führung rufen. Denn manch einer wurde am Ende hinters Licht geführt. Und dort ist es dunkel dunkel dunkel.
Grafik Startseite: surface to air via Flickr