von Archiv | 17.05.2005
Wie schon beim letzten Mal wird das Students Festival wieder medial durch ein FestivalTV begleitet werden. Täglich soll eine einstündige Berichterstattung über Greifswald-TV gesendet werden, voraussichtlich jeweils um 19.00 Uhr.
Hierin erfasst sein sollen laut Projektkonzeption die ?Darstellung verschiedener Sichtweisen zu verschiedenen Kulturen und den globalen Problemen unserer Weltordnung? und die Represäntation der Grundidee des Students Festivals: ?Wir setzen ein Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt?.
Eine Stunde Fernsehen erfordert jedoch mehr Arbeit, als es für den Konsumenten erscheinen mag. Ein Team von rund 50 Leuten wird nach vorangegangenen Workshops zur Einführung in die Materie audiovisueller Medienarbeit jeden Tag ab 13.00 Uhr bis in den Abend am Rotieren sein. Nach der Aufzeichnung im ?Live-on-tape-Verfahren? werden die Nachbearbeitung, die Sichtung des Materials durch Greifswald-TV und die Einspielung den Rest des Tages bis zur Sendung in Anspruch nehmen. Ungeduldige und Nichtempfänger außerhalb des Sendegebietes können die Sendung zudem weltweit über einen Livestream im Internet verfolgen. Im Fernsehen werden zusätzliche Sendungen mit Infos zu den Hintergründen laufen. Nach Abschluss des Festes soll abrundend eine Doku produziert werden, eine zusammenfassende DVD ist auch geplant.
Das Team setzt sich dementsprechend aus lauter ?guten Leuten? zusammen, wie die Chefredaktion betont. Beim FestivalTV könne jeder, auch der Neuling, allumfassende Kenntnisse in Hinblick auf Medienkompetenz erwerben. Mitwirkende lernen während ihrer Arbeit alle Bereiche der Produktion kennen, nicht bloß einzelne Sparten. Mathias und Johannes, die Chefredakteure, verwirklichen hier den Anspruch, ?professionelles? Fernsehen zu schaffen.
Ermöglicht wird das Ganze durch zur Verfügung gestellte Produktionsmittel der Mitarbeiter und Mitwirkenden, finanziert durch den FSR Kommunikationswissenschaft/ Germanistik, das Studierendenparlament und das EU-Projekt ?Youth – Jugend für Europa?. Das Landesjugendamt hat ebenfalls finanzielle Hilfe zugesagt.
Man darf wohl gespannt sein, was hier geschaffen und geschafft werden wird. Die endgültigen Sendezeiten und weitere Infos gibt es unter www.moritzTV.de, wie immer werden Flyer in der Mensa ausliegen und Greifswald-TV wird all das auch in seinen Videotext stellen.
Geschrieben von Stephan Kosa
von Archiv | 17.05.2005
?Touch the world? lautet das Motto, welches das ?Greifswald International Students Festival? vom 04. bis zum 12. Juni eine Woche lang begleiten wird. Erwartet werden ungefähr 450 Teilnehmer aus 118 verschiedenen Ländern der Welt, die im Zuge des Festivals die Möglichkeit bekommen, sich mit ihren kulturellen Erfahrungen in aktuellen Themen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auszutauschen.
Die Studenten nehmen in dieser Woche nämlich neben diversen Veranstaltungen wie Poetry Slams und Podiumsdiskussionen hauptsächlich an einem von sechs verschiedenen Workshops teil, die sich thematisch in ?Grüne Globalisierung?, ?Konflikte in der Welt?, ?Interkulturelles Lernen und Bildungssysteme?, ?Entwicklungszusammenarbeit?, ?Bioethik und Migration?aufgliedern.
Das idealistische Grundkonzept aller Workshops ist es, thematische Probleme aufzuzeigen und entsprechende Lösungsvorschläge auszuarbeiten, die mit den kulturellen Interessen aller Teilnehmer vereinbar sind. Gestaltet wird die Workshop-Arbeit maßgeblich von den beiden Groupleadern die jeweils 20 Studenten zu Diskussionen auf Englisch anregen sollen. Flexibilität wird hier groß geschrieben, denn die Teilnehmer besitzen die Möglichkeit, besonders relevante Themen noch in den Workshop zu integrieren respektive pointierte thematische Schwerpunkte zu setzen, die sich vielleicht schon während des Kennenlernens in den Internetforen ergeben.
