von Archiv | 15.04.2005
Am 26. Januar hat das Bundesverfassungsgericht das generelle Verbot von Studiengebühren, wie es im Hochschulrahmengesetz verankert ist, gekippt. Dies bedeutet, dass nun allein die Länder entscheiden können, ob sie Studiengebühren erheben oder nicht – nicht mehr aber auch nicht weniger.
Nüchtern betrachtet, sind Studiengebühren ein sinnvoller Weg, die Lehrsituation an den Universitäten zu verbessern. Geld ist nicht der einzige, aber doch ein wichtiger Grund für die derzeit schlechte Situation an deutschen Hochschulen. Seminare mit mehr als fünfzig Teilnehmern, schlechte Ausstattung der Lehrräume und ein Professor, der nie für seine Studenten erreichbar ist – hätte die Uni mehr Geld zur Verfügung könnte sie hier Abhilfe schaffen.
Bald werden die ersten Bundesländer die Hand bei den Studenten aufhalten. Im Süden der Republik soll es bereits zum kommenden Wintersemester soweit sein. Doch ist hier auch Vorsicht geboten. Studiengebühren können nämlich nur dann zu einem Segen werden, wenn sie vernünftig eingeführt werden – und das bedeutet nachgelagert. Wer könnte schon aus dem Stand pro Semester 500 Euro oder mehr aufbringen, wo das Geld doch jetzt schon gerade so reicht? Das Kredit-Modell der KfW ist da sicher ein Schritt in die richtige Richtung, doch muss ein Alumni-Konzept das Ziel sein. Warum soll ein Arzt nicht das Studium desjenigen bezahlen, der sein Nachfolger werden soll?
Ein Letztes ist zu beachten: Die Gebühren müssen direkt den Unis zugute kommen. Wer das bezahlte Studium nur als Möglichkeit sieht, Haushaltslöcher zu stopfen, betreibt Raubbau an der Bildung.
Übrigens können Studiengebühren auch die Studenten unschlagbar stärken, denn wer bezahlt, dem steht auch eine Gegenleistung zu. Der Kunde Student hat dann ein Anrecht auf einen Seminarplatz oder ein Gespräch mit dem Professor – wenn es sein muss, rund um die Uhr.
Also, liebe Landespolitiker, führt Studiengebühren ein, doch bedenkt die Folgen.
Geschrieben von Kai Doering
von Archiv | 15.04.2005
Die Notwendigkeit von Studiengebühren will kaum jemand mehr abstreiten. Zu schlecht die Finanzlage, zu grauenvoll die Studienbedingungen jetzt schon. Wir müssen ja alle den Gürtel etwas enger schnallen undsoweiterundsofort. Studiengebühren sind jedoch leider nicht das ersehnte Allheilmittel. Studiengebühren sind als Lösung eine Fata Morgana, eine Illusion, an die man sich nur zu gern klammert.
Denn: Die ökonomisierte Auswahl des Studienplatzes ist längst bemerkbar, die Wissenschaft und ihre Ansprüche verrecken an fortgeschrittener Aufbautis Verwertbarkeitritis. Schon jetzt sind wir zudem laut OECD Schlusslicht, was den Zugang sozial Schwächerer zu Bildung anbelangt. Gerade dies ist jedoch fatal, geht es doch um die hehren Ziele, die wir uns auf unsere ach so demokratische Flagge kritzeln.
Die Abschreckungseffekte sind heute schon absehbar. Studierende, die heute bereits nebenher arbeiten müssen (Anteil an der Gesamtheit: 63 Prozent), sehen keine Möglichkeit, wie sie zusätzliche Studiengebühren finanzieren sollten. Aber würden Studiengebühren nicht ?sozialverträglich?? Pustekuchen! Die 500 Euro, die propagiert werden, sind heute schon unrealistisch. Das ?Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung? schätzt, dass mittelfristig wohl eher 2 500 Euro drin sein müssen. Wer lässt sich von solchen absehbaren Schuldenbergen denn bitteschön nicht abschrecken? Es geht um zehntausende von Euro pro Student, die die Banken uns ja sicherlich schenken werden, wenn wir keine Arbeit bekommen. Schon im März dieses Jahres meldeten einige Tageszeitungen, der ?Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken? fordere eine Abschaffung des BAFöG-Modells, ein Nebeneinander von zinslosem BAFöG und zu verzinsenden Studentenkrediten sei unsinnig. Diese Idee scheint dieser Tage ja auch schon bei Unionspolitikern salonfähig zu werden. Bildung wird zum Wirtschaftsgut. Ändert das auch wieder jemand, wenn Mittel wieder zur Verfügung stehen?
