Itter, Itter Helau! Was, ihr wisst nicht was eine Itter sein soll? Helau? Redet der etwa von Karneval? Die meisten Leser*innen sind wahrscheinlich etwas verwirrt. Doch seid nicht besorgt, denn in diesem Artikel soll euren stutzenden Gesichtern eine Antwort aufgetischt werden. Kommt mit und begleitet mich zu einer kleinen Reise durch das rheinische Hilden.
Kleine Stadt kommt groß raus
Mit knapp 55.000 Einwohner*innen ist Hilden nur etwas schwächer besiedelt als Greifswald, welches bei ungefähr 59.000 Einwohner*innen liegt. Denkt aber nicht, dass das Stadtgefüge und das alltägliche Leben der beiden Städte daher miteinander vergleichbar wäre, denn Hilden ist mit nur 25,95 Quadratkilometern gerade einmal halb so groß wie Greifswald von der Fläche her. Damit gehört Hilden übrigens zu den dichtbevölkertsten Städten in ganz Deutschland. In der Rangliste der dichbevölkertsten Städte Deutschlands landet Hilden auf Platz 37 und muss sich dabei zum größten Teil nur Städten wie Köln, München, Düsseldorf oder Frankfurt am Main unterordnen. Ihr könnt also damit rechnen, dass in Hilden in der Regel immer was los ist, weil nun einmal so viele Leute auf einem Fleck vorzufinden sind. Die Bevölkerungsdichte hat auch dafür gesorgt, dass sich einige große Unternehmen in der Nähe der Stadt niedergesetzt haben. So hat der US-amerikanische Technologiekonzern 3M zum Beispiel eine Produktionsstätte in Hilden errichtet. Auch die regionale Zentrale des pharmazeutischen Forschungsunternehmens Qiagen befindet sich unter anderem in Hilden. Für diejenigen, die mit den Namen der Unternehmen vielleicht nicht so viel anfangen können, habe ich noch einen weiteren Anhaltspunkt, mit dem ihr Hilden eventuell verbinden könntet. Im Jahr 2011 war die gebürtige Hildenerin Amelie Klever nämlich Finalistin der bekannten Castingshow Germany’s Next Topmodel. Den GNTM-Fans unter euch wird der Name vielleicht bekannt vorkommen.
Jetzt habt ihr schon mal ein paar wichtige Fakten über die Stadt erhalten, aber wie lebt es sich in Hilden als Einwohner*in denn so? Als gebürtiger Hildener möchte ich euch natürlich Rede und Antwort stehen. Hilden als Stadt ist ein perfekter Mix aus Tradition und Moderne. In unserer Stadt stehen immer noch einige Fachwerkhäuser und historische Altbauten. Der Alte Markt ist dabei das Zentrum der lieblichen Innenstadt. Dort könnt ihr im Café oder Restaurant entspannen. Der Rest unserer Innenstadt besteht aus einer vielseitigen Auswahl an Geschäften und Läden aller Arten. Zum Bummeln und Rumstöbern ist Hilden daher perfekt geeignet. Außerhalb der Stadt gibt es zur Abwechslung trotz der eher kleineren Fläche der Stadt aber dennoch einige Grünflächen wie den Stadtpark, die Hildener Heide oder den Stadtwald, die mindestens genauso einladend sind wie der Rest der Stadt.
„Ich komme aus der Nähe von Düsseldorf“
Jedes Mal, wenn mich jemand fragt, wo ich denn herkomme, dann sage ich in der Regel „aus der Nähe von Düsseldorf“. Das hat den simplen Grund, dass die meisten Leute, die nicht aus dem Rheinland oder gar aus NRW kommen, natürlich keinen Plan haben, wo sie den Ort Hilden auf der Landkarte verorten würden. Da ist es dann doch einfacher, auf die nächste Großstadt zu verweisen. Hilden liegt direkt neben Düsseldorf, und mit der S-Bahn ist man in gerade einmal einer Viertelstunde am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Zahlreiche andere Städte wie Solingen, Duisburg, Essen oder Leverkusen befinden sich ebenfalls in naher Umgebung von Hilden, wodurch die Stadt inmitten mehrerer Großstädte zu verorten ist. Das Tolle daran ist, dass die Anbindung via Nahverkehr in NRW so gut ausgebaut ist, dass man diese Orte auch alle ganz einfach mit der Bahn oder dem Bus erreichen kann. Auch wenn man dabei leider öfter mit Verspätungen oder Ausfällen rechnen muss. Ich glaube, alle Einwohner*innen aus dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr haben den Spruch „die S1 hat schon wieder Verspätung“ schon einmal gehört oder selber getätigt. Wir wollen aber wieder auf die Vorteile der guten Anbindung an die Großstädte zurückkommen. Hilden kann einem zum Leben eigentlich alles bieten, aber den Großstädten muss sie sich, was die verfügbaren Läden, Restaurants oder Freizeitbeschäftigungen angeht, doch geschlagen geben. Genau dann ist es ein massiver Vorteil, wenn man nur in die Bahn steigen muss und in 15 bis 20 Minuten in der nächsten Großstadt ist. Man genießt nicht nur die Vorteile der eigenen Stadt, sondern auch die von allen umliegenden Orten. Das war bei mir natürlich nicht anders, auch wenn ich in den meisten Fällen immer gerne nach Düsseldorf gefahren bin, da es direkt nebenan ist. Shoppen gehen in den Schadow-Arkaden, ein bisschen spazieren gehen an der Rheinuferpromenade und später etwas essen gehen in Deutschlands ganz eigenem Little Tokyo. Düsseldorf hat nämlich die drittgrößte japanische Gemeinde Europas und hat somit eine enorme Bandbreite an kulinarischen Köstlichkeiten der asiatischen Küche zu bieten. Für mich als Hildener ist es natürlich einfach eine enorme Bereicherung, wenn man nur eine Bahnfahrt von all diesen Möglichkeiten entfernt ist.
„Itter, Itter Helau!“
Um nun abschließend noch aufzulösen, was in der Einleitung mit „Itter, Itter Helau“ gemeint war, tauchen wir noch ein bisschen in die wohl gesellschaftlich beliebteste Zeit des ganzen Jahres im Rheinland ein. Gemeint ist natürlich nichts anderes als Karneval. Viele von euch werden wahrscheinlich schon wegen dem Helau darauf gekommen sein. Aber was ist dieses Itter nun? Das ist eigentlich ganz einfach gesagt, denn die Itter ist ein Nebenfluss des Rheins und fließt mitten durch Hilden. Die Jeckenrufe sind in ganz Deutschland in jeder Stadt oder Gemeinde sehr individuell und unterschiedlich und machen Karneval so auch in jeder Ortschaft etwas anders und einzigartig. In Hilden ist der Ruf „Itter, Itter Helau“ gang und gäbe, wenn der jährliche Karnevalszug durch die Stadt verkehrt. Karneval hat bei uns schon immer eine große Rolle gespielt, weshalb auch immer Besuche des Prinzenpaars oder des Kinderprinzenpaars in den Schulen abgehalten wurden. Ob es nun die Karnevalsfeiern in den Schulen oder die Zusammenkünfte bei den Festzügen sind, Karneval schafft bei uns in der Region immer wieder für gute Stimmung. Damit solltet ihr Jecken und Narren nun auch über die Wichtigkeit der fünften Jahreszeit in Hilden Bescheid wissen. Vielleicht sieht man sich ja mal zu Karneval bei uns im schönen Hilden. In dem Sinne – Itter, Itter Helau!
