Landeskunde auf Kulinarisch

Die Bar mleczny bietet preiswerte polnische Küche in nahezu jeder größeren Stadt.
Sie ist der ideale Ort, um die polnische Rezeptvielfalt schätzen zu lernen.

Ein schönes Land will gern auch mit dem Gaumen erkundet sein. Manchmal ist es aber nicht leicht, einen Koch aufzutreiben. In vielen osteuropäischen Länder haben Restaurants entlang der Touristenroute auf Schnitzel, Pommes und Pizza umgestellt. Legendär ist das große Knödelsterben auf tschechischem Staatsgebiet Mitte der 90er Jahre. (Inzwischen wurden Knödel neben Kartoffeln und Kroketten rehabilitiert.) In West- und Südeuropa können horrende Preise den Appetit verderben. Selbst Franzosen fahren mitunter zum Speisen lieber zu den „Boschs“, wenn die Grenze nah ist.

Glücklicherweise besitzen die polnischen Nachbarn eine landesweite Institution, wo traditionell und preiswert verköstigt wird. Die Bar Mleczny (sprich: Bar Mletschnie) hat sich auf gleicher Augenhöhe mit Döner- und Pizzabuden etabliert. Zumindest in den größeren Städten. Die privatwirtschaftlich betriebenen Volkskantinen sind den Polen bei Magenknurren eine verlässliche Adresse und zugleich nostalgisches Relikt aus kommunistischer Zeit. Ins Deutsche übersetzt bedeuten die zwei Wörter – ziemlich irreführend – Milchbar. Hier schäumen weder Shakes im Becher, noch quietscht Soft-Eis aus der Düse. Gemeint ist der hohe Milchanteil der Speisen – dem Polen keine Suppe ohne Sahne.
Das sozialistische Prinzip „Warme Küche für jedermann“ erhielt sich nach der 89er-Wende. Die Staatszuschüsse für die Garküchen sind seither erheblich gesunken. Trotzdem dampft es auf den Tellern unverändert polnisch-rustikal, bei erschwinglichen Preisen. Ein Menu mit Suppe, Hauptgericht, Salat, Kompott und Getränk lässt sich schon für etwa 10 -12 Zloty (circa vier Euro) zusammenstellen.
An der Essensausgabe versuchen dichtgedrängt Studenten, Mütterchen und Manager die Kantinenordnung durch nichts aus der Routine zu werfen. Das eingeübte Verfahren: Tablett nehmen. Die Schlange an der Theke geduldig abwarten. Eine möglichst präzise und kurzatmige Bestellung für die Kittelfrau mit der Suppenkelle aufsagen. Zuletzt an die Kasse vorrücken und anstandslos bezahlen. Drei Minuten später wird das Essen durch die Küchenluke ausgerufen und dem Gast nach Gesichtskontrolle rübergeschoben. In manchen Bars gibt es zwischen den eng geferchten Sprelakat-Tischen auch einen schnörkellosen Sevierservice an den Platz. Die bunte Anordnung von Gästen und Gerichten in den Milchbars macht den Touri nicht nur satt, sie lässt ihn auch tief in den Topf des polnischen Alltags schauen. Landeskunde auf Kulinarisch.
Noch einen Tipp für den nächsten Hunger in Polen: Es sei dringend davon abgeraten, den weltoffenen Studiosus-Touristen zu mimen. Einmal an der Reihe und dann der Suppenkellenmatrone gegenüber, ist es für eine Erörterung der Speisereihenfolge – womöglich noch auf Englisch – zu spät. Küchenfrauen sind ungern Reiseleiter. Das Wort Schnellrestaurant lebt nunmal von der Betonung auf Silbe eins. Vorzugsweise lieber gleich mit einheimischen Freunden in die Bar Mleczny einkehren oder flux noch (Küchen-) Polnisch lernen.

