Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die Liebe zu Ausmalbüchern gehen.
Wir müssen es immer mit dranhängen: für Erwachsene. Ausmalbücher für Erwachsene.
Ausmalbücher sind für Kinder, oder waren es zumindest einmal. Mittlerweile gibt es sie zu verschiedensten „erwachsenen“ Themen: Als Begleiter für die Arbeit, inklusive Flüchen, weil Arbeiten frustriert. Mit kleinen feinen Designs, die Kinderhände noch nicht gut ausfüllen können – dazu fehlen die feinmotorischen Fähigkeiten. Mit Fantasiewelten, die … die sich wie genau von Kinderausmalbüchern unterscheiden? Vielleicht dadurch, dass die Linien nicht an allen Stellen perfekt abschließen, oder einzelne Motive zu klein sind. Vielleicht sind auch nicht alle Motive für Kinder geeignet.
Letztendlich unterscheidet sich unser Gebrauch von Ausmalbüchern jedoch kaum von dem eines Kindes. Meiner zumindest nicht. Im Kindergarten war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, stapelweise lose DIN A4 Blätter zu bekrakeln, am liebsten mit gut funktionierenden Filzstiften, noch lieber, wenn mir schon Formen zum Ausfüllen vorgegeben waren. Dabei fand ich mich in einen geradezu meditativen Zustand versetzt, bevor ich wusste, was Meditation ist. Wenn ich dabei kein Hörspiel hörte, erfand ich selbst Geschichten, die nie ein Ende hatten.
Die meisten kennen sicherlich das Phänomen, Kindheitshobbys nach einigen Jahren abzulehnen, weil sie zu „kindisch“ sind. Irgendwann fiel mir auf, dass das sinnlos war – ich besaß zwar keine Ausmalbücher, aber sämtliche farblosen Illustrationen in Arbeitsheften oder vielleicht sogar einem Buch waren fair game.
Mitte der 2010er waren sie plötzlich überall. Ausmalbücher für Erwachsene, zur Stressbewältigung. Alle, die das Gefühl kennen, ein vergessenes Hobby nach ein paar Jahren wiederzuentdecken, wissen, was nun auf mich zukam. Dieser meditative Escapism, dieses Mal mit weniger Feen und Prinzessinnen, stattdessen mit Tieren und Pflanzen, zusammengesetzt aus geometrischen Formen. Kleinteilige, filigrane Motive, für die ich jeweils mehrere sehr entspannende Stunden brauchte. Statt Hörspielen ließ ich Serien und Filme im Hintergrund laufen, später auch Podcasts und Hörbücher. Und dann digitale Vorlesungen. Ich stellte fest, dass ich mich viel besser auf Inhalte konzentrieren und sie hinterher viel leichter abrufen konnte, wenn ich das ausgemalte Motiv später wieder sah. Diese Information nutzte ich nicht so viel, wie man hätte annehmen können – aber gut zu wissen.
Ich zeichne auch sehr gerne selber, male fast noch lieber. Linien sind manchmal einschüchternder als Farbflächen. Ausmalen ist wie eine harmlose Vorstufe: Die einzige exekutive Entscheidung, die du treffen musst, lautet „Welche Farbe kommt in welches Feld“. Für jemanden mit Entscheidungsproblemen und Startschwierigkeiten ein gefundenes Fressen. Es lässt mich mein Hobby öfter ausleben, als wenn ich mich auf eigenständiges Malen beschränken würde und jedes Mal eine Idee haben müsste, wenn ich etwas in die Richtung machen möchte. Manchmal ist es einfach gut zum Aufwärmen.
Ich habe es auch mit digitalen Kunstprogrammen und sehr kurz mit digitalen Ausmalmotiven versucht. Immerhin ist es praktisch, Hobbys leicht abrufbar auf dem Handy zu haben, oder? Naja. Es gibt sicherlich eine Zielgruppe dafür. Ich gehöre da nicht zu. Einer der besten Aspekte von Ausmalbüchern ist, zumindest für mich, dass ich dabei nicht auf einen Bildschirm gucken muss. Insbesondere seit Beginn der Pandemie. Wenn man mich fragt, ist es zudem wesentlich zufriedenstellender, mit Stiften auf Papier zu arbeiten. Taktiles ASMR.