Die Grüne Globalisierungs-Workshops erörtern die Bedeutung der Umwelt in unserer globalisierten Welt sowohl für Entwicklungs- als auch für Industrieländer. Im Zuge dessen sollen von den Teilnehmern Konzepte die zwischen den individuellen Interessen und ökologischer Nachhaltigkeit vermitteln, entwickelt werden.
Der Fokus des Workshops ?Konflikte in der Welt? liegt maßgeblich auf Krisengebieten wie die in Nahost, Ruanda und dem Sudan. Ausgehend von diesen Konfliktregionen soll der Weg zu alternativen, weil gewaltfreien, Interventionstechniken zur Entschärfung des Konfliktpotentials aufgezeigt werden. Hierfür werden die Teilnehmer von Experten in Mediationstechniken geschult. Besonders wichtig scheint den Initiatoren hier zu sein, die Brücke zwischen den theoretischen Inhalten und der praktischer Umsetzung zu schlagen. Die Studenten sollen nämlich ihre erlernten Schlichtungsfähigkeiten auch in ihrem privaten Umfeld anwenden können.
In den Gruppen des ?Interkulturelles Lernen und Bildungssysteme? stellen die Studenten die jeweiligen Bildungssysteme ihres Landes vor und vergleichen darauf aufbauend ihr Verständnis von interkultureller und sozialer Kompetenz. Das Hauptziel der Veranstaltung zeigt sich auch besonders deutlich in den anderen Workshops: Unter Auseinandersetzung mit der Einstellung ihres Heimatlandes, anderer Länder und der internationalen Gemeinschaft, wird die Bereitschaft zum Perspektivenwechsel und Verständnis gefordert. Umgesetzt wird dies, indem zum Beispiel die dispergierenden Sichtweisen der Aus- und Zuwanderungsländer zum Thema ?Migration? gegenübergestellt werden und dort die Motivationen der Menschen, die ihr Heimatland verlassen, ergründet werden. Oder in den Gruppen der ?Entwicklungs-zusammenarbeit?, wo seitens der Industrieländer die Motive und für die Entwicklungsländer der tatsächliche Effekt und Sinn der Zuwendung untersucht wird. Und selbst die Bioethik ist danach ausgerichtet: Neben der moralischen Ebene und dem Interesse der medialen Vermittlung des Themas, wird sich eine Gruppe der Thematik aus nationaler, die andere Gruppe auf internationaler Ebene annähern.
Zusätzlich werden in allen Workshopgroups zahlreiche Referenten, aus Indien, Kenia und dem Rest der Welt eingeladen, die mit einem reichhaltigen Angebot an Vorträgen einen wichtigen Beitrag zu den einzelnen Themen und für die Diskussionen leisten.
Die Referenten des Greifswalder International Students Festivals 2005 waren:
James Shikwati – Vortrag Entwicklungszusammenarbeit Thema: „The developing world needs trade not aid“
James Shikwati ist Direktor des ?Inter Region Economic Network (IREN Kenia). Er hat unzählige Artikel über Entwicklung, Umwelt, Handel und Landwirtschaft in internationalen Zeitungen unter anderem in ?The Times – London?, ?The Guardian? ?The Wall Street Journal? oder der ?The Washington Post? veröffentlicht.
Aufgewachsen in einem abgelegenen Tal im westlichen Kenia, kam James Shikwati erst in seiner Studienzeit in den frühen 1990er Jahren mit internationaler Politik in Kontakt. An der University of Nairobi lag sein Interesse bei Philosophie. Dort wurde er von einem Professor ermutigt, außerhalb Kenias neue Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln.
Nach seinem Studium unterrichtete er unter anderem an der Kiptewit High School Geografie und Ethik.
Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Unterstützung des Welthandels. Er ist der Meinung, dass Handel der Weg ist, um die Armut zu lindern. Er führte zahlreiche Gespräche mit lokalen kenianischen Meinugnsführern, um sie von der Idee zu überzeugen. Weiterhin wirkt er in verschiedenen internationalen Foren mit, die sich mit der Förderung des Handels beschäftigen (z.B.: The East African – American Business Summit, the AGOA initiative in Mauritius, and The World Trade Organization mini ministerial in Sydney Australia & The World Trade Organization ministerial meeting in Cancun and the World Economic forum in Chattanooga – USA)
Gegenwärtig ist James Shikwati der Gründer und Geschäftsführer des Inter Region Economic Network [IREN Kenya], eine unabhängige nicht-kommerzielle public policy Forschungs- und Bildungsorganisation, die marktorientierte Antworten auf derzeitige sozialökonomische und ökologische Probleme sucht.
Steffen Behrle – Vortrag Grüne Globalisierung
Thema: Einfluss der Weltbank auf internationale Umweltpolitik – Anforderung an internationale Organisationen
Steffen Behrle ist Mitarbeiter des Potsdamer Instituts für Klimaforschung. Er arbeitet an einen Global Governance Project, in dessen Rahmen der Einfluss der Weltbank auf die Umweltpolitik untersucht wird.
Steffen Behrle hat Politikwissenschaft auf Diplom am renommierten Otto Suhr Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin studiert. Als Fulbright Stipendiat hat er an der Graduate School of Duke University (Durham, NC) Politikwissenschaft, Public Policy und Soziologie studiert.
In seiner Abschlussarbeit konzentrierte er sich auf die Rolle von internationalen Organisationen in neuen Mechanismen für globale Regierungsgewalt und analysierte die Funktionen des Vereinten Nationen Umweltprogramms (UNEP) in globalen Partnerschaften für aufrechtzuerhaltene Entwicklung.
Omid Nouripour – Podiumsdiskussion Migration Thema: EU Emigration Politics
Omid Nouripour (29), Mitglied des Bundesvorstands von Bündnis 90/Die Grünen, lebt in Frankfurt und promoviert gerade im Fach Deutsche Philologie. Seit 1996 ist er Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und ist seit dem Amtantritt Roland Kochs Sprecher der Grünen Jugend in Hessen.
Sein Schwerpunkt in verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Tätigkeiten liegt in der demografischen Entwicklung der Gesellschaft, der Jugend- und Altenpolitik und beim Dialog der Religionen und Kulturen. Er ist Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft MigrantInnen und Flüchtlinge. Sein besonderes Interesse für diesen Bereich mag an der doppelten Staatsbürgerschaft liegen. Seit Juli 2002 ist Nouripour deutsch-iranischer Doppelstaatler.
Neben seiner politischen Tätigkeit für die Grünen in der Bundesrepublik war er unter anderem kooptiertes Mitglied des Landesvorstandes der Europa-Union Hessen (2000-2003) und Chef-Redakteur der Bundesweiten Immi/ Grün-Zeitschrift ?Ubi bene ibi patria? (2000).
René Röspel – Vortrag Bioethik Thema: Sicht der Bioethik aus Politik und Wirtschaft
René Röspel ist Mitglieder SPD-Bundestagsfraktion. Er ist Vorsitzender der Enquete-Kommission ?Ethik und Recht der modernen Medizin? sowie Mitglied im Umweltausschuss des Bundestages.
René Röspel wurde am 9. Juli 1964 in Hagen/Westfalen geboren. Nach dem Abitur und einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann studierte er Biologie an der Ruhr-Universität Bochum und schrieb seine Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, Dortmund. Von 1994 bis 1998 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Tumorforschung am Universitätsklinikum Essen. René Röspel ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Geschrieben von Kai Doering, Verena Lilge, Jessyca Keil
von Archiv | 17.05.2005
Visa-Hürden erschweren Reise nach Greifswald
Ein Visum für einen oder mehrere Bekannte aus dem nichteuropäischen Ausland zu organisieren, kann schon schwierig sein.
Visa für circa zwei Drittel der 450 Teilnehmer des Students Festivals in Greifswald zu erwirken, ist harte Arbeit. Das musste auch Julia feststellen, Mitglied der zuständigen Organisationsgruppe beim Festival-Team.