Zupy – Suppen
Barszcz czerwony – klare Rote-Bete-Suppe
Kapusniak – Weißkohl-/ Sauerkrautsuppe
Barszcz biale – weiße Boschtsuppe
Zurek – Saure Roggenmehlsuppe
Flaki – Kuttelsuppe

Przytawki – Vorspeisen
Sledzie w smietanie – Hering in Sahne
Golonka w galarecie – Eisbein in Aspik

Pierogie – Maultaschen
Pierogie z miesem – mit Fleischfüllung
Pierogie z serem – mit Käsefüllung

Danie glowny – Hauptgerichte
Bigos – (siehe Nebenseite)
Kolduny – Fleischklöße
Zrazy – Fleischroulade mit Buchweizengrütze
Kiszka – Blutwurst mit Sauerkraut
Golabki – Kohlroulade
Kotlet schabowy – Schweineschnitzel
Szszlyk – Fleischspieß

Rybi – Fisch
Karp – Karpfen
Pstrag – Forelle

Desery – Desert und Kuchen
Nalešniki – Pfannkuchen gefüllt
Makowiec – Mohnkuchen
Sernik – Käsekuchen
Szarlotka – Apfelkuchen

Geschrieben von Robert Tremmel

Brötchencontest – Wer hat die besten Brötchen?

Samstag morgen! Conny und ich sind zum Frühstück verabredet. Während sich Conny um frischen Kaffee und leckere Marmelade kümmert, bringe ich die frischen Brötchen mit. Eigentlich keine große Sache, dachte ich. Aber bei dem Angebot an Bäckereien in der Greifswalder Innenstadt wird die Angelegenheit doch schon etwas kniffliger. Wer hat die besten Brötchen?

Um diese Frage zu klären, traf sich die moritz-Redaktion an einem Samstag zum ultimativen Brötchentestbrunch in der Redaktion. Gemeinsam prüften acht Redakteure Brötchen von elf Bäckereien. Natürlich gibt es noch mehr Filialen in der Innenstadt, jedoch haben einige Bäcker mehr als eine Geschäftstelle. Kriterien, nach denen wir die Brötchen bewerteten, waren unter anderem der Preis, die Größe, das Angebot im Laden und natürlich der Geschmack.
Hatte der eine oder andere bereits vorher seinen Lieblingsbäcker, sind wir uns als Redaktion einig gewesen, dass die Bäckerei Kässler und der Bob-Shop die geschmacklich besten Brötchen haben. Während der Preis bei den Brötchen in den meisten Bäckereien zwischen 0,15 und 0,20 Euro lagen gab es im Naturkostladen Brötchen für 0,55 Euro. Wir hoffen, wir können euch einen kleinen Überblick des Brötchenangebots in der Greifswalder Innenstadt geben. Wo ihr in Zukunft eure Brötchen kauft, sei es zum Sonntagsfrühstück oder einfach zwischen den Vorlesungen für den knurrenden Magen, bleibt natürlich eurem eigenen Geschmack überlassen. Wir
hatten jedenfalls eine Menge Spaß und wollen euch einige Impressionen vom Testessen nicht vorenthalten. In diesem Sinne wünschen wir Euch einen Guten Appetit.

Geschrieben von Cornelia Leinhos, Verena Lilge

Skandalös gut!

radio 98eins führt Hörspiel im Theater urauf

Der Saal ist bereits eine halbe Stunde vor Beginn ausverkauft. Vor dem Theater Vorpommern stehen einige Dutzend, die es versäumt haben, eine Karte zu reservieren. Es ist der 1. November 2006. Im Theater wird das Hörspiel „er.ich“ uraufgeführt, die erste Produktion aus der Kooperation von radio 98eins und dem Theater Vorpommern.