Ein weiterer Punkt, den ich an Ausmalbüchern wertschätze, ist die Diversität der Stile verschiedener Ausmalbuchautor*innen. Natürlich habe ich meine Lieblinge, aber je nach Präferenzen – klare Formen oder flexiblere Gestaltung, dickere/dünnere Linien, mehr oder weniger abstrahierte Motive, u.v.m – ist für alle etwas dabei.
An dieser Stelle: Eine Mini-Rezension meiner Top 3 Ausmalbücher.
Kerby Rosanes: Colourmorphia 7/10 Zugegeben – ein Liebling in Theorie. Sehr fantasievoll. Tiere verschmelzen mit ihrer Umgebung oder anderen kleineren Elementen, und die Motive geben alle kreative Freiheit, kleine Meisterwerke aus den Seiten zu machen. Das funktioniert am besten, wenn man tatsächlich z.B. Schattierung nutzt, und wird schwieriger, wenn deine Go-To-Stifte zum Ausmalen das 36-Farben-Set Filzstifte für 2€ von Tedi o.ä. sind. Ich habe es auch mit Wasserfarbe versucht, hatte aber zu viel Angst um das Papier, um dem Versuch eine faire Chance zu geben. Kann mit viel Geduld trotzdem cool werden, aber nicht so entspannend, wie ich es gerne hätte.
Millie Marotta: Wundervolles Tierreich 9/10 Ich bin sicher, es war eins von Millie Marottas Ausmalbüchern, das mein Interesse wiedererweckt hat. Die Motive sind sehr detailliert, etwas abstrahiert und geometrisch. Ein großer Pluspunkt ist, dass man dadurch stundenlang an einem Motiv sitzen kann und ein Buch sehr lange vorhält. Die Muster sind etwas repetitiv, was einerseits eine meditative Wirkung hat – andererseits kann das nach einer Weile etwas langweilig werden. Falls man genug Zeit hat, um diesen Punkt zu erreichen.
Johanna Basford: Mein geheimnisvoller Dschungel 9,5/10 Ich habe zwei Ausmalbücher von Johanna Basford sowie ein Anleitungsbuch: How to Draw Inky Wonderlands. Ihre Zeichnungen haben natürliche Formen, keine geometrischen Elemente. Jedes Buch hat einen Hauch Magie in den Motiven. Ähnlich wie in Marottas Ausmalbüchern kann man sich hier gut in den Details verlieren, aber die Details sind keine winzigen Blattformen, die zusammen den Hals eines Vogels bilden, sondern ein Gestrüpp, ein Regal voller Krimskrams, oder eine Szenerie, die eine Doppelseite ausfüllt. Anders als bei Marotta gibt es jedoch Gelegenheit zum Schattieren und Farben ineinanderfließen lassen. Anders als bei Rosanes ist es kein Verlust, nur mit billigen Filzstiften zu arbeiten. Die 0,5 Punkte Abzug sind rein subjektiv – besagte Doppelseiten können leicht zu Entscheidungsmüdigkeit führen.
Unter dem Motto „Misch dich ein“ finden vom 20. März bis zum 2. April die Internationalen Wochen gegen Rassismus in Greifswald statt. Was hier so passiert, erfährst du in diesem Artikel.
Die Stiftung gegen Rassismus koordiniert jährlich Modellprojekte und Veranstaltungen, die zum Abbau von Rassismus und der Ausgrenzung von Minderheiten allgemein beitragen sollen. Nicht zu verwechseln mit dem festival contre le racisme, das später im Jahr ansteht.
In Greifwald wird sich bereits an vielen Orten eingemischt, mit Demos, Gegendemos und Vorträgen, organisiert u.a. vom Bündnis Greifswald für Alle. Es könnte ein sehr weltoffener Eindruck entstehen, wären da nicht diejenigen Demonstrationen oder „Spaziergänge“, die erwähnte Gegendemos notwendig machen. Kürzliche Proteste gegen Geflüchtetenunterkünfte sind ein aktuelles Beispiel dafür, wie viel Arbeit in dieser Hinsicht noch zu leisten ist.