Was macht man also in Zeiten von Visa-Affäre und verängstigter Einwanderungspolitik? Erst einmal die doppelte Teilnehmerzahl einladen, rein prophylaktisch. Der geringste Teil der Teilnehmer wird aus Europa und Südamerika kommen, wo keine Visumspflicht besteht. Für Gäste aus der so genannten dritten Welt ist die Erlangung eines Visums jedoch kein Zuckerschlecken – obwohl jeder von ihnen eine schriftliche Einladung des Festival-Teams mit Unterschrift der Prorektoren erhielt. Außerdem hatte das Team meist noch den direkten Kontakt zu den Botschaften der jeweiligen Länder organisiert, um mögliche Unstimmigkeiten aus dem Weg zu räumen. Das Auswärtige Amt soll sich hier auch als hilfsbereit erwiesen haben.
Real sieht es nämlich so aus: Briefe kommen überhaupt nicht erst an, da das Postsystem nicht funktioniert. Schreibfehler im Namen erweisen sich als große Hindernisse, so wie bei einer Tatiana aus Russland, die mit ?Tatjana? angeschrieben wurde. Die Botschaft in Nigeria hält gar fälschungssicheres Papier mit Wasserzeichen für die Einladung für notwendig, Einladungen nach Europa könne man dort an jeder Straßenecke kaufen. In afrikanischen Ländern ist es zudem meist so, dass Männer zwischen 20 und 30 Jahren mit wenigen oder ohne familiäre Bindungen wenige Chancen auf eine Visumserteilung haben. In Ghana wurden bei 200 vorliegenden Einladungen bis zum Redaktionsschluss erst zehn Visa erteilt.
Die Lösung muss dann am Telefon gesucht werden, im Kontakt mit den Botschaften. Julia ist jedoch trotz der Widrigkeiten einigermaßen optimistisch. Durch die verdoppelte Einladungszahl arrangiert man sich mit den Widrigkeiten. Außerdem werde die Reisefreiheit bei Studentenfestivals zum Glück noch recht groß geschrieben. Die Fischer-Affäre habe so viel nicht daran geändert. Julia hofft wie die anderen Gruppenmitglieder, dass es reicht, zu ?tun, was wir können?.
Geschrieben von Stephan Kosa
von Archiv | 17.05.2005
Greifswald International Students Festival 2005
Wie fackelt man die Welt ab? Mit dieser Frage setzten sich ein paar gewissenhafte Studenten im kreativen Teil ihrer Bewerbung für das Greifswald International Students Festival 2005 (GrIStuF) auseinander.
Sie hätten eigentlich über das Thema ?Touch the world?, das Motto des diesjährigen Festivals, philosophieren sollen, doch die Pyromanen gaben einem Druckfehler den Vorrang, der wie ein Aufruf zur Rebellion klingt: ?Torch the World?!
Nach drei Jahren ist es endlich wieder soweit: 450 Studenten aus über 100 Ländern werden sich vom 4. bis zum 12. Juni in Greifswald versammeln um die Welt zu verändern. Eingeteilt in Gruppen mit maximal 20 Personen werden sich die Teilnehmer eine Woche lang mit einem der fünf zur Auswahl stehenden Themen befassen: Grüne Globalisierung, Konflikte in der Welt, Interkulturelles Lernen und Bildungssysteme, Entwicklungszusammenarbeit, Bioethik und Migration. Seit zwei Jahren läuft die Vorbereitung für das Festival. Etwa 800 Einladungen wurden an Universitäten in über 100 Länder versandt. Während sich die Resonanz aus Europa in Grenzen hält, zeigen ghanaische und ägyptische Studenten gesteigertes Interesse. Warum sich so wenige Europäer gemeldet haben, können sich Julia Gruyters und Manuel Kniep von GrIStuF e.V. nicht erklären. Die hohe Zahl afrikanischer Bewerber erinnert sie allerdings an das letzte Festival vor drei Jahren. Waren es damals Nigerianer, die entweder gar kein oder nur schwer ein Visum bekamen, so sind es in diesem Jahr vornehmlich Studenten aus Ghana. Für viele junge Afrikaner ist die Einladung nach Greifswald die einzige Chance, wenigstens für kurze Zeit ihre Heimat zu verlassen und