Wir alle wissen es: Die Stadt verkaufte vor knapp einem Monat 49,9 Prozent der kommunalen Wohnungsgesellschaft „WVG“ an die Aktiengesellschaft KWG – für den stolzen Preis von 60 Millionen Euro. Doch die KWG kündige vor einigen Tagen an, dass sie die Summe vorerst nicht zahlen will. Denn noch, so sagt die KWG, läuft eine Klage von vier Bürgerschaftsmitgliedern gegen diesen Verkaufsbeschluss. Nach Meinung der der vier Kläger nach ist der Beschluss in der Bürgerschaftssitzung nicht rechtmäßig zustande gekommen und daher nichtig (mehr dazu hier).
Doch wer hat nun Schuld am Zahlungsverzug?
Der CDU und der Stadtverwaltung fallen da sofort die WVG-Verkaufsgegner ein. Immerhin zogen die vor Gericht und „verunsicherten“ damit die KWG.
Konsequenterweise
griffen sie zusammen am Samstag in der Ostseezeitung die klagenden Bürgerschaftsmitglieder und deren Anwalt, den renomierten Landesverfassungsrichter Helmut Wolf, massiv an. Jörg Hochheim (CDU), Leiter des Greifswalder Amtes für Wirtschaft und Finanzen, wirft dem Anwalt der Kläger vor, ein „starrsinniger Querulant“ zu sein, „der sich auch als Rentner noch gern in der Richterrobe sehe“. Die CDU nutzt in ihrer Presseerklärung ähnliche Begriffe.
Ein anonymer Kommentar auf dem webmoritz kritisiert daran:
„[Hier wird ein] angesehenen Jurist [kritisiert], der […] Vizepräsident des Oberverwaltungsgericht und Landesverfassungsgerichtes
war und sich sein ganzes berufliches Leben […] der Wahrung des Rechtsstaates und dem Schutz der Bürger vor staatlicher/behördlicher Willkür eingesetzt hat. Das Eintreten für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie endet eben nicht mit dem Erreichen der Pensionsgrenze und ist auch nicht abhängig von der Zugehörigkeit zu einer Partei.“
Zudem schrieben die Kläger einen Brief (hier lesen) an die KWG, indem sie auf das laufende Verfahren vor Gericht hinwiesen. Die Stadt hält das Verfahren hingegen für irrelevant, da das Innenministerium bereits das den Vertrag genehmigt habe. Die KWG jedoch ist lieber vorsichtig und will offenbar erst das Gerichtsurteil abwarten. Konsequenz: Vorerst keine 60 Millionen Euro. Entsprechend sauer sind die Äußerungen und entsprechend ruppig die Seitenhiebe.
So ruppig, dass nun die Grünen sich auf den Schlips getreten fühlen. „Diffamierend“, heißt es in der Pressemitteilung der Grünen, seien die Kommentare und unwahren Behauptungen. Jetzt möchte man eine Entschuldigung:
„Als skandalös müsse die Reaktion der Stadtverwaltung bezeichnet werden, so Gregor Kochhan vom Kreisvorstand. So wird der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller als „starrsinniger Querulant“ bezeichnet. Zudem wird unterstellt, Wolf habe in Richtung des KWG-Vorstandes mit Gefängnis oder einer Millionen-Strafzahlung gedroht.“ Eine derartige Drohung ist in dem Schreiben schlicht nicht enthalten und daher völlig aus der Luft gegriffen. […]
Da der Stadt das Schreiben Wolfs vorlag, ist von einer vorsätzlichen Fehlinformation der Öffentlichkeit auszugehen, die Konsequenzen an der Spitze der Stadtverwaltung haben müsse, so der Kreisvorstand der Grünen.“
Die KWG will die 60 Millionen Euro Kaufpreis für die Kommunale Wohnungsgesellschaft WVG bis zur Klärung der Klage der Bürgerschaftsmitglieder vor den Gerichten wohl nicht überweisen (wir berichteten). Wie in der heutigen Ausgabe der OZ zu lesen ist, will die Stadt deshalb jetzt Verzugszinsen bis zu 7000 Euro pro Tag verlangen – also über 200.000 Euro pro Monat. Damit gerät das ganze Verfahren ins Wanken. Außerdem wurde bekannt, dass die Kläger nicht nur die fehlende Öffentlichkeit bemängeln, sondern auch die Kurzfristigkeit der Entscheidung als Ganzes (Vergleiche webmoritz WVG-Report).
Euro der KWG] der Klage der vier Bürgerschaftsmitglieder Marion Heinrich und Dr. Gerhard Bartels (beide Linke), Jost Aé (SPD) und Michael Steiger (o.k.) beim Verwaltungsgericht Greifswald.“
OZ-Blog: „…Schon wieder diese Querulanten! Es hilft nicht, das „verdanken“ in noch so viele Anführungsstriche zu setzen. Es ist niederträchtig, diesen Leuten quasi durch die kalte Küche anzuhängen, sie seien verantwortlich, dass Greifswald weiterhin Schulden hat.