Programm
Was? Fotoausstellung: “Leben ohne Rassismus 2.0” Wann? 01. März bis 30. April Wo? STRAZE Dazu eine Finissage am 25. April um 19 Uhr
Was? Infostand: Betriebliches Beratungsteam MV Wann? 21. März von 14 bis 18 Uhr Wo? STRAZE
Was? Vortrag: „Lagebild Rassismus in MV. Erfahrungen von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern“ Wann? 22. März um 18 Uhr Wo? Rathaus
Was? Film: Aşk, Mark ve Ölüm – „Liebe, D-Mark und Tod“ Wann? 23. März um 20 Uhr Wo? STRAZE
Was? Gestaltungsprojekt zum Mitmachen: „MUT VERVIELFÄLTIGEN“ Wann? 23. und 30. März von 16 bis 18 Uhr Wo? STRAZE Hier kannst du dich dafür anmelden.
Was? Theater: „Auch Deutsche unter den Opfern – Ein Rechercheprojekt zum NSU von Tuğsal Moğul“ Wann? 24. März um 18 Uhr Wo? STRAZE
Was? Gesprächsprojekt: „Lebendige Bibliothek“ Wann? 25. März, 31. März und 01. April Wo? an verschiedenen Orten
Was? Vortrag und Diskussion: „Antislawischer und antiosteuropäischer Rassismus: für eine Osterweiterung der Rassismusdebatte“ Wann? 28. März um 19:30 Uhr Wo? Koeppenhaus
Was? Lesung: “Klar bin ich von hier! Was ein schwarzer Junge in Deutschland erlebt” von Sabine Priess Wann? 31. März um 8 Uhr und um 10 Uhr Wo? Stadtbibliothek
Was? Workshop: “So war das doch gar nicht gemeint! – Alltagsrassismus verstehen und begegnen” Wann? 31. März von 12 bis 15 Uhr Wo? STRAZE
Was? Film und Gespräch: “Die Schwimmerinnen” Wann? 1. April um 18 Uhr Wo? IGS Erwin Fischer
Weitere Infos zu den Programmpunkten findest du hier.
Die letzte Woche vor Weihnachten ist angebrochen, Heiligabend nur noch fünf Tage entfernt. Wer an diesem Punkt noch nicht alle Geschenke beisammen hat, muss sich unter Umständen zügig und spontan etwas einfallen lassen – viele von uns haben sicher diese Familienmitglieder oder Freund*innen, denen wir gerne etwas schenken möchten, für die uns aber kaum etwas Gutes einfällt.
Es stellt sich also die Frage: Wie findet man am leichtesten etwas?
Nun gibt es ein paar Optionen. Man könnte beispielsweise einschlägige Internet-Suchmaschinen zu Rate ziehen. „Geschenke“ wird in der Suchleiste automatisch vervollständigt mit:
für Männer
für Frauen
für Schwester
für Mama
für Freunde
für Paare.
Das sind ziemlich große Kategorien. Natürlich lernt die Suchhilfe dazu, wenn man etwas davon anklickt – es gibt ja auch Brüder, Schwestern, Freund*innen, und es scheint auch einen Unterschied zu machen, von wem das Geschenk kommen soll. Klingt sinnvoll.
Aus den Ergebnissen kann man einiges lernen. Du hast aber Zeitdruck und brauchst Ideen, also hier das Wichtigste in Kürze: Männer scheinen sich oftmals nichts zu wünschen, oder schon alles zu haben. Die Ergebnisse beinhalten rustikale Designs mit viel Holz, einige zielen auf Nostalgie oder Humor ab – wie der „Toilet Timer“, das Kartenspiel „Arschkarte“, oder das „Verjüngungsduschgel“. Praktische Gegenstände und technische Gadgets, die nicht unbedingt praktisch sein müssen, wenn sie cool genug aussehen, sind auch im Rennen. Beachte nur das farbliche Design. Und wenn du Alkohol verschenkst, sollte es Whiskey sein. Positiv überrascht bin ich von einem weit oben vorgeschlagenen „Therapeutische[n] Kuscheltier“. Dieses Geschenk würde ich durchaus für die Männer in meinem Leben in Erwägung ziehen.