neue Kulturen kennenzulernen. Um ausreisen zu dürfen, müssen sie bei der Deutschen Botschaft eine schriftliche Einladung vorweisen können. In einem persönlichen Gespräch prüfen die dortigen Beamten dann ihre Glaubwürdigkeit. Ob jemand unglaubwürdig wirkt, wird nach Gefühl entschieden. Konkrete Richtlinien gibt es dafür nicht. Besonders schwer ist es für ledige Afrikaner zwischen 20 und 30 Jahren ein Visum zu bekommen da es für sie viele gute Gründe geben würde, nicht wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Die Glücklichen, die es nach Greifswald schaffen, erwartet dann aber auch harte Arbeit. Ihr Stundenplan ist ziemlich voll. Das Vorurteil, die ganze Veranstaltung sei eine einzige Party, bestätigt sich wirklich nicht. Ein Problem ist allerdings, dass es in den Gruppen, abgesehen von den jeweils zwei Groupleadern, keine Deutschen gibt. Um dieses Ungleichgewicht wieder auszubalancieren, bemüht man sich rege, die hiesige Bevölkerung in die Kulturveranstaltungen einzubinden. So findet zum Beispiel am 5. Juni, dem Tag der Eröffnung, ab 10.00 Uhr der ?International Brunch? statt. Wie friedlich es auf der Erde zugehen könnte, zeigt sich im Kleinen, wenn die gegensätzlichsten Kulturen beim zweiten Frühstück auf dem Markplatz ganz entspannt an ihren Nutella-Brötchen kauen. Wer letztere satt hat, kann sich von französischem Brioche bis hin zu irischen Scones auch etwas kultivierter überfressen. Mitgebrachtes Essen ist erwünscht. Auch der Poetry Slam, der Umzug, der Interkulturelle Medienpool und der 24h-Photomarathon bieten Greifswaldern und Festival-Teilnehmern die Gelegenheit, sich kennen zu lernen. Und genau darum geht es auch den Veranstaltern. Toleranz muss sich entwickeln und kennt, laut Manuel Kniep, kein Maximum. Entstanden ist die Idee, ein Festival in Greifswald zu veranstalten, vor vier Jahren, als sich der Physik-Student Kniep mit einem Freund auf dem International Students Festival in Trondheim/ Norwegen herumtrieb. Noch ganz erfüllt von den Eindrücken, beschlossen sie auf der langen Zugfahrt nach Hause das Erlebte in Greifswald zu wiederholen. Viele Steine mussten aus dem Weg geräumt werden, bis 2002 das erste Greifswald International Students Festival stattfinden konnte. Damals gründete sich auch Radio 98.1, das ursprünglich nur als Festival-Radio gedacht war. Im Juni wird es diese Funktion wieder aufnehmen und rund um die Uhr live berichten. Wem das nicht reicht, der kann sich jeden Tag eine Stunde von Moritz TV informieren lassen (siehe Seite 28). Für alle anderen, die ihre Wohnung noch verlassen können besteht dringende Anwesenheitspflicht!
Geschrieben von Henrike Steiner
von Archiv | 17.05.2005
… und von alten Studententraditionen
Vor kurzem war es endlich soweit: Pünktlich zum Feiertag am ersten Mai zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite und bescherte uns hochsommerliche Temperaturen. Ideale Bedingungen also, um in der Walpurgisnacht gemäß der langjährigen Tradition den alten Herrn Mai zu begrüßen.
Aber Moment mal: Wen begrüßen? Wann, wieso, wo, und was soll das Ganze?
Vielleicht gehört Ihr ja auch zu den ?Neulingen?, die mit diesem schönen Brauch gar nichts mehr anfangen können.
Bis letztes Jahr war dies jedenfalls ein alljährlich wiederkehrendes gesellschaftliches ?Großereignis?. Gegen 23.30 Uhr versammelten sich in der Nacht zum ersten Mai hunderte Studenten und Ehemalige auf der Rubenowbrücke, der Wall war unpassierbar, man kam bis maximal 200m vor der Brücke durch, fand sich gegenseitig vor lauter Menschenmassen nicht wieder, und allein nach meinem Fahrrad musste ich vor zwei Jahren etwa zwei Stunden suchen.