Geschrieben von Stephan Kosa
von Archiv | 15.04.2005
In der Senatssitzung am 16. Februar hat das Rektorat eine „verhaltensbedingte fristlose Kündigung“ gegen den Leiter der Pressestelle, Edmund von Pechmann, ausgesprochen.
Geschrieben von Kai Doering
von Archiv | 15.04.2005
Stellt Euch vor: Einer von euren Kommilitonen, mit dem Ihr täglich gesprochen, gefetet und gestritten habt, ist plötzlich verschwunden – heute ist das eher unspektakulär, denn unsere Welt ist groß und frei. In den 50er Jahren des Sozialismus der DDR war das anders und Liberalität gefährlich.
Arno Esch, ein 23-jähriger Rostocker Jurastudent wurde 1951 in einem Moskauer Gefängnis erschossen. Mit Arno Esch wurden fünf andere Liberaldemokraten in die Sowjetunion verschleppt und umgebracht. Acht weitere „Mitverschwörer“ erhielten lange Haftstrafen in den Gulags der UdSSR.
Was aber war damals los, und wer war Arno Esch? Ein junger Mann, im Jahr 1928 im damals litauisch verwalteten Memelland geboren, flüchtete er 1944 vor dem Krieg, der ihn dann 16-jährig als Marinehelfer zwangsweise einholte und seinen Pazifismus prägen sollte. Recht und Gerechtigkeit waren in der Nachkriegszeit der Sowjetzone ein geheucheltes Thema. Esch wollte mit einem Jurastudium an der Universität Rostock nicht nur Gewissheiten und Handhabungsformen, sondern Handlungsgewissheit.
Neben seinem Staatsexamen und seiner entstehenden Habilitation findet politische Arbeit statt. Die ist geprägt durch seine Erfahrung des Krieges und die Analyse der Zeit davor und jetzt. Esch weiß, dass nach dem Lärm der Bomben, ein Wiederaufbau mehr sein muss als Stein auf Stein – er denkt diesen Wiederaufbau grundlegend politisch und zu offenherzig. Auf keiner Veranstaltung und Kundgebung fehlt er. Er weiß, Strukturen müssen gebildet, gefestigt und liberale Werte mitgeteilt werden und: Er organisiert und baut auf.
Er will den „Liberalismus“ erläutern, erklären und methodisch entwickeln – ein Begriff, der seit 14 Jahren deutschen Wahns gerade jungen Leuten fremd ist. Denn das geschlossene Weltbild des Marxismus-Leninismus zielt darauf ab, Menschen zu verbiegen und gleichzuschalten – wie zuvor. Da muss man praktisch argumentieren und handfeste Alternativen bieten – Arno Esch arbeitet nicht provokant, eher vorsichtig, sachlich und intellektuell. Aber genau das macht den Sowjets Angst.
Esch und seine Freunde haben Hoffnungen, sie glauben an den baldigen Rückzug der sowjetischen Besatzer und an eine künftige Demokratie. So entsteht mit ihm die Rostocker Hochschulgruppe der Liberal-Demokratischen Partei (LDP). Er wird Landesjugendreferent der LDP – einer zu dieser Zeit unter dem sowjetkommunistischen Besatzungsrecht absolut legitimierten Bewegung, aus der die spätere FDP hervorgehen wird. Daraufhin ist Esch Mitglied des geschäftsführenden Parteivorstands in Berlin, der einzige aus Mecklenburg-Vorpommern.
Was war nun aber der Vorwurf an ihn und seine Gruppe? Die Anklage auf „Subversion gegen den Sowjetstaat“ sollte ausreichen, um die jungen Wissenschaftler abzuurteilen. Viele seiner Bekannten und Parteifreunde hatten die Sowjetzone schon vorher verlassen, teils aus wirtschaftlichen Gründen, teils aus politischen. Arno Esch ist geblieben, bewusst – wenn auch idealistisch – und voll Vertrauen in die Kraft demokratischer Werte wie Aufklärung, Freiheit und Fortschritt.