Die „Geschenke für Frauen“ beinhalten einige Vorschläge, die auch bei den „Männergeschenken“ auftauchen, einige sind sogar identisch (unter anderem das offenbar universell einsetzbare „Verjüngungsduschgel“ – ein wahres Wundermittel!). Vielleicht hätte man sich die spezifischen Kategorien auch sparen können? Werkzeuge für Frauen sollten allerdings für den Garten sein, und es steht wesentlich mehr Schmuck zur Auswahl. Die weiblichen Menschen in deinem Umfeld freuen sich sicher auch über Kuscheldecken und Pflanzen, egal ob echt oder fake. Insbesondere die Pusteblume im Glas sollte vielleicht lieber nicht echt sein. Mein Lieblingsvorschlag: Zwei Artikel direkt auf der ersten Seite sind als „Vatertagsgeschenk“ betitelt.
Die Buchhandlung und das „Geschenkpapier für Männer“
Natürlich müssen diese kategorisierten Vorschläge nicht ausnahmslos schlecht sein. Vielleicht lässt du dich davon inspirieren und erinnerst dich beim Scrollen daran, dass deine Schwester wirklich gerne diese Art von Schmuck trägt, dass dein bester Freund sich im letzten Lockdown einen Bart wachsen ließ und nun nach entsprechenden Pflegeprodukten sucht, oder daran, dass deinem*r Freund*in immer kalt ist und er*sie noch weniger als fünf Decken in der Wohnung hat.
Du kannst dieses Prinzip aber auch blind durchziehen, wie einige Kund*innen des Buchladens, in dem ich vor ein paar Jahren gearbeitet habe. Es kam leider nicht selten vor, dass erwachsene Menschen herein kamen, und auf meine Frage „Kann ich Ihnen helfen?“, antworteten: „Ich suche ein Geschenk für [meinen Neffen/meine Nichte/ein achtjähriges Kind].“ Ich ging einfach mal davon aus, dass das Kind gerne las. Thematische Präferenzen konnten mir aber nur wenige mitteilen. „Meine Mutter hat Geburtstag, was empfehlen Sie da?“ Also meine Mutter hat einen ziemlich breit gefächerten Geschmack, das gibt mir keine guten Anhaltspunkte. „Was liest sie denn sonst gerne?“ – „Romane, glaub ich.“ Ah. Eines Tages betrat eine ältere Dame den Laden. „Ich suche ein männliches Geschenkpapier.“ Interessante Formulierung. Man kann sich nun durchaus zusammenreimen, was sie wahrscheinlich damit meint. Es soll keine Blumen oder Feen als Motiv haben, vielleicht auch nur einfarbig sein, allerdings keine „Mädchenfarbe“ haben. Aber danach hat sie nicht gefragt. Neben der Tür gab es einen Ständer mit den vier Geschenkpapieren, die wir zur Auswahl hatten, also wies ich sie darauf hin. Immerhin kennt sie den Mann, um den es geht, höchstwahrscheinlich besser als ich. Die vorhandenen Rollen sehen alle nicht sehr „männlich“ aus. „Aber welches davon würden Sie für einen Mann empfehlen?“ fragt die alte Dame die 17-jährige, weiblich gelesene Person an der Kasse. Ich bin jetzt wohl Expertin für was „Männer“ mögen. Ich bekomme keine Lieblingsfarbe aus ihr heraus, also bekommt sie das eine Geschenkpapier, das keine blumigen Motive hat.
Du liest diesen Artikel, also bist du den schlechten Ideen schon einmal ein paar Schritte voraus. Die guten Ideen können nicht mehr weit sein.
How (not) to ask for Geschenkwünsche
Frag nicht. Führe eine Liste, am besten das ganze Jahr oder ein paar Monate lang. Kleinste Hinweise auf etwas, das sich die Person wünscht oder braucht oder worüber sie sich freuen könnte, auch wenn kein expliziter Wunsch geäußert wurde – schreib sie auf.
Statt „Was wünschst du dir zu Weihnachten?“ frage: „Was denkst du, was du von mir bekommst?“ Deute an, dass du schon etwas hast – das kann den Druck von der befragten Person nehmen, dir etwas aufzutragen.
Hat die Person, die du beschenken willst, Hobbys? Entsprechendes Zubehör kann teuer werden. Wenn Materialien verbraucht werden, z.B. Farbe oder Wolle, kann man selbst dazu tendieren, preiswertes zu kaufen, das nicht sehr hochwertig ist. Hochwertiger Ersatz ist also immer eine gute Geschenkidee!