Und wenn sonstwer den Anteilsverkauf genehmigt hat [gemeint ist das Innenminiterium, das bereits grünes Licht zum Verkauf erteilte, obwohl das Gericht noch bat die Entscheidung des Gerichtes abzuwarten], heißt es nicht, dass er rechtmäßig ist. Entschieden die staatlichen Stellen immer richtig, gäbe es keine Verwaltungsgerichte.
Durch solche Artikel macht die OZ solche Gerichte überflüssig und sich selbst auch. Denn machten alle alles richtig, gäbe es also keinen Grund zur Klage, gäbe es ja nur noch Jubelartikel und Festberichterstattung in der
hat einen Video zur Nazi-Demo vom 26.7. auf YouTube gefunden. Das Video zeigt ca. 10 bis 15 Jugendliche, die offenbar hektisch und ziellos durch die Innenstadt marschieren und dabei einige Sprüche skandieren. Sie geben sie als Mitglieder der „autonomen Nazi-Szene“ aus. Das Video ist mit Musik u.a. von den Ärzten unterlegt…
Wer mehr über die zunehmend wichtigere Szene der autonomen Faschisten wissen will, dem sei dieser Beitrag von Polylux ans Herz gelegt.
Die DPA meldet, dass das Genehmigungsverfahren für den Bau des umstrittenen Steinkohlekraftwerks in Lubmin wieder in Schwung kommt. Seit gestern sind die überarbeiteten Antragsunterlagen des dänischen Investors Dong Energy in insgesamt elf Ämtern ausgelegt.
Bürger und Verbände können sich die Anträge bis zum 1. September ansehen und bis Mitte September ihre Einwände dagegen formulieren. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND
) kritisiert das Vorgehen wegen der nur vierwöchigen Auslegung mitten in der Urlaubszeit.
Das Genehmigungsverfahren war im Frühjahr ins Stocken geraten, weil die Behörden noch weitere Informationen von Dong Energy eingefordert hatten. Die Antragsunterlagen liegen nun u.a. in den Ämtern Stralsund, Lubmin, und Wolgast aus.
Dong Energy will ein 1.600-Megawatt-Kraftwerk in Lubmin (bei Greifswald) bis 2012 ans Netz bringen. Das Projekt, dass rund zwei Milliarden Euro kosten soll, ist heftig umstritten. Eine Volksinitiative hat bereits 32.000 Unterschriften gegen das Kraftwerk gesammelt. In Greifswald sitzt eine der vier Bürgerinitiativen gegen das Kraftwerk. Es werden negative Auswirkungen auf die Umwelt und den Tourismus befürchtet.
Gestern vermeldete die Presseabteilung der Stadt recht kühl: „Die KWG Kommunale Wohnen AG Bremerhaven hat den für gestern erwarteten Kaufpreis für den Minderheitsanteil an der WVG Greifswald mbH in Höhe von 60,1 Mio. EUR noch nicht gezahlt“. Begründung durch den KWG-Chef Stavros Efrimidis: Man sei durch das das von vier Bürgerschaftsmitgliedern angestrengte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht „verunsichert“. Die KWG prüfe deshalb die Fälligkeit des Kaufpreises. In Anhängigkeit vom Ergebnis werde dann der Kaufpreis gezahlt. Diese Prüfung soll laut Efrimidis bis spätestens Mitte kommender Woche abgeschlossen sein.
Im Gegensatz zur KWG ist die Stadt der Auffassung, dass d
ie vorgebrachten Bedenken der Bürgerschaftsmitglieder unbegründet sind. Die klagenden Bürgerschaftsmitglieder bezweifeln, dass der Bürgerschaftsbeschluss rechtmäßig und damit wirksam ist.
Grund für die Klage war, dass die Sitzung auf der der Verkauf der VWG beschlossen wurde, erst während der Sitzung für öffentlich erklärt wurde (wir berichteten). Damit eine Sitzung wirklich öffentlich ist, muss jedoch die Öffentlichkeit im Vorfeld rechtzeitig und ordentlich eingeladen werden. Mitglieder der Linkspartei und der Grünen hatten daher nach dem Beschluss zur Öffentlichkeit beantragt die Sitzung zu verschieben, um diese Einladung zu ermöglichen. Dies wurde jedoch von der Mehrheit der Bürgerschaft abgelehnt.
Trotz der Klage hat das CDU-geführte Innenministerium den Bürgerschaftsbeschluss zum WVG Verkauf bereits vor zwei Wochen als rechtmäßig anerkannt und bestätigt. Damit hätte die KWG bis gestern, dem 31. Juli, eigentlich die 60,1 Millionen Euro überweisen müssen.
Sollte die sich die KWG entscheiden erst das Urteil des Gerichtes abzuwarten, könnten verschiedene Dinge passieren. Zum einen könnte die Stadt lange auf ihr Geld warten, denn ein Urteil in der Sache könnte unter Umständen lange dauern – zumal die Kläger auch in Revision gehen könnten. Die Stadt könnte den Deal aber auch als „geplatzt“ erklären (wegen fehlender Zahlungsbereitschaft). Der WVG-Verkauf bleibt also in der Schwebe.