Den Abend in Wohnzimmeratmosphäre eröffnet Chefredakteur Philipp Dreesen im Interview mit Hörspielautor Jan Decker, der über seine Archivrecherchen zum Greifswalder Theaterskandal um die Aufführung der „Dreigroschenoper“ 1928 berichtet. Auch geht es um die Frage, inwieweit Theater auch heute noch ein solch polarisierendes Medium sei. Lichtwechsel.
„Deutschlands reaktionärste Universitätsstadt Greifswald blamiert sich bis auf die Knochen“, schreibt die „Leipziger Volkszeitung“ und meint damit den Skandal, den die Aufführung der „Dreigroschenoper“ 1928 am Theater Vorpommern auslöst. Auf einer gegenüberliegenden Bühne sitzen jetzt die Schauspieler Christian Holm und Hannes Rittig, die dem Publikum mittels szenischer Lesung anschaulich und humorvoll die Hintergründe zum Skandal vermitteln.
Pause.
Thematisch eingestimmt und mit Kaltgetränken versorgt, wartet das Publikum gespannt auf das nun folgende Hörspiel. Von dezenten Lichteffekten unterstützt, erzählt die radio 98eins-Produktion von den politischen Auseinandersetzungen um die Aufführung der „Dreigroschenoper“. Das wegen Tumulten abrupt abgesetzte Stück und dessen „bereinigte“ Wiederaufnahme spaltet die Stadt. Konservative Kreise schäumen, die Universität verhält sich liberal und die drei Freunde Jupp Meier, Erich Felge und der junge Wolfgang Koeppen fiebern dem Skandalstück aus Berlin entgegen. Doch noch vor der Premiere wird Jupp, der im Jazz-Orchester der Oper spielt, ermordet. Aus Berlin reist der Journalist Hans Kloetzel an, um Licht in die Vorfälle zu bringen.
Beifall für einen gelungenen historisch-politisch-künstlerischen Abend mit kriminellem Einschlag.

Geschrieben von Kathrin Klein

Theater: Der Mensch, das Tier

Resümee über eine misslungene Vorstellung

„Das Theater Vorpommern kann ein wenig Extravaganz in seinem Programm dringend gebrauchen.“ Dieser oder jedenfalls ein Gedanke in der Richtung muss Regisseurin Christina Emig-Könning auf die Idee gebracht haben, die „Prinzessinnendramen III, I und V“ im Theater auf der Probebühne (TaP) in Greifswald zu inszenieren. Ein grundlegender Fehler. Sie hat damit weder sich selbst noch dem Publikum einen großen Gefallen getan.

Das eigentlich fünfteilige Stück aus der Feder Elfriede Jelineks, Literaturnobelpreisträgerin 2004, strotzt vor Abstraktionen und Gesellschaftspessimismus. Die Menschen sind laufende Traumata. Die Männer impotente Lustzwerge, die Frauen unterdrückte Opfer der männlichen sowie der eigenen Geilheit. Niemand ist dazu fähig, aus all dem oktroyierten Elend auszubrechen. Lösungen für das akkumulierte Leid sind nicht einmal in Sicht, das Ventil dafür ist Selbst- und Fremdverstümmelung. Emig-Könning hat aus einem insgesamt 38-seitigen Skript eine fast dreistündige Monstrosität produziert, die an den Nerven zehrt und wenig erkennbare Botschaft bietet. Repräsentativ für eine ganze Gesellschaft ist etwas Anderes. Anerkennung ringt man sich da allenfalls noch für die Schauspieler ab, die die Aggressivität und Verzweiflung ihrer Charaktere mit Verve unter die Leute spielen. Das Bühnenbild hingegen ist liebevoll erbaut, aber sinnlos. Selbst der Skandal bleibt aus, auch wenn „BILD“ ihn erkannt zu haben meint. Eine Szene mit nackten Brüsten im Halbdunkel, sieh an, sieh an. Nichts Außergewöhnliches, auch nicht in der armselig gestellten Masturbationsszene, die nur lachhaft wirkt. Pseudokünstlerische Tricks wie das von völligem Dunkel begleitete minutenlange Schweigen geben dem Ganzen dann den letzten Abschliff. Der letzte Teil nach der Pause hätte auch wegbleiben können, man dämmert sowieso nur noch vor sich hin.
Alles, was einem beim Verlassen des Theaters bleibt, ist ein gesteigertes Harmoniebedürfnis. Und natürlich Enttäuschung ob der verpassten Chance. Denn begrüßt hätte man es ja, wäre durch ein Wagnis eine gute Inszenierung in Greifswald zustande gekommen.

Geschrieben von Stephan Kosa