Wenn jemand wirklich nie Wünsche hat, und die Hobby-Idee nicht funktioniert, kannst du ruhig etwas alltäglicher denken. Ein Geschenk muss nicht immer etwas Ausgefallenes oder Besonderes sein, es kann auch z.B. ein Stift sein, der super schreibt und austauschbare, leicht auftreibbare Minen hat. Etwas, das sich abnutzt. Oder etwas, das den Alltag etwas schöner macht, wie ein Kaffeesirup, ein hübsches Notizheft, oder eine besonders gut riechende Handseife.
Hast du selbst ein Hobby? Entsteht dabei ein verschenkbares Endprodukt? Bingo.
Ein Geschenk muss nichts Materielles sein. Insbesondere Last Minute. Gibt es etwas, das du gerne mit dieser Person machst, oder etwas, das du für sie machen könntest? Du kannst auch fragen, ob sie etwas bestimmtes gerne tun würde im nächsten Jahr. Und dann schreibst du einen entsprechenden Gutschein.
Am Ende des Tages gibt es viele Optionen, die schnell umsetzbar und persönlich genug sind. Manchmal wünschen Menschen sich auch einfach mehr Zeit mit dir, setzen es aber nicht auf eine Wunschliste. Mir fällt immer wieder auf, wie dominant der Drang ist, Menschen Dinge zu schenken, die gekauft wurden. Das ist wie man Weihnachten feiert. Wir haben es schließlich immer so gemacht. Aber was ist es, worüber sich deine Liebsten am meisten freuen? Könnten sie es wirklich meinen, wenn sie sagen „Ich wünsche mir nichts“? Könnte es genug sein, einfach den Tag miteinander zu verbringen? Jedes Jahr beobachte ich, wie meine Familie mütterlicherseits vor Weihnachten sagt: „Dieses Jahr schenken wir uns nichts!“ Dann, ein paar Tage vor dem 24., fragt mich meine Oma, was sie meiner Mutter schenken könnte. Aber sie wollte doch nichts. Dann beschwert sich meine Mutter, dass sich niemand an die Abmachung gehalten hat. Und alle beschweren sich, wenn sie sich zu keinem der Feiertage besuchen.
Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die stürmische Liebe zum Herbst gehen.
Lasst uns den Herbst romantisieren. Was bleibt uns anderes übrig? Man kann sich viel über jede Jahreszeit aufregen: Der Winter ist zu kalt und nass und dunkel, im Sommer ist es zu heiß, viel zu früh hell und Insekten sind überall, und im Frühling sterben Allergiker*innen sämtliche Tode, vor denen sie der Winter verschont hatte. Genauso über den Herbst. Ich denke viele mögen ihn nicht, weil sie sich nicht vom Sommer verabschieden wollen. Weil sich die Sonne und das Gefühl, alles und jede*r sprühte vor Leben, langsam zurückziehen. Es wird gewelkt und verblüht. Es wird kälter. Nasser. Windiger.
Ich finde nass und kalt auch nicht super, trotzdem ist Herbst meine Lieblingsjahreszeit. Ich liebe es, mich vom Sommer zu verabschieden. Sommerliche Wärme ist mir schnell zu viel, ich bekomme nichts gebacken (haha). Ein Spiegelei auf dem Asphalt hat mehr Elan als ich, wenn Temperaturen die 24-°C-Markierung hinter sich lassen. Der Moment, in dem sich spät im August oder früh im September die Luft abkühlt, ist mit Leichtigkeit einer meiner Top 3 im Jahr. Aber nicht nur das.
Herbst und Essen
Es wird langsam kühler, warme Mahlzeiten gewinnen wieder mehr an Wertschätzung. Jedes Jahr gibt es einen Zeitpunkt, wo ich dringend eine Suppe kochen will. Sie sind sonst nie meine erste Wahl. Aber sie haben etwas umarmendes – ich kann mich nicht in eine Badewanne legen, also koche ich eine Suppe und lasse sie denselben Effekt wirken. Natürlich schwingt ein Hauch von „Suppen sind gesund“ mit, wenn ich mehr Gemüse kleinschneide und hineinwerfe, als ich normalerweise in einem Monat esse. Angebratener Knoblauch, Zwiebeln, cremige Soßen, Käse auf allem, das sich nicht aktiv wehrt. Und die Küche riecht warm und einladend. Extrapunkte für Mahlzeiten, die ich aus Schüsseln essen kann. Was ebenfalls exponentiell steigt, sind die Tassen Tee pro Tag. Wenn sich kochen anfühlt wie Self Care, ist zumindest für den Moment alles in Ordnung.
