von Carsten Schönebeck | 05.07.2011
Liebe Leser, nach den Vorfällen der vergangenen Woche hat sich Torsten Heil auf eigenen Wunsch aus dem Kolumnenprojekt zurückgezogen. Wir bedauern diese Entscheidung, wenngleich wir Verständnis dafür haben. An diesem und den nächsten zwei Dienstagen erwarten euch nun Kolumnen von Gastautoren.
Carsten Schönebeck (26) studiert Politikwissenschaft. Von 2009 bis 2010 war er webMoritz-Chefredakteur.
Samstagabend auf einem Dorffest in der mecklenburgischen Provinz: Es schüttet aus allen Schleusen des Himmels, die Menschen drängeln sich unter die wenigen Zelte. Während ich noch überlege ob ich unter der winzigen Überdachung des Getränkeausschanks stehenbleibeoder ob ich durch den strömenden Regen zum Zelt laufen soll, gesellt sich ein Mann mittleren Alters zu mir. „Drei Whiskey-Cola, aber ordentliche!“ bestellt er.
An der Artikulation glaube ich wahrzunehmen, dass das nicht die ersten drei heute Abend sind. Der Mann ist vielleicht Anfang vierzig, nicht muskulös aber drahtig. Sein Gesicht ist kantig und trägt die Art von Bräune die nicht vom letzten Teneriffa-Urlaub stammt. Er sieht aus wie ich mir jemanden vorstelle, der sein Geld mit eigener Hände Arbeit verdient.
Dann dreht er sich zu mir: „Scheißwetter“, raunt er. Und da ich auf dem ganzen Fest nur zwei Leute kenne, ergreife ich die Gelegenheit beim Schopf und versuche Konversation zu machen. „Das hört bestimmt gleich auf“, antworte ich freundlich. Der Mann schaut mich verkniffen an: „Biste’n Bauer?“ – „Nein“ – „Dann haste auch keine Ahnung.“ Er greift die drei Pappbecher vom Tresen und verschwindet in den Regen Richtung Zelt. Das war’s. Der Versuch des Smalltalks zwischen angehendem Akademiker und der vermeintlich einfachen Bevölkerung ist geplatzt. (mehr …)
von Carsten Schönebeck | 11.05.2011
„Uni brennt“ – Das Motto der Hörsaalbesetzungen im Herbst 2009 findet ab dem kommenden Donnerstag in einer Veranstaltungsreihe seinen kulinarischen Höhepunkt: „Grillen an Ruinen“ betitelt der Allgemeine Studierendenauschuss (AStA) in Zusammenarbeit mit mehreren Fachschaftsräten eine Veranstatungsreihe die auf die baulichen Probleme der Greifswalder Institute aufmerksam machen soll.
(mehr …)
von Carsten Schönebeck | 23.01.2011
In der zweiten Januarwoche waren in Greifswald rund 12.000 Studenten aufgerufen ihre Vertreter für den akademischen Senat zu wählen. Die Senatoren Solvejg Jenssen, Pedro Sithoe, Thomas Schattschneider und Korbinian Geiger, Alt-Senator Alexander Schulz-Klingauf und der ehemalige Präsident des Studierendenparlaments Frederic Beeskow haben nun Einspruch gegen das Ergebnis des Urnengangs eingelegt. Ihrer Überzeugung nach hat die Leitung der Medizinischen Fakultät ihre Mitglieder unzulässig beeinflusst, indem sie ihren Studenten nahe legte ihre Stimmen an die „Offene Liste Volluniversität“ zu geben. Die Liste setzt sich mehrheitlich aus Fakultätsangehörigen zusammen und würde nach dem derzeitigen Wahlergebnis in den nächsten Semestern vier von zwölf studentischen Senatoren stellen.
Kanzler und Wahlleiter Dr. Wolfgang Flieger
Am vergangenen Donnerstag haben die sechs Studenten bei Rektor Professor Rainer Westermann Einspruch gegen dieses Ergebnis eingelegt. Keiner von ihnen hatte in diesem Jahr für den Senat kandidiert. In ihrem Schreiben, das dem webMoritz vorliegt, bemängeln die Studenten die Verletzung der Neutralität, zu der die Fakultätsleitung ihrer Ansicht nach verpflichtet gewesen wäre.