Beitragsbilder:Lucas Hohmeister
Zur Person des Autors
Lucas stammt ursprünglich aus dem Rheinland und ist nun schon seit einigen Jahren in Greifswald. Derzeitig ist er Student der Organisationskommunikation im Master. Für den webmoritz. ist Lucas seit 2022 aktiver Redakteur und seit neustem nun auch stellvertretender Chefredakteur. Sein Lieblingstier ist der Panda 🐼
„Tief im Westen“ (Herbert Grönemeyer) liegt die von alten Bergwerken geprägte Arbeiterstadt Bochum, in der ich aufgewachsen bin. Auch wenn zum Zeitpunkt meiner Geburt bereits fast keine Zechen mehr existierten, war die Stadt in meiner Erinnerung stets von ihrer Bergwerksgeschichte geprägt. Heute liegen sie jedoch vielfach brach und diene so als Naherholungsgebiete mit ganz besonderem Flair. Einige spannende Informationen zu meiner alten Heimatstadt liefert dieser Artikel.
Vom winzigen Dorf, zum kleinen Dorf, zur Großstadt
Bochum ist eine sehr alte Großstadt und war zugleich bis ins 19. Jahrhundert nur eine sehr kleine Ortschaft. Erste Siedlungen existieren bereits seit dem Hochmittelalter. Vor 703 Jahren, im Jahr 1321, stellte Graf Engelbert II. von der Mark eine Urkunde aus, nach der einige Handelsmaße neu geregelt wurden. Das kann als Beginn einer politischen Beteiligung der Bochumer Bürger*innen gewertet werden, die dies vermutlich angestrebt hatten. Dieser Prozess war die Grundlage zur Stadtwerdung, der sich bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts hinzog. Klein blieb Bochum aber weiterhin. Bis 1800 hatte es konstant rund 1500 Einwohner*innen und wurde dann um 1900 durch die Industrialisierung und die Entstehung von Bergwerken sehr plötzlich vom kleinen Örtchen zur Großstadt. In den Jahrhunderten davor war das heute recht kleine Greifswald die meiste Zeit etwa doppelt so groß. Dennoch feierte die Stadt Bochum 2021 stolz sein 700-jähriges Jubiläum.
Ein Pseudo-Bergwerk für Tourist*innen und Kultur-Interessierte
Eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt ist sicherlich das Deutsche Bergbaumuseum. Dank seinem Förderturm ist es auch gut zu sehen und bietet zudem „unter Tage“, also unter der Erdoberfläche, ein spannendes Besucherbergwerk. Das wirkt zunächst sehr authentisch. An der Stelle, wo heute das Museum steht, war aber nie eine Zeche. Stattdessen stand der Förderturm früher woanders und wurde, nachdem seine Zeche geschlossen wurde, extra an seinen heutigen Platz gebracht, um als Museumskulisse zu dienen. Das unter dem Museum gelegene Besucherbergwerk ist auch nicht wie echte Bergwerke mehrere Hundert Meter tief, sondern nur so weit unter der Erdoberfläche, wie ein normaler Keller. Sehenswert ist es trotzdem, da die darin ausgestellten Maschinen tatsächlich original sind und der Ort so einen recht realistischen, wenn auch künstlichen, Bergwerksstollen darstellt.
Bochum blühtBochums NaturHäuserzeile in der Bochumer InnenstadtStraße in der Bochumer Innenstadt
Graue Häuser, grüne Parks
„[D]ie Sonne verstaubt“ (Herbert Grönemeyer: Bochum) in Bochum zwar nicht mehr, weil es seit Jahrzehnten keine Bergwerke mehr gibt, grau ist vor allem die Innenstadt aber weiterhin. Da die Stadt im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerstört wurde, ist die westdeutsche Architektur der 1970er Jahre hier heute sehr präsent.
Man kann es auch anders formulieren: Der Greifswalder Plattenbau-Stadtteil Schönwalde ist heute architektonisch erheblich schöner. Zu bieten hat Bochum dafür eine Menge Parks. Die Anzahl der Naherholungsgebiete ist für die hohe Anzahl von Menschen im gesamten Ruhrgebiet ungewöhnlich groß. Im Süden der Stadt liegen bewaldete Hügel um das Ruhrtal, im Norden Wälder und Felder mit leichten Anstiegen. Hinzu kommen Halden, also künstliche Berge aus Müll, die heute begrünt sind. So sorgen die Verschmutzungen der Vergangenheit heute für eine lebenswertere Stadt. In den Grüngebieten kann man sehr gut Fahrradfahren oder Spaziergänge machen und merkt dabei oft kaum, dass man immer noch in einer Großstadt ist. Viele der Wälder sind hierbei relativ naturbelassen.
Alles in allem ist Bochum nicht wirklich eine Stadt, die ich zu besichtigen empfehlen würde. Wer es trotzdem tun möchte, hat durch diesen Artikel vielleicht einen ersten Einblick bekommen.
Beitragsbilder: Allan Kant
Zur Person des Autors
Allan wuchs im urbanen Ruhrgebiet in Bochum in Nordrhein-Westfalen auf. Um an der Ostsee zu leben, zog er zum Studium nach Greifswald, was eine sehr gute Entscheidung war. Er studiert seit dem Wintersemester 2022/23 Geschichte und Politikwissenschaft auf Bachelor und engagiert sich in vielen Gruppen in der Stadt.
Kommt mit auf eine Reise in eine heile Welt. In eine niedersächsische Kleinstadt, die in einigen Jahrzehnten sinnbildlich vom Tellerwäscher zum Millionär aufgestiegen ist. Dort, wo der Bundeskanzler Bier zapft, die Basketballer in Europa spielen und viele Tiere viel Geld bringen.
Anfang August fuhr ich mit meinem guten Freund Peter von einer Party in einer Gartenhütte in Vechta nach Hause. Es war ein lauer Sommerabend in der Kleinstadt zwischen Bremen und Osnabrück. Beide waren wir erst vor Kurzem aus unseren Unistädten zurück in unsere Heimat gekommen. Als wir die Straße erreichten, in der unsere Wege sich trennten, sagte Peter: „Immer wenn ich in Vechta zu Besuch bin, merke ich, was das für eine heile Welt hier ist.“ Ich schmunzelte und stimmte ihm kurz zu. Antworten konnte ich nicht, unsere Wege trennten sich just in diesem Moment.