Herbst und Übergangsjacken
Genauso geht es mir mit Übergangsklamotten. Kuschelige Pullover, Jacken, Schichten … Der Mensch ist wahrlich eine Zwiebel. Ist es nicht ein massiver Vorteil, wenn Kleidung kuschelig sein kann? Und wandelbar? Zugegeben, ich finde es super, im Sommer weniger Wäsche waschen zu müssen, weil man da einfach nicht viel Stoff tragen kann. Aber ich brauche auch in keiner anderen Jahreszeit so dringend eine Extratasche, weil Jackentaschen ausfallen und die an meinen sommerlichen Kleidungsstücken wirklich nicht optimal sind. Wenn vorhanden. So sehr es andere nervt (und mich, wenn ich mich ohne Schirm von Regen überrascht finde), ich bin Team „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“.
Herbst und Romantik
Okay, das könnte man im Winter ja auch alles gut finden. Aber da gibt es noch etwas anderes. Das Licht, die Luft. Für den Geruch nach Regen und Erde und verwesenden Blättern nehme ich die Kälte gerne in Kauf. Dramatisch wechselhaftes Wetter macht jeden Tag ein bisschen besonders. Wenn ich Greifswald im Herbst sehe, verstehe ich Künstler*innen der Romantik. Ich möchte das goldene Leuchten der ersten gelben Blätter in der Vormittagssonne festhalten und mich daran wärmen. Ich möchte den Mond in Ölfarben malen, wie er schon früh am Abend groß und hell in den Bäumen sitzt, über dem Feld, zwischen den Wolken. Straßenlaternen sehen kleiner aus neben ihm. Sie spenden zusammen ein warmes Licht, das hier und da in der diesigen Luft hängen bleibt. Der Wind fühlt sich nach Veränderung an. Gleichzeitig riecht die Luft nach einem spezifischen Tag, an den du dich nur vage erinnerst, du warst vielleicht fünf, vielleicht elf, an einen Moment, der dir glasklar vor Augen liegt. Du gehst die Straße entlang und plötzlich fühlst du dich, als könntest du eine andere Person werden, wenn du einfach nicht aufhältst, was die Zeit jetzt mit dir macht.
Herbst und Halloween
Ich frage nicht mehr nach, beschwere mich nicht mehr über weihnachtlich assoziierte Kekse, wenn sie Ende August in Supermärkten auftauchen, seit ich in einer solchen Übergangssaison Spekulatius-Regalen gegenüber an der Kasse saß. In einer Woche kam derselbe Kommentar von circa fünfzig Kund*innen. Jedes Jahr früher? Nein. Aber, wenn du mich fragst, jedes Jahr ein bisschen zu früh. September ist dazu da, um zu verdauen, dass das Jahr wieder „fast vorbei“ ist, Oktober ist Halloween, und November ist eine Gratwanderung zwischen Herbst und Mariah Carey. Halloween ist mein Lieblings-„Feiertag“ – völlig zwanglos, niemand erwartet eine Feiertagskarte oder Festtagswünsche auf anderen Wegen. „Das liegt daran, dass das kein Feiertag ist. Wenn überhaupt, ist Reformationstag.“ Gut, aber den feiert in meinem Umfeld auch niemand. Seit meiner Kindheit habe ich mich immer gerne verkleidet und damals ein bisschen geärgert, wenn es Ende Oktober kalt war und ich eine Jacke über dem Kostüm tragen musste – an dem einen Tag im Jahr, an dem dieses Hobby akzeptabel war. Oh, die Optionen. Die Freiheit. Ich war schon immer introvertiert, das letzte, was ich wollte, war aufzufallen. Da kam es mir natürlich entgegen, wenn es an einem Tag im Jahr gesellschaftlich akzeptabel ist, wenn nicht sogar erwartet wird, dass man mal von „normal“ abweicht. Und wenn keine Partys zustande kommen, kann man wunderbar Horror- und Halloween-Filme gucken, für die man eventuell zu anderen Zeitpunkten nicht in Stimmung ist. Ich bin auch immer für Horror-Podcasts und Graphic Novels zu haben. Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht diejenige bin, die nachts das Licht ausmachen muss.
