Greifswald International Students Festival 2005

Wie fackelt man die Welt ab? Mit dieser Frage setzten sich ein paar gewissenhafte Studenten im kreativen Teil ihrer Bewerbung für das Greifswald International Students Festival 2005 (GrIStuF) auseinander.

Sie hätten eigentlich über das Thema ?Touch the world?, das Motto des diesjährigen Festivals, philosophieren sollen, doch die Pyromanen gaben einem Druckfehler den Vorrang, der wie ein Aufruf zur Rebellion klingt: ?Torch the World?!
Nach drei Jahren ist es endlich wieder soweit: 450 Studenten aus über 100 Ländern werden sich vom 4. bis zum 12. Juni in Greifswald versammeln um die Welt zu verändern. Eingeteilt in Gruppen mit maximal 20 Personen werden sich die Teilnehmer eine Woche lang mit einem der fünf zur Auswahl stehenden Themen befassen: Grüne Globalisierung, Konflikte in der Welt, Interkulturelles Lernen und Bildungssysteme, Entwicklungszusammenarbeit, Bioethik und Migration. Seit zwei Jahren läuft die Vorbereitung für das Festival. Etwa 800 Einladungen wurden an Universitäten in über 100 Länder versandt. Während sich die Resonanz aus Europa in Grenzen hält, zeigen ghanaische und ägyptische Studenten gesteigertes Interesse. Warum sich so wenige Europäer gemeldet haben, können sich Julia Gruyters und Manuel Kniep von GrIStuF e.V. nicht erklären. Die hohe Zahl afrikanischer Bewerber erinnert sie allerdings an das letzte Festival vor drei Jahren. Waren es damals Nigerianer, die entweder gar kein oder nur schwer ein Visum bekamen, so sind es in diesem Jahr vornehmlich Studenten aus Ghana. Für viele junge Afrikaner ist die Einladung nach Greifswald die einzige Chance, wenigstens für kurze Zeit ihre Heimat zu verlassen und neue Kulturen kennenzulernen. Um ausreisen zu dürfen, müssen sie bei der Deutschen Botschaft eine schriftliche Einladung vorweisen können. In einem persönlichen Gespräch prüfen die dortigen Beamten dann ihre Glaubwürdigkeit. Ob jemand unglaubwürdig wirkt, wird nach Gefühl entschieden. Konkrete Richtlinien gibt es dafür nicht. Besonders schwer ist es für ledige Afrikaner zwischen 20 und 30 Jahren ein Visum zu bekommen da es für sie viele gute Gründe geben würde, nicht wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Die Glücklichen, die es nach Greifswald schaffen, erwartet dann aber auch harte Arbeit. Ihr Stundenplan ist ziemlich voll. Das Vorurteil, die ganze Veranstaltung sei eine einzige Party, bestätigt sich wirklich nicht. Ein Problem ist allerdings, dass es in den Gruppen, abgesehen von den jeweils zwei Groupleadern, keine Deutschen gibt. Um dieses Ungleichgewicht wieder auszubalancieren, bemüht man sich rege, die hiesige Bevölkerung in die Kulturveranstaltungen einzubinden. So findet zum Beispiel am 5. Juni, dem Tag der Eröffnung, ab 10.00 Uhr der ?International Brunch? statt. Wie friedlich es auf der Erde zugehen könnte, zeigt sich im Kleinen, wenn die gegensätzlichsten Kulturen beim zweiten Frühstück auf dem Markplatz ganz entspannt an ihren Nutella-Brötchen kauen. Wer letztere satt hat, kann sich von französischem Brioche bis hin zu irischen Scones auch etwas kultivierter überfressen. Mitgebrachtes Essen ist erwünscht. Auch der Poetry Slam, der Umzug, der Interkulturelle Medienpool und der 24h-Photomarathon bieten Greifswaldern und Festival-Teilnehmern die Gelegenheit, sich kennen zu lernen. Und genau darum geht es auch den Veranstaltern. Toleranz muss sich entwickeln und kennt, laut Manuel Kniep, kein Maximum. Entstanden ist die Idee, ein Festival in Greifswald zu veranstalten, vor vier Jahren, als sich der Physik-Student Kniep mit einem Freund auf dem International Students Festival in Trondheim/ Norwegen herumtrieb. Noch ganz erfüllt von den Eindrücken, beschlossen sie auf der langen Zugfahrt nach Hause das Erlebte in Greifswald zu wiederholen. Viele Steine mussten aus dem Weg geräumt werden, bis 2002 das erste Greifswald International Students Festival stattfinden konnte. Damals gründete sich auch Radio 98.1, das ursprünglich nur als Festival-Radio gedacht war. Im Juni wird es diese Funktion wieder aufnehmen und rund um die Uhr live berichten. Wem das nicht reicht, der kann sich jeden Tag eine Stunde von Moritz TV informieren lassen (siehe Seite 28). Für alle anderen, die ihre Wohnung noch verlassen können besteht dringende Anwesenheitspflicht!

Geschrieben von Henrike Steiner