Zu Hause angekommen, hatte ich Zeit, um über seine Aussage nachzudenken. Viel zu grübeln, ist um 4.30 Uhr nachts eigentlich selten eine gute Idee. Ich machte es trotzdem, und da wurde mir klar: Dieser Begriff, die „heile Welt“, trifft das Gefühl, was Vechta mir gibt, zu einhundert Prozent. Eine (irrationale) Faszination für seine Heimatstadt hat wahrscheinlich jeder. Nur sie in Worte zu fassen, die Faszination greifbar zu machen, das gelingt nicht immer.
Vechta ist mehr als nur Deutschlands „Schweinegürtel“
Aber woraus besteht denn diese „heile Welt“ in der 34.000-Seelen-Stadt nun? Da kann man natürlich mit den rationalen Punkten argumentieren. Die Gegend um Vechta gehört zu den wirtschaftsstärksten in ganz Deutschland. Die eigenen vier Wände sind standardmäßig in Form eines Einfamilienhauses gestaltet. Arbeitslosigkeit ist so gut wie nicht vorhanden. Die ländliche Region ist eine der jüngsten und geburtenreichsten ihrer Art. Man könnte noch lange so weiter machen. Aber das hier soll keine bierzeltartige Lobeshymne eines Bürgermeisters werden. Fakten allein können keine heile Welt erklären. Vielmehr erklärt sich diese Welt, diese Stadt, durch die Menschen die sie schaffen.
Ein kitschiger Imagefilm: Jede Stadt hat ihn, ob jede Stadt einen braucht, ist die andere Frage.
Die Menschen können nämlich wortwörtlich aus Scheiße Gold machen. (Verzeiht mir die Ausdrucksweise an dieser Stelle, aber sie ist unumgänglich). Das ist auf der einen Seite auf die Gülle bezogen, deren Verwertung hiesige Firmen perfektioniert haben. Das ist auch bitter nötig, da das Gebiet um Vechta, von einigen als „Schweinegürtel Deutschlands“ verpönt, sehr viel von dem guten Stoff hat. Bei der höchsten Dichte an Massentierhaltung in der Bundesrepublik kommt da so einiges zusammen. Das muss irgendwie entsorgt werden. Das Zeug nur auf die Felder zu kippen, geht nicht mehr, da sind die Grenzwerte an Schadstoffen schon im dunkelroten Bereich. Auch wenn die seit einer Ewigkeit beständig gewählten CDU-Politiker*innen da gerne drüber hinwegsehen.
Das DDR-Fernsehen drehte einst Filme über die Armut in der Region
Die Vechtaer*innen sind also reiche, konservative Landwirt*innen, die die Umwelt verpesten? Wie sollen diese Menschen eine heile Welt darstellen? Es gibt einen Unterschied zu den Menschen in ebenfalls reichen, konservativen Regionen, etwa in Bayern: Die Leute in Vechta wissen es zu schätzen, wie gut es ihnen geht. Denn der Wohlstand war längst nicht immer gegeben. Das ist die andere Seite der Scheiße-zu-Gold-Metapher. Die Vechtaer Vergangenheit entsprach eher dem Ersteren. Noch Mitte des letzten Jahrhunderts galt das Oldenburger Münsterland, in dessen Mitte Vechta liegt, als „Armenhaus der Republik“. Die Lage war so schlimm, dass sogar das DDR-Staatsfernsehen vorbeikam, um über die schlechten Zustände beim kapitalistischen Klassenfeind zu berichten. Mit Fleiß und landwirtschaftlichem Unternehmertum wurden in den letzten Jahrzehnten dann die Kassen gefüllt.
Lecker Bierchen: Bundeskanzler Olaf Scholz stößt auf dem Stoppelmarkt 2024 mit Vechtas Bürgermeister Kristian Kater und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil an. Quelle: Bundesregierung/Marvin Ibo Güngör
Eine volle Kasse macht sicher noch keine heile Welt. Aber mit einer vollen Kasse lässt es sich besser feiern. Und das kann man in Vechta sehr gut. Natürlich auf Schützenfesten und mit den Alteingesessenen. Aber das haben andere Orte ja auch. Etwas, das andere Orte aber nicht haben, ist der Stoppelmarkt. Das sind sechs Tage im August, an denen 800.000 Menschen nach Vechta kommen, um seit 726 Jahren ein Volksfest der höchsten Güteklasse zu feiern. In etwa so wie das Oktoberfest, nur besser. In über 20 Festzelten wird dann mit alten und neuen Weggefährt*innen angestoßen. Zu diesem Fest kommt jeder, der in Vechta aufgewachsen ist, wieder in die alte Heimat zurück.
Mitte August kommen alle zurück in die Heimat
Egal, wohin es ihn oder sie auf der Welt verschlagen hat. Das ist in Vechta genauso wichtig wie das Heimkommen an Weihnachten. Mindestens. Auf dem Stoppelmarkt wird auf die alten Zeiten und die neuen Erfahrungen angestoßen. Dass es diese gemeinsamen Momente jedes Jahr gibt, das ist ein ganz großer Teil dieser heilen Welt Vechtas. In diesem Jahr waren sogar unser Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundeskanzler Olaf Scholz da. Sie wurden herzlich begrüßt und durften selbst leckeres Bier zapfen, auch wenn dem Großteil der konservativen Vechtaer Wählerschaft ihre Politik wohl nicht gut schmeckt. Aber das ist ja die Quintessenz des Stoppelmarkts: Dort, gerne mit einem Bier in der Hand, sind wir alle gleich.
Alle gleich sind die Vechtaer*innen auch im Rasta Dome. Auf den Punkt 3.140 Vechtaer*innen, um genau zu sein. So viele Menschen passen nämlich in die Halle des Basketballvereins Rasta Vechta. Und dort sind eben alle gleich in Orange angezogen, der Farbe des Basketball-Bundesligisten. In dieser kleinen, dafür lauten und heißen Halle treffen sich die Vechtaer*innen alle zwei Wochen von September bis Mai, um ihre Mannschaft zu Siegen gegen Teams wie Bayern, Athen und Istanbul zu schreien. Nach den Spielen wird oft noch bis in die Nacht an den Theken der Halle gefeiert und über das Spiel philosophiert.
Alles in Orange: Spiele von Rasta Vechta sind ein gesellschaftliches Highlight in Vechta. Besonders, wenn man Teams wie Bayern oder Istanbul zu Gast hat. Quelle: Rasta Vechta/Christian Becker
Hier ziehen sich wieder Parallelen zur gesamten Stadt. Ich persönlich habe noch Spiele von Rasta in einer kleinen Schulsporthalle gesehen, wo in der fünften Liga eher rustikaler Basketball geboten wurde. Doch mit viel Herzblut (und etwas Kleingeld eines Tierfutterherstellers) begann der Siegeszug bis in den Europapokal. Und das Schöne ist: Man sitzt heute noch mit denselben Leuten auf der Tribüne, mit denen man schon in der fünften Liga als kleiner Bub zugeschaut hat. Der Verein und man selbst sind gleichzeitig groß geworden. Auch das ist ein Teil der heilen Welt.