Wahlempfehlung per Rundmail
Der Vorwurf gründet sich auf einer Rundmail des Studiendekanats an alle Zahn- und Humanmedizinstudenten vom 11. Januar 2011 mit einem Hinweis auf die Abstimmung. In der Mail, die uns ebenfalls vorliegt, heißt es:
Wie Sie wissen, eröffnet eine hohe Wahlbeteiligung die Möglichkeit, dass aus der Gruppe der Studenten die Kandidaten der Medizinischen Fakultät an den Entscheidungen der Universität im Senat und an den Entscheidungen der Medizinischen Fakultät im Fakultätsrat zukünftig beteiligt werden. In diesem Jahr gibt es aus der Gruppe der Studenten 3 Wahlvorschläge (Listen). Die Kandidaten der Medizinischen Fakultät sind zum größten Teil auf dem Wahlvorschlag
„Offene Liste Volluniversität“ eingetragen.
Die Unterstützung dieser Liste ist besonders wichtig, wenn die studentischen Vertreter der Medizinischen Fakultät in den Senat gewählt werden sollen.
Im weiteren Text wird kurz auf das Wahlsystem eingegangen und eine „Auflistung der Kandidaten mit einer kurzen Vorstellung“ im Anhang angekündigt. Dabei handelte es sich um einzelne Passagen aus der Wahlzeitung des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Dabei wurden zwar korrekt die Namenslisten aller vier (sic!) Listen wiedergegeben. Die Kurzvorstellungen wurden jedoch nur von Kandidaten der „Offenen Liste Volluniversität“ vollständig übernommen. Bei den anderen drei Wahlvorschlägen sind lediglich die Informationstexte der Medizinstudenten aufgeführt. Alle anderen wurden entfernt. Das Dekanat stand am Wochenende nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung.
Wahlwiederholung gefordert
Thomas Schattschneider
„Wir erwarten, dass das Rektorat unserem Einspruch stattgibt und die Wahlen Anfang April wiederholt werden.“, erklärte Thomas Schattschneider gegenüber dem webMoritz. Auch wenn es begrüßenswert sei, dass sich die Fakultätsleitung für eine höhere Wahlbeteiligung einsetze könne man nicht hinnehmen, dass von ihr Kandidaten bevorzugt beworben würden. „Da geht es um Grundsätze der Demokratie“, so Schattschneider.
2011 war die Wahlbeteiligung der Mediziner mit rund 15 Prozent erneut die höchste der fünf Fakultäten. Neben vier Vertretern der „Offenen Liste Volluniversität“ konnten sich auch die drei Medizin-Kanidaten der anderen Listen einen Sitz sichern. Das in der Medizin auch in den vergangenen Jahren Dozenten empfahlen für die Kandidaten der eigenen Fakultät zu votieren, galt bis dato als offenes Geheimnis an der Universität.
Bilder:
Foto Schattschneider – Sandro Teuber
Foto Flieger – Carsten Schönebeck
Titelbild (Wahlzettel) – ridcully via flickr
Titelbild groß (Wahlzettel ausfüllen) sebastian2 via jugendfotos.de
von Carsten Schönebeck | 15.01.2011
Am vergangenen Freitag gegen 17 Uhr wurde das vorläufige Endergebnis der StuPa-Wahl 2011 bekannt gegeben. Allerdings kann sich dieses, nach Angaben von Wahlleiter Stefan Damm, durchaus noch verändern. Bei sechs Stimmzetteln soll der Wahlprüfungsauschuss in den kommenden Tagen noch über die Gültigkeit entscheiden. Diese sind bisher nicht eingerechnet worden.
Erneut überraschender Wahlsieg
Die meisten Stimmen (238) konnte Paula Oppermann auf sich vereinen, fast 20 Prozent der Urnengänger gaben ihr eine Stimme. Erneut wird die StuPa-Wahl damit von einer Überraschungskandidatin gewonnen – auch in den vergangenen beiden Jahren hatten bis dato eher unbekannte Kommilitonen (Anne Klatt, Matthias Müller) den Spitzenplatz belegt. Als Wahlsieger dürfen sich in diesem Jahr die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD, Kurz Jusos, fühlen. Sie konnten all ihre Kandidaten ins Parlament bringen und daneben auch Spitzenplatzierungen einfahren. Nach einem Einbruch 2010 knüpfen die Jungsozialisten an alte erfolge an. In diesem Jahr verteilen sich Stimmen und Sitze wie folgt auf die unterschiedlichen Gruppen:
Geteilte Freude kann man bei den Grünen vermuten. Alle vier Kandidaten belegen gute Plätze und sitzen ab April im Parlament.Rechnet man im Durchschnitt wieviel Stimmen pro Kandidat die einzelnen Gruppen bekommen haben, liegen sie sogar knapp vor den Jusos.