Die Wahlergebnisse der ersten – und auf über 40 Jahre letzten – freien Wahlen sprachen auch eine deutliche Sprache. Überall holten die Liberalen zweistellige Ergebnisse und stellten in Sachsen-Anhalt den Ministerpräsidenten.
Hans-Dietrich Genscher hat als eine seiner stillen, ersten Aktionen der Wendezeit die vollständige Rehabilitierung Arno Eschs vor einem sowjetischen Appellationsgericht bewirkt.
Was der Gruppe der „Weißen Rose“ vergönnt war – Wertschätzungen, Ehrungen, Öffentlichkeit – haben Arno Esch und seine Freunde bisher nicht erhalten. Was bleibt, ist neben der Trauer die Aufmerksamkeit für Recht und Gerechtigkeit – und für Freiheit und deren Ursachen in Geschichte und Gegenwart.
Freiheit ist ein sehr verletzliches Gut, dessen Wert meist erst umgekehrt proportional zu seiner Abwesenheit begriffen wird. Wahrscheinlich müssen wir immer wieder üben, der Kraft der Freiheit zu vertrauen und deshalb allen Anfängen wehren, die diese gefährden, dann macht auch Arno Eschs Opfer für uns einen Sinn.
Geschrieben von Robert Gabel
von Archiv | 15.04.2005
Drei Engel fürs Wohnen
Wohnraum ist ein Problem in Greifswald; das ist nichts Neues. Die mittlerweile über 10 000 Studenten wollen nicht nur in der Stadt studieren, sondern auch wohnen. Dass dies klappt, dafür sind Karl-Heinz Daus und seine zwei Mitarbeiterinnen Edda Nehls und Annette Krehmke zuständig.
?Wir wollen die Studierenden, die gerade neu nach Greifswald gekommen sind, nicht allein lassen?, sagt der Abteilungsleiter für Bau und Technik, wie Daus’ offizielle Berufsbezeichnung lautet. 846 Wohnheimplätze von der Makarenkostraße bis zur Fleischerwiese betreuen die drei von ihrem Büro in der Mensa aus. ?Wir bekommen jedoch auch Anträge, die für Stralsund oder Neubrandenburg bestimmt sind, die wir weiterleiten.? Dies liegt daran, dass das Studentenwerk auch für die beiden Fachhochschulstandorte verantwortlich ist.
Doch schon mit Greifswald haben Karl-Heinz Daus und seine beiden Mitarbeiterinnen alle Hände voll zu tun. So wurden zum vergangenen Wintersemester gut 1200 Anträge auf Wohnheimplätze gestellt. ?Wir haben alle beantwortet?, so Daus. Entscheidend sei bei der Platzvergabe die Reihenfolge der Antragseingänge. Ausnahmen bilden jedoch Schwerbehinderte sowie Studierende mit Kind, die bevorzugt behandelt werden.
Doch auch um all diejenigen, die eine Absage bekommen haben, kümmern sich die drei. So geben sie Listen mit Privatanbietern heraus, damit kein Student ohne Dach über dem Kopf seine Zeit in Greifswald beginnen muss. Ab und zu kommt es dennoch zu Problemen. ?Manch einer versteht einfach nicht, dass die Plätze irgendwann weg sind.?
Besonders stressig geht es in den Räumen neben dem Speisesaal zu, wenn es ?freie Vergabe? heißt. Hier werden zweimal im Jahr, jeweils kurz vor Semesterbeginn, die Plätze vergeben, die nicht angenommen wurden. ?Wer zuerst kommt, malt zuerst?, heißt es auch hier. ?Ab acht Uhr geht es hier hoch her?, so Daus. Mittlerweile würden Nummern vergeben, damit niemand den ganzen Tag warten müsse. ?Letztes Mal hat es bis abends um neun gedauert.?
Aber nun ist es doch sicher ziemlich ruhig geworden, wo jeder eine Bleibe gefunden hat? ?Keinesfalls?, sagt Karl-Heinz Daus und schmunzelt, ?uns liegen bereits wieder knapp 70 Bewerbungen für das Sommersemester vor.
Geschrieben von Kai Döring