Tante Mia, Golden Gels und schnelle Autos in der Innenstadt
Was gibt es sonst noch über Vechta zu sagen? Im Schnelldurchlauf fallen mir noch ein paar Dinge ein: Wir haben eine kleine, aber feine Universität sowie eine Innenstadt, deren Einkaufszone sich noch standesgemäß beidspurig mit der geleasten S-Klasse durchfahren lässt. Ein architektonischer Hingucker ist zudem eine Kopie der Golden Gate Bridge. Die erstreckt sich über unseren Bahnhof und wird im Volksmund auch „Golden-Gels-Bridge“ genannt. Herr Gels war ein ehemaliger Bürgermeister, dem man nachsagt, er habe sich mit diesem Bauwerk ein eigenes Denkmal setzen wollen. Fragen Sie den Chef dieses Mediums, er soll besondere Kontakte zu diesem Mann haben! Die Elektrofans unter euch kennen vielleicht das Tante-Mia-Festival, welches auch jedes Jahr in Vechta stattfindet. Dort werden dann auch im katholischen Vechta eher unchristliche Substanzen konsumiert.
Ich hoffe, diese sicher etwas überschwängliche Beschreibung der „heilen Welt“ Vechta hat euch diese Stadt etwas nähergebracht. Vielleicht bringt euch das ja zum Nachdenken darüber, welche kleinen oder großen Dinge eure Stadt oder euer Dorf zu einer „heilen Welt“ machen. Schreibt es gerne unter diesen Beitrag!
Mit 21 Jahren ist der Autor 2022 aus der niedersächsischen Kleinstadt in unsere Kleinstadt am Meer gezogen. Beflügelt vom Wissen der Politik- und Kommunikationswissenschaft möchte er die Medienwelt betreten. Beflügelt ist auch sein Lieblingstier, der Weißkopfseeadler.
Der moritz.mikrokosmos bekommt eine zweite Staffel. Mit neuem Thema und einer Änderung.
Für alle, die die erste Ausgabe verpasst haben ein kurzer Recap: Der moritz.mikrokosmos ist eine Kolumnenreihe, in welcher wir zu einem Thema Artikel verfassen. Das Thema der ersten Ausgabe war „Spiele“. Kurz und Knackig. Falls ihr die Artikel verpasst habt, findet ihr die Beiträge hier zum Nachlesen.
Aber kommen wir nun zur neuen Staffel. Diese hat das Thema „Meine Hood, deine Hood. Da komm ich her“. Unsere Redakteur*innen nehmen euch mit in ihre Heimat und zeigen euch, was man dort alles entdecken kann. Diese Reise führt euch durch das Ruhrgebiet über das friedliche Oldenburger Münsterland mitten in das schöne Mecklenburg-Vorpommern. Ihr könnt dieses Mal Neues über bekannte Orte erfahren oder lernt Orte kennen, von denen ihr bisher noch nie etwas gehört habt.
Aber kommen wir nun zu der Änderung: Die letzte Ausgabe wurde innerhalb einer sehr kurzen Zeit veröffentlicht. Diesmal haben wir vor, eine Ausgabe des moritz.mikrokosmos‘ pro Woche zu veröffentlichen. Seid also gespannt, was euch in dieser Ausgabe des moritz.mikrokosmos‘ alles erwartet.
Ursprünglich aus dem platten Land in Niedersachen, zog es ihn im Oktober 2022 für sein Jurastudium nach Greifswald. Er ist großer Fan der Hochschulpolitik und von Spaziergängen durch Greifswald. Von Mai 2023 bis Mitte Februar 2024 war er stellvertretender Chefredakteur und seitdem ist er Chefredakteur V.i.S.d.P des webmoritz. Sein Lieblingstier ist das Rotnackenwallaby.
Der technische Fortschritt im 20. Jahrhundert hat eine große Bandbreite an Erfindungen und Errungenschaften hervorgebracht, die heutzutage einen festen Platz in unserem Alltag gefunden haben. Dazu zählen zum Beispiel das Fernsehen, die Farbfotografie, programmierbare Computer und damit verbunden auch diverse Anwendungen wie Videospiele. Um eben diese soll es heute genauer gehen. Wie genau es vom Urvater der Videospiele Pong zu den heutigen Spieleklassikern wie Minecraft, Fortnite, GTA oder League of Legends kam, erfahrt ihr im Folgenden.
Die Pionierzeit (1946-1972)
Durch das neu geschaffene Hilfsmittel des Computers experimentierten viele Student*innen und Technikenthusiast*innen an den amerikanischen Universitäten in den 1950er Jahren und schufen das Fundament für die Videospielentwicklung. Diese Epoche der Videospielgeschichte lebte vor allem durch das viele Experimentieren und den sich immer weiterentwickelnden technischen Fortschritt. Im Jahr 1946 wurde das erste Videospiel an einem Röhrenrechner erfunden. Dieses war noch sehr simpel gestaltet. Das Ziel des Spiels ist es, mit den „Raketen“, die durch den Strahlfleck auf dem Bildschirm dargestellt werden, diverse Objekte zu treffen, die beliebig auf den Bildschirm geklebt werden können. Hier ist ein kurzes Video zur Verdeutlichung. Das war allerdings nur der Startschuss der Videospielentwicklung. In den folgenden Jahren sollten mehrere einfache Kreationen geschaffen werden, wie unter anderem das Tic-Tac-Toe inspirierte Spiel OXO (1952), Tennis for Two, welches als Vorgänger zum Klassiker Pong angesehen werden kann (1958), Spacewar! (1962) oder auch Computer Space (1971), das erste kommerzielle Arcade-Spiel. Die Spieleindustrie fasste so langsam, aber sicher Fuß und entwickelte sich immer schneller weiter. Das Interesse an den Spielen selbst, aber auch an der Entwicklung stieg weiter an. Das sollte sich auch in den kommenden Jahren bestätigen.