Bei Bier und Kerzenschein wurden dann studentische Lieder aus dem ?Blauen Würger? gesungen, und pünktlich um 24.00 Uhr erschien ein als ?alter Herr Mai? verkleideter Professor und feierte mit allen die Biermesse. Und wer die nicht kennt, dem kann ich auch nicht helfen.
Ja. So war das bisher. Ich weiß nicht, wann dieses Mai-Singen das erste Mal stattfand und wer es initiierte, in den letzten Jahren sorgte Gerüchten zufolge immer der Mensaclub dafür, dass es einen alten Herrn Mai (und Bier) gab, dieses Jahr jedoch war das Ganze wohl zu kurzfristig geplant, keiner schien sich zuständig zu fühlen.
Obwohl ich nirgends etwas gehört hatte, wollte ich den pessimistischen Stimmen meiner Freunde nicht recht glauben, die keine Lust hatten, umsonst zur Brücke zu marschieren, da es schon im letzten Jahr keinen alten Herrn Mai gegeben habe. Ich war im Ausland gewesen, konnte mir aber nicht vorstellen, dass der schöne Brauch des Studentensingens innerhalb nur eines Jahres vergessen worden war. Denn ein erster Mai ohne Mai-Singen auf der Brücke…?
So machte ich mich auch in diesem Jahr gegen 23.30 Uhr frohen Mutes auf den Weg zur Rubenowbrücke, die nötige Ausrüstung (Kerzen, Würger, Alkohol) im Gepäck, und -angesichts des zu erwartenden Gedränges und aufgrund zu naher Bekanntschaft meiner Jacke mit Kerzenwachs – in alten Klamotten.
Auf dem Weg traf ich drei Mädels, die zufällig am selben Tag überhaupt zum ersten Mal etwas von diesem Mai-Singen gehört hatten. Da auf der Brücke nur drei (!) weitere Leute standen, wurden die Mädels anscheinend schnell abgeschreckt und waren kurz darauf verschwunden.
Glücklicherweise kamen noch ein paar andere – alteingesessene Greifswalder, die sich sogar extra ein Taxi genommen hatten um nur ja pünktlich zu sein -, so dass sich zumindest ein ?Vorsänger? für die Biermesse fand. Einen alten Herrn Mai gab es nämlich nicht.
Wohin soll das führen? Wären die etwa 15 Leute einer Studentenverbindung nicht gewesen, hätten wir wohl nicht mal Liederbücher gehabt, mal ganz abgesehen davon, dass einige textmäßig reichlich schwach auf der Brust waren.
In der letzten Zeit gab es kaum eine Woche ohne Studentenversammlung, Protestkundgebung, Staffellauf oder einer sonstigen Demonstration der studentischen Verärgerung angesichts Schweriner Kürzungspläne. Die meisten von uns haben wahrscheinlich öfter einen ?Protestmoritz? als eine Tageszeitung gelesen!
Aber sollten wir uns nicht mal überlegen, wofür wir eigentlich demonstrieren? Geht es wirklich um den Erhalt des studentischen Lebens und der Uni in Greifswald oder wollen wir einfach nur ein technisch und personell bestausgestatteter Massenabfertigungsbetrieb à la Berlin oder München werden?
Versteht mich nicht falsch: Ich denke auch, dass wir alle mit (fast) allen Mitteln für das Fortbestehen unserer Uni, für bessere Studienbedingungen und gegen den Stellenabbau und andere Kürzungen streiten sollten.
Aber wenn Greifswald weiterhin mit den Argumenten ?kleine, familiäre Uni? und ?älteste Uni? oder ?Uni mit Tradition? Studenten aus allen Teilen Deutschlands anziehen will, sollte man meiner Meinung nach ab und zu mal in seiner Protestbegeisterung innehalten und sich den Sinn der Proteste vergegenwärtigen, anstatt blind der studentenbedingten Masse(ndemo) zu folgen: Erhalt der Greifswalder Uni – nicht nur hinsichtlich materieller Ausstattung und Personal, sondern mit allen damit verbundenen Bräuchen und Traditionen.
Geschrieben von Julia Mai