Dürfte den Grünen Stimmen geklaut haben: Wahlsiegerin Paula Oppermann
Prozentual aber verloren die Wahlsieger 2010 fast die Hälfte der Stimmen. Dafür gibt es verschiedene Erklärungsmöglichkeiten. Im vergangenen Jahr hatte man mit Alexander Schulz-Klingauf nicht nur einen Kandidaten mehr, sondern auch noch einen, der ein Stück weit konservative Lager bedient haben dürfte. 2011 geben die Grünen wohl zudem Stimmen an die Jusos und an die Wahlsiegerin Paula Oppermann.
Schwer zu bewerten ist das Ergebnis der Hochschulpiraten, die seit dem Weggang von Sebastian Jabbusch keinen profilierten Hochschulpolitiker mehr ihr eigen nennen. Im letzten Jahr hatte man sich noch 11 Prozent der Stimmen und damit eines Sitzes mehr erfreuen dürfen. Jedoch war Tristan Varbelow vermutlich eher als Zahnmediziner denn als Pirat gewählt worden, Martin Hackbarth konvertierte noch vor Legislaturbeginn zu den Jusos.
Bürgerliches Lager gewinnt ebenfalls
Enttäuschung dürfte es vor allem beim Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) geben. Die CDU-nahe Hochschulgruppe bekam prozentual nur noch gut halb so viele Stimmen wie 2010. Wichtigster Grund dafür dürfte jedoch die Abspaltung der Jungen Union-Hochschulgruppe im letzten Sommer sein. Das flügelinterne Duell geht dabei klar an die Junge Union(JU), die vier von fünf Kanidaten direkt ins StuPa schickt. Linn Görnig ist zudem erste Nachrückerin und könnte damit von der Trennung zwischen Amt und Mandat in der Greifswalder Hochschulpolitik profitieren. Denn auch AStA-Chefin Daniela Gleich hat ein Mandat errungen. Sollte sie vor der ersten Sitzung im April nicht ihren Rücktritt als Vorsitzende des Ausschusses erklären, ruht ihr Mandat zunächst. Laut Satzung wird das Parlament dann um einen Sitz aufgestockt und Göring würde direkt nachrücken.
Wie eng die beiden konservativen Gruppen in der nächsten Legislatur zusammenarbeiten liegt wohl vor allem daran, ob sich persönliche Animositäten aus dem Weg räumen lassen. Zusammengenommen kommen beide jedoch auf knapp 20 Prozent was doch wieder einen Zugewinn für die Konservativen bedeutet. Keiner von ihnen konnte jedoch eine Spitzenplatzierung erreichen. Klassenbester ist Maximilian Wolf auf Platz 13. In Gewinnen und Verlusten stellt sich das Gesamtergebnis der abgegebenen Stimmen so dar:
Liberale Hochschulgruppe (LHG) wieder „offiziell“ im StuPa
Die LHG zieht mit Alexander Wilhelm Schmidt und der ehemaligen Ökologie-Referentin Juliane Hille ins Studierendenparlament und ist damit nun wieder offiziell vertreten. Zwar waren auch 2010 zwei Liberale im „Hohen Haus“, diese waren jedoch nicht für die LHG angetreten. Enttäuscht dürfte man dort über das Ergebnis des Gruppenvorsitzenden sein: Patrick Kaatz erhielt lediglich 30 Stimmen und landete auf dem vorletzten Platz.
Der sozialistisch-demokratische Studierendenverband (SDS) brachte erneut zwei – und damit alle – Kandidaten ins Parlament und konnte seinen eigenen Stimmenanteil leicht steigern. Zudem ziehen neben Paula Oppermann auch Daniela Gleich, Erik Sintara, Christopher Bilz und Sebastian Blatzheim ins Parlament. Die „freien Kandidaten“ erhielten in diesem Jahr klar weniger Stimmen und Sitze. Im letzten Jahr hatten jedoch vor allem die StuPa-Urgesteine Thomas Schattschneider und Frederic Beeskow, sowie Matthias Müller als einziger Humanmedizin-Kandidat Stimmen gezogen.