Das goldene Zeitalter der digitalen Spiele (1972-1983)
Die nächste Phase der Videospielgeschichte wurde mit Ralph Baer und Nolan Bushnell durch gleich zwei zentrale Akteure weiter nach vorne gepusht. Während Baer mit der Magnavox Odyssey die allererste Konsole entwickelte, kreierte Bushnell mit dem Atari eine der ersten Hit-Konsolen, die viele zahlreiche Klassiker beherbergen sollte. Das beste Beispiel dafür ist das Spiel Pong, welches wohl vielen Leuten ein Begriff sein sollte, wenn man von wirklichen Oldschool- Spielen spricht. Weitere Atari-Klassiker, wie Space Invaders, Asteriods oder Pac-Man erblickten ebenfalls in dieser Epoche das Licht der Arcade-Hallen. Neben diesen ganzen sehr erfolgreichen Titeln sollte es aber eben auch solche Spiele geben, die nicht annährend so viel Aufmerksamkeit bekommen sollten. Der Markt der Videospielindustrie blühte so stark auf, dass es ein regelrechtes Überangebot an Spielen gab. Quantität über Qualität war noch nie eine besser passende Beschreibung als zu dieser Zeit der Spieleentwicklung. Die Folge war eine gründliche Bereinigung des Marktes und damit verbunden auch zahlreiche insolvente Entwicklerunternehmen. Die nächste Generation der Videospiel-Schaffer*innen stand jedoch schon längst in den Startlöchern.
Die Ära der Heimcomputer (1984-1991)
Durch die vorher angesprochene Krise auf dem Videospiel-Markt, hatten andere Hersteller, wie zum Beispiel Nintendo und Sega aus Japan, die heutzutage als Ikonen der kompletten Szene gelten, ihre Chance, den Markt zu erobern, wahrgenommen. Zum einen versorgten sie die Massen mit den zu der Zeit neuen Heimkonsolen, wie zum Beispiel dem Nintendo Entertainment System (NES) oder dem Sega Mega Drive, aber vor allem schufen sie mit Metroid, Super Mario Bros, The Legend of Zelda und Sonic the Hedgehog eine Vielzahl an erfolgreichen Spieleserien, die auch heute noch hoch im Kurs sind. Auch Atari verkaufte mit dem Atari ST ab 1985 eine eigene Heimkonsole, was als eine Art Lebenszeichen der amerikanischen Spieleindustrie angesehen werden konnte. Jedoch lag der Fokus in dieser Zeit der Videospielgeschichte eindeutig auf den neuen Sternen am Spielehimmel: Nintendo und Sega. Die beiden starteten ebenfalls den ersten Wettstreit um die Gunst der Spieler*innen. Die Konsolen besaßen zu dieser Zeit jedoch noch keine drastischen Unterschiede in der Funktionalität oder der Hardware.
Das nächste Level – Die dritte Dimension (1992-2000)
Der eben angesprochene Wettstreit zwischen den Spieleherstellern endete mit Nintendo und Sega an der Spitze der Industrie. Andere Unternehmen, wie Atari, versuchten es unter anderem zwar nochmals, aber im Endeffekt waren die japanischen Spielegiganten einfach eine Nummer zu groß. Durch die fortlaufenden technischen Erweiterungen kam es unter anderem zur Verbesserung der Prozessor-Power, wodurch die Pixeldarstellungen eine komplett neue Stufe erreichten. Diese ermöglichten somit auch die ersten Sprünge in die dritte Dimension, wie zum Beispiel auf dem Super Nintendo (SNES). Auch die PC-Spieler*innen konnten dank leistungsstärkerer Grafikbeschleuniger erste Eindrücke von 3D-Welten sammeln. 1994/95 wurde dann der nächste Schritt getätigt mit der Geburt der ersten 32-Bit-Konsolen, welche das Gaming-Erlebnis auf eine neue Ebene anheben sollten. Die drei Bannerträger dieser Generation von Spielekonsolen sind diesmal die Playstation des Technikgiganten Sony, dem SEGA Saturn und dem N64 von Nintendo. Die Playstation konnte dank des Speichermediums der CD mit aufwändigen Zwischensequenzen und imposanten Soundtracks überzeugen. Die Konkurrenz konnte aber auch liefern mit Spielen wie Tomb Raider, welches 1996 auf dem Saturn mit Lara Croft eine weitere Videospiel-Ikone erschuf. Auf dem N64 feierte Super Mario 64 sein Debut, welches der Startschuss der 3D-Spiele im Mario Universum kennzeichnete. Zusätzlich zu den Heimkonsolen verbreiteten sich Handheld-Konsolen auch immer weiter inklusive der passenden Spiele. 1996 erschienen mit Pokémon Rot und Pokémon Blau nämlich die ersten beiden Pokémon Spiele und legten damit den Grundstein für das heutzutage größte Franchise der Welt.
Revolution durch Online-Gaming (2001-2010)
Den Neuling in der Videospielszene stellte zu Beginn der 2000er-Jahre Microsoft mit der Xbox dar, jedoch direkt mit einer weiteren Neuerung: die Möglichkeit des Online-Gameplays bei ausgewählten Spielen, wie beispielsweise Halo. So wirklich durchstarten konnte das Online-Gaming aber erst mit der Xbox 360 (2005) und der Playstation 3 (2006), die beide von Beginn an auf die Online-Anbindung setzten und in Verbindung mit HD-Fernsehen hochklassige Grafikauflösungen bieten konnte. Nintendo auf der anderen Seite brachte mit der Wii eine Konsole auf den Markt, die in großem Maße auf Bewegungssteuerung setzen sollte, ein neues Feature in der Szene. Spiele wie Wii Sports kamen generationsübergreifend gut an und stellten einen Spaßfaktor für die ganze Familie dar.
Die klassische Spielerbasis wanderte in diesen Jahren immer mehr vom Heimcomputer zu den Konsolen über, aber auch die PC-Spiele sollten eine weitere Innovation erleben mit den ersten Massively Multiplayer Online-Spielen (MMO). Diese Art von Spielen ermöglichen es, mit Hilfe massiver Server, einer immensen Anzahl Spieler*innen zeitgleich am gleichen Spiel teilzunehmen. Der Klassiker bei den MMOs ist dabei ohne Zweifel World of Warcraft, welches 2010 sogar einen Höhepunkt von ganzen 12 Millionen Spieler*innen erreichte. Auch Handheld-Konsolen waren weiterhin ein Thema. Nintendo mit dem Nintendo DS und auch Sony mit ihrem ersten Handheld, der Playstation Portable, ermöglichten das Spielen von Games unterwegs. Die Pokémon-Reihe setzte sich dabei zum Beispiel auf dem Handheld fort, aber auch weitere berühmte Klassiker, wie Mario Kart oder Animal Crossing sollen dabei nicht zu kurz kommen.
Steigende Variabilität – Der Markt wird immer größer (2011-heute)
Dadurch, dass Smartphones und Tablets immer präsenter wurden, eröffnete sich auch für die Spieleindustrie ein komplett neuer Markt, nämlich der der Mobile Games. Dabei handelt es sich um Spiele, die die Nutzer*innen entspannt unterwegs oder zwischendurch spielen können. Mobile Games sind vor allem durch die simple Touchscreen-Steuerung ein sehr beliebtes Mittel zum Zeitvertreib. Spiele, die euch aus diesem Genre bekannt sein sollten, sind zum Beispiel Candy Crush, Clash of Clans oder auch Subway Surfers. Bei den Konsolen kristallisierten sich Sony mit der Playstation 4 und Microsoft mit der Xbox One als die beiden Hauptkontrahenten um die Gunst der Spieler*innen heraus. Die beiden Entwickler produzieren einen Blockbuster-Titel nach dem anderen und übertreffen sich dabei immer wieder selbst. Die immer besser werdenden Distributionsmöglichkeiten des Internets ermöglichen aber auch eigenständigen und kleineren Entwickler*innen das Erstellen von Videospielen, von denen sich auch immer wieder einige als echte Verkaufsschlager entpuppen, Minecraft stellt da wohl das beste Beispiel dar.