Die Stichwahl um das Amt des*der Greifswalder Oberbürgermeister*in steht vor der Tür. Am Sonntag, dem 26. Juni 2022, öffnen die Wahllokale erneut von 08 – 18 Uhr ihre Türen, und Wahlberechtigte sollen sich entscheiden: Dr. Stefan Fassbinder oder Prof. Dr. Madeleine Tolani? In diesem Artikel findet ihr noch einmal gebündelt die Informationen, die ihr für die Wahl braucht.
Wie es die Wahlplakate noch immer von den Laternenpfählen rufen, reichten die Stimmen keiner Kandidat*innen für den Gewinn der OB-Wahl vor fast zwei Wochen. Die beiden ersten Plätze belegten Dr. Stefan Fassbinder (Bündnis 90/Die Grünen), seit 2015 amtierender Oberbürgermeister, mit 48,54% der Stimmen, und Prof. Dr. Madeleine Tolani (CDU), mit 33,14%. Es sind mindestens 50% + eine Stimme notwendig, um die Wahl zu gewinnen. Diese Zahlen klingen, als wäre die Wahl fast entschieden. Trotzdem ist es nun besonders wichtig, sich an der Stichwahl zu beteiligen: Am 12.06. stimmten nur 40,84 % aller Wahlberechtigten ab. Das sind immerhin ein paar Wähler*innen mehr als bei der OB-Wahl 2015 – in dem Jahr wurden nicht einmal die 38% erreicht, weder im ersten Durchlauf, noch in der Stichwahl. Auch damals waren Bündnis 90/Die Grünen und die CDU auf den obersten Plätzen. Heute wissen wir, wie die Wahl ausgegangen ist. Aber wer würde annehmen, dass der amtierende Oberbürgermeister mit einem Vorsprung von lediglich 0,1% gewann? Greifbarer formuliert waren dies nur 15 Stimmen. „Meine eine Stimme zählt eh nicht“ sollte damit als Argument fürs Nicht-Wählen entsorgt werden. Insbesondere, wenn das nächste lautet: „[Kandidat*in] gewinnt doch sowieso“.
Was mache ich, wenn ich meine Wahlbenachrichtigung versehentlich schon weggeworfen habe? Kein Problem, nimm einfach deinen Personalausweis oder Reisepass mit. Hauptsache, du wählst.
Werden neue Stimmzettel gedruckt? Ja, es stehen nur noch Prof. Dr. Tolani und Dr. Fassbinder zur Auswahl.
Muss ich wieder Briefwahl machen, wenn ich beim ersten Mal Briefwahl gemacht habe? Du bekommst auf jeden Fall die Unterlagen. Diese kannst du zuhause ausfüllen und per Post verschicken, oder persönlich im Briefwahlbüro in der Walther-Rathenau-Straße 11, an den Infotheken im Rathaus oder im Stadthaus abgeben.
Ab wann ist die Briefwahl wieder direkt in der Rathenaustraße möglich? Seit letzten Donnerstag, dem 16. Juni, 13:30 Uhr, werden die neuen Briefwahlunterlagen ausgereicht. Der Wahlzettel kann dort direkt ausgefüllt werden. Du brauchst deinen Personalausweis oder Reisepass und die Wahlbenachrichtigung. Notfalls kannst du auch ohne die Benachrichtigung hingehen.
Wie kann ich das Angebot der Briefwahl wahrnehmen, wenn ich beim ersten Wahlgang im Wahllokal gewählt habe? Für Briefwahl per Post konnten die Unterlagen online beantragt werden, Einsendeschluss für die ausgefüllten Rücksendungen war allerdings gestern. Alternativ kann bereits im Wahlbüro der Rathenaustraße gewählt werden.
Erhalten die Wahlhelfer*innen ein neues Anschreiben? Nein. Die Information, ob sie auch bei der Stichwahl im Einsatz sein sollten, steht auf den Berufungsschreiben vom ersten Wahlgang.
Was: OB-Stichwahl Wann: Sonntag, 26.06.2022, von 08 bis 18 Uhr Wo: im Wahllokal deines Wahlbezirks Weitere Informationen: direkt auf der Website der Stadt Greifswald
Hier könnt ihr das aktuelle Video von moritz.tv sehen.
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