Wieder keine klaren Mehrheiten
Man kann sich nun streiten, wie sehr sich die Sitzverteilungen verschoben haben. Im letzten Jahr hatte sich die Zusammensetzung des Parlaments durch „ruhende Mandate“ von AStA-Referenten, nicht angenommene Mandate und auch den angesprochenen „Fraktionswechsel“ von Martin Hackbarth zu den Jusos noch vor der konstituierenden Sitzung stark verändert. Als Referenz sei hier die Verteilung laut Wahlergebnis betrachtet:
Deutlich wird, dass JU und RCDS, trotz kumuliertem Stimmenzuwachs, keine zusätzlichen Mandate erhalten haben. Dagegen stärkt der Wahlsieg der Jusos den linken Flügel im StuPa. Im Nachklang der Auszählung wurde, wie auch in den vergangenen Jahren, über ein „linkes StuPa“ gesprochen. Da Fraktionsarbeit und-zwang im Parlament erfahrungsgemäß aber sehr unterschiedlich ausfallen, muss sich zeigen ob das auch programmatisch zutrifft. Jusos, GHG und SDS haben eine eigene Mehrheit im Parlament knapp verfehlt. Sie können aber auf einige der freien Kandidaten hoffen. Im letzten Jahr hatte es zudem einige gemeinsame Projekt zwischen Junger Union und den Jusos gegeben.
Junge Union profitiert leicht vom Wahlsystem
Beim Vergleich zwischen Sitz- und Stimmverteilung fällt auf, dass es in diesem Jahr kaum Verzerrungen gibt. Durch die Personenwahl hatte es 2010 deutliche Differenzen von bis zu zehn Prozent zwischen dem Stimmenanteil und den prozentualen Anteil an Mandaten der einzelnen Gruppen gegeben. Die Einführung einer Listenwahl zur Behebung dieses Problems war immer wieder Diskussionsthema in den vergangenen Jahren. Diesmal allerdings hat lediglich die die JU-Hochschulgruppe einen nennbaren Nutzen von gut vier Prozent aus dem Wahlsystem schlagen können. Alle anderen Abweichungen liegen zwischen null und zwei Prozent.
Wahlbeteiligung bricht ein
Die Wahlbeteiligung lag in diesem Jahr bei mageren 9,89%, das ist der schlechteste Wert seit 2007. Auf dem Fleischervorstadtblog findet sich eine Aufschlüsselung der Wähler nach Fakultäten. Danach haben erneut Mediziner (15%) und Naturwissenschaftler (12%) die beste Beteiligung – obwohl sie keinen einzigen Kandidaten stellten. Von den angehenden Theologen gingen, so das Blog, 7,5 Prozent zur Wahl. An der Philosophischen Fakultät gaben gerade mal sechs Prozent der Immatrikulierten ihre Stimme ab. In der Rechts- und Staatswissenschaft waren es nur fünf Prozent. Wohl auch durch die gleichzeitig laufende Urabstimmung über den Universitätsnamen hatten im letzten Jahr sogar 21,3% der Studenten das Parlament gewählt. Allerdings hatte der Wähler 2010 auch eine deutlich größere Auswahl an Kandidaten.
„Wiederholungstäter“ gewinnen die Wahl
Überhaupt hat sich das Kandidatenfeld deutlich verändert. Lediglich acht Kandidaten aus dem derzeitigen StuPa haben sich erneut aufstellen lassen. Alle acht, auch diejenigen die im Laufe des Jahres als Nachrücker ins Parlament kamen, wurden wiedergewählt. Hinzu kommen vier Kommilitonen, die den Einzug im letzten Jahr verpasst hatten, sowie Peter Madjarov der aus der Legislatur 2009 schon StuPa-Erfahrung mitbringt. Alle „Wiederholungstäter“ holten 2011 in Relation zur Wahlbeteiligung bessere Ergebnisse als bei ihrer letzten Kandidatur. Die größten Zugewinne darf StuPa-Präsident Erik von Malottki (Jusos) verbuchen, im letzten Jahr hatten ihn gut sechs Prozent gewählt, dieses Mal gab ihm beinahe jeder sechste seine Stimme. Auch Maximilian Wolff und Franz Küntzel (beide Junge Union) konnten ihre Ergebnisse deutlich verbessern.
Last but not least: Die Frauenquote bleibt gleich. Acht Mandatsträgerinnen werden im nächsten Jahr unsere Interessen vertreten. Der Anteil an Frauen im Parlament liegt also bei knapp 30 Prozent und damit knapp unter dem im Kandidatenfeld.