Mittlerweile haben Videospiele das Zeitalter der High-End-Konsolen erreicht. Die Playstation 5 oder die Xbox Series X stellen dabei die Vorreiter für Spiele mit nahezu realitätsidentischer Grafik und 4K-Auflösung dar. Nintendo kann, was die Performance angeht, zwar nicht mit den eben genannten Konsolen mithalten, schaffte es aber mit der Nintendo Switch eine Konsole zu entwickeln, die sowohl als Heimkonsole, als auch, als Handheld verwendet werden kann, was die Spielemöglichkeiten nur noch mehr erweitert. Zu den Top-Spielen der Neuzeit zählen dabei unter anderem God of War Ragnarök, Cyberpunk 2077 oder auch The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Auch sogenannte Battle-Royale-Spiele erfahren seit nun schon mehreren Jahren ein immer noch anhaltendes Hoch, wozu Spiele wie Fortnite zählen. Übrigens, wenn ihr wissen wollt, was unsere Redakteurinnen für erste Erfahrungen mit dem Battle Royale gemacht haben, dann lest doch mal hier rein.
Das Spielerlebnis wird insgesamt einfach viel immersiver mit der Kombination an atemberaubender Grafik, spaßigem Gameplay, interessantem Storytelling und der mitreißenden Musik. Immersives Gameplay ist ein gutes Stichwort, denn eine weitere Erfindung der aktuellen Phase der Videospiele, sind Virtual Reality Games. VR-Brillen ermöglichen das direkte Eintauchen in bestimmte Spiele und ermöglichen mit Hilfe von Bewegungssteuerung ein Spieleerlebnis, welches einer alternativen Realität ähneln soll. Jedoch ist die VR-Branche eher noch in Babyschuhen, auch wenn sie Riesenschritte nach vorne macht.
Videospiele sind seit ein paar Jahren aber nicht mehr nur ein einfacher Zeitvertreib und werden auch nicht zwangsläufig durch eigenhändiges Spielen genossen, sondern gelten mittlerweile in Form von Videoformaten auf YouTube oder auch als E-Sport, als ein großes Entertainment-Feld. Spiele wie League of Legends oder Counter Strike generieren jedes Jahr abertausende an Zuschauer*innen bei nationalen und internationalen Turnieren.
Was kommt als Nächstes?
Wo die Reise als nächstes in der Videospielbranche hinführt, ist eine interessante, aber zeitgleich auch komplizierte Frage. Die Videospiele werden von Jahr zu Jahr immer realitätsnäher, sodass irgendwann kaum noch große Unterschiede zwischen dem Spiel und der Realität festgestellt werden könnten. Der Schritt zu einer zweiten Realität mit Hilfe der Virtual Reality könnte auch noch zu großen Überraschungen in der Zukunft führen. Vielleicht sind wir gar nicht mehr so weit weg von der Möglichkeit, komplett in eine alternative Realität einzutauchen, insofern die Entwicklung von VR dies ermöglicht. Der Markt der Videospiele bleibt spannend und wir können uns, denke ich, schon auf das nächste Level des Gamings freuen.
Eine halbe Stunde zwischen den Vorlesungen, zwanzig Minuten an Bahnhöfen oder zehn Minuten auf das Experiment warten. Es gibt immer mehr oder weniger lange Wartezeiten, die nach Zeitvertreib verlangen. Und was eignet sich da besser als ein schnelles Kartenspiel? Hier findet ihr fünf Anleitungen für kurzweilige Spiele mit einem einfachen Kartendeck, die nicht Mau-Mau sind.
Vorerst noch eine kleine Auffrischung zu den Kartendecken: Ein komplettes Kartenspiel besteht aus 52 Karten mit den Werten 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, Bube, Dame, König, Ass – dies ist auch die aufsteigende Reihenfolge der Werte und bei manchen Spielen relevant. Jeden Wert gibt es dabei einmal in jeder Farbe (Kreuz (♣), Pik (♠), Herz (♥) und Karo (♦)). Die meisten Spiele funktionieren aber auch mit einem Skat-Blatt (das ihr zum Beispiel noch als AStA-Merch besitzt), welches nur aus 32 Karten besteht und die Werte 7, 8, 9, 10, Bube, Dame, König, Ass beinhaltet. Die Farben sind dieselben, wie beim kompletten Kartenspiel.
Arschloch (alternativer Name: Karriere Poker)
Dies ist mein persönlicher Klassiker. Früher habe ich damit fast jede freie Minute gefüllt. Meine Eltern habe ich aber erst dazu gekriegt mitzuspielen, nachdem es einen neuen, weniger beleidigenden Namen bekommen hat – daher der vom Internet vorgeschlagene alternative Name „Karriere Poker“. Anzahl der Spieler*innen: Drei oder mehr Kartendeck: normales Kartendeck mit 52 Karten (2 bis Ass) oder Skat-Blatt mit 32 Karten (7 bis Ass) Anleitung: Alle Karten werden gemischt und vollständig an die Spieler*innen ausgeteilt. Die- oder derjenige mit der Karo(♦)-Zwei darf anfangen, indem sie*er eine oder mehrere Karten mit demselben Wert ablegt. Die Farben der Karten spielen hier keine Rolle. Die*der nächste Spieler*in muss nun entweder dieselbe Anzahl Karten (1-4) mit einem höheren! Wert auf den Ablagestapel legen oder passen. Es darf dabei auch gepasst werden, wenn man eigentlich legen könnte. So geht es der Reihe nach weiter, bis entweder die höchstmöglichen Karten gelegt wurden oder alle Spieler*innen gepasst haben. Der Ablagestapel wird beiseite gelegt und die- oder derjenige, die*der die letzte(n) Karte(n) gelegt hat, darf nun als erstes rauslegen und bestimmen, wieviele Karten auf einmal gelegt werden müssen. Ziel ist es, als erstes alle Handkarten loszuwerden. Es muss so lange weitergespielt werden, bis alle bis auf eine Person sämtliche Karten losgeworden sind, denn die Reihenfolge entscheidet über die Position in der nächsten Runde. In dieser Runde tauschen die erste (Boss) und die letzte (Arschloch) Person zwei Karten, wobei das Arschloch dem Boss ihre*seine besten zwei Karten gibt und Boss dem Arschloch ihre*seine zwei schlechtesten Karten. Die zweite (Vize-Boss) und vorletzte (Vize-Arschloch) Person verfahren ähnlich, jedoch nur mit einer Karte. Mögliche Platzierungen dazwischen dürfen keine Karten tauschen. Nach dem tauschen geht das Spiel wieder von vorne los, wobei das Arschloch als erstes rauslegen darf. Klärungsbedarf und Alternativen: – Darf man wieder einsteigen nachdem man gepasst hat oder muss man warten, bis neu rausgelegt wird, damit man wieder mitspielen darf? – Darf sich der Boss vom Arschloch zwei Karten wünschen oder kriegt sie*er einfach die Karten mit den höchsten Werten vom Arschloch? – Muss der Boss dem Arschloch die Karten mit den niedrigsten Werten geben oder darf sie*er sich zwei beliebige Karten aus ihrer*seiner Hand aussuchen? – Zählt ein Quartett aus allen vier Karten mit demselben Wert als sogenannte „Bombe“, die auch das Ass übertrumpfen kann? – Wenn dem Arschloch während des Austeilen der Karten eine beliebige Frage beantwortet wird, tauscht die Person, die geantwortet hat, mit dem Arschloch die Position – das ist eine Variante, die gleichzeitig für mehr Fluktuation in den Platzierungen sorgt, jedoch die Unterhaltung während des Kartenausteilens massiv reduziert.