Fotos: Gabriel Kords, Grafiken Carsten Schönebeck (Grafiken), Sebastian Wieschowski via jugendmedien.de (Aufmacher)
von Carsten Schönebeck | 12.01.2011
Ein Kommentar
Nüchtern betrachtet könnte man auch in diesem Jahr wohl ohne Probleme ein positives Fazit der studentischen Selbstverwaltung ziehen. Sechsstellige Beträge flossen in Kultur, Sport und Medien, vor allem aber auch in die Beratungsangebote des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Und daneben haben Astanten und Stupisten erstmals seit langem auch wieder einen politischen Erfolg vorzuweisen. Die Debatte um die Lehramtsausbildung ist auf allen Ebenen von den Greifswalder Gremien befeuert worden und besser ausgegangen, als viele geglaubt haben.
Alles Sonnenschein? Weit gefehlt!
Und dennoch hört man aus vielen Ecken etwas, dass sich als „Es ist alles zu wenig. Es müsste mehr sein.“ zusammen fassen lässt. Der Slogan aus dem Kerkeling-Film „Isch kandidiere“ schwebt über den Wahlen 2011. Vielleicht ist es aber gerade zu viel: Die Ansprüche der wenigen Studierenden, die sich intensiver mit den Gremien befassen, scheinen auf die berühmte eierlegende Wollmilchsau abzuzielen. Nicht zuletzt auch, weil sich das Parlament gern selbst als solche versteht und von der Kritik mehr angestachelt als in seinem unangebrachten Höhenflug gebremst wird. Statt sich auf die eigenen Kernkompetenzen zu berufen, sagt man sich: „Sau genug sind wir –Eier, Wolle und Milch schaffen wir irgendwann auch noch.“ Dass dann die eigentlich wichtigen Dinge unter den Zeitverschwendungsdebatten um Klamotten, Briefköpfe und Publikationsverbote leiden, ist nur natürlich.
Drei Probleme für die neue Legislatur
Das Parlament ist ein Verwalter seiner eigenen Möglichkeiten. Vor allem in den Bereichen Finanzanträge und Wahlen müssen seine Kompetenzen liegen. Gerade dort aber wird das ehrenwerte Haus durch die immer stärker werdenden Hochschulgruppen belastet. Die verfolgen oftmals ihre ganz eigenen Ziele und greifen mit diesen nach den Sternen – was meist kläglich scheitert. Solange es zudem keine klaren Mehrheiten gibt enden viele Konzepte und Ideen in einem unwürdigen Geschachere. Das die Hochschulgruppen weiter an Macht gewinnen werden, lässt sich mangels unabhängiger Kandidaten für 2011 leicht prognostizieren.
Der Rückzug der drei „StuPa-Opas“ Schattschneider, Schulz-Klingauf und Beeskow verschlimmert die Situation für die kommende Legislatur. Man mag den dreien zu Recht vorwerfen, dass sie ihre persönlichen Meinungen mehr als einmal zu oft durchgedrückt haben. Entschieden hat letzten Endes aber immer das gesamte Parlament. Und ob wir glücklicher sind, wenn die „Meinungsmacher“ weg sind und uns das „Stimmvieh“ bleibt, darf bezweifelt werden.
Das dritte Problem für die kommende Legislatur: Es wird ein Beliebigkeitsstupa. Bei 27 Plätzen und 36 Kandidaten ist ohnehin davon auszugehen, dass im Laufe des nächsten Jahres jeder von ihnen mal dabei sein darf. Wer kandidiert ist auch dabei – trotz Bankenkrise könnte ein wenig Wettbewerb hier eigentlich nicht schaden. Und wer einen Blick in die Wahlbroschüre wirft, merkt schnell, dass die eigene Stimmabgabe zum Glücksspiel gerät. Die angegebenen Ziele allein lassen keine vernünftige Wahlentscheidung zu – dafür sind sie zu austauschbar. Wer also ohne Parteibuch wählt, muss hoffen, zumindest einen Kandidaten persönlich zu kennen – und den auch noch gut finden.
Düstere Aussichten für eine echte Erneuerung der studentischen Gremien. Der Sieger der Wahl steht fest: Den moritz-Medien werden im kommenden Jahr die kuriosen StuPa-Themen sicherlich nicht ausgehen.
Fotos: Sebastian Wieschowsk (Aufmacher), Natalja Weisbecker (Gesicht) beide via jugendfotos.de