Mogeln
Es ist DAS optimale Spiel um Lügen und die Kontrolle über Gesichtszüge zu üben. Aber eigentlich klappt es aus eigener Erfahrung auch gut, wenn man nicht so gut lügen kann – bei „Werwolf“ sollte man mich zum Beispiel wirklich nicht fragen, ob ich ein Werwolf bin, hier darf man mich das aber doch fragen. Anzahl der Spieler*innen: Drei oder mehr Kartendeck: normales Kartendeck mit 52 Karten (2 bis Ass), Skat-Blatt mit 32 Karten (7 bis Ass) oder doppeltes Kartenspiel bei vielen Spieler*innen Anleitung: Alle Karten werden gemischt und vollständig an die Spieler*innen ausgeteilt. Die- oder derjenige mit der Karo(♦)-Zwei darf anfangen, indem sie*er eine beliebige Anzahl an Karten verdeckt ablegt und sagt welchen Kartenwert sie*er abgelegt hat – z.B. „zwei Damen“. Die*der nächste Spieler*in legt nun ebenfalls eine beliebige Anzahl an Karten verdeckt auf den Ablagestapel und sagt, dass sie*er denselben Kartenwert in beliebiger Anzahl abgelegt habe – z.B. „eine Dame“. Nach jedem Ablegen liegt es an den Mitspieler*innen, zu entscheiden, ob sie*er gelogen hat und gar nicht das abgelegt hat, was sie*er angesagt hat. Sobald eine Person „gemogelt“ sagt, müssen die soeben gelegten Karten aufgedeckt werden. Wurde tatsächlich gelogen und die*der Spieler*in hat nicht das gelegt, was sie*er angesagt hat, so muss sie*er alle Karten vom Ablagestapel aufnehmen. Wurde aber die Wahrheit gesagt und die*der Spieler*in hat das gelegt, was sie*er angesagt hat, dann muss die*der Spieler*in den Ablagestapel aufnehmen, die*der „gemogelt“ gesagt hat. Die Person neben der*dem Spieler*in, die*der die Karten aufnehmen musste, darf nun rauslegen und entscheiden, welcher Kartenwert bedient werden muss. Sobald die*der nächste Spieler*in die nächsten Karten abgelegt hat, kann die*der zuvorige Spieler*in nicht mehr des Mogelns bezichtigt werden. Eine Besonderheit gibt es aber noch: das Ass darf nicht angesagt werden und muss daher immer weggemogelt werden. Ziel des Spieles ist es also, als erstes alle Karten loszuwerden. Zu Ende ist das Spiel aber erst, sobald eine Person alle im Spiel befindlichen Asse auf der Hand hat – das kann auch geschehen, wenn noch niemand alle Karten losgeworden ist, dann gibt es in der Runde nur eine*n Verlierer*in. Generell können ganze Werte aus dem Spiel genommen werden, wenn ein*e Spieler*in alle im Spiel befindlichen Karten desselben Wertes auf der Hand hat – die können einfach beiseite gelegt werden und die*der Spieler*in hat somit gleich vier Karten weniger auf der Hand. Klärungsbedarf und Alternativen: – Darf ausgesetzt werden oder muss immer abgelegt werden? – Anstelle desselben Kartenwerts muss immer der nächsthöhere Kartenwert gelegt werden.
Biberbande
Ein super simples Spiel, das aber ein bisschen an Denkkraft voraussetzt. Dafür aber eines der wenigen Spiele, die auch zu zweit ernsthaft spielbar sind. Eigentlich gibt es das auch als Spiel mit Extra-Karten zu kaufen, aber es funktioniert auch mit einem normalen Kartenspiel. Anzahl der Spieler*innen: Zwei oder mehr Kartendeck: normales Kartendeck mit 52 Karten (2 bis Ass) und nur zur Not ein Skat-Blatt mit 32 Karten (7 bis Ass) Anleitung: Jede*r Spieler*in erhält vier Karten, welche sie*er, ohne sie vorher anzugucken, verdeckt vor sich hinlegt. Die restlichen Karten werden zum Ziehstapel. Bevor das Spiel losgeht, darf jede*r sich einmalig zwei der vier Karten angucken – natürlich ohne sie den Anderen zu zeigen. Ziel ist es, eine möglichst niedrige Zahl zu erhalten, wenn am Ende alle Werte der vier Karten zusammengerechnet werden. Die Werte 2 bis 10 sind dabei das wert, was drauf steht. Das Ass hat die beste Wertung – es zählt als Null. Bube, Dame und König fungieren als Sonderkarten und haben keine Werte – dazu später die Erklärung. Wer an der Reihe ist, zieht eine Karte vom Ziehstapel (und darf sie sich alleine angucken) oder vom Ablagestapel (alle haben sie gesehen) und hat dann zwei bis drei Optionen: Entweder sie*er tauscht die Karte mit einer ihrer*seiner vier verdeckten Karten (und legt die getauschte Karten offen auf den Ablagestapel), legt die Karte ungenutzt auf den Ablagestapel oder führt die Sonderaktion aus, wenn es eine Sonderkarte ist (geht nur, wenn die Karte vom Ziehstapel gezogen wurde). Dies sind die Sonderaktionen: Mit dem Buben kann man eine der eigenen Karten mit einer beliebigen Karte einer*eines Mitspieler*in tauschen – natürlich ohne sich die Karten anzugucken. Mit der Dame darf man sich eine der eigenen Karten einmalig angucken. Mit dem König darf man bis zu zwei Karten vom Ziehstapel ziehen – der Zug ist aber beendet, sobald eine Karte angenommen wurde. Nachdem man an der Reihe war, besteht die Möglichkeit, die Runde zu schließen – dann sind die anderen Spieler*innen noch einmal dran, bevor das Spiel zu Ende ist. Wurde das Spiel beendet, dann decken alle ihre vier Karten auf und rechnen die Werte zusammen. Wer noch eine Sonderkarte dort liegen hat, tauscht diese mit der obersten Karte des Ziehstapels. Gewonnen hat die- oder derjenige mit der niedrigsten Wertung. Klärungsbedarf und Alternativen: – Fallen Euch noch andere Sonderaktionen ein?
Schwimmen
Also eigentlich ist das so ein richtiges Glücksspiel, das mit Geld gespielt werden kann. Mit meiner Oma habe ich das dann immer mit symbolischen 1-Cent-Münzen gespielt – irgendwie sind die aber immer wieder bei ihr gelandet… Naja, es geht auf jeden Fall auch ohne Geld! Anzahl der Spieler*innen: Zwei oder mehr Kartendeck: Skat-Blatt mit 32 Karten (7 bis Ass) Anleitung: An jede*n Spieler*in werden drei Karten ausgeteilt und drei weitere Karten werden zunächst verdeckt in die Mitte gelegt. Die restlichen Karten werden beiseite gelegt. Die- oder derjenige, die*der ausgeteilt hat, darf nun mit Blick auf die Handkarten entscheiden, ob sie*er die behalten oder lieber mit den (verdeckten) Karten in der Mitte tauschen möchte. Ist die Entscheidung getroffen, werden die Karten in der Mitte aufgedeckt. Nun ist die*der Spieler*in neben dem*der Austeilenden an der Reihe und darf entscheiden, ob sie*er eine ihrer*seiner Karten mit einer der Karten in der Mitte tauschen möchte. Sie*er darf auch alle drei Karten aus der Mitte mit den Handkarten austauschen – zwei Karten geht aber nicht. Das Ziel ist dabei, eine möglichst hohe Wertung auf der Hand zu haben. Die Karten mit den Werten 7 bis 10 sind jeweils das wert, das drauf steht. Bis auf das Ass sind die Bildkarten (Bube, Dame und König) jeweils Zehn wert. Das Ass ist Elf wert. Die Werte dürfen aber nur zusammengerechnet werden, wenn sie derselben Farbe angehören. Eine Ausnahme ist es, wenn ein*e Spieler*in denselben Wert dreimal in unterschiedlichen Farben auf der Hand hat – das zählt dann als 30,5 Punkte. Das Spiel ist sofort zu Ende, wenn ein*e Spieler*in 31 Punkte auf der Hand hat – also ein Ass und zwei Bildkarten oder ein Ass, eine Bildkarte und eine Zehn derselben Kartenfarbe. Ansonsten endet das Spiel, wenn jemand, statt eine Karte zu tauschen, die Runde schließt. Dann sind alle bis auf die*den Spieler*in nochmal dran, bevor alle Spieler*innen ihre Karten zusammenrechnen. Die- oder derjenige mit den geringsten Punkten hat verloren. Klärungsbedarf und Alternativen: – Wenn alle drei Karten getauscht werden, ist die Runde damit automatisch beendet oder geht es normal weiter? – Wenn mehrere Runden gespielt werden sollen, haben alle Spieler*innen drei Leben, die sie nacheinander verlieren, wenn sie Runden verlieren. Die Leben können mit Geld oder anderen Gegenständen symbolisiert werden.
Rommé
Der Titel klingt super alt und eigentlich ist es auch nur die (viel bessere) Kartenversion von Rummikup, aber es kann richtig Spaß machen – vor allem wenn man Klopfen darf. Anzahl der Spieler*innen: Drei oder mehr Kartendeck: doppeltes Kartendeck mit 104 Karten (2 bis Ass), plus Joker Anleitung: An jede*n Spieler*in werden 13 Karten ausgeteilt. Die restlichen Karten werden als Ziehstapel in die Mitte gelegt. Ziel ist es, mithilfe von Reihen oder Sätzen als erstes ihre*seine Karten loszuwerden. Reihen sind dabei mindestens drei Karten mit aufeinanderfolgenden WertenderselbenFarbe – das Ass darf dabei als eins oder nach dem König gelegt werden. Sätze sind drei bis vier Karten desselben Wertes in unterschiedlichen Farben. Um aber überhaupt auslegen, anlegen und Joker tauschen zu dürfen, muss zunächst eine Folge oder ein Satz mit einem Gesamtwert von mindestens 40 rausgelegt werden. Die Werte 2 bis 10 sind dabei das wert, das drauf steht. Die Bildkarten Bube, Dame und König sind jeweils 10 wert. Das Ass ist eins wert, wenn es als 1 an eine 2 angelegt wird und ansonsten 11. Ist ein*e Spieler*in an der Reihe, zieht sie*er zunächst eine Karte vom Ziehstapel oder vom Ablegestapel. Dann darf sie*er eine neue Folge/einen neuen Satz auslegen oder Karten an bereits ausgelegte Folgen und Sätze anlegen – oder halt erst einmal rauskommen. Sie*er beendet ihren*seinen Zug, indem sie*er eine Karte auf den Ablegestapel ablegt. Nun ist die*der nächste Spieler*in an der Reihe. Bevor sie*er jedoch zieht, kann ein*e andere*r Spieler „Klopfen“ und somit symbolisieren, dass sie*er die abgelegte Karte aufnehmen möchte. Die*der Spieler*in die*der dran ist, kann dann entscheiden, ob sie*er das zulassen oder lieber selbst die Karte aufnehmen möchte. Wenn sie*er es zulässt, muss die*der Spieler*in, die*der geklopft hat, noch zwei weitere Karten vom Ablagestapel dazu aufnehmen. Das Spiel ist zuende sobald entweder ein*e Spieler*in oder alle bis auf ein*e Spieler*innen all ihre*seine Karten losgeworden ist/sind. Klärungsbedarf und Alternativen: – Dürfen ausgelegte Reihen auseinandergenommen werden, wie bei Rummikup? Oder darf nur an den Enden angelegt werden? – Wenn mehrere Runden gespielt werden sollen, kann alles aufgeschrieben werden. Dabei ist die Runde immer beendet, sobald ein*e Spieler*in alle Karten losgeworden ist. Dann müssen die Spieler*innen, die noch Karten auf der Hand haben, ihre Werte zusammenrechnen. Diese werden aufgeschrieben. Wer am Ende des Spielens nach mehreren Runden die geringsten Punkte hat, gewinnt.
Fallen Euch noch weitere Spiele ein? Besonders zu zweit finde ich es immer wieder schwierig, passende Spiele zu finden. Kennt ihr da noch welche? Schreibt es in die Kommentare!
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